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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 14.08.2008
Aktenzeichen: 13 K 3592/04
Rechtsgebiete: KStG, RL 90/434/EWG
Vorschriften:
KStG § 8b Abs. 2 | |
KStG § 8b Abs. 3 | |
KStG § 54 Abs. 1 | |
RL 90/434/EWG Art. 8 Abs. 1 | |
RL 90/434/EWG Art. 8 Abs. 2 S. 1 | |
RL 90/434/EWG Art. 2 Buchst. b |
Finanzgericht Köln
Tenor:
Der Körperschaftsteuerbescheid 1993 vom 00.00.0000 wird mit der Maßgabe geändert, dass der Steuerbilanzgewinn vor Korrektur der Gewerbesteuerrückstellung um ... DM gemindert wird.
Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 00.00.0000 wird der Bescheid auf den 1. Januar 1994 über den Einheitswert des Betriebsvermögens (Wertfortschreibung) vom 00.00.0000 mit der Maßgabe geändert, dass der Einheitswert des Inlandsvermögens vor Korrektur der Gewerbesteuerrückstellung um ... DM gemindert wird.
Die Berechnung der Körperschaftsteuer und des Einheitswerts des Betriebsvermögens wird dem Beklagten übertragen, § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung durch die Klägerin in Höhe ihres Kostenerstattungsanspruchs vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die steuerliche Behandlung der Spaltung einer in ... ansässigen Gesellschaft streitig.
Die Klägerin war zum 00.00.1992 zu 49 % an der ... S.A. (im Folgenden "D.") beteiligt. Der Beteiligungsbuchwert betrug ... DM. Am 00.00.1993 erwarb sie eine weitere Beteiligung von 1 % an der D. zu einem Kaufpreis von ... DM hinzu. Die Anzahl der von der Klägerin gehaltenen Aktien erhöhte sich dementsprechend von ... auf ... und der Beteiligungsbuchwert von ... DM auf ... DM. Die verbleibende 50 %-Beteiligung wurden von der in der T. ansässigen N. AG gehalten.
Die Geschäftstätigkeit der D. wurde mit wirtschaftlicher Wirkung zum 00.00.1993 mittels einer Umstrukturierung beendet. Die Aufspaltung vollzog sich dergestalt, dass alle Aktiv- und Passivposten der D. hälftig auf die im Zuge der Umstrukturierung neu gegründeten Gesellschaften ... S.A. (im Folgenden "Q.") und die ... (...) S.A. (im Folgenden "O.") aufgeteilt und unter gleichzeitiger Liquidation der D. sämtliche Anteile an der Q. an die Klägerin sowie sämtliche Anteile an der O. an die N. AG ausgekehrt wurden. Ein Bar- oder Spitzenausgleich wurde nicht gewährt ("without cash settlement"). Dieser auch als "dissolution without liquidation" bezeichnete Spaltungsvorgang erfolgte auf der Grundlage der Artikel 288 und 307 des Luxemburger Gesetzes für Handelsgesellschaften vom 10. August 1915 (im Folgenden "GHG"; vgl. zur Spaltung im Einzelnen ...", Bl. 111 ff. GA sowie notarielle Urkunde vom 00.00.0000, Bl. 78 ff. GA). Die Notarurkunde wurde im N. Amtsblatt (...) vom 00.00.1993 veröffentlicht. Geschäftsgegenstand der Q. war die Durchführung von ... und ...geschäften aller Art.
Sowohl in ihrer Handels- als auch in ihrer Steuerbilanz wies die Klägerin unter dem Aktivposten "Anteile an verbundenen Unternehmen" auf den 31. Dezember 1993 einen Wert von ... DM aus. Die Beteiligung an der Q. aktivierte sie mit dem früheren Beteiligungsbuchwert an der aufgespaltenen D. in Höhe von ... DM. Darüber hinaus erzielte die Klägerin von der in K. ansässigen Kapitalgesellschaft "P." eine Ausschüttung in Höhe von ... DM, die sie als steuerfrei behandelte. In ihrer Vermögensaufstellung auf den 1. Januar 1994 zur Ermittlung des Einheitswerts des Gewerbebetriebs ordnete sie die Beteiligung an der Q. mit einem Wert von ... DM den Schachtelbeteiligungen nach § 102 des Bewertungsgesetzes (BewG) zu. Die Klägerin wurde zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt.
