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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 17.10.2007
Aktenzeichen: 4 K 3349/05
Rechtsgebiete: UStG, UStDV


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
UStG § 6 Abs. 4
UStDV § 8 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

4 K 3349/05

Tenor:

Der Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 2.2.2004, der Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 9.2.2004 und die Umsatzsteuerfestsetzung durch die Mitteilung zur Umsatzsteuer 2003 vom 20.5.2005, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5.8.2005, werden dergestalt geändert, dass die von der Umsatzsteuersonderprüfung als steuerpflichtig behandelten Lieferungen nach Japan und Hongkong wieder als steuerfreie Ausfuhrlieferungen behandelt werden. Die Berechnung der Umsatzsteuer 2001 bis 2003 wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin die Voraussetzungen der Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen in den Streitjahren erfüllt hat.

Die Klägerin betreibt in X den Handel mit Schmuck und Edelmetallen. Während der Streitjahre gehörten zu den Kunden der Klägerin die Firmen M aus Hongkong, J und Y aus Japan, an die die Klägerin Markenarmbanduhren und Schmuckstücke lieferte. Bei den Abnehmern handelte es sich um Wiederverkäufer.

Die jeweils zur Ausfuhr bestimmten Uhren wurden beim Hauptzollamt B zur Ausfuhr abgefertigt. Hierzu wurden von der Klägerin die entsprechenden Ausgangsrechnungen beim Zollamt vorgelegt. Nach Abfertigung des Zollamts B wurden die Uhren dann im Auftrag der Klägerin von einer Spedition abgeholt und über die Zollstelle Frankfurt-Main/Flughafen ins Ausland verschickt. Die Klägerin erhielt als Ausfuhrnachweis jeweils abgestempelte "Einheitspapiere Nr. 3" von der beauftragten Spedition.

Im Rahmen eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen einen Beschuldigten aus I wurden bei dem Beschuldigten hochwertige Armbanduhren beschlagnahmt. Die Steuerfahndung fragte daraufhin bei der Firma C unter Angabe von Referenz- und Seriennummern (=Individualnummer) für 22 beschlagnahmte Uhren an, an welche Händler diese Uhren geliefert worden seien. Die Firma C teilte mit, dass elf der Uhren an die Klägerin geliefert worden seien. Am 19.4.2001 fand bei der Klägerin eine Durchsuchung statt. Die Steuerfahndung kam nach Einsichtnahme in die Wareneinkaufsrechnungen, Warenverkaufsrechnungen und Ausfuhrbescheinigungen zu dem Schluss, dass die Uhr mit der Ref-Nr. ... am 16.11.2000 von der Klägerin erworben und im Rahmen eines Barverkaufs im Inland weiterveräußert worden sei. Neun Uhren seien an die Firma M in Hongkong ausgeführt worden. Laut einer Ausgangsrechnung vom 7.2.2001 seien zwei C-Uhren mit denselben Referenznummern (RT ...) am 13.2.2001 nach Hongkong ausgeführt und bereits am 20.2.2001 eine Uhr mit derselben Referenznummer bei der Beschlagnahme in I wieder im Inland aufgefunden worden. Nach Ansicht der Steuerfahndung seien daher alle zehn von der Firma C erworbenen Uhren nur scheinbar nach Hongkong geliefert, diese tatsächlich aber von der Klägerin im Inland veräußert worden. Die Einleitung eines Strafverfahrens gegen die Geschäftsführer der Klägerin erfolgte nicht. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Vermerk des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D vom 3.4.2003 und den Vermerk der durchsuchenden Beamten vom 23.4.2001 in der Rechtsbehelfs Akte Bd. III des Beklagten Bezug genommen.

Im Rahmen einer am 28.4.2003 begonnenen und nach und nach auf die Streitjahre ausgeweiteten Umsatzsteuersonderprüfung traf der Prüfer die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Ausfuhren nicht erfüllt seien. Die vorgelegten Nachweise ermöglichten nicht den zweifelsfreien Abgleich von den seitens der Klägerin eingekauften Artikeln und den ausgeführten Artikeln. Hinsichtlich der verkauften Markenuhren verfügten alle Uhren über Identifikationsnummern (=Seriennummern), welche auf der Uhr verdeckt eingestanzt seien und die Individualisierung der einzelnen Uhr ermöglichten. Neben diesen Nummern würden auch Referenznummern vergeben, die das Modell, die Ausführung und das Material der Uhr kennzeichneten und somit den Uhrentyp beschrieben. Die Einkaufsrechnungen der Klägerin enthielten zum Teil die Identifikationsnummern der Uhren. In den Verkaufsrechnungen der Klägerin seien jedoch nur die Angabe des Herstellers, die Angabe der Art (Damen- oder Herrenarmbanduhr), Preis und Menge sowie die Referenznummern genannt. In den Ausfuhrpapieren für den Zoll seien die Herstellerangabe, die Angabe der Art, die Menge der ausgeführten Uhren, die Summe der ausgeführten Uhren und die Menge und Art der versandten Gegenstände (z.B. Herrenuhr - Vollgold) genannt. Die Identifikationsnummer sei somit weder in den Ausgangsrechnungen noch in den Ausfuhrpapieren angegeben worden. Die Klägerin habe daher keine handelsübliche Bezeichnung in den für die Ausfuhrbefreiung relevanten Belegen angeführt, was die tatsächliche Ausfuhr der Uhren nicht nachprüfbar mache. Der Prüfer untersagte daraufhin für die bislang als steuerfrei angemeldeten Ausfuhrumsätzen die Steuerbefreiung.

