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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 19.11.2002
Aktenzeichen: 8 K 7737/01
Rechtsgebiete: GG, DVStB, AO, FGO, StBerG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 12
GG Art. 19
DVStB § 28 Abs. 1 S. 3
AO § 124 Abs. 1
AO § 124 Abs. 2
AO § 125 Abs. 1
FGO § 47 Abs. 1
FGO § 55 Abs. 1
StBerG § 164a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

8 K 7737/01

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger über die nach seiner Auffassung von ihm bestandene Steuerberaterprüfung 1999 ein schriftlicher Prüfungsbescheid zu erteilen ist.

Der Kläger unterzog sich am 15.03.2000 der mündlichen Prüfung der Steuerberaterprüfung 1999. In der Verwaltungsakte des Beklagten, Bl. 125, befindet sich hierzu ein auf den Prüfungstag für den Prüfungsausschuss 1 gedrucktes Protokollformblatt in Kopie mit der Überschrift "Niederschrift". Auf dem Protokollvordruck sind die Mitglieder des Prüfungsausschusses sowie die Bewerber benannt. Der Beginn und das Ende der mündlichen Prüfung sind handschriftlich vermerkt. Das Ergebnis der Prüfung ist in Bezug auf den Kläger (Bewerber 4) dadurch notiert, dass von den Alternativen "bestanden/nicht bestanden" der Vermerk "bestanden" durchgestrichen worden ist. In derselben Zeile ist vermerkt durch Wegstreichen der Alternative "nicht erwünscht", dass dem Kläger eine Begründung der Bewertung seiner mündlichen Prüfungsleistungen erteilt worden ist. In einem weiteren Abschnitt steht der Satz "Ich habe den Bewerbern die Entscheidung des Prüfungsausschusses bekannt gegeben". Der Kläger hatte die Prüfung als einziger der Bewerber nicht bestanden. Der Protokollvordruck ist unterschrieben vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses 1. Auf Bl. 124 der Verwaltungsakte befindet sich ein Schreiben des ... vom Prüfungstag mit folgendem Wortlaut: "1. Herr.. W... hat am 15.03.2000...den mündlichen Teil der Steuerberaterprüfung 1999 abgelegt..." Sodann folgt ein Auszug aus dem Prüfungsprotokoll. Das Schreiben endet mit dem Satz "Es ist nichts zu veranlassen. 2. zdA"

Mit Schreiben vom 30.05.2000 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Beklagten mit, der Kläger habe ihn mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt. Bisher liege dem Kläger weder ein Prüfungsbescheid noch eine Begründung der Prüfungsentscheidung vor. Der Kläger habe Anspruch auf Erteilung eines begründeten Prüfungsbescheids mit substantiierter Darlegung der Sachverhalte, die Grundlage der Entscheidung seien. Der Kläger habe im Anschluss an die Prüfung bereits substantiierte Gegenvorstellungen erhoben. Der Beklagte teilte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 05.06.2000 mit, nach § 28 Abs. 1 Satz 3 DVStB habe der Vorsitzende des Prüfungsausschusses unmittelbar im Anschluss an die mündliche Prüfung und Beratung des Ausschusses den Bewerbern lediglich mündlich zu eröffnen, ob sie die Prüfung bestanden haben. Dementsprechend sei dem Kläger am 15.03.2000 mitgeteilt worden, dass er die Prüfung mit der von ihm erzielten Gesamtnote von 4,35 nicht bestanden habe. Einen schriftlichen Prüfungsbescheid sehe die DVStB nicht vor. Den vom Kläger unmittelbar im Anschluss an die mündliche Prüfung erhobenen Gegenvorstellungen sei durch die im Anschluss an die Prüfung erfolgte Begründung der Bewertung der mündlichen Prüfungsleistungen Rechnung getragen worden. Ein darüber hinausgehendes Begründungsverlangen läge nicht vor. Daraufhin teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 02.10.2000 mit, der Kläger habe, unmittelbar nachdem ihm das negative Ergebnis der Prüfung mündlich verkündet worden sei, substantiierte Gegenvorstellungen erhoben und im Anschluss darauf hingewiesen, dass er für weiteres Vorgehen den Prüfungsbescheid abwarte, wobei er nicht darauf hingewiesen worden sei, dass ein schriftlicher Prüfungsbescheid ihm gegenüber nicht mehr ergehen würde. Dem Schriftsatz lag ein vom Kläger erstelltes sogenanntes Teilprotokoll der mündlichen Prüfung, datiert auf den 30.03.2000 bei, in dem auf S. 14 ausgeführt wird: " Herr W äußerte, dass die erteilte Benotung... nicht nachvollziehbar sei, und er...insoweit den Bescheid über die Prüfung abwarte." Der Beklagte teilte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers daraufhin unter dem 18.10.2000 mit, die Mitteilung über das Nichtbestehen der Prüfung am 15.03.2000 sei die Bekanntgabe eines mündlichen Prüfungsbescheides gewesen. Zwischenzeitlich sei die Klagefrist nach § 47 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 FGO von einem Monat nach Bekanntgabe des mündlichen Prüfungsbescheids abgelaufen. Die Prüfungsentscheidung sei bestandskräftig, da keine Klage erhoben worden sei. Auch die Durchführung eines verwaltungsinternen Kontrollverfahrens scheide damit wegen der Verfristung aus.

