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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 25.08.2005
Aktenzeichen: 1 K 5536/02
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 20
EStG § 9 Abs 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Der Kläger war im Streitjahr als angestellter Diplom-Ingenieur tätig. Er plante, seine nichtselbständige Tätigkeit aufzugeben. Statt dessen wollte er entweder ein Ingenieurbüro eröffnen, oder einen Personengesellschafts- bzw. Kapitalgesellschaftsanteil erwerben. Er zog auch in Betracht, gemeinsam mit Herrn Dr. ... eine Personen- oder Kapitalgesellschaft, bzw. einen Anteil an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft, zu erwerben.

Im Streitjahr beauftragte der Kläger zunächst den Steuerberater Diplom-Kaufmann ...mit der Prüfung einer Beteiligungsmöglichkeit bzw. der Übernahme der Anteile der ... Technology GmbH.

Im Juli 1999 entschloss sich der Kläger, die Anteile an der ... Technology GmbH nicht zu erwerben und interessierte sich nunmehr für den Erwerb der sog. "...-Gruppe", bestehend aus Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Im August 1999 ergab sich ein erster Kontakt mit Herrn ... Herr ... lehnte die Herausgabe detaillierter Informationen an den Kläger, sowie die Durchführung weitergehender Vertragsverhandlungen ab, bis die Frage der Finanzierung geklärt sei.

Am 30.8.1999 fand ein Gespräch zwischen dem Kläger, Herrn Dr. ... und einem Mitarbeiter der ...bank statt. Gegenstand war die Finanzierung eines möglichen Erwerbs der ... Gruppe. Die ...bank machte eine Begutachtung der ... Gruppe durch die Unternehmensberatungs-GmbH ... und Partner (B-GmbH) zur Bedingung einer abschließenden Finanzierungsentscheidung.

Der Kläger beauftragte die B-GmbH mit der Begutachtung der ...-Gruppe. Die B-GmbH übersandte am 24.11.1999 die "Endversion" der Unternehmensanalyse/Unternehmensbewertung bezüglich der ... Gruppe. Aus dem Begleitschreiben der GmbH hierzu ergibt sich, dass zuvor eine "Vorabversion" für Bankgespräche zur Verfügung gestellt worden war und dass die B-GmbH zur Verfügung stünde, falls "die Kaufabsichten einem anderen Unternehmen" zugewandt würden. Zweck der Unternehmensanalyse war ausweislich des Gutachtens aufzuzeigen, welchen Wert das Unternehmen hat und welche Potentiale zu erwarten sind. Die Verhandlungen zuwischen den potentiellen Käufern (Kläger und Herr Dr. ...) einerseits und Herrn ... gestalten sich danach schwierig aufgrund der zurückhaltenden Informationspolitik des Herrn ... Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten vom 24.11.1999 verwiesen.

Am 30.11.1999 stellte die B-GmbH eine Rechnung über Unternehmensanalyse und Unternehmensbewertung über DM 21.600,01.

Nachdem die Finanzierung durch die ...bank gescheitert war, erfolgte im Jahr 2000 die Finanzierungszusage durch eine andere Bank.

Im Frühjahr 2000 stimmte Herr ... einer sogenannten "due diligence" hinsichtlich der ...gruppe zu. Diese wurde durchgeführt, um den Wert des Unternehmens als Grundlage für die weiteren Kaufpreisverhandlungen zu ermitteln.

Der Kläger begehrte im Rahmen der Steuererklärung 1999 (eingereicht im 'Mai 2000) zunächst die Anerkennung eines Verlustes aus Gewerbebetrieb i.H.v. DM 59.374,-. Neben anderen, hier nicht mehr streitigen Beträgen, machte er die Beratungskosten, sowie Fahrtkosten i.H.v. DM 6.130,40 (6020 Kilometer a 0,52 DM) und Bewirtungskosten i.H.v. DM 236,50 als vorweggenommene Betriebsausgaben geltend. Die Prozessbevollmächtigte trug vor, zur Zeit werde noch der Erwerb der ...-Gruppe erwogen, wenn die Bank der Finanzierung zustimme. Es sei noch nicht klar, ob ein Unternehmenskauf oder ein Erwerb der einzelnen Wirtschaftsgüter mit anschließender Einbringung in eine GmbH und Co KG erfolgen werde.