Der Beklagte folgte der Auffassung des Prüfers und erließ am 11.12.2003 geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2001, 2002 sowie am 4.2.2004 geänderte Bescheide über Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für die Monate Januar bis April 2003.

Im Einspruchsverfahren ergingen Teilabhilfebescheide des Beklagten für die Umsatzsteuer 2001 am 2.2.2004 sowie für das Streitjahr 2002 am 9.2.2004. Am 20.5 2005 erging während des Einspruchsverfahrens eine geänderte Mitteilung über Umsatzsteuer 2003 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Im Einspruchsverfahren trug die Klägerin vor, dass die Angabe der Individualnummer nicht der handelsüblichen Vorgehensweise entspreche. Sie beziehe ihre Uhren unmittelbar von den Herstellern. In den Ausgangsrechnungen wiesen fast alle Hersteller nur die Referenznummer der jeweils verkauften Uhr und die Stückzahl aus. Nur die Hersteller S und C gäben in ihren Ausgangsrechnungen grundsätzlich die Individualnummer an. Die Hersteller E und F gäben weder Individual- noch Referenznummer an. Andere Hersteller, z.B. U, wiesen in ihren Rechnungen für hochpreisige Armbanduhren die Individualnummern ebenfalls nicht aus. Dies gelte auch für andere Artikel als Uhren, etwa der Hersteller G, H, K und L. Zum Nachweis für ihren Vortrag legte die Klägerin an sie von diversen Herstellern ausgestellte Rechnungen vor, auf die für die weiteren Einzelheiten in der Rechtsbehelfsakte Band III Bezug genommen wird. Auch die Wiederverkäufer in Hongkong hätten die Angabe der Referenznummern stets akzeptiert, was nicht geschehen wäre, wenn dies nicht handelsüblich sei.

Es lasse sich im Geschäftsverkehr keine auf den Wert der Uhr bezogene Verfahrensweise der einzelnen Hersteller feststellen, etwa besonders hochpreisige Uhren stets mit der Individualnummer in den Rechnungen zu versehen und dies bei billigeren Uhren nicht zu tun. Nur der Hersteller F weise bei brillantbesetzten Uhren stets die Individualnummer in der Rechnung aus. Die Vorgehensweise bei der Rechnungsausstellung hänge ausschließlich von der Geschäftspolitik des jeweiligen Herstellers ab.

Zudem habe die Individualnummer nur für den Endverbraucher eine wirkliche Bedeutung. Denn diese sei Bestandteil eines eigenständigen Garantievertrages zwischen dem Hersteller und dem Endabnehmer. Für die Geltendmachung von Ansprüchen benötige der Endabnehmer die individuelle Garantiekarte zu der erworbenen Uhr. Die Identifizierung werde durch die auf der Garantiekarte und in der Uhr eingestanzte Individualnummer gewährleistet.

Der Vorwurf der Nichtausfuhr lasse sich auch wegen der tatsächlichen Verfahrensweise bei der Zollabfertigung nicht stützen. Die Zollabfertigung erfolge beim Hauptzollamt B und anschließend durch das Hauptzollamt Frankfurt/Main. Die Ausgangsrechnungen würden im Hauptzollamt B und im Hauptzollamt Frankfurt Main als Anlage zur Ausfuhranmeldung vorgelegt. Der zuständige Sachbearbeiter beim Hauptzollamt prüfe die Richtigkeit der Angaben hinsichtlich der ausgeführten Uhren auf Übereinstimmung mit den in den Ausgangsrechnungen genannten Uhren, wenn er an den Angaben zweifle. Nach dieser Prüfung erteile das Hauptzollamt B die Freigabe, die Uhren würden von der beauftragten Spedition abgeholt und nach Frankfurt verbracht, wo die Uhren nach erneuter Abfertigung durch das Hauptzollamt an den Empfänger auf dem Luftweg versandt würden.

In rechtlicher Hinsicht sei zunächst zu beachten, dass die zollamtliche Abfertigung als Ausfuhrnachweis diene. Nach § 10 Abs. 2 UStDV dürfe der Ausfuhrnachweis in den Versendungsfällen wie in den Beförderungsfällen erbracht werden. Dieser liege vor, wenn die Zoll- Ausgangsbehörde den körperlichen Ausgang der Waren durch einen Vermerk auf dem "Einheitspapier Nr. 3" bestätige. Dies sei im Streitfall lückenlos in Form der Dienstsiegel der Hauptzollämter B und Frankfurt-Main/Flughafen für alle Ausfuhrlieferungen erfolgt.

Die vom Beklagten genannten Urteile, maßgeblich des Finanzgerichts München vom 24.4.2002 (14 K 4520/97, EFG 2002, 1334), stützten nicht die Auffassung des Beklagten, dass nur die Angabe der Individualnummern handelsüblich sei. In seiner Entscheidung habe das Finanzgericht München die Wahl der bloßen Gattungsbezeichnungen wie "Uhren" und "Armbänder" bei Kaufpreisen von jeweils 5.000 DM und mehr nicht als handelsübliche Bezeichnungen genügen lassen. Es habe in den Entscheidungsgründen aber ausgeführt, das zur handelsüblichen Bezeichnung neben der Stückzahl zumindest noch weitere individualisierende Angaben erforderlich seien. Dies bedeute aber nicht, dass die notwendige Individualisierung zwingend durch die Angabe der Individualnummer vorzunehmen sei. Auch die von der Klägerin gemachten Angaben nach Hersteller, Typ, Baureihe, Farbe, Ausstattung und allen weiteren Besonderheiten durch die jeweilige Referenznummer genügten diesen Anforderungen.

