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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 21.08.2008
Aktenzeichen: 2 K 5044/03
Rechtsgebiete: UStG, UStDV, 13. EG-Richtlinie
Vorschriften:
UStG § 18 Abs. 1 | |
UStG § 18 Abs. 9 | |
UStDV § 59 | |
13. EG-Richtlinie Art. 1 Nr. 1 |
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin am besonderen Vergütungsverfahren nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff. UStDV teilnehmen kann. Dabei ist insbesondere der Ort ihrer Ansässigkeit problematisch.
Die Klägerin ist eine 1995 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach luxemburgischem Recht. Sie betreibt ein Transportunternehmen und hat ihren statuarischen Sitz in Luxemburg. Alleinige Gesellschafterin ist die in ............ (Schweiz) ansässige ........... Transport AG (im Folgenden: ........... AG), bei der es sich ebenfalls um ein Transportunternehmen handelt. Geschäftsführer der Klägerin sind Herr ......... und Herr ........., zwei in der Schweiz bzw. Italien wohnhafte Angestellte der ....... AG.
Im Dezember 1995 hatte die Klägerin durch Herrn ...... mit Wirkung ab dem 1. Januar 1996 einen schriftlichen Mietvertrag mit der ........................ S.á.r.l., die durch Herrn ...E........... betrieben wurde, über Büroräume in der .............. ..... in Luxemburg geschlossen.
Herr .E hatte auch die Gründung der Klägerin als Vertreter der Alleingesellschafterin veranlasst. Unter der Adresse der Klägerin haben ... weitere Gesellschaften, unter anderem auch drei Tochtergesellschaften von Schweizer Transportunternehmen, ihren Sitz.
Die Klägerin unterhielt unter ihrer Adresse keinen auf ihren Namen gemeldeten Telefonanschluss. Lediglich auf den Namen des Herrn .E ist ein Telefonanschluss angemeldet. Hierüber war die Klägerin erreichbar. Sie verwendete diese Nummer auch auf ihren Briefköpfen.
Die Buchhaltung der Klägerin erfolgte durch Herrn .E gemeinsam mit Frau ......... C......... in Luxemburg.
Einrichtungen bzw. andere Gegenstände besaß die Klägerin am Satzungssitz nicht.
Sie hatte im Zeitraum 1996 bis 1998 ... Lkw's auf ihren Namen beim luxemburgischen Ministerium für Transportwesen angemeldet und beim luxemburgischen Ministerium für Mittelstand und Tourismus eine entsprechende Betriebsgenehmigung erhalten. Von den Lkw's wurden vier im Jahre 1996, einer im Jahre 1997 und zwei im Jahre 1998 angemeldet. In Luxemburg waren weder ein Lagerraum noch Lkw-Parkplätze vorhanden.
Die in Luxemburg zugelassenen Lkw's wurden von der Fa. ......... Garagenbetriebe in der Schweiz gekauft und von der ......... Gruppe finanziert. Diese Fahrzeuge wurden von der zentralen Disposition in ........../Schweiz sowie von ....... aus eingesetzt und disponiert.
Im März 1998 beschäftigte die Klägerin fünf Arbeitnehmer (vier Deutsche, ein Franzose). Zum Stichtag 15. Juni 1998 waren es sieben Arbeitnehmer. Die Arbeitnehmer waren überwiegend schon seit 1996 für sie tätig und ansonsten als Ersatz für zuvor ausgeschiedene und ebenfalls seit 1996 beschäftigte Mitarbeiter eingestellt worden. Die Klägerin hatte dazu entsprechende schriftliche Arbeitsverträge abgeschlossen. Die Fahrer waren zumindest teilweise vorher bei der Muttergesellschaft angestellt. Ein Teil des Entgeltes wurde auch weiterhin durch die Muttergesellschaft gezahlt. Die Lkw-Fahrer waren in Luxemburg gemeldet.
Die Geschäftsführer der Klägerin waren nicht regelmäßig in Luxemburg anwesend.
Das operative Geschäft (Disposition und Organisation der Lkw-Fahrten, Kundenkontakte) wurde durch die ....... AG von der Schweiz aus wahrgenommen. Die Klägerin erbrachte dann nach Maßgabe dieser Dispositionen die entsprechenden Transportleistungen mit den in ihrem Eigentum stehenden Lkw's. Die Leistungserbringung erfolgte zu 100 % gegenüber der ....... AG und die Klägerin rechnete die entsprechenden Leistungen ihr gegenüber ab.
Im Briefpapier der Muttergesellschaft, in dem deren Betriebe aufgeführt werden, wurde die Klägerin jedenfalls 1997 nicht genannt.
Die Klägerin wurde umsatzsteuerlich beim Bureau d' Imposition der luxemburgischen Finanzverwaltung geführt und verfügte über eine USt-Identnummer. Sie gab auch Umsatzsteuererklärungen ab und erhielt Umsatzsteuerbescheide.
Am ....... 1997 beantragte die Klägerin beim Beklagten für 1996 die Vergütung von Vorsteuerbeträgen in Höhe von ......,25 DM, die nahezu ausschließlich auf Grund von Aufwendungen für Kraftstoff angefallen waren. Dem Antrag war eine Unternehmerbescheinigung des Großherzogtums Luxemburg vom 15. April 1997 beigefügt, wonach die Klägerin (unter Angabe ihres Namens, der Art ihrer Tätigkeit sowie ihrer Geschäftsadresse) unter der näher angegebenen luxemburgischen Steuernummer der Mehrwertsteuer unterliegt. In der Bescheinigung ist auch ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vermerkt.
Am ....... 1998 beantragte die Klägerin außerdem - unter Beifügung einer Unternehmerbescheinigung des Großherzogtums Luxemburg - die Vergütung von Vorsteuerbeträgen für den Zeitraum 1997 in Höhe von .......,98 DM, die ebenfalls im Wesentlichen auf Grund des Bezugs von Kraftstoff angefallen waren.
Mit Bescheiden vom ....... 1998 und vom ..... 1998 lehnte der Beklagte die Vorsteuervergütung für die Streitjahre ab, da die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass sich der Sitz ihrer Geschäftsleitung in Luxemburg und nicht in der Schweiz befinde. Dabei stützte sich der Beklagte in erster Linie auf eine Auskunft der Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen (IZA), wonach die Klägerin unter ihrer Adresse keinen Telefonanschluss auf ihren Namen betreibe.