Mit Klageerhebung vom 07.02.2001 trägt der Kläger vor, der Vorsitzende des Prüfungsausschusses habe ihm zum Ende der mündlichen Prüfung erklärt, er habe leider nicht bestanden, hierüber werde ihm ein schriftlicher Bescheid zugehen. Diesem Bescheid, in dem auf seine Gegenvorstellungen zum Prüfungsergebnis eingegangen werden würde, werde auch der von ihm beigebrachte Haftpflichtversicherungsnachweis für Steuerberater beigefügt. Für diese Aussage des Vorsitzenden hat der Kläger die namentlich benannten Mitglieder der Prüfungskommission und dem Gericht namentlich nicht bekannte sonstige Prüfungsteilnehmer als Zeugen benannt. Der Haftpflichtversicherungsnachweis (Deckungszusage der ... Versicherung) befinde sich als Bl. 123 nach wie vor in der Verwaltungsakte. Das als Bl. 124 in der Verwaltungsakte befindliche, an den Kläger adressierte Entwurfschreiben mit einem Auszug aus der Protokollniederschrift könne nur so verstanden werden, dass ein kanzleimäßig vorbereiteter schriftlicher Prüfungsbescheid existiere, aber nachfolgend vom Beklagten nicht abgesandt worden sei. Das Protokollformular (Bl. 125 d.A.) enthalte zwar den Satz, die Prüfungsentscheidung sei den Bewerbern bekannt gegeben worden. Dies habe aber keinerlei Aussage- und Beweiskraft für das tatsächliche Geschehen, da es sich um ein vorgefertigtes Protokoll handele. Dass dieser Vermerk nicht dem tatsächlichen Geschehen entspreche, folge allein schon daraus, dass die erfolgreichen Bewerber einen schriftlichen Prüfungsbescheid erhielten. Der Beklagte habe sich in der Folgezeit geweigert, den schriftlichen Prüfungsbescheid zu erlassen, obwohl die Erklärung des Prüfungsausschuss-Vorsitzenden, es werde dem Kläger noch ein Bescheid zugehen, vor Augen führe, dass eine wirksame Prüfungs-Bescheidung fehle und der Vorsitzende nicht die Absicht gehabt hätte, einen Prüfungsbescheid in mündlicher Form zu erlassen. Entgegen der Auffassung des Beklagten enthalte die DVStB keine Regelungen über die Form des Prüfungsbescheids. Die Formulierung in § 28 Abs. 1 Satz 3 DVStB "Der Vorsitzende eröffnet den Bewerbern, ob sie bestanden haben" sage hierzu nichts. Selbst wenn aus § 28 Abs. 1 Satz 2 DVStB entnommen werden könnte, dass die Prüfungsentscheidung als mündlicher Verwaltungsakt gegenüber den Kandidaten zu erlassen sei, sei diese Bestimmung mangels Ermächtigungsgrundlage nichtig. § 158 StBerG enthalte keinerlei Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung über Prüfungsverfahrensvorschriften. Abgesehen davon hätte eine Regelung über Steuerberaterprüfungsverfahrensfragen