Aus einer Verfügung der OFD Hannover vom 30.3.1984 gehe hervor, dass handelsüblich jede Bezeichnung sei, die im Wirtschaftsleben für die einzelnen Gegenstände allgemein verwendet werde. Werde die allgemeinen verwendete Bezeichnung gewählt, sei eine darüber hinausgehende noch genauere Bezeichnung nach Güte, Sorte, oder anderen wertbestimmenden Merkmalen regelmäßig nicht erforderlich. Auch der Erlass des BMF vom 15.5.1997 (BStBl. I 1997, 614) und das Merkblatt zur Umsatzsteuerbefreiung von Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr (BStBl. I 2000, 1463) verträten dieselbe Auffassung. Die Rechtsauffassung des Beklagten verstoße darüber hinaus gegen die Vorgaben in Art. 15 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie.

Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin habe den notwendigen Buch- und Belegnachweis für die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferungen nicht erbracht. Bei Versendungen habe der Unternehmer gemäß § 8 UStDV durch eindeutig und leicht nachprüfbare Belege nachzuweisen, dass er oder der Abnehmer den Liefergegenstand in das Drittland befördert oder versendet habe. Der zur Ausfuhr verwendete Beleg müsse eine handelsübliche Bezeichnung der Ware enthalten, um den körperlichen Ausgang der Ware aus dem Inland in das Drittland belegmäßig nachzuweisen. Die Angaben in den Zollpapieren als Ausfuhrnachweisen stellten keine ausreichende Warenbezeichnung dar. Anhand der gemachten Angaben sei eben die Individualisierung und damit die sichere Prüfung der tatsächlichen Ausfuhr nicht möglich. Es sei auch zumutbar, die Angabe der Individualnummer als Voraussetzung für die Steuerfreiheit zu verlangen. Im Geschäftsverkehr habe die Individualnummer eine wichtige Bedeutung. Sie sei im Streitfall wegen des hohen Werts der ausgeführten Uhren etwa der Kfz-Fahrzeugnummer vergleichbar, die zur Gewährung der Steuerbefreiung im Kfz-Handel notwendig sei.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Die Klägerin trägt ergänzend vor, dass die Ausfuhr nicht nur durch die doppelte Prüfung der Hauptzollämter in B und Frankfurt am Main, sondern auch durch die Prüfung bei der Einfuhr in Hongkong gewährleistet sei. Die Klägerin verweist beispielhaft auf eine Lieferung von 89 Uhren im Streitjahr 2002 und weist auf die zur Akte gereichte Dokumentation des Liefervorgangs durch die Ausfuhrpapiere, die den Ausfuhrpapieren beigefügten Ausgangsrechnungen der Klägerin, den Beleg der beauftragten Spedition sowie den Abrechnungsbeleg der beauftragten Servicegesellschaft für die Einfuhrprüfung in Hongkong hin. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen 2 A-E zum Schriftsatz der Klägerin vom 6.12.2005 in der Gerichtsakte (Blatt 92-138) Bezug genommen.

Es sei auch nicht unüblich oder überraschend, dass die Klägerin mit Wiederverkäufern in Asien in größerem Umfang handele. Die Geschäftsbeziehung beruhe auf einer persönlichen Kenntnis zwischen den Gesellschaftern der Klägerin und der in Hongkong ansässigen Gesellschaft. Das Interesse von Wiederverkäufern aus Asien an Geschäften mit europäischen Juwelieren bestehe darin, dass die europäischen Markenhersteller dem asiatischen Markt zu geringe Kontingente hochpreisiger Uhren zuteilten, um den Preis hochzuhalten. Diese Geschäftsbeziehung bestehe seit Jahren ohne jede Beanstandung. Der Abnehmer in Hongkong habe in einer schriftlichen Erklärung versichert, dass er in den Streitjahren Armbanduhren von der Klägerin nach deren Ausgangsrechnungen erworben und erhalten habe. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Erklärung der Firma M vom 6.12.2005 in der Gerichtsakte (Bl. 158) Bezug genommen. Zum Nachweis der Existenz der Gesellschaft überreicht die Klägerin die Kopie eines Handelsregisterauszugs und eines Kontoauszugs der Klägerin, auf dem eine Gutschrift von der Gesellschaft verbucht ist. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die in der Gerichtsakte (Bl. 216 und 218) abgelegten Kopien Bezug genommen.

Der Ausfuhrnachweis sei von der Klägerin für jede Lieferung in den Streitjahren geführt worden. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Ausfuhrlieferungen durch Versendung würden durch § 10 Abs. 1 UStDV konkretisiert. Der Belegnachweis müsse durch einen Versendungsbeleg oder durch einen sonstigen handelsüblichen Beleg in Form der Bescheinigung des beauftragten Spediteurs erbracht werden. Hilfsweise dürfe der Unternehmer den Nachweis wie in Beförderungsfällen erbringen. Der Beklagte behaupte ohne Rechtsgrundlage, dass das für den Beförderungsfall ausreichende "Einheitspapier Nr. 3" im Streitfall nicht genüge. Zudem verkenne der Beklagte, dass selbst die Umsatzsteuerrichtlinien in Abschnitt 133 Abs. 1 S. 4 UStR 2005 ausdrücklich zur Dokumentation die Gesamtheit der anfallenden Geschäftspapiere als Ausfuhrnachweis akzeptierten. Die Voraussetzungen einer handelsüblichen Bezeichnung der Uhren durch die Referenznummer sei im übrigen gegeben und anhand der bereits vorgelegten Rechnungen verschiedener Hersteller nachgewiesen worden.

