Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 05.02.2009
Aktenzeichen: 9 K 204/07
Rechtsgebiete: BGB, ErbStG


Vorschriften:

BGB § 2022
BGB § 2044
ErbStG § 10 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Unter Änderung des Erbschaftsteuerbescheids vom 24. September 2007 wird die Erbschaftsteuer auf 312.417 € herabgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigungsfähigkeit von Vorfälligkeitsentschädigungen als Nachlassverbindlichkeiten streitig.

Der Kläger war aufgrund privatschriftlichen Testaments seines Vaters, des Erblassers , vom 00.00.0000 neben seinem Bruder zum hälftigen Erben eingesetzt worden. Der Erblasser verstarb am 00.00.0000.

In seinem Testament hatte der Erblasser verfügt, dass neben der Erbeinsetzung der Söhne zu je 1/2 die Ehefrau des Erblassers zwei Grundstücke als Vermächtnis erhalten sollte.

Das restliche Vermögen, zu dem mehrere Grundstücke gehörten, sollten seine beiden Söhne, somit auch der Kläger, je zur Hälfte erhalten. Die Söhne sollten des weiteren auch alle Schulden des Erblassers übernehmen. Dabei handelte es sich in überwiegendem Umfang um Hypotheken, die auf dem Grundbesitz des Erblassers eingetragen waren.

Mit unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Erbschaftsteuerbescheid vom 28. Dezember 2005 wurde der Kläger zunächst zu einer Erbschaftsteuer in Höhe von 292.315 € herangezogen. Aufgrund mehrerer durchgeführter Grundbesitzwertfeststellungen änderte der Beklagte den Erbschaftsteuerbescheid am 24. April 2006 und erhöhte nunmehr die Erbschaftsteuer auf 357.105 €.

Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und machte insgesamt 19 Schuldpositionen als noch zu berücksichtigende Nachlassverbindlichkeiten geltend.

Darunter befanden sich u.a. auch Vorfälligkeitsentschädigungen für die vorzeitige Ablösung von Darlehen gegenüber der Bank I.

Der Erblasser hatte im Frühjahr 1999 drei Darlehen in Höhe von zweimal 500.000 DM und einmal 2,5 Millionen DM aufgenommen und für die Dauer von zehn Jahren einen Festzins von 4,65 % per annum vereinbart. Während der Festzinsperiode war nach diesen Darlehensverträgen eine außerplanmäßige Tilgung ausgeschlossen.

Im Rahmen der Auseinandersetzung der zwischen dem Kläger und seinem Bruder bestehenden Erbengemeinschaft nahmen der Kläger und sein Bruder eine vorzeitige Ablösung dieser Kreditverträge vor und teilten sodann den nunmehr lastenfreien Grundbesitz zwischen sich auf. Für die vorzeitige Beendigung der drei Kreditverträge mussten der Kläger und sein Bruder Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe von 66.968, 40 €, 9.702,09 € sowie 11.908,22 € bezahlen. Hiervon machte der Kläger den jeweils hälftigen Betrag entsprechend seinem hälftigen Erbanteil in Höhe von 33.484,20 €, 4.851,05 € sowie 5.954,11 € als Nachlassverbindlichkeiten geltend.

Hinsichtlich dieser Vorfälligkeitsentschädigungen vertrat der Kläger im Einspruchsverfahren die Auffassung, dass es sich insoweit um Kosten zum Zwecke der notwendigen Bereinigung von Nachlassschulden zur Erbauseinandersetzung handele. Diese seien als nachlassmindernd zu berücksichtigen.

Weiterhin machte er eine vom Landgericht der Stadt B mit Urteil vom 7. Juli 2002 gegenüber dem Erblasser festgestellte Zahlungsverpflichtung gegenüber der Firma G-GmbH geltend. Danach war der Erblasser zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 9.874,57 € Zug um Zug gegen Durchführung der in der Anlage zum Urteil aufgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten verurteilt worden. Dieses Verfahren war zum Zeitpunkt des Einspruchs noch beim Oberlandesgericht der Stadt L in der Berufung anhängig und ruhte wegen eines über das Vermögen der Firma G-GmbH eröffneten Insolvenzverfahrens.