Eine bei der Klägerin durchgeführte Betriebsprüfung sah in der Gewährung der Anteile an der Q. einen tauschähnlichen Vorgang, der zu einer Aufdeckung und Versteuerung der in den Anteilen an der D. enthaltenen stillen Reserven führe. Dass es sich, wie von der Klägerin in der Betriebsprüfung vorgetragen, bei der D. um eine Art Sozietät gehandelt habe, die sich mit ihren selbständigen Teilbetrieben auseinandergesetzt habe, sei rechtlich nicht erheblich. Eine Fortführung des Buchwerts der Anteile an der Ursprungsgesellschaft sei nach den Regelungen des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) nicht möglich. Die Aufdeckung der stillen Reserven lasse sich auch nicht nach den Regelungen des sog. Tauschgutachtens vermeiden, da sie an der D. nur zu 49 %, nunmehr aber zu 100 % an der Q. beteiligt gewesen sei. Das geänderte Beteiligungsverhältnis stehe der Art- und Funktionsgleichheit entgegen. Art. 8 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern (DBA-Luxemburg) weise das Besteuerungsrecht Deutschland zu. Auf die am 23. Juli 1990 erlassene Fusionsrichtlinie könne sich die Klägerin mangels Umsetzung nicht berufen. Die Richtlinie entfalte selbst keine unmittelbare Wirkung. § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sei erst ab dem Veranlagungszeitraum 1994 anwendbar. Der anzusetzende Veräußerungserlös für die Beteiligung an der D. berechne sich als gemeiner Wert der erhaltenen Anteile an der Q.. Dieser wiederum berechne sich als hälftiges Kapital an der bisherigen D., das, ausgehend von einem Gesamtkapital von ... DM, ... DM betrage. Die "Anteile an verbundene Unternehmen" müssten daher statt bisher mit ... DM mit ... DM aktiviert werden (vgl. Tz. 33 und Anlage 2 des Bp-Berichts vom 00.00.0000). In Höhe von ... DM ergab sich daraus die streitgegenständliche Gewinnerhöhung (vgl. Mehr- und Weniger-Rechnung, Anlage 3 des Bp-Berichts). Des Weiteren kam die Prüfung u.a. zu dem Ergebnis, dass die Ausschüttung von der K. Kapitalgesellschaft in Höhe von ... DM steuerpflichtig sei.
Auf der Grundlage der Ergebnisse der Betriebsprüfung änderte der Beklagte am 00.00.0000 den Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 1994 und erfasste die Beteiligung an der Q. mit einem Wert von ... DM unter der Position "Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände" ohne Gewährung des Schachtelprivilegs nach § 102 BewG und ordnete den Mehrbetrag bei der Ermittlung des Einheitswerts für Zwecke der Gewerbesteuer dem auf das Inland entfallenden Teil des Betriebsvermögens zu. Am 00.00.0000 änderte er auch den Körperschaftsteuerbescheid 1993 und qualifizierte den Differenzbetrag von ... DM als steuerpflichtigen Ertrag.