Später hatte der Beklagte am ....... 2002 ein Auskunftsersuchen an die zuständige Behörde in Luxemburg gerichtet. Aus dem Antwortschreiben vom ....... 2002 ergab sich u.a., dass aufgrund einer Kontrolle vor Ort und gemäß den Angaben der ................. S.á.r.l. festgestellt worden sei, dass die Klägerin keine Einrichtungen bzw. andere Gegenstände in ihren von der .....................S.á.r.l. angemieteten Büroräume besaß und dass ihre Verantwortlichen auch nicht regelmäßig in Luxemburg anwesend waren.
Die gegen die Ablehnungsbescheide eingelegten Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom ..... 1999 im Wesentlichen mit der Begründung als unbegründet zurückgewiesen, dass der Ort der Geschäftsleitung in der Schweiz, nicht in Luxemburg liege. Der lediglich statutarische Sitz reiche nicht aus.
Daraufhin erhob die Klägerin Klage vor dem Finanzgericht Köln im I. Rechtszug, Az.: 2 K 4970/99. Das dort ergangene stattgebende Urteil wurde durch den BFH im Revisionsverfahren mit Revisionsurteil vom 22. Mai 2003 (V R 97/01, BStBl II 2003, 819, BFHE 203, 193) aufgehoben und die Rechtssache an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Im vorliegenden Klageverfahren des II. Rechtszuges hat der erkennende Senat das Streitverfahren ausgesetzt (§ 74 FGO) und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH ) mit Beschluss vom 19. Januar 2006 (2 K 5044/03, EFG 2006, 612) nach Art. 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ergibt sich aus einer dem Muster in Anhang B der Achten Richtlinie entsprechen Unternehmerbescheinigung eine Bindungswirkung bzw. eine unwiderlegliche Vermutung für die Ansässigkeit des Unternehmers im Ausstellungsstaat der Bescheinigung?
2. Für den Fall, dass die Frage 1.) zu verneinen ist:
Ist der Begriff "Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit" im Sinne des Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie dahingehend auszulegen, dass damit der Ort gemeint ist, an dem die Gesellschaft ihren statuarischen Sitz hat oder ist auf den Ort abzustellen, an dem die geschäftsleitenden Entscheidungen getroffen werden oder kommt es auf den Ort an, an dem die für das übliche operative Tagesgeschäft maßgeblichen Entscheidungen gefällt werden ?
Mit Urteil vom 28. Juni 2007 (C-73/03, BFH/NV Beilage 2007, 418) hat der EuGH die Vorlagefragen wie folgt beantwortet:
1. Die Art. 3 Buchst. b und 9 Abs. 2 der Achten EG-Richtlinie sind dahin auszulegen, dass eine dem Muster in Anhang B dieser Richtlinie entsprechende Bescheinigung grundsätzlich die Vermutung begründet, dass der Betreffende nicht nur in dem Mitgliedstaat, dessen Steuerverwaltung ihm die genannte Bescheinigung ausgestellt hat, mehrwertsteuerpflichtig ist, sondern dass er dort auch ansässig ist. Diese Bestimmungen bedeuten allerdings nicht, dass es der Steuerverwaltung des Staates, in dem die Erstattung der Vorsteuer beantragt wird, verwehrt wäre, sich bei Zweifeln an der wirtschaftlichen Realität des Sitzes, dessen Anschrift in dieser Bescheinigung angegeben ist, zu vergewissern, ob diese Realität tatsächlich gegeben ist, indem sie auf die Verwaltungsmaßnahmen zurückgreift, die die Gemeinschaftsregelung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer hierzu vorsieht.
2. Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten EG-Richtlinie ist dahin auszulegen, dass der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit einer Gesellschaft der Ort ist, an dem die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung dieser Gesellschaft getroffen und die Handlungen zu deren zentraler Verwaltung vorgenommen werden.
Die Klägerin trägt vor, dass die vorgelegte Unternehmerbescheinigung ausreichend sei für den Nachweis ihrer Ansässigkeit in Luxemburg. Denn in ihrem Falle sei es nicht augenscheinlich seitens des Beklagten gewesen, Zweifel an der wirtschaftlichen Realität zu hegen. Für ihre Gründung in Luxemburg hätten alleine wirtschaftliche Gründe (einfache Lizenz- und Genehmigungsverfahren, Zugang zum EU-Markt) gesprochen.
Die Tatsache, dass sie dieselbe Anschrift habe wie andere Tochterunternehmen schweizerischer Transportunternehmen, erkläre sich daraus, dass Büroräume einer europaweit tätigen Bürogemeinschaft Schweizer Transportunternehmer angemietet worden seien. Für sie, die Klägerin, seien in Luxemburg die für alle Auslandsgeschäfte der klägerischen Unternehmensgruppe zuständigen beiden Geschäftsführer sowie Herr .E und noch eine weitere Person tätig, die auch für alle behördlichen Angelegenheiten und die Leitung der Buchhaltung verantwortlich seien. Zusätzlich arbeiteten vier Deutsche und ein Franzose in Teilzeit als Fahrer am Unternehmenssitz, deren Gehalt von der Bürogemeinschaft Schweizer Transportunternehmer abgerechnet werde. Sie, die Klägerin, habe auch einen Telefonanschluss besessen, wie sich aus ihrem Briefkopf ergebe. Unter dieser Telefonnummer sei sie während der üblichen Geschäftszeiten erreichbar gewesen. Alle gefahrenen Strecken seien mit der Muttergesellschaft abgerechnet worden. Die Rechnungen würden am Sitz der Klägerin in Luxemburg erstellt und an die Muttergesellschaft geschickt. Die Fahrer hätten die Lkw's entweder bei sich oder aber dort, wo sie sich jeweils aufgehalten hätten, abgestellt.
Sie, die Klägerin, sei bei einer Gesamtbetrachtung als in Luxemburg ansässig anzusehen.
Sie sei keine Briefkastengesellschaft, denn sie gehe einer wirtschaftlichen Tätigkeit nach. Die auf sie angemeldeten Lkw und die bei ihr angestellten Fahrer führten die Transporte in ihrem Namen und auf ihre Rechnung durch. Auch wenn diese von der Muttergesellschaft in der Schweiz disponiert gewesen seien, ändere dies nichts an ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit. Ebenso unschädlich sei, dass ihre einzige Kundin ihre Muttergesellschaft gewesen sei.