Während des Einspruchsverfahrens änderte der Beklagte aus für das vorliegende Verfahren nicht bedeutsamen Gründen am 10.08.2006 noch einmal den angefochtenen Erbschaftsteuerbescheid, die Erbschaftsteuer wurde nunmehr auf 361.627 € festgesetzt.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens wurden die vom Kläger geltend gemachten Schuldpositionen bis auf die Vorfälligkeitsentschädigungen sowie die Forderung der Firma G-GmbH vom Beklagten anerkannt.

In der Anlage zur Einspruchsentscheidung erging sodann ein geänderter Erbschaftsteuerbescheid, der nunmehr die Erbschaftsteuer auf 354.882 € herabsetzte.

In seiner Einspruchsentscheidung vom 19. Dezember 2006 wies der Beklagte darauf hin, dass der Begriff der Kosten zur Regelung des Nachlasses im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) von der Rechtsprechung seit jeher weit ausgelegt werde. Darunter würden alle Kosten erfasst, die aufgewendet werden müssten, um den Erben in den Besitz der ihm aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen. Dagegen fielen die Kosten, die erst dann entstünden, wenn der Erwerb bezogen auf den Einzelerwerber feststehe und vollzogen sei, nicht unter § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG. Nicht berücksichtigungsfähig seien daher Aufwendungen, die auf einem eigenen Willensentschluss des Erben beruhten, da sie nicht unmittelbar mit der Erfüllung des Erblasserwillens zusammenhingen. Dies gelte insbesondere für Kosten, die im Zusammenhang mit der Fortsetzung oder Neubegründung von Dauerschuldverhältnissen, die auf den Nachlass bezogen seien, stünden. Bei den im Streitfall geltend gemachten Vorfälligkeitsentschädigungen handelt es sich daher nicht um nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG abzugsfähige Kosten der Nachlassregelung, weil diese ausschließlich auf eigenen Vermögensdispositionen der Erben nach dem Erbanfall beruhten.

Ebenso könne auch die geltend gemachte Zahlungsverpflichtung des Erblassers gegenüber der Firma G-GmbH nicht berücksichtigt werden. Nach dem derzeitigen Sachstand seien die Erben mit dieser Verpflichtung tatsächlich noch nicht wirtschaftlich belastet, da das zivilrechtliche Verfahren aufgrund der Insolvenz der Firma G-GmbH noch nicht abgeschlossen sei. In diesem Zusammenhang sei ferner zu beachten, dass nach dem Urteil des Landgerichts der Betrag nur Zug um Zug gegen entsprechende Mängelbeseitigungsarbeiten zu zahlen sei. Mithin bestehe insoweit ein entsprechender Sachleistungsanspruch, der in gleicher Höhe als Nachlassforderung zu erfassen sei.

Im Rahmen seiner hiergegen fristgerecht erhobenen Klage macht der Kläger geltend, dass er aufgrund eines privatschriftlichen Testamentes gemeinsam mit seinem Bruder Erbe zu je einem 1/2 Anteil nach seinen im Jahre 2005 verstorbenen Vater geworden sei. Der Nachlass habe aus umfangreichen Grundvermögen sowie Kapitalvermögen bestanden. Das Grundvermögen sei zum Zeitpunkt des Erbfalls noch mit Grundpfandrechten belastet gewesen, die der Absicherung von Hypothekendarlehen der Bank I gedient hätten. Die Darlehen hätten zum Zeitpunkt des Erbfalls noch mit insgesamt 1,8 Millionen € valutiert. Eine teilweise Tilgung der Darlehen vor dem Jahr 2009 sei aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen ausgeschlossen gewesen.