Die rechtliche Argumentation des Beklagten, dass die allgemeinere Vorschrift in § 8 UStDV für die speziellere Regelung in § 10 UStDV höhere Anforderungen an den Belegnachweis beinhalten könnte, sei fehlgehend. Es werde auf die BFH-Entscheidung vom 30.3.2006 verwiesen (V R 47/03, BStBl. II 2006, 634), nach deren Grundsätzen der Buch- und Belegnachweis geführt worden sei.

Das Fehlverhalten Dritter, gegen die steuerliche Ermittlungsverfahren geführt würden, könne für den Streitfall keinen Einfluss haben. Die Klägerin habe im Zeitraum der Beschlagnahme etwa 30 Uhren der Firma C aus derselben Referenz wie bei den beschlagnahmten Uhren erworben. Wenn der Beklagte nunmehr behaupte, die im Inland ausgeführten Uhren seien nach Hongkong und Japan nur zum Schein ausgeführt worden, sei diese Behauptung durch nichts belegt, da nicht mehr nachvollzogen werden könne, welche der 30 erworbenen Uhren ausgeführt und welche im Inland veräußert worden seien. Selbst der Beklagte habe in der Einspruchsentscheidung auf S. 12 ausgeführt, dass wegen der fehlenden Individualnummern nicht bewiesen werden könne, dass es sich bei den beschlagnahmten Uhren um die Exemplare handele, die von der Klägerin zur Ausfuhr angemeldet worden seien. Es seien von der Steuerfahndung für ein unlauteres Verhalten der Klägerin etwa in Form von Scheinlieferungen weder Anhaltspunkte ermittelt, noch ein Strafverfahren eröffnet worden. Die Klägerin habe zweifelsfrei nachgewiesen, dass sie die Uhren ausgeführt habe.

Die Ermittlungsmaßnahmen gegen den der Klägerin unbekannten Dritten könnten auch nicht eine höhere Anforderung an die Bezeichnung der Handelsüblichkeit für den Streitfall herbeiführen. Zudem lasse der Beklagte vollkommen außer Acht, dass die nach Hongkong ausgeführten Uhren auch von anderen Käufern nach Deutschland vor der Beschlagnahme hätten wiedereingeführt werden können.

Neben der Sache lägen die Hinweise des Beklagten auf die Notwendigkeit der Individualnummern zum Nachweis des Vorliegens steuerbefreiter Rückware im Reklamationsfall. Für die von der Klägerin gehandelten Markenuhren habe dies keine Bedeutung, da etwaige Gewährleistungsansprüche jeweils im Land des Endkunden erfolgten. Die eingeräumte Garantie sei eine weltweite, die Rücksendung der einzelnen Uhr an einem Zwischenhändler erfolge bereits aus Kostengründen nicht. Verlange nicht einmal das Außen-und Wirtschaftsrecht die Nennung der Individualnummern, könne auch das Steuerrecht dies nicht als handelsüblich qualifizieren.

Die Klägerin beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 2.2.2004, den Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 9.2.2004 und die Umsatzsteuerfestsetzung 2003 durch die Mitteilung zur Umsatzsteuer vom 20.5.2005, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5.8.2005, dergestalt zu ändern, dass die von der Umsatzsteuersonderprüfung als steuerpflichtig behandelten Lieferungen nach Japan und Hongkong wieder als steuerfreie Ausfuhrlieferungen behandelt werden,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte trägt ergänzend vor: Die Unterlagen der Klägerin genügten nicht, um die Ausfuhr der in den Ausgangsrechnungen angeführten Uhren zweifelsfrei nachzuweisen. Die Steuerbefreiung werde aus dem Grund versagt, dass unabhängig von der Anführung der Individualnummern nicht zu ermitteln sei, welche Uhren ausgeführt worden seien. Im Bereich hochwertiger Handelsware sei die Identifikation jedes Einzelstücks von erheblicher Bedeutung, um einen Handel mit häufig vorkommenden Fälschungen zu vermeiden. Die Angabe der Individualnummern wäre nur eine Möglichkeit für die Klägerin gewesen, die zur Ausfuhr bestimmten Uhren eindeutig zu kennzeichnen und deren Ausfuhr prüfen zu können. Wäre aufgrund anderer Umstände die zweifelsfreie Identifizierung möglich gewesen, müsse die Klägerin die Individualnummern nicht in den Ausfuhrpapieren anführen. Es sei im Ergebnis nicht maßgeblich, welche Bezeichnung im Geschäftsverkehr erlaubt sei, sondern welche Bezeichnung die zweifelsfreie Ausfuhr eines Liefergegenstandes in leichter und eindeutiger Weise gewährleiste.

Die von der Klägerin dargestellte Praxis, in Rechnungen nur die Referenznummer und nicht die Individualnummern aufzuführen, möge in der Praxis auf einige Firmen zutreffen. Einheitlich sei dieser Handelsbrauch jedoch nicht. Unstimmig sei, dass die Klägerin selbst in den Fällen, in denen der Händler die Individualnummer bei Belieferung der Klägerin anführten, diese Bezeichnung für ihre eigenen Ausfuhrlieferungen nicht fortgeführe. Dort, wo eine eindeutigere Identifizierung anhand der Individualnummern möglich sei, müsse der Geschäftsverkehr dieser eindeutigere Kennzeichnungsmöglichkeit auch nutzen.

