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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 28.04.2009
Aktenzeichen: 12 K 839/08
Rechtsgebiete: EStG, GG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1
EStG § 12
GG Art. 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand:

Der (ledige) Kläger ist bei den Stadtwerken ... (SW...) als ...fahrer angestellt. In seiner Einkommensteuererklärung 2006 machte er bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit unter anderem Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 1.242,00 Euro sowie Aufwendungen für das Waschen von folgenden, von ihm als Berufsbekleidung bezeichneten Kleidungsstücken in Höhe von 543,00 Euro als Werbungskosten geltend:

ein graues/weißes Oberhemd pro Arbeitstag

eine graue Arbeitshose pro Woche

zwei rote Dienstpullover pro Woche

eine schwarze/rote Dienstjacke pro Woche

einen schwarzen/roten Dienstparker pro zwei Wochen (von Oktober bis März)

Wegen der Berechnung der Waschkosten legte der Kläger - unter Berufung auf das Urteil des Hessischen FG vom 03.08.1988 9 K 228/86 (EFG 1989, 173) sowie eine von ... herausgegebene Liste - eine nach "Reinigungskosten", "Trocknerkosten" sowie "Bügelkosten" aufgeschlüsselte, sich am Gewicht der Wäschestücke orientierende Aufstellung vor, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.

Der Beklagte versagte im Einkommensteuerbescheid 2006 vom 30.03.2007 die Berücksichtigung von Verpflegungsaufwendungen. Die Reinigungsaufwendungen erkannte er lediglich "pauschal" in Höhe von 150,00 Euro als Werbungskosten an. Er begründete dies damit, dass nach den Erfahrungssätzen der ... in einem Einpersonenhaushalt jährlich von einem Wäscheanfall von insgesamt 200 kg pro Jahr auszugehen sei und der Kläger allein für die "Berufskleidung" 857 kg in Ansatz gebracht habe.

Zur Begründung seines gegen den Einkommensteuerbescheid eingelegten Einspruchs berief sich der Kläger darauf, dass vom Finanzamt bei der Veranlagung in den Vorjahren sowohl die Reinigungskosten wie berechnet als auch die Verpflegungsaufwendungen als Werbungskosten berücksichtigt worden seien.

In seiner ablehnenden Einspruchsentscheidung vom 11.02.2008 machte der Beklagte geltend, dass er an einer Rechtsauffassung, die er in den Vorjahren vertreten habe, grundsätzlich nicht gebunden sei. Des weiteren führte er unter Berufung auf die BFH-Rechtsprechung aus, die Berücksichtigung der Aufwendungen des Klägers in Höhe von 150,00 Euro für die Reinigung der von ihm im Dienst getragenen Kleidungsstücke sei zu Unrecht erfolgt. Diese Kleidungsstücke stellten keine typische Berufskleidung dar. Vielmehr handele es sich hierbei um zur bürgerlichen Kleidung gehörende Kleidungsstücke, selbst wenn sie aufgrund von Dienstanweisungen zur Dienstkleidung eines Straßenbahnwagenfahrers zählten und mit Emblemen der Stadtwerke versehen seien.

Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger sein Ziel auf Ansatz der geltend gemachten Reinigungskosten in voller Höhe als Werbungskosten weiter. Entgegen der Ansicht des Beklagten handele es sich bei den nach den Dienstvorschriften seiner Arbeitgeberin im Dienst zu tragenden mit bestickten oder aufgenähten Emblemen der SW... ausgestatteten Kleidungsstücken um ausschließlich auf seine Berufstätigkeit zugeschnittene Berufskleidung.

Nachdem der Kläger seinen Dienstplan für das Streitjahr vorgelegt hat, hat der Beklagte mit (zum Gegenstand des Verfahrens gewordenem) geändertem Einkommensteuerbescheid 2006 vom 08.09.2008 Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von insgesamt 882,00 Euro berücksichtigt.

Der Kläger hält an einer Berücksichtigung von weitergehendem Verpflegungsmehraufwand nicht mehr fest und beantragt (nur noch),

den geänderten Einkommensteuerbescheid 2006 vom 08.09.2008 dahingehend zu ändern, dass bei der Einkommensteuerfestsetzung über die bisher in Höhe von 150,00 Euro gewährten Werbungskosten hinaus weitere Werbungskosten in Höhe von 393,00 Euro für Reinigungsaufwendungen in Ansatz gebracht werden.