In dem privatschriftlichen Testament des Erblassers, in dem zunächst ein Vermächtnis zugunsten der Mutter angeordnet gewesen sei, laute es hinsichtlich der Erbeinsetzung, dass die beiden Söhne das restliche Vermögen je zur Hälfte erhalten sollten. Ferner sei in dem privatschriftlichen Testament geregelt, dass die beiden Söhne alle Schulden je zur Hälfte übernehmen sollten. Die im Testament gewählte Formulierung lege nahe, dass der Erblasser sich eine reale Teilung des vorhandenen Aktivvermögens und ebenso eine reale Teilung der vorhandenen Schulden vorgestellt habe. Eine Fortdauer der Erbengemeinschaft in Form einer gesamthänderischen Bindung durch zeitlich begrenzten Ausschluss der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft habe offenbar nicht den Vorstellungen des Erblassers entsprochen. Diese Vorstellungen des Erblassers entsprächen im Übrigen auch dem gesetzlichen Regelfall der Erbengemeinschaft, da diese nach § 2042 BGB grundsätzlich auf Auseinandersetzung angelegt sei, soweit nichts anderes angeordnet sei, insbesondere soweit der Erblasser nicht den Ausschluss der Auseinandersetzung im Sinne des § 2044 BGB verfügt habe.

Die vom Erblasser gewünschte hälftige Aufteilung des Aktivvermögens auf seine beiden Söhne und die hälftige Übernahme der Schulden sei mit der erforderlichen rechtlichen Sicherheit nur mit einer Löschung sämtlicher Grundpfandrechte und der dazu erforderlichen vorzeitigen Ablösung der vorhandenen Hypothekendarlehen durchführbar gewesen. Dies ergebe sich daraus, dass nach dem Erbfall sämtliche mit den vorhandenen Immobilien in Verbindung stehenden Darlehen auf den Kläger und seinen Bruder als Gesamtrechtsnachfolger ihres Vaters übergegangen seien. Insoweit habe eine gesamtschuldnerische Haftung der beiden Erben bestanden. Auch eine eventuelle interne Aufteilung der Darlehensverbindlichkeiten im Rahmen einer Erbauseinandersetzung hätte die gesamtschuldnerische Haftung nicht beseitigt. Selbst wenn die Bank dazu bereit gewesen wäre, die Darlehensverbindlichkeiten real hälftig auf die beiden Erben aufzuteilen unter jeweils hälftiger Entlassung aus dem Gesamtschuldverhältnis des jeweils anderen Darlehensnehmers, wobei eine solche Bereitschaftserklärung der Bank im Übrigen nicht vorgelegen habe, so wäre mit einer solchen Regelung nicht die Gefahr einer dinglichen Haftung des jeweils belasteten Grundbesitzes aufgrund der bestehenden Grundpfandrechte beseitigt worden. Im Ergebnis wäre also selbst nach einer Aufteilung der Schulden die gesamtschuldnerische Haftung beider Miterben weiter bestehen geblieben. Auch die Vorschrift des § 2046 BGB gehe davon aus, dass im Rahmen der Erbauseinandersetzung zunächst die Nachlassverbindlichkeiten zu berichtigen seien. Falls eine Verbindlichkeit nicht fällig sei, sei das zu ihrer Berichtigung Erforderliche zurückzubehalten. Dies hätte allerdings wiederum die vom Erblasser gewünschte Aufteilung hinausgezögert.

Der Kläger habe deshalb zum Zwecke einer rechtlich sicheren Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft mit der Bank I die vorzeitige Ablösung der Darlehen des Erblassers vereinbart und habe hierzu die geltend gemachten Vorfälligkeitsentschädigungen in Kauf nehmen müssen.

Nach Ablösung der Darlehen und Löschung der entsprechenden Grundpfandrechte in den Grundbüchern hätten der Kläger und sein Bruder im Rahmen der notariellen Erbauseinandersetzungsvereinbarung vom 20. Oktober 2006 die Erbengemeinschaft hinsichtlich des ererbten Grundbesitzes entsprechend dem Wunsche des Erblassers hälftig auseinandergesetzt.