nur unmittelbar im Steuerberatungsgesetz und nicht in einer Verordnung ihren rechtmäßigen Platz. Selbst wenn aber in Gestalt eines förmlichen Gesetzes geregelt worden wäre, dass Steuerberaterprüfungsergebnisse lediglich mündlich ohne Rechtsbehelfsbelehrung zu verkünden seien mit einer Klagefrist von einem Monat nach Bekanntgabe, sei die Frage, ob eine solche Vorschrift vor Art. 12 Abs. 1 GG Bestand haben könne, zu verneinen. Da es jedenfalls keine ausdrückliche Bestimmung über die Förmlichkeit des Steuerberaterprüfungsbescheids gebe, habe dieser stets in Schriftform zu ergehen. Dies folge aus einer Orientierung am allgemeinen Verwaltungsrecht, nach dem Prüfungsentscheidungen entsprechend der höchstrichterlichen verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung grundsätzlich schriftlich zu begründen seien. Zumindest müsse die Rechtsbehelfsbelehrung eines mündlichen Prüfungsbescheids schriftlich ergehen. Sei dies nicht geschehen, müsse zumindest eine ohne Rechtsbehelfsbelehrung ergangene mündliche Entscheidung binnen Jahresfrist angefochten werden können. Dies folge auch aus den zur Grundrechtsverwirklichung des Art. 12 Abs. 1 GG und 19 Abs. 4 GG entwickelten prüfungsverfahrensrechtlichen Gewährleistungen, die das Prüfungsverfahren hinsichtlich des Verfahrens in die Nähe des förmlichen Verwaltungsverfahrens gemäß §§ 63 ff. Verwaltungsverfahrensgesetz rückten. Auch das FG Münster (EFG 1977, 618) und das FG Düsseldorf (EFG 1980, 98 ff.) hätten eine Klagefrist von einem Jahr gegen Steuerberater- Prüfungsentscheidungen angenommen. Zwar vertrete der BFH mit Urteilen vom 28.11.1978 (BStBl II 1979, 185) und 11.01.1994 (BStBl II 1994, 358 ff.) die Ansicht, die Klagefrist nach mündlicher Eröffnung des Ergebnisses der Steuerberaterprüfung betrage auch ohne Erteilung einer schriftlichen Rechtsbehelfsbelehrung stets einen Monat. Damit widerspreche der BFH der zutreffenden höchstrichterlichen Rechtsprechung im Verwaltungsrechtszug und berücksichtige nicht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach der Grundrechtsschutz des Art. 12 Abs. 1 GG auch für die Gestaltung des Prüfungsverfahrens zu gewährleisten sei. Des weiteren trägt der Kläger unter Hinweis auf das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 18.02.2000, EFG 2001, 43 ff. vor, nach den Bestimmungen des Steuerberatungsgesetzes sei bis zu einer Gesamtnote von 4,5 die Steuerberaterprüfung bestanden. Er habe mit der Gesamtnote 4,35 bewiesen, dass er ausreichendes Wissen für die ordnungsgemäße Ausübung des Steuerberaterberufes besitze.

Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten zum Erlass eines Prüfungsbescheids ihm gegenüber zu verurteilen, wonach er die Prüfung als Steuerberater mit Wirkung am 15.03.2000 bestanden hat,

hilfsweise

2. unter Aufhebung des Prüfungsbescheids vom 15.03.2000 den Beklagten zu verpflichten, einen Prüfungsbescheid gemäß Antrag zu 1. zu erlassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, die Klage sei unzulässig, da der Kläger die Klagefrist versäumt habe. Die Klagefrist habe mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses im Anschluß an die mündliche Prüfung vom 15.03.2000 begonnen und am 17.04.2000 geendet. Die am 07.02.2001 anhängig gewordene Klage sei mithin verfristet. Eine schriftliche Rechtsbehelfsbelehrung sei entsprechend den Ausführungen des BFH in BStBl II 1994, 358 nicht für die Ingangsetzung der einmonatigen Klagefrist erforderlich. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO seien nicht vorgetragen worden und nach Aktenlage auch nicht ersichtlich. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses könne sich nach fast einem Jahr an seine Äußerungen in der mündlichen Prüfung vom 15.03.2000 im Einzelnen nicht mehr erinnern. Er könne sich nicht vorstellen, in diesem Zusammenhang die Rückgabe des von dem Kläger beigebrachten Haftpflichtversicherungsnachweises angesprochen zu haben. Ihm sei gar nicht bekannt, wie der Beklagte mit dem Nachweis bei Nichtbestehen der Prüfung zu verfahren pflege. Hierzu sei zu sagen, dass er, der Beklagte, die mit Nichtbestehen der Prüfung obsolet gewordene vorläufige Haftpflichtversicherungsdeckungszusage in der Verwaltungsakte belasse. Der Kläger selbst habe in seinem Schriftsatz vom 02.10.2000 im Gegensatz zu seinem Vortrag im Klageverfahren lediglich ausgeführt, dass er nicht darauf hingewiesen worden sei, dass ein schriftlicher Prüfungsbescheid ihm gegenüber nicht mehr ergehen werde. Bl. 124 der Verwaltungsakte sei ein automatisch von der Datenbank erzeugter innerdienstlicher Vermerk, mit dem ein Auszug aus der Niederschrift der mündlichen Prüfung zu den Akten des Bewerbers gemäß § 31 Abs. 2 DVStB genommen werde. Die missverständliche Gestaltung der Verfügung, die für einen Außenstehenden den Eindruck erwecke, es handele sich um einen Entwurf eines schriftlichen Prüfungsbescheids, der an den Bewerber gesandt werden solle, habe EDV-Ursachen (Einsparung von Programmieraufwand). Der Verfügung fehle demzufolge auch der Absendevermerk. Auch erfolgreichen Bewerbern werde kein schriftlicher Prüfungsbescheid erteilt. Ihnen werde nach mündlicher Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses eine Urkunde über das Bestehen der Steuerberaterprüfung ausgehändigt. Der Prüfungsablauf sei zutreffend in der Niederschrift wiedergegeben worden. Die vordruckmäßige Unterstützung der Protokollierung sei zulässig.

Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage war abzuweisen, da die mit dem Hauptantrag erhobene Verpflichtungsklage unbegründet sowie die mit dem Hilfsantrag erhobene Anfechtungsklage unzulässig und die gleichfalls mit dem Hilfsantrag erhobene Verpflichtungsklage unbegründet sind.

I.

Die vom Kläger mit seinem Hauptantrag erhobene Verpflichtungsklage ist zulässig, aber unbegründet.

A.

Die Verpflichtungsklage auf Erlass eines schriftlichen Prüfungsbescheids des Inhalts, dass der Kläger die Prüfung bestanden hat, ist zulässig.

Die Klageerhebung gegen die den Kläger belastende Ablehnung seines Antrags auf Erlass eines derartigen Prüfungsbescheides, ergangen spätestens mit Bekanntgabe des Schreibens des Beklagten vom 18.10.2000 ohne Rechtsbehelfsbelehrung, ist innerhalb der einjährigen Klagefrist gemäß §§ 47 Abs. 1, 55 Abs. 2 FGO erfolgt.

B.

Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet, da der Kläger kein Recht auf den Erlass des begehrten schriftlichen Prüfungsbescheides hat, denn der dort zu regelnde Sachverhalt ist bereits mit dem wirksamen, bestandskräftigen mündlichen Prüfungsbescheid vom 15.03.2000 geregelt worden.

Die Rechtmäßigkeit des wirksamen Prüfungsbescheides vom 15.03.2000 kann angesichts seiner formellen und materiellen Bestandskraft dahinstehen (vgl. § 124 Abs. 2 AO; Tipke/Kruse, AO, FGO, § 124 AO Tz. 17,18, vor § 130 AO Tz. 1). Allerdings ist anzumerken, dass der Vortrag des Klägers, der bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung lediglich dahinging, mit der von ihm erzielten Note 4,35 habe er die Steuerberaterprüfung bestanden, eine materiell-rechtliche Rechtswidrigkeit des Prüfungsbescheides angesichts des BFH-Urteils vom 06.03.2001 VII R 38/00, BFH/NV 2001, 871, auf das der Kläger hingewiesen worden ist, nicht erkennen lässt.

