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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 01.08.2008
Aktenzeichen: 5 K 1751/06
Rechtsgebiete: GrEStG


Vorschriften:

GrEStG § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Tatbestand:

Die Klägerin und ihr geschiedener, zwischenzeitlich verstorbener Ehemann waren zu je 1/2 Miteigentümer des Grundbesitzes Gemarkung ..., Flur 3 Nr. 24/1. Die Klägerin hatte dem Ehemann den Hälfteanteil im Jahre 1977 geschenkt. In der Folge bebauten die Eheleute den Grundbesitz mit einem Einfamilienhaus. Im Sommer 1989 trennten sich die Eheleute. Im Hinblick auf die beabsichtigte Ehescheidung schlossen sie am ...1990 einen notariellen Auseinandersetzungsvertrag (UR-Nr. 986/90 des Notars Dr....), mit dem sie Gütertrennung vereinbarten, frühere Verfügungen von Todes wegen widerriefen, Unterhaltsvereinbarungen trafen und die Vermögensauseinandersetzung regelten. Hinsichtlich des hier streitigen Grundbesitzes vereinbarten sie unter Abschnitt C des notariellen Vertrages, dass es bei den bestehenden Eigentumsverhältnissen vorerst verbleiben sollte. Da die Klägerin zusammen mit dem gemeinsamen Kind ... den Grundbesitz weiter nutzen sollte, räumte der Ehemann der Klägerin an seinem Hälfteanteil ein Nießbrauchsrecht ein. Das Nießbrauchsrecht war auflösend bedingt bzw. endete im Falle und im Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs aufgrund einer gemeinsamen Veräußerung des Grundbesitzes. Das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, wurde ausgeschlossen. Ferner räumte der Ehemann, und zwar auch mit Wirkung gegenüber seinen Gesamtrechtsnachfolgern, der Klägerin an dem hälftigen Grundbesitzanteil ein jederzeitiges Ankaufsrecht ein. Kaufpreis sollte der im Zeitpunkt der Ausübung des Ankaufsrechts geltende hälftige Verkehrswert des Gesamtobjektes sein. Sollte hierüber keine gütliche Einigung erzielt werden, so sollte maßgebend sein ein Schiedsgutachten eines von der Industrie- und Handelskammer ... zu bestellenden vereidigten Sachverständigen. Alle Kosten sowie eine etwaige Grunderwerbsteuer sollte die Klägerin zahlen. Zur Sicherung des Ankaufsrechts sollte eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Auseinandersetzungsvereinbarung vom ...1990 verwiesen.

Die Ehe wurde 1991 geschieden. Am ....2003 verstarb der Ehemann der Klägerin. Er war zu diesem Zeitpunkt in zweiter Ehe mit .... verheiratet. Aufgrund eines Testaments vom ...1992 wurde ... seine Alleinerbin. In der Folge machte die Klägerin von dem ihr eingeräumten Ankaufsrecht Gebrauch. Allerdings wurde zunächst keine Einigung über die Höhe des Verkehrswertes des hälftigen Grundbesitzanteils erzielt. Erst im Verlauf eines Zivilprozesses einigte sich die Klägerin mit ... über die Höhe des Verkehrswertes. Mit notariellem Vertrag vom ...2005 (UR-Nr. 552/205 des Notars Dr. ...) übertrug daraufhin ... den ererbten hälftigen Grundbesitzanteil auf die Klägerin gegen Herauszahlung eines Betrages von 75.000,00 €. Aus dem Erwerbsvorgang setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer i. H. v. 2.625,00 € (75.000,00 € x 3,5 %) fest.