Der gegen beide Bescheide fristgerecht erhobene Einspruch richtete sich u.a. gegen die im Klageverfahren streitige Aktivierung der Beteiligung an der Q. in Höhe von ... DM. Eine nähere Begründung erfolgte nicht. Mit Einspruchsentscheidung vom 00.00.0000 wies der Beklagte den Einspruch aus den im Bp-Bericht genannten Gründen als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 00.00.0000 Klage erhoben. Sie trägt vor, die steuerneutrale Spaltung in ... sei mit einer Aufspaltung nach §§ 123 Abs. 1 Nr. 2, 128 des Umwandlungsgesetzes vergleichbar und entspreche wirtschaftlich sowohl einer Realteilung als auch einem Tausch von Anteilen der beiden neu errichteten Gesellschaften Q. und O.. Stille Reserven seien nicht aufzudecken, da die Nämlichkeit der untergegangenen Anteile an der D. und der erhaltenen Anteile an der Q. bei wirtschaftlicher Betrachtung bejaht werden könne. Die Vorgehensweise des Beklagten verstoße gegen das Tauschgutachten. So sei auch im Sinne des BMF-Schreibens vom 9. Februar 1998, BStBl I 1998, 163 durch den Tausch weder ein Schachtelprivileg entstanden noch untergegangen. Die Vorschrift des § 8b Abs. 2 KStG sei noch nicht anwendbar gewesen. Eine Besteuerung der stillen Reserven verstoße zudem gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. ... Unternehmen werde es erschwert, sich auf dem deutschen Markt Kapital zu beschaffen, da ohne Liquiditätsfluss Steuern zu zahlen seien. In der Verhinderung von Investitionen liege auch ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit. Die Öffnungsklausel des Art. 78d Abs. 1 Buchst. a des Vertrags über die Europäische Gemeinschaft vom 24. März 1957, zuletzt geändert am 16. April 2003 (ABl. L 236 2006, 33, "EG-Vertrag"), nunmehr Art. 58 EG-Vertrag, sei auf vor dem 1. Januar 1994 verwirklichte Sachverhalte nicht anzuwenden. Das BMF-Schreiben vom 9. Januar 1992, BStBl I 1992, 47 sehe in sinngemäßer Anwendung der §§ 14 bis 16, 19 Umwandlungssteuergesetz eine Steuerneutralität vor, die bei Beteiligung ausländischer Kapitalgesellschaften nicht bestanden habe. Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht sei es nicht entscheidend, ob die Steuerneutralität einer nach Maßgabe dieses Erlasses durchgeführten Spaltung einklagbar gewesen wäre, so dass es auf eine möglicherweise fehlende Außenwirkung des Erlasses nicht ankomme. Auch der Beklagte habe zutreffenderweise nicht in Abrede gestellt, dass die im Erlass genannten Voraussetzungen mit Ausnahme der Inländereigenschaft vorlägen. Schließlich ergebe sich die Steuerneutralität aus der Fusionsrichtlinie.
Im Klageverfahren hat der Beklagte am 00.00.0000 einen geänderten Bescheid über Körperschaftsteuer 1993 erlassen und das zu versteuernde Einkommen um die Ausschüttung von der K. Gesellschaft um ... DM gemindert.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über Körperschaftsteuer vom 00.00.0000 mit der Maßgabe zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen um ... DM gemindert wird sowie unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 00.00.0000 den Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens vom 00.00.0000 mit der Maßgabe zu ändern, dass der Einheitswert um ... DM niedriger festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte nimmt sinngemäß Bezug auf seine Einspruchsentscheidung. Die Aufspaltung unterfalle als tauschähnlicher Vorgang weder dem UmwStG noch dem Tauschgutachten. Ein Verstoß gegen Europarecht liege nicht vor, da auch eine vergleichbare inländische Spaltung sowohl auf der Ebene der Gesellschaft als auch des Gesellschafters steuerpflichtig wäre. Erstmals durch das für den streitigen Veranlagungszeitraum nicht anwendbare UmwStG 1995 sei die Spaltung von Kapitalgesellschaften gesetzlich geregelt worden. Nur im Billigkeitsweg gewähre die Finanzverwaltung nach dem BMF-Schreiben vom 9. Januar 1992, BStBl I 1992, 47 Steuerneutralität.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Der Körperschaftsteuerbescheid 1993 und der Bescheid auf den 1. Januar 1994 über den Einheitswert des Betriebsvermögens (Wertfortschreibung) sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Entsprechend den Anträgen der Klägerin sind aus der Spaltung der ... D. sowohl für Zwecke der Festsetzung der Körperschaftsteuer als auch des Einheitswerts des Betriebsvermögens mit Ausnahme der Neuberechnung der Gewerbesteuerrückstellung keine steuerlichen Folgen zu ziehen. Der Senat versteht die in der mündlichen Verhandlung in Übereinstimmung mit der Ankündigung in der Klageschrift gestellten Anträge dahingehend, dass auch nach Auffassung der Klägerin die zwingend zu korrigierende Gewerberückstellung gegenläufig zur Neufestsetzung der Körperschaftsteuer und des Einheitswerts gewinn- bzw. werterhöhend zu berücksichtigen ist.