1. Der Prüfungsbescheid ist mit Bekanntgabe an den Kläger am 15.03.2000 gem. § 164 a StBerG, § 124 Abs. 1 AO wirksam geworden. Der Prüfungsausschuss 1 hat am 15.03.2000 gemäß § 158 Abs. 1 Nr. 1 b Steuerberatungsgesetz (-StBerG-), § 28 Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (-DVStB-) idF bis zum 30.06.2000 in unmittelbarem Anschluss an die mündliche Prüfung des Klägers und der Mitbewerber unstreitig über das Ergebnis beraten und eine Prüfungsentscheidung erlassen. Wenn der Vorsitzende dem einzelnen Bewerber entsprechend § 28 Abs. 1 Satz 3 DVStB sodann "eröffnet", ob er die Prüfung nach der Entscheidung des Prüfungsausschusses bestanden hat, gibt er dem Bewerber als Organ (Sprecher) des Prüfungsausschusses die vom Prüfungsausschuss erlassene Prüfungsentscheidung, einen mündlichen Verwaltungsakt im Sinne der §§ 47 Abs. 1 Satz 1 FGO, § 164 a StBerG, §§ 118, 119 Abs. 2 Satz 1 AO, bekannt (BFH-Urteile vom 11.01.1994 VII R 53/93, BStBl II 1994, 358 und vom 12.02.1980 VII R 80/79, BStBl II 1980, 459). Dem Kläger hat der Vorsitzende nach dessen eigenem Vortrag mitgeteilt, "er habe leider nicht bestanden" und ihm somit das Prüfungsergebnis im Sinne des vom § 28 Abs. 1 DVStB eröffnet.

Ob der Vorsitzende im Streitfall zusätzlich gesagt hat, hierüber werde dem Kläger ein schriftlicher Bescheid, in dem auf seine Gegenvorstellungen zum Prüfungsergebnis eingegangen werde, zukommen, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich und kann deshalb dahinstehen. Von der Anhörung der vom Kläger zu dieser angeblichen Äußerung des Vorsitzenden benannten Zeugen hat der erkennende Senat daher absehen können (BFH-Beschluss vom 01.12.1998 VII B 192/98, BFH/NV 1999, 660).

In der Äußerung des Vorsitzenden, sollte sie so gefallen sein, ist lediglich die Ankündigung einer schriftlichen Bestätigung des mündlichen Prüfungsbescheides vom 15.03.2002 gem. § 164 a StBerG i. V. m. § 119 Abs. 2 Satz 2 AO ohne eigene Verwaltungsaktsqualität (vgl Tipke/Kruse, AO, FGO, § 119 AO Tz. 9) zu erkennen, die mit Schreiben des Beklagten vom 05.06.2000 und 18.10.2000 erfolgte und im übrigen keiner Begründung bedurfte (vgl BFH-Urteil vom 05.08.1986 VII R 117/85, BStBl II 1986, 870). Dabei ist die vom Kläger behauptete Bezeichnung der schriftlichen Bestätigung als " Bescheid " durch den Vorsitzenden für die rechtliche Qualität sowohl des zuvor ergangenen mündlichen Prüfungsbescheids als auch der nachfolgenden schriftlichen Bestätigung unerheblich (vgl Kopp, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Anm. 5 a).

Ist gegenüber dem Kläger mithin nach seinem eigenem Vortrag ein mündlicher Prüfungsbescheid erlassen und bekannt gegeben worden, der - wie angekündigt - schriftlich bestätigt worden ist, kann dahin stehen, welche Bedeutung dem auf Blatt 124 der Verwaltungsakte befindlichen Entwurfschreiben zukommt und ob erfolgreiche Bewerber in Gestalt der Bescheinigung gem. § 28 Abs. 2 DVStB aF entsprechend dem klägerischen Vortrag einen schriftlichen Prüfungsbescheid erhalten. Auch auf die Beweiskraft des Prüfungsprotokolls sowie die Umstände des Verbleibs der Versicherungsbescheinigung in der Verwaltungsakte kommt es nicht an.