Eine Befragung von Mitarbeitern bei verschiedenen Hauptzollämtern habe ergeben, dass bei hochwertigeren Waren die Angabe von Individualnummern üblich sei. Händlern, die vor dem Export nach der zutreffenden Bezeichnung fragten, werde von den Hauptzollamt immer empfohlen, die Individualnummern anzugeben. Zollrechtlich habe dies vor allem den Vorteil, dass sog. Rückware zweifelsfrei identifiziert werden könne. Könne der Händler in einem solchen Fall nicht anhand der Individualnummern nachweisen, dass eben die zurückgeführte Uhr bereits schon einmal das Gemeinschaftsgebiet steuerfrei verlassen habe, fielen die üblichen Einfuhrabgaben an. Nur für den Fall, dass der Nachweis geführt werden könne, werde eine Befreiung gewährt. Es lasse Zweifel an der tatsächlichen Ausfuhr aufkommen, wenn die Klägerin, die Kenntnisse des obigen Zusammenhangs unterstellt, niemals die Individualnummern in den Ausfuhrpapieren angebe.

Nach den Geschäftsbedingungen zwischen den Herstellern und der Klägerin dürfe diese sich nicht als Großhändler gerieren. Es liege daher nahe, dass die Klägerin bewusst den Umfang der von ihr bezogenen Uhren verschleiern wolle, indem sie nur die Referenznummern in ihren Rechnungen angebe.

Unerheblich sei, dass nach dem Außen- und Wirtschaftsrecht die Angabe der Individualnummern für eine Ausfuhr nicht gesetzlich vorgeschrieben sei.

Übertrage man die Grundsätze des von der Klägerin angeführten Urteils des FG München und des Aussetzungsbeschlusses des FG Baden-Württemberg vom 30.10.2006 (9 V 40/06, EFG 2007, 464) seien die Voraussetzungen eines Beleg- und Buchnachweises nicht erbracht. Beide Gerichte hätten die Bezeichnung "Armbanduhren mit automatischen Werken" als nicht ausreichend angesehen. Die von der Klägerin angeführte Referenznummer habe keine größere Aussagekraft als die von den vorgenannten Gerichten nicht akzeptierten Beschreibungen.

Die Klägerin könne im übrigen nicht widerlegen, dass die von der Steuerfahndung D gefundenen Uhren nicht diejenigen seien, welche nach Angaben der Klägerin ausgeführt worden seien. Hingegen legten der nahe zeitliche Zusammenhang und das Auffinden von hochwertigen Uhren mit den selben Referenznummern bei der Durchsuchung und in den Ausfuhrpapieren der Klägerin nahe, dass die Uhren nicht ausgeführt worden seien.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

I. Die Umsatzsteuerbescheide 2001 und 2002 und die Umsatzsteuerfestsetzung 2003 in Gestalt der Mitteilung vom 20.5.2005, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5.8.2005, sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten ( § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO-). Die von der Umsatzsteuersonderprüfung als steuerpflichtig behandelten Umsätze für Lieferungen nach Hongkong und Japan sind als steuerfreie Umsätze zu behandeln, da die Klägerin die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1a i.V.m. § 6 UStG 1999 erfüllt hat.

1. Die Klägerin hat gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1999 (UStG) an die Wiederverkäufer in Hongkong und Japan steuerbare Lieferungen im Inland bewirkt.

a) Die in den Ausgangsrechnungen und Ausfuhrpapieren dokumentierten Warenlieferungen nach Hongkong und Japan haben stattgefunden.

Lieferungen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegen gemäß § 3 Abs. 1 UStG bei Verschaffung der Verfügungsmacht vor. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin die in den Ausgangsrechnungen und Ausfuhrpapieren dokumentierten Warenlieferungen an die Wiederverkäufer in Japan und Hongkong getätigt und diesen hieran die Verfügungsmacht verschafft hat.

Dem stehen nicht die Ergebnisse der Steuerfahndungsprüfung entgegen. Zwar steht nach der Anfrage der Steuerfahndung und Antwort der Firma C fest, dass an die Klägerin seitens der Firma C von den abgefragten und beim Beschuldigten beschlagnahmten 22 Uhren insgesamt 11 Uhren geliefert wurden. Denn die Firma C konnte anhand der von der Steuerfahndung ermittelten Referenz- und Seriennummern (d.h. der Individualnummern) zweifelsfrei die nämlichen Uhren identifizieren. Auch steht fest - und ist zwischen den Beteiligten unstreitig -, dass von den 11 seitens der Klägerin erworbenen C-Uhren der Weiterverkauf einer Uhr im Inland erfolgte. Die weiteren Ermittlungsergebnisse der Steuerfahndung für die neun nach Hongkong an die Firma M gelieferten Uhren decken jedoch nicht die Schlussfolgerung des Beklagten, dass diese Uhren nur zum Schein ins Ausland geliefert wurden und die Ausfuhrpapiere der Klägerin nicht zutreffend waren. Denn die Klägerin hat durch ihren Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass sie in der entsprechenden Lieferzeit nicht nur die besagten elf Uhren, sondern 20-30 Uhren von der Firma C aus der gleichen Referenz, also mit den gleichen Beschaffenheitsmerkmalen, erworben hatte. Dies wurde vom Beklagten nicht bestritten. Es kann daher nicht zur Überzeugung des Senats festgestellt werden, dass es sich bei den im Inland beschlagnahmten Uhren um die Uhren handelt, welche vorher nur scheinbar ins Ausland geliefert worden sein sollen. Ebenso ist möglich, dass die bei dem Beschuldigten gefundenen Uhren ausschließlich im Inland verkauft wurden. Auch der Beklagte scheint insofern den Schlussfolgerungen der Steuerfahndung nicht zu trauen, da gegen die Organe der Klägerin keine steuerstrafrechtlichen Ermittlungen und Verfahren eingeleitet wurden, was sich angesichts des Vorwurfs von Scheinlieferungen aufgedrängt hätte.

b) Es handelte sich um gegen Entgelt im Inland ausgeführte steuerbare Lieferungen.