Bei den geltend gemachten Vorfälligkeitsentschädigungen handele es sich somit um typische Kosten der Erbauseinandersetzung. Insbesondere seien diese Kosten auch erforderlich gewesen, um den Willen des verstorbenen Vaters nach hälftiger Aufteilung des Nachlasses und hälftiger Aufteilung der Schulden in rechtlich ordnungsgemäßer Hinsicht durchzuführen. Beim Fortbestehen der Darlehen und damit auch Fortbestehen der Grundpfandrechte wäre eine saubere hälftige Aufteilung der Verbindlichkeiten und Haftungen nicht durchführbar gewesen.

Hinsichtlich der Zahlungsverpflichtung aus dem Urteil des Landgerichts der Stadt B sei darauf hinzuweisen, dass die wirtschaftliche Belastung mit dieser Zahlungsverpflichtung spätestens mit dem vorläufig vollstreckbaren Urteil des Landgerichts der Stadt B gegenüber dem Erblasser vorgelegen habe. Ob und mit welchem Erfolg das Berufungsverfahren abgeschlossen werde, sei noch völlig offen. Auch das Insolvenzverfahren gegenüber der Firma G-GmbH ändere an dieser Sach- und Rechtslage nichts.

Auch die Tatsache, dass der Zahlungsanspruch nur Zug um Zug gegen Beseitigung der vorhandenen Mängel durchgesetzt werden könne, führe nicht dazu, dass die genannten Nachlassverbindlichkeiten nicht abzugsfähig seien. Insbesondere sei auch der Anspruch auf Mängelbeseitigung nicht gleichzusetzen mit dem Anspruch auf Herstellung eines Werkes, der als Aktivvermögen mit dem gemeinen Wert anzusetzen sei. Ein Anspruch auf Mängelbeseitigung habe keinen feststellbaren gemeinen Wert, der ansatzfähig wäre. Der Zahlungsverpflichtung könne mithin keine werthaltige Gegenforderung gegenübergestellt werden.

Im Laufe des Klageverfahrens hat der Kläger weiterhin mitgeteilt, dass es zwischenzeitlich mit dem Insolvenzverwalter der Firma G-GmbH eine vergleichsweise Regelung gegeben habe. Danach haben sich der Kläger und sein Bruder zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 2.250 € an die Insolvenzmasse verpflichtet. Mit der Zahlung dieses Betrages sollen alle wechselseitigen Ansprüche aus dem betreffenden Vertragsverhältnis der Vertragsparteien erledigt sein.

Der Beklagte hat im Laufe des Klageverfahrens am 3. April und 24. September 2007 den angefochtenen Erbschaftsteuerbescheid zweimal aufgrund geänderter Grundbesitzwertfeststellungen sowie eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs der Mutter des Klägers geändert. Dabei wurde die Erbschaftsteuer zuletzt auf 312.645 € herabgesetzt.

Die geänderten Erbschaftsteuerbescheide sind zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden.

Der Kläger beantragt,

den angefochtenen Erbschaftsteuerbescheid vom 24. September 2007 dahingehend abzuändern, dass weitere 44.289,36 € als Nachlassregelungskosten sowie weitere 1.125,00 € als Nachlassverbindlichkeiten zum Abzug zugelassen werden und der Erwerbswert entsprechend gemindert wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine in der Einspruchsentscheidung vertretene Rechtsauffassung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nur zum Teil begründet.

Der Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, die Verbindlichkeit des Erblassers gegenüber der Firma G-GmbH gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG als Erblasserschuld und mithin als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Vorfälligkeitsentschädigungen als sonstige Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG ist die Klage hingegen nicht begründet.