Hiergegen wendete sich die Klägerin mit dem Einspruch vom ...2005, mit dem sie geltend machte, der Erwerbsvorgang sei von der Grunderwerbsteuer gemäß § 3 Nr. 5 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) befreit. Es handele sich um einen Grundstückserwerb im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung. Die Formulierung in dem notariellen Vertrag vom ...1990, dass es hinsichtlich des Grundbesitzes vorerst bei den bestehenden Eigentumsverhältnissen verbleiben sollte, zeige deutlich, dass sie und ihr früherer Ehemann sich über den Grundbesitz hätten auseinandersetzen wollen. Insoweit sei es auch laufend zu Verhandlungen gekommen, die jedoch angesichts der erheblichen Differenzen über den Verkehrswert des Hälfteanteils und durch den unerwarteten Tod des früheren Ehemannes nicht mehr zu einem Abschluss gekommen seien. Da kein Testament zu Gunsten des gemeinsamen Sohnes bestanden habe, habe sie von dem ihr eingeräumten Ankaufsrecht Gebrauch machen müssen.

Mit Einspruchsentscheidung vom ...2006 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Entgegen der Auffassung der Klägerin komme die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 GrEStG schon deshalb nicht in Betracht, weil diese Befreiungsvorschrift nur den Grundstückserwerb durch den früheren Ehegatten des Veräußerers im Rahmen der Auseinandersetzung nach der Scheidung begünstige. Im Streitfall sei jedoch Veräußerer des streitigen Miteigentumsanteils nicht der frühere Ehegatte der Klägerin, sondern vielmehr dessen Rechtsnachfolgerin gewesen. Im Übrigen fehle es auch an dem Tatbestandsmerkmal der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung. Denn der streitige Vermögensauseinandersetzungsvertrag vom ...1990 enthalte hinsichtlich des hier streitigen Grundbesitzes gerade keine Regelung bzw. Einigung. Vielmehr sollte es bei den bisherigen Eigentumsverhältnissen vorerst verbleiben. Auch die Befreiungsvorschriften des § 3 Nr. 3 bzw. § 3 Nr. 4 GrEStG kämen im Streitfall nicht in Betracht. Die Klägerin sei als Erwerberin nicht Miterbe des streitigen Grundbesitzes gewesen. Ebenso wenig sei sie mit dem Erblasser zum Zeitpunkt des hier streitigen Grundstückserwerbs noch verheiratet gewesen.

Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor: Der Beklagte habe die Voraussetzungen der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 5 GrEStG zu Unrecht verneint. Die Regelung des § 3 Nr. 5 GrEStG sehe keine zeitliche Befristung der Befreiung vor. Es spiele daher keine Rolle, ob die Vermögensauseinandersetzung über den Grundbesitz unmittelbar vor oder nach der Scheidung oder erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolge. Zur Inanspruchnahme der Grunderwerbsteuerbefreiung sei es alleine erforderlich, dass die Übertragung des Eigentums ihre Ursache in einer Vermögensauseinandersetzung aufgrund der Scheidung der Beteiligten habe. Unerheblich sei, ob es sich bei der Auseinandersetzung um den Ausgleich des Zugewinnanspruchs, den Unterhaltshalt des geschiedenen Ehegatten oder den Versorgungsausgleich handele. So lägen die Dinge im Streitfall. Denn in der Vereinbarung vom ....1990 hätten sie, die Klägerin, und ihr früherer Ehemann im Vorfeld der Scheidung die Voraussetzungen dafür gelegt, eine Vermögensauseinandersetzung möglichst einvernehmlich zu regeln. Mit der Ausübung des Ankaufsrechts habe sie, die Klägerin, die endgültige rechtliche Zuordnung des gemeinsamen Grundstücks als Folge der Auseinandersetzung veranlasst. Erst danach sei die Auseinandersetzung der Eheleute endgültig beendet gewesen. Es komme auch nicht darauf an, dass nicht der geschiedene Ehemann, sondern dessen Witwe den Grundbesitz übertragen habe. Rechtsgrundlage für die Ausübung des Ankaufsrechts sowie die Übertragung des Hälfteanteils sei unzweifelhaft die notarielle Vereinbarung vom ...1990 gewesen. Nur durch den Tod des früheren Ehemannes sei die Übertragung durch dessen Witwe erfolgt. Es könne ihr, der Klägerin, nicht zum Nachteil gereichen, dass der geschiedene Ehemann plötzlich und unerwartet verstorben sei. Es komme hinzu, dass bereits vor dessen Tod Verhandlungen über den Erwerb des Hälfteanteils geführt worden seien und sie, die Klägerin, das ihr eingeräumte Ankaufsrecht mündlich bereits vor dem Tod des geschiedenen Ehemannes ausgeübt habe.