Sie, die Klägerin, erfülle die vom EuGH aufgestellten Kriterien für eine feste Niederlassung in Luxemburg, etwa das Bestehen eines Büros, in dem Verträge abgefasst und die Entscheidungen der täglichen Geschäftsführung getroffen werden könnten. Die für den Betrieb einer Spedition erforderlichen Personal- und Sachmittel seien vorhanden gewesen. Die Rechnungsstellung, Buchhaltung und Lohnabrechnung seien in Luxemburg erfolgt. Es fehlten lediglich die Stellplätze für die Transportfahrzeuge.
Selbst wenn die Annahme einer festen Niederlassung zu verneinen sein sollte, weil das operative Geschäft (Disposition und Organisation der Transporte, Kundenkontakte) von der Schweiz aus wahrgenommen worden sei, seien jedenfalls die Kriterien für den "Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit" in Luxemburg erfüllt.
So befinde sich ihr statuarischer Sitz in Luxemburg. Rechnungserstellung, Buchhaltung, Bilanzierung und Bankgeschäfte würden in Luxemburg erfolgen, so dass dort der Ort der zentralen Verwaltung sei. Die allgemeine Unternehmenspolitik sowie die wesentlichen Geschäftsführungsentscheidungen würden in Luxemburg bestimmt. Hierzu gehöre beispielhaft der Ankauf von Lkw's und die Einstellung von Personal. Es würden aber auch andere anstehende Aufgaben und Probleme erörtert und entschieden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Jahresabschluss in Luxemburg erstellt werde und die dazu erforderlichen Entscheidungen ebenfalls als geschäftsleitend zu bezeichnen seien und von den Geschäftsführern getroffen würden. Der Geschäftsführer ...... halte sich zwei bis drei Tage pro Woche in Luxemburg auf, der Geschäftsführer H drei bis vier Tage pro Monat.
Bei der Frage, wo die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung der Gesellschaft getroffen und die Handlungen zu deren zentraler Verwaltung vorgenommen würden, stelle der EuGH nicht darauf ab, wo der Kundenstamm gepflegt werde oder die Verhandlungen mit Geschäftspartnern geführt würden. Auf diese Merkmale könne es also - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht ankommen. Nach dem EuGH komme es entscheidend darauf an, wo die Verwaltung der Gesellschaft, insbesondere die Bankgeschäfte geführt würden. Dies sei Luxemburg.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung der Vergütungsbescheide vom ...... 1998 und vom ... ........ 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom ....... 1999 dazu zu verpflichten, die Vergütung von Vorsteuer für 1996 i.H.v. ......,25 DM und für 1997 i.H.v. ......,98 DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, dass die von der Klägerin vorgelegten Unternehmerbescheinigungen für die streitbefangenen Vergütungszeiträume keinen unwiderleglichen Beweis dafür erbringen würden, dass die Klägerin im Ausstellungsstaat Luxemburg tatsächlich ansässig gewesen sei. Er, der Beklagte, sehe sich in seinen Zweifeln an der wirtschaftlichen Realität des Sitzes der Klägerin in Luxemburg durch die Auskunft der Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen (IZA) vom ....... 1997 und die Auskunft der luxemburgischen Finanzverwaltung vom ......... 2002 bestärkt.
Eine Niederlassung in Luxemburg liege mangels Stellplätzen für die Transportfahrzeuge nicht vor.
Aber auch der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin befinde sich nicht in Luxemburg. Dies ergebe sich bereits daraus, dass es sich bei der Klägerin - zumindest im streitbefangenen Zeitraum - um eine typische Briefkastenfirma handele, die im Gebiet des Mitgliedstaates, in dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz befinde, keiner Tätigkeit nachgehe.
Dies folge insbesondere daraus, dass die damaligen beiden Geschäftsführer der Klägerin bei der Muttergesellschaft, der ....... AG in der Schweiz, Vollzeitangestellte und dort für das gesamte Auslandsgeschäft zuständig gewesen seien. Sie seien nach der Auskunft der luxemburgischen Steuerbehörde vom ........ 2002 nicht regelmäßig am Sitz der Gesellschaft anwesend gewesen.
Die Firmengruppe ....... habe nach ihrem Geschäftsbrief ihren Hauptsitz in der Schweiz. Dieser Geschäftsbrief weise auch weitere Betriebe aus, aber nicht denjenigen der Klägerin. Die Klägerin besitze keinen eigenen Telefonanschluss bzw. Telefonbucheintrag.
Herr .E, Geschäftsführer der ................. S.á.r.l., habe der Klägerin als sog. Domizilgeber spezielle Gründungs- und Büroserviceleistungen zur Verfügung gestellt.
Die Fahrer der Klägerin seien ebenfalls durch die ............. Sarl bezahlt worden. Diese seien zumindest teilweise bereits vorher bei der Muttergesellschaft angestellt gewesen seien. Ein Teil des Entgeltes sei auch weiterhin von der Muttergesellschaft gezahlt worden.
Einrichtungs- oder andere Gegenstände sowie Lager- und Parkraum habe die Klägerin an ihrem luxemburgischen Standort nicht besessen.
Vor dem Hintergrund des klägerischen Vortrags, dass die Fahrer die Lkw's mit nach Hause genommen hätten, sei eine Personalführung vor Ort in Luxemburg weder nötig noch möglich gewesen, da es sich um deutsche und französische Arbeitnehmer gehandelt habe, die von der Schweiz aus gefahren, und somit nicht in Luxemburg anwesend gewesen seien.
Die Klägerin habe nur einen Kunden gehabt, nämlich die Muttergesellschaft in der Schweiz. Es liege nahe, dass in den Jahren 1996 und 1997 keine Rechnungslegung stattgefunden habe, da die Klägerin für diesen Zeitraum keine Rechnungen vorgelegt habe. Das lasse ebenfalls darauf schließen, dass die von der ............. Sarl übernommenen Buchführungsaufgaben im Zeitraum 1996/1997 sehr gering ausgefallen seien.