I. Die bereits zu Lebzeiten des Erblassers vom Landgericht der Stadt B festgestellte Zahlungsverpflichtung des Erblassers gegenüber der Firma G-GmbH ist als Erblasserschuld und damit als Nachlassverbindlichkeit im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG jedenfalls dem Grunde nach zu berücksichtigen. Sie ist allerdings nicht mit dem ursprünglich vom Landgericht der Stadt B festgestellten Betrag anzusetzen, sondern mit dem Betrag, auf den sich der Kläger und sein Bruder mit dem Insolvenzverwalter der Firma G-GmbH letztendlich im Vergleichswege verständigt haben.

1. Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind die vom Erblasser herrührenden Schulden von dem Erwerb als Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen. Zu diesen sogenannten Erblasserschulden gehören insbesondere solche Verbindlichkeiten, die schon zu Lebzeiten des Erblassers entstanden sind. Verbindlichkeiten aus schwebenden, von keiner Seite bislang erfüllten Verträgen bleiben allerdings regelmäßig außer Betracht (vgl. Meincke, 14. Auflage 2004, § 10 ErbStG Rn. 32; Troll/Gebel/Jülicher, Stand Oktober 2007, § 10 ErbStG Rn. 112 und 126).

Des weiteren sind nachträglich wertbeeinflussende Umstände zu berücksichtigen. Verbindlichkeiten, um deren Bestehen am Stichtag ein Rechtsstreit geführt wird, sind unter Berücksichtigung des Ergebnisses des Rechtsstreits zu bewerten (vgl. Meincke, 14. Auflage 2004, § 11 ErbStG Rn. 3; Troll/Gebel/Jülicher, Stand Oktober 2006, § 11 ErbStG Rn. 20).

2. Im Streitfall war der Erblasser zwar durch ein Urteil des Landgerichts der Stadt B vom 6. August 2002 zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 9.874,57 € Zug um Zug gegen Durchführung bestimmter Mängelbeseitigungsarbeiten verurteilt worden. Ungeachtet der Frage, inwieweit die eigene Leistungsverpflichtung des Anspruchsinhabers, der Firma G-GmbH, in Gestalt der Mängelbeseitigungsverpflichtung im Ergebnis deshalb zu einer Neutralisierung dieser Forderung führt, weil ein entsprechender Mängelbeseitigungsanspruch als Vermögenswert in den Nachlass einzustellen wäre, ist es jedoch im Streitfall während des vorliegenden Klageverfahrens zu einer vergleichsweisen Regelung dergestalt gekommen, dass sich die Erben mit dem Insolvenzverwalter der Firma G-GmbH darauf geeinigt haben, noch einen Betrag in Höhe von insgesamt 2.250 € an die Insolvenzmasse zu zahlen. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass zum Zeitpunkt des Stichtags, des Todestags des Erblassers, noch ein Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht der Stadt L hinsichtlich des vorgenannten Urteils des Landgerichts der Stadt B und mithin über die betreffende Forderung ein schwebender Rechtsstreit anhängig gewesen ist, ergibt sich im Streitfall, dass lediglich der sich aus der vergleichsweisen Regelung ergebende Zahlungsbetrag in Höhe von 2.250 €, mithin für den Kläger der hälftige Anteil in Höhe von 1.125 € zu berücksichtigen ist. Denn insoweit hat der wertaufhellende Umstand der vergleichsweisen Beendigung des Rechtsstreits über Grund und Umfang des Anspruchs der Firma G-GmbH bei der Bewertung dieser Nachlassverbindlichkeit noch entsprechende Berücksichtigung zu finden. Der der Erbschaftsteuer als Bemessungsgrundlage zugrunde zu legende Reinnachlass, der steuerpflichtige Erwerb, der auf den Kläger entsprechend seiner Erbquote zu 1/2 entfällt, ist mithin um einen Betrag in Höhe von 1.125 € zu vermindern.

II. Keinen Erfolg kann die Klage jedoch insoweit haben, als der Kläger die an die Bank I gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen als sonstige Nachlassverbindlichkeiten in Abzug bringen will.