Mit Vertrag vom 16.12.2000 erwarb der Kläger schließlich gemeinsam mit Dr. ... die ...-Gruppe.

Der Beklagte versagte den Abzug der Aufwendungen für das Streitjahr und setzte die Einkommensteuer mit Bescheid vom 10.8.2001 entsprechend fest. Den eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 6.9.2002 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, die Beratungskosten ... stünden vorwiegend mit der Anschaffung des Kapitalstamms der ...-Gruppe in Verbindung und seien deshalb als Anschaffungsnebenkosten anzusehen. Die Fahrt- und Bewirtungskosten teilten das Schicksal der Beratungskosten.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Klage. Er trägt vor, die Beratung durch die B-GmbH sei ausschließlich erfolgt, um eine Finanzierung durch die Bank zu gewährleisten. Nur deshalb sei die Werthaltigkeit der ... Gruppe überprüft worden. Zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe sei die Kaufentscheidung bereits gefallen gewesen. Es habe jedoch noch die Möglichkeit bestanden, dass für ihn ein anderes Angebot attraktiver gewesen wäre.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 10.8.2001 mit der Maßgabe zu ändern, dass Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i.H.v. 22.053, - DM anerkannt werden

hilfsweise, Revisionszulassung.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise Revisionszulassung.

Er ist der Auffassung, die geltend gemachten Aufwendungen stellten Anschaffungsnebenkosten der Beteiligung dar. Ein potentieller Käufer informiere sich regelmäßig vor Kaufentscheidung über die Werthaltigkeit des zu kaufenden Unternehmens. Die Aufwendungen stünden mit der Anschaffung des jeweiligen Kapitalstamms im wirtschaftlichen Zusammenhang und seien daher nicht als Werbungskosten im Streitjahr zu berücksichtigen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die vorgelegten Steuerakten (2 Bände Einkommensteuerakten, 1 Band Vertragsakten) verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Absatz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Der Beklagte hat die Aufwendungen für das durch die B-GmbH erstellte Gutachten nebst zugehöriger Reise- und Bewirtungskosten zu Recht nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Absatz 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG)). Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen bei der sie erwachsen sind (§ 9 Absatz 1 Satz 2 EStG). Werbungskosten sind danach alle Aufwendungen, die zu einer Überschusseinkunftsart in einem steuerrechtlich anzuerkennenden Zurechnungszusammenhang stehen. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen durch die Einkünfteerzielung veranlasst sind, also objektiv ein Zusammenhang mit der auf Einnahmen gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit gemacht werden.

St. Rspr., s. BFH-Beschluss vom 4. Juli 1990, GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, 823, m.w.N.

Dies gilt auch für vorab entstandene Werbungskosten.

Für Einkünfte aus Kapitalvermögen gelten diese Grundsätze unabhängig davon, ob die Einkünfte mit Hilfe einer wesentlichen Beteiligung oder mit Hilfe anderer Kapitalanlagen erzielt werden

St. Rspr. s. z.B. BFH-Urteil vom 2. Mai 2001, VIII R 32/00, BFHE 195, 302, BStBl II 2001, 668, m.w.N..

Zu den Werbungskosten gehören auch Aufwendungen, die durch die Finanzierung der Vermögensanlage veranlasst sind.

S. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, § 9 Rz. 91 ff.

Sind die Aufwendungen dagegen durch die Anschaffung der Vemögensanlage veranlasst, so gehören die Aufwendungen nicht zu den abzugsfähigen Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen,

vgl. BFH-Urteil vom 17. April 1997 VIII R 47/95, BFHE 184, 275, BStBl II 1998, 102, m.w.N.,

denn im Rahmen der Überschusseinkünfte bleiben grundsätzlich sowohl positive als auch negative Wertänderungen der Einkunftsquelle außer Betracht.