Der Beklagte hält an seiner bisher vertretenen Ansicht fest und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger ist vom Berichterstatter aufgefordert worden, die in Rede stehenden Kleidungsstücke zum Termin mitzubringen.

In der mündlichen Verhandlung sind vom Kläger folgende Kleidungsstücke vorgelegt worden:

T-Shirt

Polohemd

Hemd

Sweatshirt

Pullover

Pullunder

Jeanshose

Jacke

Parker

Bis auf den Parker waren die Kleidungsstücke lediglich mit einem ca. 1,5 cm x 4 cm großen, aus den Buchstaben "SW..." bestehenden Firmenemblem der SW... bestickt/bedruckt und nur beim Parker war der Zusatz "Bus und Bahn" beigefügt. Die Embleme befanden sich auf der Brustseite der Kleidungsstücke und bei der Jeanshose seitlich im Hosenbund.

Des weiteren hat der Kläger erklärt, dass die Kleidungsstücke "zentral" von seinem Arbeitgeber angeschafft und unter Berücksichtigung eines "Punktesystems" von den Beschäftigten erworben werden und dass die Kleidungsstücke von ihm auch auf dem Weg zur und von der Arbeitsstelle getragen werden. Es sei für ihn unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht nachvollziehbar, dass praktisch bei all seinen Kollegen und Kolleginnen bisher Reinigungskosten für die Dienstkleidung steuerlich vom Finanzamt berücksichtigt worden seien.

Die Beklagtenvertreterin hat geltend gemacht, dass das Emblem der SW... sehr dezent und in seiner Art und Platzierung nicht von in der heutigen Zeit üblichen Firmenlogos zu unterscheiden sei.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

I. Bei den Aufwendungen des Klägers für die Reinigung der von ihm im Dienst getragenen Kleidungsstücke handelt es sich dem Grunde nach nicht um Werbungskosten.

1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Es sind Aufwendungen, die objektiv durch die spezifischen beruflichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen veranlasst sind und subjektiv zur Förderung seines Berufs getätigt werden (Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27.November 1978 GrS 8/77, BStBl II 1979, 213; BFH-Urteil vom 23. März 1984 VI R 182/81, BStBl II 1984, 557).

Aufwendungen für die Anschaffung, Instandsetzung und Reinigung von Bekleidung sind grundsätzlich nicht den Werbungskosten, sondern den gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht berücksichtigungsfähigen Kosten für die allgemeine Lebensführung zuzurechnen. Dies gilt sowohl dann, wenn die Bekleidung nahezu ausschließlich während der Berufsausübung getragen wird (BFH-Urteil vom 20. November 1979 VI R 143/77, BStBl II 1980, 73 zum Trachtenanzug eines Restaurant-Geschäftsführers), als auch dann, wenn die bürgerliche Kleidung durch die berufliche Tätigkeit verschmutzt worden seien sollte, es sei denn, diese Verschmutzung wäre ausnahmsweise von einer gewöhnlichen Verschmutzung nach objektiven Maßstäben zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzbar (BFH-Urteil vom 24. Juli 1981 VI R 171/78, BStBl II 1981, 781).

2. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG nur dann, wenn es sich um typische Berufskleidung handelt. In diesem Fall sind nicht nur die Anschaffungskosten, sondern auch sonstige Aufwendungen zur Instandhaltung oder zur Reinigung als Werbungskosten zu qualifizieren (Akzessorietät der Folgekosten BFH-Urteile vom 09. März 1979 VI R 171/77, BStBl II 1979, 519 und vom 23.Februar 1990 VI R 149/87, BFH/NV 1990, 765).

3. Der erkennende Senat erachtet die Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 19.01.1996 VI R 73/94, BStBl II 1996, 202 und BFH-Beschluss vom 06.06.2005 VI B 80/04, BFH/NV 2005, 1792) als zutreffend, wonach solche Kleidungsstücke zur typischen Berufskleidung gehören, die ihrer Beschaffenheit nach objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Verwendung bestimmt und geeignet sind und wegen der Eigenart des Berufs nötig sind (wie etwa bei Amtstrachten, Uniformen, Kittel und Schutzkleidung), die Qualifizierung eines Kleidungsstückes als typische Berufskleidung schon dann ausscheidet, wenn seine Benutzung als normale bürgerliche Kleidung im Rahmen des Möglichen und Üblichen liegt, die der Lebensführung zuzuordnende Funktion der Kleidung sich nicht allein aus ihrer Verwendung außerhalb des Dienstes ergibt, sondern bereits daraus folgt, dass Kleidung unabhängig von privaten oder beruflichen Anlässen zunächst einmal der Bedeckung menschlicher Blöße dient, sodass es bei der Qualifizierung nicht entscheidend darauf ankommt, ob die jeweiligen Kleidungsstücke im konkreten Fall auch außerhalb genutzt worden sind.