Die Klägerin beantragt,

den Grunderwerbsteuerbescheid vom ...2005 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom ...2006 ersatzlos aufzuheben; hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf seine Ausführungen in der angefochtenen Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er aus, dass es sich bei der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 5 GrEStG um eine personenbezogene sachliche Steuerbefreiungsvorschrift handele. So sehe § 3 Nr. 5 GrEStG eine Befreiung für Grundstücksübertragungen zwischen früheren Ehegatten im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung vor. Hieran fehle es, weil im Streitfall nicht der frühere Ehegatte der Klägerin, sondern dessen Rechtsnachfolgerin den Grundbesitz übertragen habe.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Entgegen der Auffassung der Klägerin greift im Streitfall weder die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 5 GrEStG noch eine andere im Katalog des § 3 Nr. 2 - 7 GrEStG aufgeführte Steuerbefreiung.

§ 3 GrEStG regelt personenbezogene sachliche Steuerbefreiungen. Die personenbezogenen sachlichen Steuerbefreiungen im Katalog des § 3 GrEStG knüpfen an bestimmte zwischen Erwerber und Veräußerer bestehende Beziehungen an oder werden aus Gründen gewährt, die in der Person des Erwerbers liegen (vgl. Sack in Boruttau, Grunderwerbsteuer, 16. Auflage, § 3 Rz. 31). Die sachliche Befreiung hat zur Folge, dass die Steuer für den Erwerbsvorgang ganz entfällt. Würde es sich ausschließlich um persönliche Steuerbefreiungen handeln, würde nur die Person, der die Befreiung gewährt ist, von der Entrichtung der Steuer entbunden, während die Steuerpflicht der anderen beteiligten Personen unberührt bliebe.

Nach § 3 Nr. 5 GrEStG ist von der Besteuerung ausgenommen der Grundstückserwerb durch den früheren Ehegatten des Veräußerers im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung. Der Rahmen der Vermögensauseinandersetzung im Sinne des § 3 Nr. 5 GrEStG ist weit gespannt. Er umfasst - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - insbesondere Regelungen über den Ausgleich des Zugewinns, den Unterhalt des geschiedenen Ehegatten und den Versorgungsausgleich. Eine zeitliche Beschränkung ist nicht ausdrücklich vorgesehen. Ein langer Zeitraum zwischen Scheidung und Gründstücksübertragung kann allerdings Indiz dafür sein, dass eine scheidungsbedingte Vermögensauseinandersetzung nicht mehr vorliegt (vgl. FG Münster, Urteil vom 20.10.1999 8 K 4479/96, EFG 2000, 233). Ein Zusammenhang mit der scheidungsbedingten Vermögensauseinandersetzung endet dort, wo sich die geschiedenen Ehegatten wie fremde Dritte gegenübertreten, um einen Erwerb zu tätigen.