Noch im Jahre 2001 habe die Klägerin ihre Rechnungen in ........., dem Sitz der Muttergesellschaft in der Schweiz, ausgestellt. Daraus lasse sich schließen, dass auch in den vorangegangenen Jahren die Rechnungserstellung in der Schweiz erfolgt sei. Insoweit werde auf die Rechnung der Klägerin vom 22. Januar 2001 verwiesen (Bl. 309 der FG-Akte).
Das operative Geschäft, nämlich die Organisation der Transportfahrten etc., sei von der Muttergesellschaft in der Schweiz erledigt worden.
Aber selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellen wollte, dass sie keine Briefkastengesellschaft (gewesen) sei, sei Luxemburg nicht der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit. Denn es sei nicht der Ort, an dem die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung dieser Gesellschaft getroffen und die Handlungen zu deren zentraler Verwaltung vorgenommen worden seien.
Typische Tätigkeiten in diesem Sinne seien mit dem Ziel der Gewinnmaximierung: den Kundenstamm pflegen, Verhandlungen mit Geschäftspartnern führen, Verträge abschließen, Personal einstellen, fortentwickeln und führen, Bücher führen oder zumindest die vorbereitenden Tätigkeiten dazu auszuführen, Geschäftsprozesse analysieren und fortentwickeln und darauf basierend die Unternehmensentwicklung planen sowie Unternehmensumstrukturierungen vornehmen.
Von diesen Tätigkeiten seien allein die notwendigen Buchführungstätigkeiten von der Domizilgeberin .......................... S.á.r.l. in Luxemburg durchgeführt worden. Mit Ausnahme der Personalgestellung seien alle anderen der insoweit relevanten Tätigkeiten von der Schweiz aus durchgeführt worden.
Wesentliche Geschäftsführungstätigkeiten, die in Luxemburg ausgeführt worden seien, seien ausschließlich der Ankauf von Lkw's und die Einstellung von Mitarbeitern gewesen. Die von der Klägerin vorgetragenen Anwesenheitszeiten ihrer Geschäftsführer in Luxemburg (Herr ...... zwei bis drei Tage pro Woche; Herr H drei bis vier Tage pro Monat) seien nicht glaubhaft. Denn der Ankauf von fünf Lkw's in zwei Jahren für fremde Rechnung und die Einstellung von sieben Arbeitnehmern in einem Zeitraum von drei Jahren scheine nicht die Anreise und Anwesenheit von zwei- bis dreimal pro Woche zu rechtfertigen. Hinzu komme, dass der klägerische Vortrag im Widerspruch zu der Auskunft der luxemburgischen Steuerbehörde vom ....... 2002 stehe, wonach die Geschäftsführer gerade nicht regelmäßig in Luxemburg gewesen seien.
Der Ort der zentralen Verwaltung (Schweiz), der Ort, an dem die allgemeine Unternehmenspolitik dieser Gesellschaft bestimmt werde (Schweiz), und der Wohnsitz der Hauptführungskräfte (Schweiz und Italien) sprächen gegen einen Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit in Luxemburg.
Mit Beschluss vom 21. August 2008 hat der Senat beschlossen, Beweis zu erheben über die Frage, wie oft sich die Geschäftsführer der Klägerin, Herr H und Herr ......, am statuarischen Sitz der Klägerin in ............/Luxemburg in den Jahren 1996 und 1997 aufgehalten haben und worin ihre Tätigkeit dort bestand bzw. welche Aufgaben sie dort erfüllt haben.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 21. August 2008 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Die Ablehnungsbescheide vom ...... 1997 und vom ........ 1998 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO). Der Klägerin steht kein Anspruch auf Erlass der begehrten Maßnahme aus § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff. UStDV zu, da der Senat aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens nicht mit der erforderlichen Gewissheit die Überzeugung gewinnen konnte (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), dass die Klägerin die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt. Soweit die geltend gemachten Vorsteuern auf den Bezug von Kraftstoff entfallen, scheitert die Vergütung daran, dass der Senat nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht die Überzeugung gewonnen hat, dass die Klägerin in Luxemburg, also im Gemeinschaftsgebiet, ansässig ist. Im übrigen ist die Vorsteuervergütung zu versagen, weil der Senat nicht davon überzeugt ist, dass die Unternehmerbescheinigung vom Ansässigkeitsstaat ausgestellt wurde.
I. Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung kann das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit Zustimmung des Bundesrats die Vergütung der Vorsteuerbeträge an im Ausland ansässige Unternehmer abweichend von § 16 und § 18 Abs. 1 bis 4 UStG durch Rechtsverordnung in einem besonderen Verfahren regeln. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber in §§ 59 ff. UStDV Gebrauch gemacht. Die Klägerin fällt als im Ausland ansässiger Unternehmer in den Anwendungsbereich dieses Verfahrens.
II. Soweit die geltend gemachten Vorsteuern auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen hat die Klägerin allerdings nicht zur hinreichenden Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass sie in den Streitjahren 1996 und 1997 in Luxemburg, mithin im Gemeinschaftsgebiet, ansässig war. Dies aber wäre nach § 18 Abs. 9 Satz 7 UStG Voraussetzung für die Vergütung von Vorsteuerbeträgen, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen.
Der mangelnde Nachweis der Ansässigkeit in Luxemburg, mithin im Gemeinschaftsgebiet, wirkt sich im Streitfall zu Lasten der Klägerin aus, da es sich bei der Geltendmachung der Vorsteuervergütung um einen die Klägerin begünstigenden Anspruch handelt, für den sie die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt.
1. Für die Bestimmung der Ansässigkeit ist zunächst die Unternehmerbescheinigung maßgeblich. Eine dem Muster in Anhang B der 8. Richtlinie vom 6. Dezember 1979 (79/1072/EWG, ABl.EG Nr. L 331/1979, 11, im Folgenden: 8. EG-Richtlinie) entsprechende Bescheinigung begründet grundsätzlich die Vermutung, dass der Betreffende nicht nur in dem Mitgliedstaat, dessen Steuerverwaltung ihm die genannte Bescheinigung ausgestellt hat, mehrwertsteuerpflichtig ist, sondern dass er dort auch ansässig ist (EuGH, Beschl. v. 28.06.2007, C-73/06, ......., Slg. 2007, I-5655, BFH/NV Beilage 2007, 418; BFH, Urt. v. 14.05.2008, XI R 58/06, BFH/NV 2008, 1422). Im Streitfall hat die Klägerin zwar eine von der luxemburgischen Finanzbehörde ausgestellte Unternehmerbescheinigung vorgelegt, jedoch ist die ihr anhaftende Vermutung erschüttert.