4. Dass die in Rede stehenden vom Kläger von seinem Arbeitgeber erworbenen Kleidungsstücke ihrem Charakter nach zur sogenannten bürgerlichen Kleidung zählen, liegt auf der Hand. Hieran ändert sich nichts dadurch, dass sie mit einem Firmenemblem versehen sind. Durch dieses Emblem wird der Kläger zwar als Beschäftigter eines bestimmten Arbeitgebers erkennbar. Eine Nutzung der im Termin vorgelegten Kleidungsstücke im privaten Bereich ist aber nicht nahezu ausgeschlossen (vgl. das vorgenannte BFH-Urteil vom 19.01.1996 VI R 73/94 zum Lodenmantel eines Revierförsters mit aufgenähtem Dienstabzeichen).

Wegen seiner unauffälligen Beschaffenheit (Ausgestaltung, Größe) und Platzierung kann dem Emblem aufgrund der in der heutigen Zeit üblichen Bestickung/Bedruckung von bürgerlicher Kleidung mit Firmenemblemen oder -logos, auch keine Unterscheidungsfunktion, die eine Qualifizierung als typische Berufskleidung rechtfertigen könnte, beigemessen werden. Deshalb teilt der Senat die vom Beklagten in seiner Einspruchsentscheidung vertretene Auffassung, dass auch die mit dem Firmenemblem versehenen vom Kläger im Dienst getragenen Kleidungsstücke ihren Charakter als zur bürgerlichen Kleidung gehörende Kleidungsstücke beibehalten.

Die Kleidungsstücke sind auch nicht aufgrund der Anweisung des Arbeitgebers des Klägers, dass sie im Dienst zu tragen sind, zur typischen Berufskleidung geworden. Allein dadurch, dass bürgerliche Kleidung durch den Arbeitgeber zur Dienstkleidung bestimmt wird, erlangt, worauf der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung zutreffend hingewiesen hat, diese nicht den Charakter der typischen Berufskleidung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG (vgl. das vorgenannte BFH-Urteil vom 19.01.1996 VI R 73/94 a.a.O.)

5. Eine außergewöhnliche Verschmutzung der Kleidungsstücke, die eine Berücksichtigung von Reinigungskosten als Werbungskosten (ausnahmsweise) rechtfertigen könnte, ist vom Kläger nicht dargetan worden.

II. Die Tatsache, dass aus den vorgenannten Gründen der Beklagte bei der Veranlagung Reinigungsaufwendungen in Höhe von 150,00 Euro zu Unrecht als Werbungskosten anerkannt hat, führt zu keiner Erhöhung der Steuerfestsetzung. Das Gericht ist auf Grund des im Klageverfahren zu beachtenden Verbots der reformatio in peius an einer verbösernden Änderung von Steuerfestsetzungen gehindert (sog. Verböserungsverbot).

Soweit der Kläger sich auf die Anerkennung der Reinigungsaufwendungen als Werbungskosten durch den Beklagten in den Vorjahren sowie auf eine Gleichbehandlung mit einer Vielzahl seiner Kollegen und Kolleginnen (durch die Finanzbehörde) beruft verkennt er, dass das Finanzamt in jedem Veranlagungszeitraum die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen erneut zu prüfen und rechtlich zu würdigen hat und dass aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) kein Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Steuerfestsetzung und damit auf "Gleichheit im Unrecht" abgeleitet werden kann.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135, 137 FGO. Die Kosten waren dem Kläger auch insoweit aufzuerlegen, als er mit seiner Klage obsiegt hat, da der Dienstplan, der zur (teilweisen) Anerkennung der Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten geführt hat, von ihm erst im Laufe des Klageverfahrens vorgelegt worden ist.

Ende der Entscheidung

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