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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 14.08.2008
Aktenzeichen: 10 K 1272/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 S. 1
EStG § 9 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

10 K 1272/07

Tenor:

Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. März 2007 wird die Einkommensteuer 2004 mit der Maßgabe herabgesetzt, dass bei den Einkünften der Kläger aus Vermietung und Verpachtung weitere Werbungskosten in Höhe von insgesamt 9.361,65 € berücksichtigt werden. Die Neuberechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Rechtsanwaltskosten bei den Einkünften der Kläger aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten steuermindernd zu berücksichtigen sind.

Die Kläger sind Eheleute, die u.a. für das Streitjahr 2004 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.

Die Kläger erwarben 1997 jeweils zur Hälfte die Eigentumswohnung L-Allee (Haus IV). Zur Finanzierung des Kaufpreises nahmen sie einen Kredit bei der Bank C auf.

Aus dem Objekt erzielen die Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

In der Folgezeit machten die Kläger gegenüber der Bank C geltend, dass der Darlehensvertrag aufgrund Verstoßes gegen das Haustürwiderrufsgesetz und das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei. Sie beauftragten einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung ihrer Interessen gegenüber der Bank C. Da keine Einigung mit der Bank C zustande kam, erhoben die Kläger am 7. Februar 2005 vor dem Landgericht M Klage gegen die Bank C. In dieser beantragen sie, die Bank C zu verurteilen, an sie 47.147,80 € zu zahlen (hierbei handelt es sich um die von den Klägern aufgewandten Darlehenszinsen), die Beklagte zu verpflichten, sämtliche Sicherheiten freizugeben und an die Kläger zurückzuübertragen und festzustellen, dass Ansprüche der Bank C gegen sie aus dem Darlehensvertrag nicht bestehen.

Die Immobilie haben die Kläger behalten und erzielen hieraus bis heute Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Die Kläger zahlten an den von ihnen beauftragten Rechtsanwalt im Jahre 2004 Gebühren in Höhe von 9.361,65 €. Diese machten sie im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 2004 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.

Der Beklagte berücksichtigte in den Einkommensteuerbescheiden für 2004 vom 25.11. bzw. 19.12.2005 die geltend gemachten Aufwendungen nicht als Werbungskosten.

Aufgrund des hiergegen eingelegten Einspruchs setzte der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 1. März 2007 die Einkommensteuer anderweitig fest. In dem hier streitigen Punkt blieb der Einspruch allerdings erfolglos.

Mit der Klage tragen die Kläger vor:

Die Anwaltskosten seien als Werbungskosten zu berücksichtigen. Hätten sie mit ihrer Klage Erfolg gehabt, seien die von der Bank C zurückgezahlten Darlehenszinsen als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen. Dann müssten auch die damit in Zusammenhang stehenden Anwaltskosten als Werbungskosten zu berücksichtigen sein.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. März 2007 die Einkommensteuer mit der Maßgabe neu festzusetzen, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weitere Aufwendungen in Höhe von 9.361,65 € als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

1/4 der Aufwendungen als Werbungskosten anzuerkennen und im Übrigen die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor:

Die Anwaltskosten seien durch den Darlehensvertrag bzw. durch die von den Klägern begehrte Aufhebung des Darlehensvertrags veranlasst worden. Hierbei handele es sich um einen Vorgang auf der privaten Vermögensebene und nicht auf der Einkünfteerzielungsebene. Deshalb seien die Aufwendungen nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt die Kläger deshalb in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -.

Der Beklagte hat zu Unrecht die dem Grunde und der Höhe nach unstreitigen Anwaltskosten nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.

Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der die mit den Aufwendungen zusammenhängenden Einnahmen anfallen, § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG. Rechtsverfolgungskosten sind dann abzugsfähig, wenn sie durch eine einkommensteuerlich relevante Tätigkeit veranlasst sind (Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 6.12.1983 VIII R 102/79, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1984, 314).

Diese Voraussetzung ist im Streitfall entgegen der Auffassung des Beklagten zu bejahen.

Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass das Darlehen selber nicht zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung führt. Dies ändert aber nichts daran, dass alle mit dem Darlehen in Zusammenhang stehenden Aufwendungen, wenn das Darlehen durch die Einkünfteerzielung veranlasst ist, nach allgemeiner Auffassung abzugsfähige Werbungskosten sind, wie z.B. Kreditbearbeitungskosten, Aufwendungen für einen Finanzierungsmakler und Gebühren für eine Grundschuldbestellung (zur Vorfälligkeitsentschädigung s. BFH, Urteil vom 14.1.2004 IX R 34/01, BFH/NV 2004, 1091). Deshalb ist es nach Auffassung des erkennenden Senats unerheblich, ob die Kläger nur die Rückzahlung der Darlehenszinsen oder auch die Feststellung der Nichtigkeit des gesamten Darlehensvertrages und die Freigabe sämtlicher in diesem Zusammenhang gestellten Sicherheiten verlangt haben. Im Vordergrund des Begehrens der Kläger stand im Streitfall, wo die mit dem Darlehen finanzierte Immobilie behalten werden soll, die Loslösung von den ihrer Meinung nach überhöhten Darlehenszinsen.

Der Senat sieht sich in seiner Entscheidung bestätigt durch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 7. Juni 2006 IX R 45/05 (BStBl II 2006, 803). Wenn der Bundesfinanzhof in diesem Urteil im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags angefallene Rechtsanwaltskosten und Notarkosten als Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkennt, so muss dies erst recht für Aufwendungen im Zusammenhang mit der Finanzierung der Einkunftsquelle gelten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151, § 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Der Senat hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.



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