Die Klägerin hat die Uhren im übrigen - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - gegen Entgelt im Rahmen ihre Unternehmens geliefert. Auch der Ort der Lieferung lag im Inland ( § 1 Abs. 1 Satz 1 UStG), da die versandten Gegenstände vom Inland aus durch Übergabe an die beauftragte Spedition versendet wurden ( § 3 Abs. 6 Satz 1 und Satz 4 UStG).

2. Die Klägerin kann für die streitbefangenen Lieferungen nach Hongkong und Japan die Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen beanspruchen.

a) Nach § 4 Nr. 1 Buchst. a) UStG sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen u.a. die Ausfuhrlieferungen ( § 6 UStG) steuerfrei. Eine Ausfuhrlieferung liegt gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG vor, wenn bei einer Lieferung der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG, befördert oder versendet hat und ein ausländischer Abnehmer ist. Gemäß § 6 Abs. 4 UStG müssen die Voraussetzungen u.a. des Abs. 1 vom Unternehmer nachgewiesen werden. Das BMF hat von der Ermächtigung des § 6 Abs. 4 UStG in § 8 Abs. 1 UStDV Gebrauch gemacht.

Für die Gewährung der Steuerbefreiung ist daher erforderlich, dass der Unternehmer nach § 6 Abs. 4 UStG i. V. m. §§ 8 ff UStDV die Voraussetzungen der steuerfreien Ausfuhr beleg- und buchmäßig nachweist. Dazu bestimmt zum einen § 8 Abs. 1 UStDV, dass bei Ausfuhrlieferungen der Unternehmer durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittland befördert oder versendet hat (Ausfuhrnachweis) Die Voraussetzungen müssen sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben in Versendungsfällen, also wenn der Unternehmer wie im Streitfall die Ausfuhr des Gegenstandes durch einen Beauftragten durchfuhren lässt, soll der Unternehmer den Ausfuhrnachweis durch Belege nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 UStDV führen. Nach § 13 Abs. 1 UStDV müssen die Voraussetzungen der Steuerbefreiung für die Ausfuhrlieferungen auch buchmäßig nachgewiesen werden, wobei es auch hier erforderlich ist, dass die Voraussetzungen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sind. Der Buchnachweis ist ein Nachweis durch Bücher oder Aufzeichnungen in Verbindung mit Belegen.

Der Buchnachweis muss fortlaufend direkt nach der Lieferung erfolgen. Die Belege werden durch die entsprechenden Hinweise und Bezugnahmen in den Aufzeichnungen Bestandteil der Buchführung (oder gesonderter Aufzeichnungen) und damit des Buchnachweises, so dass beide eine Einheit bilden. Der Beleg- und Buchnachweis ist materiell-rechtliche Voraussetzung für die Umsatzsteuerbefreiung einer Ausfuhrlieferung. Fehlt diese Voraussetzung, ist die Lieferung umsatzsteuerpflichtig, auch wenn sie tatsächlich an einen ausländischen Abnehmer erfolgt ist (vgl. BFH-Urteile vom 4. Juni 1987 V R 143/79, BFH/NV 1988, 125 und vom 27. April 1995 V R 2/94, BFH/NV 1996, 184, BFH-Beschluss vom 7. April 2000 V B 176/99, BFH/NV 2000, 1370).

b) Im Streitfall haben die Kläger sowohl den Buch- als auch den Belegnachweis nach diesen Vorgaben geführt. Die Kläger haben durch die Vorlage der Einheitspapiere Nr. 3 und Aufnahme der Referenznummer in die mit dem Einheitspapier verbundenen Ausgangsrechnungen die - zwischen den Beteiligten ausschließlich streitige - Anforderung an die handelsübliche Bezeichnung der ausgeführten Uhren für den Buch- und Belagnachweis erfüllt.

aa) Die von der Klägerin vorgelegten Einheitspapiere Nr. 3 stellen sonstige handelsübliche Belege gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV dar.

In den Fällen, in denen der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet versendet hat (Versendungsfälle gemäß § 10 Abs. 1 und 2 UStDV), soll der Unternehmer den Ausfuhrnachweis regelmäßig führen durch einen Versendungsbeleg, insbesondere durch Frachtbrief, Konnossement, Posteinlieferungsschein oder deren Doppelstücke oder durch einen "sonstigen handelsüblichen Beleg" ( § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV). Der Senat hält die in der Literatur vertretene Auffassung (vgl. Tehler in Rau/Dürrwächter, UStG, § 6, Anm. 678; Weymüller in Sölch/Ringleb, Umsatztsteuer, § 6 Rz. 97), der auch die Finanzverwaltung in dem für die Streitjahre maßgeblichen Abschnitt 133 Abs. 2 Satz 4 UStR 2000 folgte, für zutreffend, dass anstelle der Ausfuhrbescheinigung des Spediteurs der Unternehmer die Ausfuhr auch mit dem Exemplar Nr. 3 des Einheitspapiers führen kann, wenn dieses Exemplar jeweils - wie im Streitfall zwischen den Beteiligten unstreitig gegeben - auf der Rückseite mit einem Ausfuhrvermerk der Ausgangszollstelle versehen ist.

bb) Die im Einheitspapier Nr. 3 und den zugehörigen Ausgangsrechnungen von der Klägerin gewählte Bezeichnungen der ausgeführten Uhren mit der Herstellerangabe und der zugehörigen Referenznummer war "handelsüblich" im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c) UStDV.