S. BFH-Urteil vom 20 Juni 2000, VIII R 37/99, BFH/NV 2000, 1342.

Anschaffungskosten sind neben dem Anschaffungspreis auch die Anschaffungsnebenkosten, d.h. alle Aufwendungen die im Zusammenhang mit dem Erwerb des Wirtschaftsguts und der Versetzung in einen betriebsbereiten Zustand stehen. Zu den Anschaffungsnebenkosten gehören grundsätzlich auch die Aufwendungen für die Begutachtung des Kaufgegenstandes.

S. BFH-Urteil vom 20.12.1990, XI R 11/88, BFH/NV 1991, 308; Hermann/Heuer/Raupach Einkommensteuergesetz § 6 Rz. 293, m.w.N.

Zur Überzeugung des Senats bestand die maßgebliche Veranlassung der Aufwendungen in der Anschaffung. Es ist nicht zu verkennen, dass die Aufwendungen auch der Finanzierung gedient haben mögen, sie waren jedoch nach dem Gesamtbild der Umstände ganz überwiegend durch die Anschaffung der Einkunftsquelle veranlasst. Dass das Gutachten bei der B-GmbH auf Verlangen der Commerzbank in Auftrag gegeben wurde, kann dabei als wahr unterstellt werden. Diese Tatsache ändert jedoch, entgegen der Auffassung des Klägers, nichts an der ganz überwiegenden Veranlassung durch die Anschaffung. Dies ergibt sich aus folgenden Umständen:

Zum Zeitpunkt der Beauftragung der B-GmbH war die abschließende Kaufentscheidung des Klägers nicht getroffen; eine solche Entscheidung konnte der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht getroffen haben.

Zu berücksichtigen ist hierbei, dass der Kläger sich erst im Juli 1999 entschlossen hatte, die ... Technology GmbH nicht zu erwerben und erst im August 1999 der erste Kontakt mit Herrn ... stattgefunden hat. Zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe waren die Verhandlungen mit Herrn ... noch nicht über ein erstes Gespräch hinausgegangenen. Der potentielle Veräußerer, Herr ..., hatte es dabei im August 1999 zur Bedingung für weitere Verhandlungen und für die Preisgabe weiterer Informationen bezüglich des Unternehmens gemacht, dass zunächst die Sicherung der Finanzierung durch den Kläger und seinen Geschäftpartner nachgewiesen wurde.

Mangels Vorliegen detaillierter Informationen konnte durch den Kläger schon nicht ermittelt werden, welcher Kaufpreis aus seiner Sicht für die Beteiligungen angemessen sein würde und ob insoweit eine Einigung mit Herrn ... erzielt werden konnte. Erst nachdem die Frage der Finanzierung im Jahr 2000 abschließend geklärt war, stimmte Herr ... einer gründlichen Unternehmensanalyse und Bewertung ("due diligence") seines Unternehmens zu. Diese war nach Angaben des Klägers auch Grundlage für die Ermittlung eines angemessenen Kaufpreises.

Auch aus dem Gutachten selbst ergibt sich, dass die Aufwendungen durch die Anschaffungsvorgang veranlasst waren. Das Gutachten wurde für den Kläger in Form einer "Endversion" und für die Prüfung der Finanzierung durch die Bank lediglich in Form einer "Vorabversion" erstellt. Ferner ergibt sich auch aus dem Gutachten, dass zwar ernsthafte Kaufabsichten des Klägers bestanden, eine Entscheidung aber mangels ausreichender Informationen durch den potentiellen Veräußerer noch nicht getroffen werden konnte.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass es zum Abschluss der Vetragsverhandlungen und dem tatsächlichen Erwerb der Beteiligungen erst nach Abschluss weiterer Analysen, fast eineinhalb Jahre nach Beauftragung der B-GmbH, kam.

Schließlich hat der Kläger durch die Prozessbevollmächtigte gegenüber dem Beklagten noch im Jahr 2000 vortragen lassen, es werde "der Erwerb der ...-Gruppe erwogen, wenn die Bank der Finanzierung zustimme".

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Absatz 1 FGO; die Zulassung der Revision auf § 115 Absatz 2 Nr.2 FGO.

Ende der Entscheidung

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