2. Der Prüfungsbescheid ist auch wirksam geblieben, da er in der Folgezeit entsprechend dem klägerischen Vortrag nicht aufgehoben oder auf andere Weise erledigt worden ist, § 124 Abs. 2 AO (materielle Bestandskraft). Wie bereits dargelegt, besagt die vom Kläger behauptete Aussage des Vorsitzenden nach Bekanntgabe der Prüfungsentscheidung nach eigenem Vortrag des Klägers lediglich, dass der Prüfungsbescheid -wie auch geschehen- schriftlich bestätigt werden würde. Mit der Aussage ist keine Aufhebung des Prüfungsbescheids erfolgt. Ein Aufheben eines wirksam bekannt gegebenen Prüfungsbescheides ist dem hierfür von der Rechtsprechung entwickelten, mittlerweile in § 29 DVStB nF niedergelegten verwaltungsinternen Kontrollverfahren vorbehalten (vgl grundlegend BFH-Beschluss vom 10.08.1993 VII B 68/93 BStBl II 1994, 50 m. w. N.), dessen Durchführung im Streitfall vom Kläger nicht beantragt worden ist.

3. Der Prüfungsbescheid ist auch nicht wegen Nichtigkeit unwirksam, § 164 a StBerG, §§ 124 Abs. 3, 125 Abs. 1 AO.

Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einen besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist, § 125 Abs. 1 AO.

a. Ein schwerwiegender Fehler in diesem Sinne liegt vor, wenn für einen Verwaltungsakt unter keinen vertretbaren Umständen eine gesetzliche Grundlage gefunden werden kann.

Im Streitfall ist gesetzliche Grundlage für den Prüfungsbescheid vom 15.03.2000 die Vorschrift des § 28 Abs. 1 DVStB, ergangen aufgrund der Verordnungsermächtigung in § 158 Abs. 1 Nr. 1 b StBerG, die entgegen den Ausführungen des Klägers schon nach ihrem Wortlaut den Bundesgesetzgeber ermächtigt, Bestimmungen zu erlassen über die Durchführung der Steuerberaterprüfung, wozu unzweifelhaft auch das Prüfungsverfahren gehört.

b. Der vorliegende mündliche Prüfungsbescheid ohne Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht nichtig, weil er auf vom Kläger für verfassungswidrig gehaltenen gesetzlichen Grundlagen (§ 158 Abs. 1 Nr. 1 b StBerG, § 28 Abs. 1 DVStB im Zusammenspiel mit § § 47, 55 FGO) beruht und den Kläger nach seiner Auffassung in seinen Grundrechten insbesondere gem. Art. 12 und 19 des Grundgesetzes verletzt.

Solange das Bundesverfassungsgericht nicht die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlagen für die mündlichen Prüfungsbescheide anlässlich der Steuerberaterprüfung festgestellt hat, hatte der Prüfungsausschuss und sein Vorsitzender unter Anwendung des § 28 Abs. 1 DVStB den Prüfungsbescheid vom 15.03.2000 mündlich ohne Rechtsbehelfsbelehrung bekannt zu geben. Der erkennende Senat wäre verpflichtet gewesen, gem. Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mangels eigener Verwerfungskompetenz einzuholen (sogenannte Richtervorlage), hätte er die Auffassung des Klägers zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlagen des Prüfungsbescheids vom 15.03. 2000 geteilt.

Der erkennende Senat ist jedoch in Übereinstimmung mit dem Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 14.07.1980 2 BvR 780/79, Steuerrechtsprechung in Karteiform, StBerG, DVStB a. F. § 22 Rechtsspruch 3) und dem Bundesfinanzhof (Urteile vom 28.11.1978 VII R 48/78, BStBl II 1979, 185 , vom 12.02.1980 VII R 80/79 a. a. O. und vom 11.1.1994 VII R 53/93 a. a. O, vgl auch Urteil des erkennenden Senats vom 24.10.2000, 8 K 2638/00 in [...]; ebenfalls zustimmend: Gräber/Koch, FGO, 3. Auflage, § 55 Anmerkung 7; Tipke/Kruse, aaO, § 55 FGO Tz. 3) der Auffassung, dass die mündliche Bekanntgabe eines negativen Prüfungsergebnisses gem. § 158 Abs. 1 Nr. 1b StBerG i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 3 DVStB ohne Rechtsbehelfsbelehrung mit der Folge des Anlaufens der Klagefrist gem. § § 47, 55 FGO mit der Bekanntgabe einfach rechtlich vertretbar geregelt und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Der erkennende Senat nimmt zur Begründung seiner Rechtsauffassung auf die vorstehend zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen vollinhaltlich Bezug und sieht angesichts der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung von ihrer Wiederholung in den vorliegenden Entscheidungsgründen ab.