Die grundsätzliche Maßgeblichkeit der Unternehmerbescheinigung bedeutet nämlich nicht, dass es der Steuerverwaltung des Staates, in dem die Erstattung der Vorsteuer beantragt wird, verwehrt wäre, sich bei Zweifeln an der wirtschaftlichen Realität des Sitzes, dessen Anschrift in dieser Bescheinigung angegeben ist, zu vergewissern, ob diese Realität tatsächlich gegeben ist, indem sie auf die Verwaltungsmaßnahmen zurückgreift, die die Gemeinschaftsregelung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer hierzu vorsieht (EuGH, Beschl. v. 28.06.2007, C-73/06, a.a.O.; BFH, Urt. v. 14.05.2008, XI R 58/06, a.a.O.). Denn die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität ist ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Vermeidung der betrügerischen oder missbräuchlichen Berufung auf Normen des Gemeinschaftsrechts (EuGH, Beschl. v. 28.06.2007, C-73/06, a.a.O.).
Hat die Steuerverwaltung des Erstattungsstaats beispielsweise im Falle eines Verdachts auf Missbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten Zweifel an der wirtschaftlichen Realität des in dieser Bescheinigung angegebenen Sitzes, steht ihr nach Art. 6 der 8. EG-Richtlinie die Möglichkeit offen, den Steuerpflichtigen zu zwingen, ihr die Auskünfte zu erteilen, die erforderlich sind, um beurteilen zu können, ob der Erstattungsantrag begründet ist, so etwa Informationen, von denen anzunehmen ist, dass sie es ihr ermöglichen, die wirtschaftliche Realität des in der Bescheinigung über die Steuerpflichtigeneigenschaft genannten Sitzes zu bewerten (EuGH, Beschl. v. 28.06.2007, C-73/06, a.a.O.). Der Verwaltung stehen auch die gemeinschaftsrechtlichen Instrumente der Verwaltungskooperation und der Amtshilfe zu Gebote (EuGH, Beschl. v. 28.06.2007, C-73/06, a.a.O.).
So verhält es sich im Streitfall. Die Klägerin residiert in Luxemburg unter einer Anschrift, die dem Beklagten als Anschrift für Briefkastenfirmen bekannt ist. Dadurch begründete sich beim Beklagten der Verdacht, dass die Bescheinigung nicht der wirtschaftlichen Realität entsprechen könnte. Infolgedessen war der Beklagte befugt, Ermittlungen vorzunehmen, um beurteilen zu können, ob sich der Sitz der Klägerin tatsächlich in Luxemburg oder aber in einem anderen Staat befindet. Deshalb ersuchte und erhielt er eine Auskunft der Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen (IZA). Hierin wurde u.a. festgestellt, dass die Klägerin in Luxemburg keinen Telefonanschluss unterhielt. Am .... 2002 hatte er ein Auskunftsersuchen an die zuständige Behörde in Luxemburg gerichtet, das mit Bescheid vom ..... 2002 beantwortet wurde. Hieraus ergab sich, dass die Klägerin keine Einrichtungen bzw. andere Gegenstände in ihren von der ..........................angemieteten Büroräume besaß, ihre Verantwortlichen nicht permanent in Luxemburg anwesend und dort weder ein Lagerraum noch Lkw-Parkplätze vorhanden waren.
2. Da im Streitfall für die Bestimmung des Sitzes der Klägerin aufgrund der dargelegten Zweifel an der wirtschaftlichen Realität nicht die Unternehmerbescheinigung zugrunde gelegt werden kann, ist der Sitz im Einzelnen konkret zu bestimmen. Dabei hat der Senat aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens nicht die hinreichende Überzeugung gewonnen, dass sich der Sitz der Klägerin in den Streitjahren 1996 und 1997 tatsächlich in Luxemburg befindet.
Insbesondere bezüglich der "Ansässigkeit außerhalb des Gemeinschaftsgebietes" setzt die Eigenschaft als nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässiger Steuerpflichtiger im Sinne der 13. EG-Richtlinie vom 17. November 1986 (86/ 560/EWG, ABl.EG Nr. L 326/1986, 40) u. a. voraus, dass für den Steuerpflichtigen in diesem Gebiet in dem Zeitraum nach Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie keiner der in Art. 1 Nr. 1 der Richtlinie genannten Anknüpfungspunkte vorliegt. Zu diesen Anknüpfungspunkten gehören die "feste Niederlassung" und der "Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit". Auch Art. 1 der 8. EG-Richtlinie vom 6. Dezember 1979 (79/1072/EWG, ABl.EG Nr. L 331/1979, 11), der für im Gemeinschaftsgebiet ansässige Steuerpflichtige gilt, unterscheidet zwischen den Begriffen "Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit" und "feste Niederlassung".
a. Der Niederlassungsbegriff fordert einen Mindestbestand, der durch das ständige Zusammenwirken der für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen erforderlichen Personal- und Sachmittel gebildet wird (EuGH, Beschl. v. 28.06.2007, C-73/06, a.a.O.). Daher setzt er einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur voraus, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der betreffenden Dienstleistungen ermöglicht.
aa. Im Hinblick auf Transporttätigkeiten im Besonderen verlangt dieser Begriff für die Anwendung der Gemeinschaftsregelung über die Mehrwertsteuer zumindest ein Büro, in dem Verträge abgefasst und die Entscheidungen der täglichen Geschäftsführung getroffen werden können, und einen Stellplatz für die Transportfahrzeuge. Dagegen weist der Umstand, dass die Fahrzeuge im betreffenden Mitgliedstaat zugelassen sind, nicht auf eine feste Niederlassung in diesem Mitgliedstaat hin (EuGH, Beschl. v. 28.06.2007, C-73/06, a.a.O.).