1. Zu den sonstigen Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG gehören auch die Nachlassabwicklungskosten. Das sind diejenigen Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Dabei ist der Begriff der Nachlassabwicklungskosten weit auszulegen. Er umfasst die Kosten einer Todeserklärung, der Eröffnung des Testaments, des Erbscheins, der tatsächlichen rechtlichen Feststellung des Nachlasses und seiner Bewertung, die Kosten, die aufgewendet werden müssen, um die Erben in den Besitz der Nachlassgegenstände zu setzen oder um die Umschreibung des Grundbuchs zu erreichen sowie die Kosten der Erbauseinandersetzung. Hierzu gehören auch die Kosten, die dem Erben im Zusammenhang mit der Erfüllung eines vom Erblasser angeordneten Vermächtnisses entstehen, die Kosten des Nachlassinventars sowie die angemessene Kosten für den Testamentsvollstrecker, der die Nachlassabwicklung vornimmt (vgl. Meincke, 14. Auflage 2004, § 10 ErbStG Rn. 44). Zu den Kosten der Erbauseinandersetzung gehören insbesondere auch die mit der Auseinandersetzungsvereinbarung zusammenhängenden Aufwendungen wie Notargebühren und Sachverständigenkosten, aber auch die Kosten einer gerichtlichen Auseinandersetzung sowie die Verwertungskosten (vgl. Troll/Gebel/Jülicher, Stand Oktober 2007, § 10 ErbStG Rn. 215). Auch wenn insoweit der Begriff der Nachlassabwicklungskosten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG grundsätzlich eher weit auszulegen ist, so zeigt aber nach Auffassung des erkennenden Senats gerade die gesetzliche Formulierung, wonach nur diejenigen Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen, zu berücksichtigen sind, dass die betreffenden Aufwendungen einen hinreichend engen Sachzusammenhang zu diesen im Gesetz genannten Maßnahmen aufweisen müssen. Die Aufwendungen müssen notwendig und von der Absicht getragen sein, die Abwicklung, Regelung und Verteilung des Nachlasses bzw. die Erlangung des Erwerbs sicherzustellen. Erforderlich ist damit also ein unmittelbarer sachlicher sowie gegenständlicher Zusammenhang zwischen der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses bzw. der Erlangung des Erwerbs und den betreffenden Aufwendungen. Dieses Erfordernis des unmittelbaren Sachzusammenhangs schließt es aus, alle auch nur in einem mehr oder weniger entfernten Veranlassungszusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses bzw. der Erlangung des Erwerbs stehenden Aufwendungen zu berücksichtigen.

2. Vor dem Hintergrund dieses Begriffsverständnisses der sonstigen Nachlassverbindlichkeiten bzw. Nachlassabwicklungskosten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG stehen im Streitfall die vorzeitige Kreditablösung und die dadurch verursachten Vorfälligkeitsentschädigungen jedoch nur in einem entfernten sachlichen Veranlassungszusammenhang mit der Auseinandersetzung der zwischen dem Kläger und seinem Bruder bestehenden Erbengemeinschaft.

a. Soweit der Kläger insoweit geltend gemacht hat, aufgrund der testamentarischen Anordnung des Erblassers habe nicht nur die Verpflichtung bestanden, das Aktivvermögen auf die beiden Brüder aufzuteilen, sondern auch die Verbindlichkeiten, und deshalb sei es notwendig gewesen, die zu diesem Zeitpunkt noch für ca. vier Jahre weitere Jahre fest vereinbarten Kreditverträge vorzeitig abzulösen, so kann sich der Senat dieser Sichtweise nicht anschließen. Die testamentarischen Verfügungen des Erblassers beinhalteten nur ganz allgemein, dass die Söhne nicht nur das Aktivvermögen zu gleichen Teilen erwerben sollten, sondern auch die Verbindlichkeiten, insbesondere die Schulden, die auf den Grundstücken lasteten, die der Ehefrau des Erblassers als Vermächtnis zugewandt worden waren. Warum sich aus Wortlaut sowie Sinn und Zweck dieser testamentarischen Verfügungen des Erblassers nicht auch die Möglichkeit ergeben soll, dass ein dahingehender der Wille des Erblassers bestanden hat, dass die Söhne zunächst die Laufzeit der betreffenden Kreditverträge abwarten sollten und erst sodann eine Ablösung dieser Verbindlichkeiten durchführen sollten, ist für den Senat nicht erkennbar.