Ergänzend ist anzuführen, dass der Gesetzgeber auch nach Ergehen des BFH-Urteils vom 11.01.1994 (VII R 53/93 a. a. O.) anlässlich zahlreicher, zwischenzeitlicher Änderungen der FGO und der DVStB trotz der bekannten Einwendungen gegen die mündliche Bekanntgabe von (negativen) Prüfungsentscheidungen bei der Steuerberaterprüfung die einschlägigen Vorschriften der FGO und DVStB im Sinne des klägerischen Vorbringens nicht geändert hat und auch nicht die (Verfahrens-) Vorschriften über die Durchführung der Steuerberaterprüfung in das Steuerberatungsgesetz übernommen hat.

Insbesondere die Auffassung des Klägers zur Verfassungswidrigkeit der unterschiedlichen Klagefristen, je nach Geltung der VwGO oder der FGO, teilt der erkennende Senat nicht.

Dass bei der Steuerberaterprüfung im Hinblick auf § 55 Abs. 1 Satz 1 FGO eine kürzere (einmonatige) Klagefrist gegeben ist als bei anderen staatlichen Prüfungen, so weit auf diese die Verfahrensvorschriften der VwGO ( § 58 VwGO) anwendbar sind, ist nicht von vornherein sachwidrig und stellt keinen Verstoß gegen die Art. 3 Abs. 1, 12 oder 19 des Grundgesetzes dar. Die Mündlichkeit des Prüfungsbescheides ist angesichts der Besonderheit bei der Steuerberaterprüfung, dass das Prüfungsergebnis nur darin besteht, ob der Bewerber bestanden hat oder nicht, nicht sachwidrig. Der mündliche Prüfungsbescheid hat dadurch einen so einfachen und eindeutigen Inhalt, dass der betroffene Bewerber auch angesichts der Prüfungssituation den Inhalt des Prüfungsbescheides einfach erfassen kann und ohne weiteres zu beurteilen vermag, ob der Prüfungsbescheid ihn belastet und welche Bedeutung das für ihn hat. Diese Einfachheit ist bei anderen Prüfungsverfahren nicht gegeben, insbesondere dort nicht, wo Noten erteilt werden. In diesen Fällen war es vom Gesetzgeber sachgemäß zu bestimmen, dass die Prüfungsentscheidungen grundsätzlich schriftlich ergehen bzw. bei unterbliebener Rechtbehelfsbelehrung gem. § 58 VwGO mit einer Klagefrist von einem Jahr angreifbar sind. Bei Bewerbern für die Steuerberaterprüfung geht der erkennende Senat mit dem Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 14.07.1980 (a. a. O.) des weiteren davon aus, dass sie aufgrund ihrer Ausbildung über die gegen Prüfungsentscheidungen einzulegenden Rechtsbehelfe informiert sind.

c. Steht fest, dass die Mündlichkeit des Prüfungsbescheides gem. § 48 DVStB verfassungsgemäß und einfach gesetzlich vertretbar geregelt ist, scheidet eine Nichtigkeit des Prüfungsbescheides gem. § 125 Abs. 1 AO wegen des vom Kläger gerügten Schriftformverstosses aus (vgl zur Nichtigkeit von Verwaltungsakten bei Verstoß gegen konstitutive Schriftlichkeit: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 157 AO Tz. 4, 6 m. w. N.).