1. Der Körperschaftsteuerbescheid ist rechtswidrig, da der Beklagte zu Unrecht einen steuerpflichtigen Veräußerungserlös in Höhe von ... DM angenommen hat.
Zwar stellt die Spaltung einen tauschähnlichen gesellschaftsrechtlichen Vorgang dar, der nach der im Streitjahr geltenden Fassung des KStG grundsätzlich eine Gewinnrealisierung auslöst (vgl. zur Aufdeckung stiller Reserven bei tauschähnlichen Vorgängen BFH-Urteil vom 5. Juni 2002 I R 6/01, BFH/NV 2003, 88 m.w.N. sowie BFH-Gutachten vom 16. Dezember 1958 I D 1/57 S, BFHE 68, 78, BStBl II 1959, 30 und zur Anwendbarkeit der steuerlichen Befreiung von Erlösen aus der Veräußerung von Anteilen an ausländischen Gesellschaften erst ab dem Veranlagungszeitraum 1994 §§ 8b Abs. 2 und 3, 54 Abs. 1 KStG in der Fassung des Standortsicherungsgesetzes vom 13. September 1993, geändert durch Art. 8 des Gesetzes zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts vom 21. Dezember 1993, BGBl. I 1993, 2310). Auch war nach der Rechtslage im Streitjahr die Spaltung umwandlungsrechtlich kein Fall der Gesamtrechtsnachfolge, so dass, ungeachtet der fehlenden unbeschränkten Steuerpflicht der D., die Regelungen des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform vom 6. September 1976 (BGBl I 1976, 2642, zuletzt geändert durch Art. 11 des Gesetzes zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts vom 21. Dezember 1993, BGBl. I 1993, 2310) nicht anwendbar sind (zu Billigkeitsregelungen bei ausschließlicher Beteiligung unbeschränkt steuerpflichtiger Kapitalgesellschaften vgl. BMF vom 9. Januar 1992, BStBl I 1992, 47).
Jedoch steht der nach deutschem Steuerrecht grundsätzlich gebotenen Besteuerung Art. 8 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedsstaaten betreffen (FRL) entgegen.
a) Nach Art. 8 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 FRL darf u.a. die Zuteilung von Aktien am Gesellschaftskapital der übernehmenden Gesellschaft an die Gesellschafter der einbringenden Gesellschaft gegen Anteile an deren Gesellschaftskapital aufgrund einer Spaltung für sich allein keine Besteuerung des Veräußerungsgewinns auslösen.
Unter einer Spaltung ist gemäß Art. 2 Buchst. b FRL ein Vorgang zu verstehen, durch den eine Gesellschaft zum Zeitpunkt ihrer Auflösung ohne Abwicklung ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen auf zwei oder mehr bereits bestehende oder neu gegründete Gesellschaften gegen Gewährung von Anteilen am Gesellschaftskapital der übernehmenden Gesellschaften an ihre eigenen Gesellschafter, und gegebenenfalls einer baren Zuzahlung, anteilig überträgt. Die bare Zuzahlung darf 10 % des Nennwerts oder - bei Fehlen eines solchen - des rechnerischen Werts der Anteile nicht überschreiten. Als société anonyme ist die D. eine im Sinne der FRL der Spaltung fähige Gesellschaft. Dies gilt in gleicher Weise für die anlässlich der Spaltung neu gegründeten Gesellschaften Q. und O. (vgl. den Anhang Buchst. i zu Art. 3 Buchst. c FRL).