Unabhängig von der Frage, ob das Gericht insoweit der Rechtsauffassung des FG München (Urteil vom 17. Oktober 2007 4 K 811/05, EFG 2008, 1905) folgen kann, wonach zu den nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG berücksichtigungsfähigen Kosten nur diejenigen Aufwendungen zählen, die unmittelbar mit der Erfüllung des Erblasserwillens zusammenhängen und daher nicht auf einem eigenen Willensentschluss des oder der Erben beruhen, lässt sich jedenfalls für den Streitfall nicht feststellen, dass die vorzeitige Ablösung der Kredite dem erkennbaren oder zumindest mutmaßlichen Erblasserwillen entsprochen hat.

b. Auch aus den gesetzlichen Regelungen zur Auseinandersetzung von Miterbengemeinschaften, §§ 2042 ff. BGB, ergibt sich im Streitfall keine Notwendigkeit, eine vorzeitige Ablösung der betreffenden Kreditverträge vorzunehmen. Zwar sind im Zuge der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft nach § 2046 Abs. 1 Satz 1 BGB zunächst die Nachlassverbindlichkeiten zu berichtigen. Ist eine Nachlassverbindlichkeit zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung jedoch noch nicht fällig, so ist nach § 2046 Abs. 1 Satz 2 BGB das zu ihrer Erfüllung Erforderliche zurückzubehalten. Die Gesetzeslage zeigt also, dass für die Durchführung der Auseinandersetzung der zwischen dem Kläger und seinem Bruder bestehenden Miterbengemeinschaft eine vorzeitige Ablösung der Kreditverträge nicht erforderlich gewesen ist.

Eine solche vorzeitige Ablösung war auch nicht zur Verteilung des Aktivvermögens notwendig. Denn nach Abschluss einer entsprechenden formgültigen Auseinandersetzungsvereinbarung hätten auch die Grundbücher umgeschrieben werden können und die Söhne als Erben wären insoweit Eigentümer derjenigen Grundstücke geworden, auf die sie sich im Rahmen der Auseinandersetzung geeinigt hatten. Der Umstand, dass diese Grundstücke dann bis zum Ende der Laufzeit der betreffenden Kreditverträge noch für die gesamten Verbindlichkeiten haften mussten, hat keine Bedeutung für die Feststellung, dass die Existenz der betreffenden Kreditverträge die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit einer Auseinandersetzung der Miterbengemeinschaft nicht ver- oder behinderte.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen hat, mit der vorzeitigen Ablösung der Kreditverbindlichkeiten sei letztlich erreicht worden, dass die Grundstücke aus der dinglichen Mithaftung für die vom jeweils anderen Miterben zu übernehmenden Verbindlichkeiten herausgenommen werden konnten, so zeigt dies nach Auffassung des Gerichts die eigentliche Ursache und den eigentlichen Zweck dieser Maßnahme. Die Aufwendungen für die Vorfälligkeitsentschädigung haben dem Zweck gedient, die jeweils dem einzelnen Erben zustehenden Grundstücke vor einer Mithaftung und Inanspruchnahme für den Teil der Verbindlichkeiten zu schützen, den der jeweils andere Miterbe laut Testament und Auseinandersetzungsvereinbarung zu tragen hatte. Ein solcher Grund und ein solches Ziel sind jedoch nicht mehr Teil der Erbauseinandersetzung, dienen also nicht der Erlangung des Erwerbs, sondern lediglich seiner Sicherung. Solche Sicherungsmaßnahmen werden von der Vorschrift des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG jedoch nicht mehr erfasst.