Der sonstige Beleg soll nach dieser Vorschrift enthalten den Namen und die Anschrift des Ausstellers, den Tag der Ausstellung, den Namen und die Anschrift des Unternehmers sowie des Auftraggebers, wenn dieser nicht der Unternehmer ist, die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des ausgeführten Gegenstands, den Ort und den Tag der Ausfuhr oder den Ort und den Tag der Versendung in das Drittlandsgebiet, den Empfänger und den Bestimmungsort im Drittlandsgebiet und eine Versicherung des Ausstellers, dass die Angaben in dem Beleg auf Grund von Geschäftsunterlagen gemacht wurden, die im Gemeinschaftsgebiet nachprüfbar sind sowie die Unterschrift des Ausstellers.

Ist es dem Unternehmer in den Versendungsfällen nicht möglich oder nicht zumutbar, den Ausfuhrnachweis nach Absatz 1 zu führen, so kann er die Ausfuhr gemäß § 10 Abs. 2 UStDV wie bei den Beförderungsfällen (§ 9) nachweisen.

Auch für den Buchnachweis soll der Unternehmer gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 1 UStDV regelmäßig die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des Gegenstands der Lieferung, den Namen und die Anschrift des Abnehmers oder Auftraggebers, den Tag der Lieferung, das vereinbarte Entgelt oder bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten das vereinnahmte Entgelt und den Tag der Vereinnahmung und die Ausfuhr nachweisen.

cc) Eine Auslegung des Merkmals "handelsüblich" in diesem Sinne hat die bisherige Rechtsprechung soweit ersichtlich nicht vorgenommen. Das FG Baden-Württemberg hat in seinem Beschluss vom 30.10.2006 (9 V 40/06, EFG 2007, 464) eine Begriffsbestimmung des Merkmals nicht vorgenommen. Auch das FG München hat im Urteil vom 24.2.2002 (14 K 4520/97, EFG 2002, 1334) keine Definition des Merkmals formuliert. Beide Gerichte haben jedoch unter Bezugnahme auf die "Mussvorschrift" des § 8 UStDV auf die Anforderungen an die Merkmale der Sollvorschrift in § 10 Abs. 1 und 2 UStDV geschlossen und für die hier einschlägige Versendung hochpreisiger Uhren die Angaben reiner Gattungsbezeichnungen wie "automatische Armbanduhren" mit Angabe des Gewichts ohne weitere individualisierende Beschreibungen nicht als handelsüblich in diesem Sinne ausreichen lassen, da diese Angaben nicht die zweifelsfreie Identifizierung der ausgeführten Uhren zuließen. Hochpreisige Markenuhren seien - so das FG München - keine Gegenstände, die handelsüblich lediglich durch ihre Stückzahl oder das Frachtgewicht bestimmt zu werden pflegten.

Der Senat hält die vom BMF-Merkblatt zur Umsatzsteuerbefreiung von Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr (zuletzt in der Fassung vom 28.5.2004, BStBl. I 2004, 535) vertretene Auslegung, dass "handelsüblich" jede Bezeichnung einer Ware ist, die im Geschäftsverkehr dafür verwendet wird, für zutreffend. Entscheidend ist damit, welcher Handelsbrauch bei der Versendung hochpreisiger Uhren im Hinblick auf die Warenbezeichnungen festgestellt werden kann. Nach der Überzeugung des Senats sind im Geschäftsverkehr sowohl die Bezeichnung mit der Referenznummer, welche spezifische Gattungsmerkmale der gehandelten Uhren zusammenfasst, als auch die Bezeichnung mit der Referenz- und Seriennummer (der Individualnummer) anzutreffen. Dies ergibt sich aus den von der Klägerin vorgelegten Rechnungen und eingeholten Stellungnahmen der Hersteller. Der Beklagte hat dieses Nebeneinander verschiedener Geschäftspraktiken in der Praxis nicht bestritten. Sein Hinweis auf eventuelle bestehende zollrechtliche Vorteile und eine bei der Zollverwaltung bevorzugte Bezeichnung mit der Individualnummer stellt jedenfalls das gefundene Ergebnis nicht in Frage, dass beide Formen der Bezeichnung im Geschäftsverkehr gewählt werden und deshalb auch als handelsübliche Bezeichnungen anzusehen sind.

Findet sich aber im Geschäftsverkehr eine uneinheitliche Geschäftspolitik bei der Bezeichnung gelieferter hochpreisiger Uhren, genügt nach der Auffassung des Senats die Bezeichnung ausgeführter Uhren mit der Herstellerangabe und Referenznummer - wie im Streitfall -den Anforderungen an die handelsübliche Bezeichnung für den Buch- und Belegnachweis. Für die Festlegung des Geschäftsverkehrs auf die zwingende Angabe von Referenz- und Seriennummer in den Ausfuhrpapieren bedürfte es daher einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des Gesetzgebers oder Verordnungsgebers der UStDV. Nicht zu entscheiden braucht der Senat die Frage, ob auch noch geringere Konkretisierungen als mit Herstellerangabe und Referenznummer handelsüblich sein können.