Die in ... vollzogene Spaltung zur Neugründung auf der Grundlage der Artikel 2, 288 und 307 GHG steht im Einklang mit Art. 8 Abs. 1 FRL. Nahezu inhaltsidentisch mit der Formulierung der FRL sieht Art. 288 Abs. 1 GHG die Möglichkeit der Spaltung einer S.A. unter Gründung neuer Gesellschaften vor, mittels der die übertragende Gesellschaft unter Auflösung ohne Liquidation ihr Vermögen und ihre Schulden auf mehr als eine neu gegründete Gesellschaft überträgt. Im Gegenzug werden zugleich Anteile an den neu gegründeten Gesellschaften an die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft gewährt (vgl. auch Thömmes/Winandy in: Widmann/Mayer, Band 7 Anh. 3 Luxemburg, Rn. L 50, L 52). Wie aus dem von der Klägerin vorgelegten "..." hervorgeht, wurde die D. nach Maßgabe dieser Grundsätze unter Neugründung der Q. und der O. aufgespalten und die Anteile an der Q. an die Klägerin sowie die Anteile an der O. an die in der T. ansässige N. AG ausgekehrt. Dies wurde auch vom Beklagten weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung in Frage gestellt.
Nach der weiteren Voraussetzung des Art. 8 Abs. 2 FRL wird ein etwaiger Veräußerungsgewinn nur dann nicht besteuert, wenn der Gesellschafter den erworbenen Anteilen keinen höheren steuerlichen Wert beimisst als den Anteilen an der einbringenden Gesellschaft unmittelbar vor der Spaltung beigemessen war. Die Klägerin aktivierte ihre Beteiligung an der D. zum 31. Dezember 1992 mit einem Wert von ... DM. Vor der notariellen Beurkundung der Spaltung am 00.00.1993 erwarb sie weitere Aktien in Höhe von 1 % des Kapitals der D. zu einem Kaufpreis von ... DM hinzu, so dass ihre Beteiligung mit einem Wert von ... DM zu aktivieren war. Dieser Beteiligungsbuchwert entspricht dem in der Bilanz auf den 31. Dezember 1993 aktivierten Wert der Beteiligung an der anlässlich der Spaltung neu gegründeten Q.. Die Klägerin hat daher entsprechend den Anforderungen des Art. 8 Abs. 2 FRL der Beteiligung an der Q. keinen höheren Wert als den Anteilen an der einbringenden D. beigemessen. Auch dies hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht mehr in Frage gestellt. Ob die Q. die Buchwerte der von der D. übernommenen Wirtschaftsgüter fortgeführt hat, ist nicht entscheidungserheblich. Art. 8 Abs. 2 FRL stellt für Zwecke der Buchwertfortführung nur auf die Ebene des Gesellschafter ab.
Als Rechtsfolge sieht Art. 8 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 FRL vor, dass die Zuteilung der Anteile an der Q. aufgrund der Spaltung keine Besteuerung des Veräußerungsgewinns auslösen darf. Entgegen der Vorgehensweise des Beklagten führt demzufolge die als tauschähnlicher Vorgang zu qualifizierende Spaltung nicht zu einer Aufdeckung der in der untergegangenen Beteiligung an der D. vorhandenen stillen Reserven. Vielmehr ist die Beteiligung an der Q. steuerbilanziell mit dem bisherigen Beteiligungsbuchwert an der D. in Höhe von ... DM zu aktivieren.
b) Die Klägerin kann sich auch auf die FRL als geltendes Recht berufen.
Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der erkennende Senat als nationales Gericht verpflichtet, eine Richtlinienbestimmung anzuwenden und die Rechte, die die Richtlinie dem Steuerpflichtigen einräumt, zu schützen, indem er notfalls jede Bestimmung nicht anwendet, deren Anwendung zu einem gegen die Richtlinie verstoßenden Ergebnis führt (vgl. EuGH-Urteil vom 22. Mai 2003, Rs. C-462/99, EuGHE I 2003, 5197). Auch wenn Normadressat einer Richtlinie gemäß Art. 249 Abs. 3 EG-Vertrag der einzelne Mitgliedstaat und nicht der Steuerpflichtige ist, entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass der Steuerpflichtige sich in Ermangelung fristgerecht erlassener Durchführungsmaßnahmen auf den Anwendungsvorrang einer Richtlinie berufen kann, wenn die jeweilige Bestimmung inhaltlich unbedingt und hinreichend genau ist und keinen Raum für eine Entscheidung des Mitgliedstaats lässt, der Zweck der Vorschrift genügend klar und präzise ist und sie Rechte und keine Pflichten für den Bürger begründet (vgl. EuGH-Urteil vom 19. Januar 1982 Rs. 8/81, HFR 1982, 281; EuGH-Urteil vom 26. Februar 1986 Rs. 152/84, NJW 1986, 2178; EuGH-Urteil vom 11. Juli 2002 Rs. C-62/00, EuGHE I 2002, 6325). Diese Rechtsprechung wird vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ausdrücklich gebilligt (vgl. BVerfG-Beschluss vom 13. März 2007 1 BvF 1/05, BVerfGE 118, 79 unter Bezugnahme auf EuGH-Urteil vom 22. Mai 2003, Rs. C-462/99, EuGHE I 2003, 5197 "Connect Austria")
Die Voraussetzungen der unmittelbaren Anwendung der FRL liegen vor. Die FRL wurde entgegen der Verpflichtung des deutschen Gesetzgebers aus Art. 12 Abs. 1 FRL nicht rechtzeitig bis zum 31. Dezember 1991 umgesetzt. Die Regelung des Art. 8 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. Art. 2 Buchst. b FRL ist unbedingt, hinreichend genau und lässt keinen Raum für eine Entscheidung des Mitgliedsstaates. Sie bringt zweifelsfrei zum Ausdruck, dass die Spaltung einer steuerpflichtigen ... S.A. unter Auflösung ohne Abwicklung gegen Gewährung von Anteilen an die in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschafter der S.A. nicht zu einer Besteuerung des Veräußerungsgewinns führen darf, wenn die Gesellschafter die Buchwerte fortführen. Der Zweck der Vorschrift, steuerneutrale Umstrukturierungen zu ermöglichen, um damit, wie in der Präambel der FRL ausgeführt, Beschränkungen des Gemeinsamen Marktes zu verhindern, ist eindeutig. Schließlich führt die Anwendung der FRL auch nicht zu Pflichten der Klägerin, sondern gewährt ihr das Recht, stille Reserven nicht ohne entsprechenden Liquiditätsfluss versteuern zu müssen.
Da die Klägerin sich zur Begründung der Steuerneutralität auf die FRL berufen kann, muss der erkennende Senat die nationalen Rechtsgrundsätze, die zu einer Besteuerung der stillen Reserven führen, unangewandt lassen. Angesichts dieser Rechtslage kommt es auf den von der Klägerin geltend gemachten Verstoß gegen die Niederlassungs- oder Kapitalverkehrsfreiheit nicht an.
c) Der Senat sieht keinen Anlass das Verfahren auszusetzen und nach Art. 234 Abs. 2 des EG-Vertrags zur Auslegung des Art. 8 Abs. 1 FRL eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen. Die Auslegung der FRL ist hinsichtlich der streitentscheidenden Vorschrift nicht zweifelhaft, so dass die Voraussetzungen für eine Vorlage des Streitfalls nicht vorliegen (vgl. zur fehlenden Vorlageverpflichtung des BFH bei offenkundiger Rechtslage EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1983 C-283/81, EuGHE 1982, 3415 "CILFIT"; BFH-Urteil vom 22. April 2008 VII R 29/06, BFH/NV 2008, 1285).