4. Der wirksame Prüfungsbescheid vom 15.03.2000 ist formell bestandskräftig (unanfechtbar).

a. Unstreitig hat der Kläger die einmonatige Klagefrist für eine Anfechtungsklage gem. § 47 FGO, die mit Bekanntgabe des Prüfungsbescheides am 15.03.2000 angelaufen ist, mit Klageerhebung entsprechend seinem Hilfsantrag am 07.02.2001 nicht eingehalten. Wie bereits unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung dargelegt, ist mit Bekanntgabe des mündlichen Prüfungsbescheides zu Recht keine Rechtsbehelfsbelehrung erfolgt und die Nichtanwendung des § 55 FGO entsprechend seinem eindeutigen Wortlaut einfach gesetzlich vorgegeben und nicht verfassungswidrig. Für den Beginn der Klagefrist kommt es nicht auf die spätestens mit Schreiben des Beklagten vom 18.10.2000 erfolgte schriftliche Bestätigung des mündlichen Prüfungsbescheides vom 15. 03. 2000 an (Tipke/Kruse, aaO, § 119 AO Tz. 9).

b. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 56 FGO betreffend die (Anfechtungs-) Klagefrist ist nicht möglich. Der Kläger muss sich das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten bei der Versäumung der Klagefrist zurechnen lassen (vgl. BFH-Beschluss vom 14.5.1987 V B 52/87, BFH/NV 1988, 39).

Nach § 56 FGO ist demjenigen, der ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Auch Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Frist von zwei Wochen für den Antrag auf Wiedereinsetzung kann entsprechend § 56 FGO gewährt werden.

Im Streitfall kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand schon deswegen nicht gewährt werden, weil sie entgegen § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO nicht innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses beantragt worden ist.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 56 FGO bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung nicht beantragt, obwohl sich dies spätestens nach dem Schreiben des Beklagten vom 18.10.2000 an ihn angeboten hätte. Dort hatte der Beklagte den nach Aktenlage seit Ende Mai 2000 anwaltlich den Kläger vertretenden Prozessbevollmächtigten u. a. explizit auf die abgelaufene Klagefrist gegen den Prüfungsbescheid vom 15.03.2000 hingewiesen. Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen gem. § 56 Abs. 2 Satz 4 FGO ohne Antragstellung scheidet gleichfalls aus, da die versäumte Rechtshandlung in Gestalt der Klageerhebung bzw. eines Antrags auf Wiedereinsetzung in die Frist gem. § 56 FGO nicht innerhalb der nach dem Zugang des Schreibens des Beklagten vom 18.10.2000 angelaufenen Wiedereinsetzungsfrist nachgeholt worden ist.

Hinzukommt, dass der Kläger nicht dargelegt und glaubhaft gemacht hat, dass sein Prozessbevollmächtigter ohne Verschulden verhindert war, fristgerecht Klage zu erheben bzw. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzgl. der Wiedereinsetzung gem. § 56 FGO zu beantragen. Von dem (prüfungs- und verwaltungs-) rechtskundigen Prozessbevollmächtigten war spätestens nach Zugang des Schreibens des Beklagten vom 18.10.2000 bei vorauszusetzender Kenntnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Verfassungsgemäßheit der Mündlichkeit von (negativen) Prüfungsbescheiden zu erwarten, dass er innerhalb der Zweiwochenfrist gem. § 56 FGO Wiedereinsetzung beantragen und Klage erheben würde (vgl. BFH-Beschluss vom 19.8. 1992 V B 27/92, BFH/NV 1993,480 und Urteil vom 20.2.2001 IX R 48/98, BFH/NV 2001,1010).

II.

Für die mit dem Hilfsantrag gestellte Anfechtungsklage folgt aus den obigen Ausführungen unter I.B.4. zur formellen Bestandskraft des Prüfungsbescheides vom 15.3.2000 ihre Unzulässigkeit wegen Nichteinhaltung der Klagefrist; dass die zusätzlich mit dem Hilfsantrag gestellte Verpflichtungsklage ebenfalls unbegründet ist, folgt im Hinblick auf die Bestandskraft des wirksamen Prüfungsbescheides vom 15.03.2000 aus den Ausführungen unter I.B. der Entscheidungsgründe.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtssteits gem. § 135 Abs. 1 FGO.



Ende der Entscheidung

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