Eine feste Einrichtung, die nur dazu verwendet wird, für das Unternehmen Tätigkeiten vorbereitender Art oder Hilfstätigkeiten vorzunehmen, wie z. B. das Anwerben von Personal oder den Ankauf von für die Durchführung der Unternehmenstätigkeit erforderlichen Sachmitteln, ist keine feste Niederlassung.
bb. Im Streitfall sind die Voraussetzungen einer festen Niederlassung in Luxemburg nicht erfüllt. Es mangelt an dem Mindestbestand, der durch das ständige Zusammenwirken der für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen erforderlichen Personal- und Sachmittel gebildet wird. Selbst wenn der Senat - ungeachtet der Tatsache, dass unter der luxemburgischen Anschrift der Klägerin insgesamt 13 Gesellschaften residierten, sich dort aber nach der glaubhaften Aussage des Zeugen .E nur 5 bis 6 Büroräume befanden - davon ausginge, dass die Klägerin in Luxemburg über einen Büroraum verfügt haben mag, so ist er jedenfalls nicht eingerichtet und insoweit ungeeignet sowohl für die Abfassung von Verträgen als auch für die Entscheidungen der täglichen Geschäftsführung. Hinzu kommt, dass die Klägerin in Luxemburg keine Stellplätze für die Lkw's hatte.
Dass die Lkw's in Luxemburg gemeldet waren, ist unerheblich. Auch die Tatsache, dass von dort aus Personal angeworben und eingestellt wurde, wirkt sich insoweit nicht aus, denn es handelt sich um Tätigkeiten vorbereitender Art. Entsprechendes gilt im Hinblick auf den Erwerb der Lkw's, wobei dieser in tatsächlicher Hinsicht noch nicht einmal von Luxemburg aus erfolgt sein dürfte. Denn der Zeuge .E hat ausgesagt, dass der Kauf der Lkw's in der Schweiz durch die Muttergesellschaft stattgefunden habe.
b. Auch unter dem Gesichtspunkt des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit begründet sich in den Streitjahren 1996 und 1997 nicht zur hinreichenden Überzeugung des Senats eine Ansässigkeit der Klägerin in Luxemburg als Gemeinschaftsstaat.
aa. Da Art. 1 Nr. 1 der 13. EG-Richtlinie, wie auch Art. 1 der 8. EG-Richtlinie, zwischen den Begriffen "Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit" und "feste Niederlassung" unterscheidet, hat der erste dieser Begriffe nach der Vorstellung des Gemeinschaftsgesetzgebers eine vom zweiten unabhängige Bedeutung (EuGH, Beschl. v. 28.06.2007, C-73/06, a.a.O.).
Der "Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit" bezeichnet den Ort, an dem die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung der Gesellschaft getroffen und die Handlungen zu deren zentraler Verwaltung vorgenommen werden (EuGH, Beschl. v. 28.06.2007, C-73/06, a.a.O.; BFH, Urt. v. 14.05.2008, XI R 58/06, a.a.O.). Diese Definition hat der EuGH zwar im Zusammenhang mit der Anwendung von Art. 1 Nr. 1 der 13. EG-Richtlinie getroffen. Da es sich insoweit aber in Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie und Art. 1 der 8. EG-Richtlinie um identische und in einem ähnlichen Zusammenhang verwandte Begriffe handelt, ist diese Definition auch auf die im Streitfall ggf. anwendbare 8. EG-Richtlinie zu übertragen (vgl. BFH, Urt. v. 14.05.2008, XI R 58/06, a.a.O.).
Bei der Bestimmung des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit einer Gesellschaft ist eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen, und zwar in erster Linie der statuarische Sitz, der Ort der zentralen Verwaltung, der Ort, an dem die Führungskräfte der Gesellschaft zusammentreffen, und der - gewöhnlich mit diesem übereinstimmende - Ort, an dem die allgemeine Unternehmenspolitik dieser Gesellschaft bestimmt wird (EuGH, Beschl. v. 28.06.2007, C-73/06, a.a.O.). Andere Elemente, wie der Wohnsitz der Hauptführungskräfte, der Ort, an dem die Gesellschafterversammlung zusammentritt, der Ort, an dem die Verwaltungsunterlagen erstellt und die Bücher geführt werden, und der Ort, an dem die Finanz- und insbesondere die Bankgeschäfte hauptsächlich wahrgenommen werden, können ebenfalls in Betracht gezogen werden (EuGH, Beschl. v. 28.06.2007, C-73/06, a.a.O.).
bb. Im Streitfall hat der Senat aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens, insbesondere nach Durchführung der Beweisaufnahme, bei einer Gesamtschau der Faktoren nicht mit der erforderlichen Gewissheit die Überzeugung gewonnen, dass die Klägerin in den Streitjahren 1996 und 1997 die Voraussetzungen des "Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit" in Luxemburg als einem Gemeinschaftsstaat erfüllt. Es steht nicht fest, dass der Ort, an dem die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung der Gesellschaft getroffen und die Handlungen zu deren zentraler Verwaltung vorgenommen wurden, in Luxemburg liegt.
(1) Als Kriterien des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit sieht der Senat in Luxemburg jedenfalls als erfüllt an: den statuarischen Sitz, die Führung der Verwaltungsunterlagen und Bücher, die Wahrnehmung der Bankgeschäfte.
(2) Bei einer Würdigung der Gesamtumstände reicht dies nach Auffassung des Senats jedoch in den Streitjahren nicht aus, um von einem Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin in Luxemburg ausgehen zu können.
So ist der Senat nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht davon überzeugt, dass weitere wesentliche Kriterien in Luxemburg erfüllt sind.
(3) Hierzu gehören der Ort, an dem die Führungskräfte zusammenkommen und der Ort, an dem die allgemeine Unternehmenspolitik bestimmt wird.
Der Senat konnte keine hinreichende Überzeugung dahingehend bilden, dass sich sich diese Orte in den Jahren 1996 und 1997 in Luxemburg befanden.
(a) Es konnte nicht aufgeklärt werden, ob es in Luxemburg Geschäftsführerbesprechungen gab. Hierzu konnte insbesondere der Zeuge .E keine Angaben machen. Allein die Tatsache, dass Herr ...... und Herr H - nach der Aussage des Zeugen .E - "öfter" zusammen nach Luxemburg gekommen sein sollen, reicht für den Senat nicht aus, um davon ausgehen zu können, dass sich der Ort, an dem die Führungskräfte zusammenkommen und der Ort, an dem die allgemeine Unternehmenspolitik bestimmt wird, in Luxemburg befanden.
Der Zeuge .E konnte sich an "offizielle Versammlungen" der Geschäftsführer nicht erinnern. Auch andere Anhaltspunkte hierfür gibt es nicht.