2. Der Bescheid auf den 1. Januar 1994 über den Einheitswert des Betriebsvermögens vom 00.00.0000 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 00.00.000 sind ebenfalls rechtswidrig, da der Beklagte die Beteiligung an der Q. zu Unrecht bei der Ermittlung des Einheitswerts in Höhe von ... DM als Besitzposten berücksichtigt hat. Dabei kann offen bleiben, ob die Beteiligung an der Q. die Voraussetzungen des § 102 Abs. 2 BewG erfüllt. Denn jedenfalls ist nach dem gemäß § 2 der Abgabenordnung vorrangigen Art. 20 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d und e DBA-Luxemburg die Beteiligung von der Steuerbemessungsgrundlage für Zwecke der Vermögensteuer und der Gewerbekapitalsteuer (§ 12 des Gewerbesteuergesetzes a.F.) auszunehmen und damit steuerfrei (vgl. zur sachlichen Steuerfreiheit für Zwecke der Einkommensbesteuerung BFH-Beschluss vom 1. Oktober 1992 I B 42, 43/92, BFH/NV 1993, 156; zur Freistellung vgl. auch Siegers in Debatin/Wassermeyer, Art. 20 DBA-Luxemburg Rn. 144). Die Voraussetzungen des Art. 20 Abs. 2 Satz 4 DBA-Luxemburg sind erfüllt, da die Klägerin Alleingesellschafterin der ... Q. ist und ... nach Art. 13 Abs. 2 DBA-Luxemburg das Recht zur Besteuerung der von der Q. ausgezahlten Dividenden hat.
Nach Art. 20 Abs. 2 Satz 4 DBA-Luxemburg ist die Beteiligung an einer Tochtergesellschaft von der Besteuerung in Deutschland auszunehmen, wenn die von der Tochtergesellschaft gezahlten Dividenden ebenfalls in Deutschland von der Besteuerung auszunehmen sind oder auszunehmen wären. Das bewertungsrechtliche DBA-Schachtelprivileg stimmt insoweit mit den Anwendungsvoraussetzungen des DBA-Schachtelprivilegs für Dividenden überein. Etwaige von der Q. ausgezahlte Dividenden wären in Deutschland nicht steuerpflichtig. Zum einen erfüllt die Klägerin als Alleingesellschafterin der Q. die für eine Freistellung geforderte Mindestbeteiligungsquote in Höhe von 25 % (vgl. Art. 20 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 DBA-Luxemburg). Zum anderen unterliegen etwaige von der Q. auszuschüttende Dividenden bereits in ... der Besteuerung. Diese weitere Voraussetzung der Steuerfreiheit ergibt sich aus der Bezugnahme des Art. 20 Abs. 2 Satz 4 DBA-Luxemburg auf den Dividendenbegriff des Abs. 2 Satz 3, der seinerseits auf Abs. 2 Satz 1 verweist. Nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 DBA-Luxemburg ist die von einer ... Gesellschaft an eine zu mindestens 25 % beteiligte deutsche Gesellschaft ausgezahlte Dividende in Deutschland steuerbefreit, wenn ... nach dem DBA ein Besteuerungsrecht hat (zu Beteiligungen unter 25 % vgl. Art. 20 Abs. 3 DBA-Luxemburg). Gemäß der Regelung in Art. 20 Abs. 1 Satz 2 DBA-Luxemburg behält ... das in Art. 13 Abs. 2 DBA-Luxemburg gewährte Recht zum Quellensteuerabzug, so dass von der Q. ausgeschüttete Dividenden in ... im Sinne des DBA-Luxemburg steuerpflichtig sind.
Der Einheitswert für den Gewerbebetriebs auf den 1. Januar 1994 und dem folgend der auf das Inland entfallende Einheitswert des Betriebsvermögens ist daher, vorbehaltlich der neu zu berechnenden Gewerbesteuerrückstellung (vgl. § 109 BewG), antragsgemäß in Höhe von ... DM zu mindern.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3 FGO, 709 der Zivilprozessordnung.
Ende der Entscheidung
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