Unschädlich ist, dass in den von der Klägerin vorgelegten Einheitspapieren Nr. 3 nur die Bezeichnungen "Damen- oder Herrenuhr" und das Material sowie das Gewicht angegeben wurden. Denn Buch- und Belegnachweis können nach einhelliger Auffassung, der der Senat und auch die Umsatzsteuerrichtlinien in Abschnitt 133 Abs. 1 Satz 4 UStR 2000 folgen, durch die bei der Abwicklung eines Ausfuhrgeschäfts anfallenden Geschäftspapiere in Verbindung mit anderen Belegen anerkannt werden, wenn sich aus der Gesamtheit der Belege die Angaben nach § 10 Abs. 1 UStDV eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben. Dies ist im Streitfall gegeben. Ergänzend zu den Einheitspapieren Nr. 3 hat die Klägerin die der jeweiligen Ausfuhr zugrunde liegenden Ausgangsrechungen vorgelegt, die die Herstellerangabe und die weitere Individualisierung der ausgeführten Uhren durch die Referenznummern und damit insgesamt eine zulässige handelsübliche Bezeichnung enthielten.

c) Die von der Klägerin gewählte Bezeichnung stellte auch den gemäß § 8 Abs. 1 UStDV erforderlichen eindeutigen und leicht nachzuvollziehenden Nachweis der Versendung der Uhren in das Drittlandsgebiet sicher.

§ 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 UStDV verlangt, dass bei Ausfuhrlieferungen der Unternehmer durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet hat und sich diese Voraussetzung aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergibt. Die im Streitfall anzuwendende Regelung des 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV enthält als Sollvorschrift Vorgaben für die Form und den Inhalt des belegmäßigen Ausfuhrnachweises. Die vorzulegenden Belege bilden nur die Grundlage einer sachlichen Prüfung für die inhaltliche Richtigkeit der Angaben (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14.12.1994, BStBl 1995 II S. 515).

Im Streitfall ist dem Erfordernis der leichten und eindeutigen Nachprüfbarkeit auf der Grundlage der Belege genügt, da die Klägerin die Vorgaben der Sollvorschrift des § 10 Abs. 1 UStDV erfüllt hat. Höhere Anforderungen lassen sich auch nicht aus einem Rückgriff auf die Muss-Vorschrift in § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStDV ableiten. Der Zoll hatte auf der Grundlage der angeführten Referenznummern die Möglichkeit der Prüfung, ob die zur Ausfuhr angemeldeten Uhren tatsächlich ausgeführt werden und hätte bei Zweifeln aufgrund einer körperlichen Untersuchung der angemeldeten Uhren weitere Nachforschungen anstellen können. Der Zoll hat in den Streitjahren für jede einzelne Lieferung die Ausfuhr bestätigt, so dass der Beklagte aus den einzelnen abgestempelten Einheitspapieren Nr. 3 in Verbindung mit den Ausgangsrechnungen der Klägerin jeweils schließen konnte, wieviele Uhren welchen Herstellers mit welchen Gattungsmerkmalen von der Klägerin ausgeführt wurden.

Im übrigen hält der Senat den Vortrag des Beklagten nicht für schlüssig, dass eine eindeutigere Prüfung für den Beklagten anhand der Belege gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV (der Einheitspapiere Nr. 3 mit den zugehörigen Ausgangsrechnungen) möglich gewesen wäre, wenn in diesen auch die Individualnummer der Uhren angeführt gewesen wäre. Eine bessere Prüfbarkeit der Ausfuhr wäre hierdurch nach Auffassung des Senats gar nicht gewährleistet. Denn in diesem Fall hätte die eindeutige Ausfuhr zwar durch den Zoll festgestellt werden können, wenn die in den Ausfuhranmeldungen genannten Uhren vom Zoll Stück für Stück untersucht und mit den Belegen abgeglichen worden wären. Für den Beklagten, der die Prüfung der Ausfuhr auf der Grundlage der Belege nachträglich durchführen soll, wäre eine leichtere Nachprüfbarkeit nur dann gewährleistet gewesen, wenn in der Aufzeichnungen der Klägerin über den Wareneingang bereits die Individualnummern genannt wären und diese dann mit den Ausfuhranmeldungen abgeglichen werden könnten. Es ist aber nach der Auffassung des Senats nicht ersichtlich, dass die Regelungen in § 8 Abs. 1 und § 10 Abs. 2 UStDV auch Vorgaben für den Inhalt der Wareneingangsaufzeichnungen der Klägerin machen. Vielmehr regeln diese Vorschriften nur, welche Angaben die dort im einzelnen genannten Ausfuhrbelege enthalten sollen. Im Ausfuhrbeleg kann für sich betrachtet aber die Angabe der Individualnummer keinen größeren Erkenntniswert dafür geben, ob die angegebene Uhren ausgeführt worden ist. Auch hier müsste der Beklagte darauf vertrauen, dass bei den zur Ausfuhr angemeldeten Uhren tatsächlich die angegebenen Uhren dabei sind.

II. Die Steuerberechnung wird auf den Beklagten übertragen, da die Festsetzung der Steuer aufgrund anderer durch die Betriebsprüfung vorgenommenen Korrekturen im Zusammenhang mit den durch das Urteil vorzunehmenden Änderungen für den Senat einen nicht unerheblichen Aufwand darstellen würde (§ 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung-FGO-).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11 ZPO analog, 711 ZPO.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Der Senat hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam ( § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), ob bei hochpreisigen Uhren die handelsübliche Bezeichnung im Ausfuhrpapier die Angabe der Referenz- und oder der Seriennummer (= Individualnummer) verlangt.

Ende der Entscheidung

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