c. Daneben weist der Senat darauf hin, dass die Vorfälligkeitsentschädigung ihrem Charakter und ihrer Natur nach einen Ersatz für den der Bank aufgrund der vorzeitigen Beendigung des Kreditvertrages entgehenden Gewinn im Sinne des Zinsmargen- sowie des Zinsverschlechterungsschadens (vgl. dazu nur Weidenkaff in Palandt, 68. Auflage 2009, § 490 BGB Rn. 14 ff.) darstellt. Im Umfang des entgangenen Gewinns handelt es sich bei der Vorfälligkeitsentschädigung daher um ein Surrogat für die ansonsten in Gestalt der Zinszahlungen an die Bank geleisteten Gewinnanteile. Für den Fall einer Fortführung der Kreditverträge entsprechend der vereinbarten Laufzeit hätte der Kläger aber die entsprechenden Zinszahlungen nicht als Nachlassverbindlichkeiten geltend machen können, da es sich insoweit um die Gegenleistung für die im Rahmen eines als Dauerschuldverhältnis ausgestalteten wechselseitigen Leistungsaustauschverhältnisses bezogene Leistung der Bank - die Kapitalüberlassung - gehandelt hätte. Tritt aber die Vorfälligkeitsentschädigung als vorgezogene Gewinnentschädigung und damit als Surrogat an die Stelle der über die restliche Vertragslaufzeit sukzessive erfolgenden Zinszahlungen, so kann allein der Umstand der vorzeitigen Ablösung eines solchen noch vom Erblasser aufgenommenen Kredits nicht zu einer Berücksichtigungsfähigkeit dieser in Gestalt einer vorgezogenen Vorfälligkeitsentschädigung verdichteten Zinszahlungen führen.

Auch diese Kontrollüberlegung zeigt nach Ansicht des Senats, dass die Vorfälligkeitsentschädigung als vorgezogene Zinszahlung keine Nachlassverbindlichkeit darstellen kann.

d. Soweit der Kläger zuletzt noch geltend gemacht hat, der BFH habe gegen die bereits genannte, sehr restriktive Entscheidung des FG München (Urteil vom 17. Oktober 2007 4 K 811/05, a.a.O.) die Revision zugelassen (Az.: II R 37/08), und aus diesem Verfahren könnten sich noch Erkenntnisse für das vorliegende Verfahren ergeben, so vermag der Senat auch dem nicht zu folgen.

Das FG München hat in dem genannten Urteil die Aufwendungen für Sachverständige, Rechtsanwälte, Notare sowie Gerichtsgebühren im Rahmen der Auseinandersetzung einer Miterbengemeinschaft nicht als Nachlassabwicklungskosten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG zum Abzug zugelassen, Kosten also, die nach Auffassung des erkennenden Senats zu den klassischen berücksichtigungsfähigen Aufwendungen im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft gehören. Nach Qualität, ursächlichem Sachzusammenhang sowie Zielrichtung ganz anders sind jedoch die vorliegend streitbefangenen Vorfälligkeitsentschädigungen, die von dem genannten Revisionsverfahren thematisch nicht erfasst werden. Der Senat kann daher von diesem Revisionsverfahren für die Problemstellung des vorliegenden Verfahrens keine weitergehende Klärung erwarten.

III. Die festgesetzte Erbschaftsteuer war daher unter Berücksichtigung einer Verminderung des steuerpflichtigen Erwerbs um 1.125 € von 1.645.500 € auf 1.644.375 €, abgerundet 1.644.300 €, auf insgesamt 312.417 € herabzusetzen.

IV. Trotz des teilweisen Obsiegens des Klägers waren ihm die Kosten des Verfahrens nach § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO insgesamt aufzuerlegen, da der Beklagte nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

Ende der Entscheidung

Zurück