(b) Auch ist nicht zur hinreichenden Überzeugung bekannt, wie oft die Geschäftsführer überhaupt zusammen in Luxemburg waren und damit die Möglichkeit gehabt hätten, als Führungskräfte zusammenkommen und/oder die allgemeine Unternehmenspolitik zu bestimmen. Der Zeuge .E konnte sich lediglich daran erinnern, dass Herr .H... "öfter" mit Herrn ...... in Luxemburg gewesen sei, die Zeugin C........konnte sich nur und ohne nähere Konkretisierung daran erinnern, die Geschäftsführer in Luxemburg gesehen zu haben. Laut Auskunftsschreiben der luxemburgischen Steuerverwaltung vom ........ 2002, die auf einer Befragung von Mitarbeitern der .......................... S.á.r.l. basiert, sollen die Verantwortlichen der Klägerin hingegen nicht regelmäßig in Luxemburg anwesend gewesen sein. Bezüglich der Anwesenheitszeiten ist es für den Senat angesichts dessen nicht möglich, eine Überzeugung zu finden. In diesem Zusammenhang ist zusätzlich von Bedeutung, dass zumindest nicht auszuschließen ist, dass sich die Geschäftsführer als Angestellte der Muttergesellschaft auch außerhalb Luxemburgs, z.B. in der Schweiz am Sitz der Muttergesellschaft, getroffen haben. Diese Erwägung findet eine Stütze darin, dass in Luxemburg keine Einrichtungsgegenstände vorhanden waren. Vor diesem Hintergrund kann der Senat jedenfalls keine Überzeugung dahingehend bilden, dass sich in Luxemburg der Ort befand, an dem die Geschäftsführer zusammenkamen und/oder die Unternehmenspolitik bestimmt wurde.
(c) Der Senat hat noch nicht einmal die Überzeugung gewinnen können, wie oft Herr ...... oder Herr .H... jeweils für sich gesehen in Luxemburg anwesend waren und damit zumindest die Möglichkeit gehabt hätten, in Luxemburg die Führung - jeweils auch alleine vor Ort - zu übernehmen.
Der Geschäftsführer ...... soll nach der Aussage des Zeugen .E in den Streitjahren - entgegen des klägerischen Vortrages - in der Regel zwei- bis dreimal pro Monat in Luxemburg anwesend gewesen sein. Die Schlüssigkeit dieser Zeitangabe mag dahingestellt bleiben. Zu den Anwesenheitszeiten des Herrn .H... bestehen keine verlässlichen Erkenntnisse. Der Zeuge .E konnte sich nur noch daran erinnern, dass Herr .H... "oft" mit Herrn ...... zusammen nach Luxemburg gekommen sei. Eine gewisse Konkretisierung, etwa ob Herr .H... gleich oder weniger oft als Herr ...... in Luxemburg war, war dem Zeugen indes nicht möglich. Letztlich verbleiben für den Senat Zweifel an den Anwesenheitszeiten der Geschäftsführer, zumal laut ersuchtem Auskunftsschreiben der luxemburgischen Steuerverwaltung vom ........ 2002, die auf einer Befragung von Mitarbeitern der .......................... S.á.r.l. basiert, die Verantwortlichen der Klägerin nicht regelmäßig in Luxemburg anwesend gewesen seien.
(d) Ungeachtet der Frage nach dem zeitlichen Umfang der Anwesenheit der Geschäftsführer in Luxemburg und den mangelnden Erkenntnissen über das Zusammenkommen der Führungskräfte und der Bestimmung der Unternehmenspolitik, vermag aber auch die Qualität und der sachliche Umfang der in Luxemburg ausgeübten Tätigkeiten und Aufgaben nicht die hinreichende Überzeugung des Senats zu bilden, dass die Geschäftsführung und die Bestimmung der Unternehmenspolitik von Luxemburg aus erfolgten.
Zu den von Herrn ...... als Geschäftsführer in Luxemburg ausgeführten Aufgaben gehörte die Auswahl und die Einstellung des Personals. Die Klägerin beschäftigte im März 1998 allerdings "nur" ... Arbeitnehmer (... Deutsche und ... Franzose). Zum Teil waren die Fahrer bereits vor 1996 bei der Muttergesellschaft angestellt. Die Bewerber wurden durch den Zeugen .E vorselektiert. Nur geeignete Bewerber wurden zum Bewerbungsgespräch mit Herrn ...... geladen. Bezüglich der Anzahl der von Herrn ...... geführten Bewerbungsgespräche gibt es keine Erkenntnisse. Insbesondere der Zeuge .E konnte hierzu keine Angaben machen. Folglich kann der Senat nicht davon ausgehen, dass es sich bei der Personaleinstellung in den Streitjahren 1996 und 1997 um eine aufwendige Aufgabe der Geschäftsführer gehandelt hat.
Dass die Führung des Personals in den Streitjahren in Luxemburg Aufwand verursacht habe, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Denn sie war weder möglich noch erforderlich. Die Lkw's wurden von der Schweiz aus eingesetzt. Da es sich bei den Fahrern um vier Deutsche und einen Franzosen handelte, bestanden insoweit keine Berührungspunkte mit Luxemburg. Selbst die Bezahlung der Mitarbeiter - als Bestandteil der Verwaltung - erfolgte zum Teil durch die Muttergesellschaft in der Schweiz.
Desweiteren führte Herr ...... ein paar Gespräche mit der luxemburgischen Handelskammer und dem luxemburgischen Transportminister. Genaue Angaben zu deren Anzahl gibt es nicht. Der Zeuge .E erinnert sich nur, dass der Geschäftsführer ...... 2- bis 3mal im Jahr Gespräche mit dem Transportministerium geführt habe, wobei diese zum Teil auch telefonisch stattfgefunden hätten. Auch andere Telefonate hat der Geschäftsführer ...... nach der Aussage des Zeugen von Luxemburg aus geführt, wobei Inhalt und Anzahl nicht aufklärbar sind.
Weitere von Herrn ...... in Luxemburg ausgeübte Tätigkeiten sind nicht bekannt. Hierüber hat die Beweisaufnahme keine weiteren Erkenntnisse gebracht. Auch andere Anhaltspunkte bestehen insoweit nicht.
Welche Tätigkeiten Herr .H... in Luxemburg ausgeübt hat, ist nach Durchführung der Beweisaufnahme ebenfalls nicht bekannt und nicht mehr aufklärbar.