Im Streitfall liegt zwischen der Scheidung der Eheleute im Jahr 1991 und der Grundstücksübertragung im Jahr 2005 ein Zeitraum von 14 Jahren. Darüber hinaus hat die Klägerin für den Erwerb der streitigen Grundstückshälfte den Verkehrswert und damit den unter fremden Dritten üblichen Kaufpreis gezahlt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass aus der Ehe noch nicht geklärte Ansprüche der Eheleute verblieben wären, zumal der notarielle Auseinandersetzungsvertrag vom ...1990 die Vereinbarung der Gütertrennung, die Regelung der Unterhaltsansprüche einschließlich des Kindesunterhalts und - mit Ausnahme des streitigen Grundbesitzes - auch die gesamte Vermögensauseinandersetzung betraf. Unter diesen Umständen dürfte viel dafür sprechen, dass die Auseinandersetzung der Eheleute bereits seit langem beendet war und damit eine Befreiung des Erwerbsvorgangs nach § 3 Nr. 5 GrEStG ausscheidet. Letztlich kann die Entscheidung dieser Rechtsfrage jedoch dahinstehen; denn im Streitfall sind jedenfalls die personenbezogenen Voraussetzungen der streitigen Befreiungsvorschrift ersichtlich nicht gegeben. § 3 Nr. 5 GrEStG befreit nur den Erwerb eines Grundstücks durch den früheren Ehegatten des Veräußerers. Im Streitfall hat die Klägerin den streitigen Hälfteanteil jedoch nicht vom früheren Ehemann erworben. Denn Veräußerer war die Rechtsnachfolgerin und Witwe des verstorbenen (früheren) Ehemannes.

Eine andere Beurteilung ergibt sich im Streitfall auch nicht daraus, dass bereits vor dem Tod des früheren Ehemann Verhandlungen über den Grunderwerb geführt worden sind und auch das Ankaufsrecht noch vor dem Tod des früheren Ehemannes ausgeübt worden sein soll. Der erkennende Senat hat bereits Zweifel daran, ob das Ankaufsrecht tatsächlich noch vor dem Tod des früheren Ehemannes ausgeübt worden ist. Auch wenn die Ausübung des Ankaufsrechts weder der notariellen Beurkundung noch überhaupt der Schriftform bedarf, machte eine mündliche verbindliche Ausübung des Ankaufsrechts noch vor dem Tod des früheren Ehemannes nur Sinn bei Vorliegen einer Einigung über den Kaufpreis des Hälfteanteils. Zu einer solchen Einigung war es jedoch nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin zu Lebzeiten des früheren Ehemannes gerade nicht gekommen. Vielmehr ist eine Einigung über den Verkehrswert erst lange nach dem Tod des früheren Ehemannes nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Durchführung eines Zivilprozesses mit der Witwe des früheren Ehemannes erzielt worden. Nur wenn zum Zeitpunkt des Todes des früheren Ehemannes das Ankaufsrecht bereits ausgeübt gewesen wäre, eine Einigung über die Höhe des Verkehrswertes vorgelegen hätte und nur noch die Beurkundung des Grundstücksgeschäfts zu besorgen gewesen wäre, hätte Anlass bestanden über eine erweiternde Auslegung der Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 5 GrEStG nachzudenken. Hieran fehlt es im Streitfall jedoch ersichtlich.

Vorliegend kommt auch keine sinngemäße Erweiterung der Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 5 GrEStG in der Zusammenschau mit den anderen Befreiungstatbeständen des § 3 GrEStG in Betracht (vgl. Sack in Boruttau, a.a.O., § 3 Rz. 41). Der Befreiungstatbestand des § 3 Nr. 4 GrEStG scheidet ersichtlich aus, weil nach dieser Vorschrift nur Erwerbsvorgänge während einer bestehenden Ehe begünstigt sind. Ebenso wenig kommt die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 GrEStG in Betracht. Denn danach ist von der Besteuerung nur ausgenommen der Erwerb eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses. Im Streitfall war die Klägerin jedoch weder Miterbe nach dem verstorbenen Ehemann noch bestand insoweit überhaupt eine Miterbengemeinschaft. Vielmehr war die Witwe .... aufgrund Testaments alleinige Erbin des früheren Ehegatten. Im Ergebnis handelt es sich damit um den Erwerb eines Vermögensgegenstandes seitens eines Dritten vom Alleinerben, für den auch in der Zusammenschau mit den weiteren Befreiungsvorschriften des § 3 GrEStG eine Steuerbefreiung nicht gewährt werden kann.

Da die Steuerfestsetzung auch der Höhe nach nicht zu beanstanden ist, kann die Klage keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Revision war nicht zuzulassen; denn die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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