Hieran zeigt sich, dass die Tätigkeiten der Geschäftsführer, soweit sie zu ermitteln waren, nicht ausreichen, um eine Überzeugung dahingehend zu bilden, dass die wesentliche Geschäftsführung von Luxemburg aus erfolgte.
(4) Aber auch bezüglich der Bestimmung des Ortes der zentralen Verwaltung konnte der Senat keine hinreichende Überzeugung finden. In Luxemburg findet zwar Verwaltung statt, aber der Senat ist nicht davon überzeugt, dass es sich um die zentrale Verwaltung handelt.
So werden in Luxemburg die Bücher und die Bankgeschäfte geführt. Auch Telefondienste erfolgen dort. Allerdings reicht dies für die Annahme des Ortes der zentralen Verwaltung nicht aus. Denn hierzu bedarf es der Verwaltung weiterer Bereiche, die jedoch im Streitfall in den Jahren 1996 und 1997 nicht einen solchen Umfang einnahmen, dass sie den Senat davon überzeugen können, dass sich der Ort der zentralen Verwaltung in Luxemburg befand.
Bezüglich des Personals war der Verwaltungsaufwand auf dessen Entlohnung beschränkt. Bei den Fahrern handelte es sich in den Streitjahren um vier Deutsche und einen Franzosen, die im übrigen keine Berührungspunkte mit Luxemburg hatten, zumal die Lkw's von der Schweiz aus eingesetzt wurden. Aber selbst der auf die Personalentlohnung beschränkte Verwaltungsaufwand war seinerseits insofern eingeschränkt, als die Mitarbeiter zum Teil durch die Muttergesellschaft bezahlt wurden.
Der Erwerb der Lkw's erfolgte nicht von Luxemburg aus. Der Zeuge .E hat ausgesagt, dass die Lkw's in der Schweiz durch die Muttergesellschaft gekauft wurden. Er hat insoweit den klägerischen Vortrag, dass der Erwerb der Lkw's als eine der wesentlichen Geschäftsführungsentscheidungen von Luxemburg aus erfolge, widerlegt, wobei ohnehin fraglich erscheint, inwieweit der Erwerb von fünf Lkw's in den beiden Streitjahren 1996 und 1997 unter Mitwirkung der ....... Garagenbetriebe und der ....... Gruppe einen gewichtigen Verwaltungsfaktor hätte bilden können.
Die Disposition der Lkw's erfolgte nicht von Luxemburg, sondern von der Schweiz aus, so dass sich auch hieraus in den Streitjahren kein Verwaltungsaufwand in Luxemburg ergab.
(5) Von Bedeutung bei der Würdigung der Gesamtumstände ist schließlich, dass die Geschäftsführer der Klägerin nicht in Luxemburg, sondern in der Schweiz und in Italien ansässig waren. Auch erscheint es dem Senat nicht völlig unerheblich, dass die Klägerin jedenfalls in 1997 im Briefpapier der Muttergesellschaft, in dem deren Betriebe aufgeführt werden, nicht genannt war.
(6) Vor diesem Hintergrund führt die Abwägung der Gesamtumstände im Streitfall dazu, dass der Senat nicht hinreichend davon überzeugt ist, dass sich der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin in den Jahren 1996 und 1997 in Luxemburg, mithin im Gemeinschaftsgebiet, befand. Denn in Luxemburg bestand lediglich der statuarische Sitz, dem als formellen Kriterium nicht allzu großes Gewicht beizumessen sein dürfte, was dadurch bestätigt wird, dass die Unternehmerbescheinigung lediglich eine Vermutung für die Ansässigkeit begründet, die jedoch bei einer mangelnden Übereinstimmung mit der wirtschaftlichen Realität widerlegbar ist. In Luxemburg erfolgten desweiteren die Buchführung und die Bankgeschäfte. Diese Faktoren sind bei einer Gesamtabwägung nicht derart gewichtig, um vom Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin in Luxemburg ausgehen zu können. Hierzu hätte es weiterer wesentlicher Anknüpfungspunkte in Luxemburg bedurft, die jedoch nicht zur hinreichenden Überzeugung des Senats gegeben sind. So ist der Senat nicht davon überzeugt, dass sich in Luxemburg der Ort der zentralen Verwaltung, der Ort, an dem die Führungskräfte zusammenkommen und der Ort, an dem die Unternehmenspolitik bestimmt wird, befinden. Dass sich der Wohnsitz der Geschäftsführer nicht in Luxemburg befindet, kommt bei dieser Gesamtschau am Rande und zu Lasten einer Überzeugungsbildung bezüglich des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit in Luxemburg hinzu.
III. Soweit die geltend gemachten Vorsteuern nicht auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen, ist der Senat ebenfalls nicht davon überzeugt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der Vorsteuervergütung nach§ 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff. UStDV erfüllt sind. Insoweit steht nicht fest, dass es sich bei der vorgelegten Unternehmerbescheinigung um eine ordnungsgemäße Unternehmerbescheinigung gemäß § 61 Abs. 3 UStDV handelt.
Nach § 61 Abs. 3 UStDV muss der Unternehmer der zuständigen Finanzbehörde durch behördliche Bescheinigung des Staates, in dem er ansässig ist, nachweisen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist. Die Vorlage der Bescheinigung ist materiell-rechtliche Voraussetzung der Vorsteuervergütung (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, UStG , Rz. 882.3; Kraeusel in Reiss/Kraeusel/Langer, UStG, § 18 Rz. 680; Mößlang in Sölch/Ringleb, UStG, § 18 Rz. 173) und entspricht sowohl den Vorgaben des Art. 3 Buchst. b und des Art. 4 Buchst. a (sowie Anhang B) der 8. Richtlinie als auch denjenigen des Art. 3 Abs. 1 Satz 4 der 13. Richtlinie (vgl. Stadie, a.a.o. , Rz. 872.4).
Im Streitfall hat die Klägerin eine von der luxemburgischen Finanzverwaltung ausgestellte Unternehmerbescheinigung eingereicht. Der Senat ist nicht hinreichend davon überzeugt, dass diese Bescheinigung von dem Staat ausgestellt wurde, in dem die Klägerin ansässig ist. Denn es steht nicht zur hinreichenden Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin in Luxemburg ansässig ist.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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