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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 18.10.2006
Aktenzeichen: 10 K 5681/03
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 S. 1
EStG § 12 Nr. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

10 K 5681/03

Tenor:

Die Einkommensteuer 2000 wird unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheids vom 20.10.2003 mit der Maßgabe herabgesetzt, dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von DM 1.634 berücksichtigt werden. Die Neuberechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigung von Bewirtungsaufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit streitig.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.

Der Kläger erzielte als Chemiker Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Er war bis September 2000 Gruppenleiter Verfahrensentwicklung und wurde ab Oktober 2000 zum Forschungsleiters befördert. Dabei war er bei einem J - Unternehmen der C - AG mit anderen Unternehmen beschäftigt. Sitz des Unternehmens ist die Stadt G. Ab dem Zeitpunkt der Beförderung arbeitete der Kläger teilweise am Sitz der Gesellschaft in der Stadt G und teilweise in der Stadt M. Im Bereich Verfahrensentwicklung hatte er 24 Mitarbeiter und verfügte über ein Haushaltsvolumen von ca. ... Mio. DM. Als Forschungsleiter war er vorgesetzter von 217 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und verfügte über ein Haushaltsvolumen von ca. ... Mio.

Die Gesamtvergütung des Klägers setzte sich aus einem festen Bestandteil und einer variablen Vergütung zusammen. Grundlage für die variable Vergütung war eine im Jahre 1996 zwischen dem Arbeitgeber und dem Gesamtsprecherausschuss der Arbeitnehmer abgeschlossene Vereinbarung "...", auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Die variable Vergütung bestand aus zwei Komponenten, dem Unternehmenserfolg und der Erreichung persönlich vereinbarter Ziele. Auf jede der beiden Komponenten entfielen 50 v.H. des Bonuspotentials. Mit der Beförderung des Klägers vom Gruppenleiter zum Forschungsleiter stieg die variable Vergütung von 63.000,-- DM pro anno auf 89.250,-- DM pro anno.

Für den Zeitraum 1997 bis 2002 entwickelten sich die Gehalts- und Bonuszahlungen wie folgt:

 GeschäftsjahrBonuspotentialBonus tats.gezahlt im MonatDavon aufgrund pers. Ziele%Davon aufgrund des Firmenerfolgs%
 DMDM DM DM 
199760.00059.40004/9834.2005725.20042
199860.00034.50004/9927.90046,56.60011
199960.00027.24004/0027.24045,400
200063.00063.00004/0140.9506522.05035
 EuroEuro Euro Euro 
200148.00043.68004/0223.5204920.16042
200248.00042.60004/0324.60051,218.00037,5

Der Kläger machte u.a. im Rahmen der Einkommensteuererklärung bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit Werbungskosten für Bewirtungsaufwendungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geltend. Wegen der einzelnen Bewirtungsaufwendungen wird auf die Klageschrift vom 21. Oktober 2003 nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Beklagte berücksichtigte in dem Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 10. Dezember 2002 die geltend gemachten Aufwendungen nicht als Werbungskosten.

Den gegen den Einkommensteuerbescheid eingelegten Einspruch wies er insoweit mit Einspruchsentscheidung vom 29. September 2003, in der er aus anderen Gründen die Einkommensteuer anderweitig festsetzte, zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Mit der Klage tragen die Kläger vor:

Die geltend gemachten Bewirtungsaufwendungen seien als Werbungskosten abzugsfähig. Weder als Gruppenleiter noch als Forschungsleiter habe er die zu Beginn eines jeden Jahres vereinbarten persönlichen Ziele allein realisieren können, sondern sei im wesentlichen auf die Mitwirkung der in der Gruppe bzw. Abteilung beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesen. Deshalb habe es der Motivation der nachgeordneten Mitarbeiter bedurft. Eine dieser Motivationsmöglichkeiten sei die Bewirtung zu bestimmten Anlässen oder spontan gewesen. Gerade diese Gesten förderten die Motivation und damit die Zielerreichung.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuer 2000 unter Änderung des Einkommensteuerbescheides in Gestalt des Änderungsbescheids vom 20. Oktober 2003 mit der Maßgabe zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 1.634,-- DM berücksichtigt werden;

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.

Der angefochtene Einkommensteueränderungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger deshalb in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -. Der Beklagte hat zu Unrecht die geltend gemachten Bewirtungsaufwendungen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - liegen vor, wenn die Aufwendungen durch den Beruf veranlasst worden sind. Eine solche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und wenn subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs getätigt werden. Ein Werbungskostenabzug kommt jedoch nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn die Aufwendungen zwar den Beruf fördern, daneben aber auch der Lebensführung dienen, es sei denn, dass der den Beruf fördernde Teil der Aufwendungen sich nach objektiven Maßstäben zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzen lässt und nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. z.B. Bundesfinanzhof - BFH - Urteil vom 23. März 1984 VI R 182/81, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1984, 557, 558). In dem vorgenannten Urteil hat der Bundesfinanzhof weiter ausgeführt, dass Aufwendungen, die ein Arbeitnehmer mit feststehenden Bezügen zu Gunsten anderer, insbesondere ihm unterstellter Arbeitnehmer desselben Arbeitgebers macht, in der Regel keine beruflich veranlassten Werbungskosten seien. Anders könnten jedoch die Verhältnisse liegen, wenn ein Arbeitnehmer variable Bezüge erhalte, die der Höhe nach vom Erfolg der Mitarbeiter und dem seiner Geschäftsstelle (Abteilung) abhängig seien. Leistet ein solcher Steuerpflichtiger Aufwendungen an ihm unterstellte Arbeitskollegen, um diese zu möglichst hohen Leistungen anzuspornen, weil seine Bezüge zu einem nicht unwesentlichen Teil von den Provisionen seiner Mitarbeiter abhängig seien, so könnten bei ihm beruflich veranlasste Werbungskosten aus dem Arbeitsverhältnis gegeben sein (vgl. auch Schmidt/Drenseck, EStG, 25. Auflage 2006, § 19 Rz. 60 "Bewirtung").

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze kommt der erkennende Senat im Streitfall zu dem Ergebnis, dass die Bewirtungsaufwendungen des Klägers beruflich veranlasst sind. Die Bonuszahlungen machen in den einzelnen Jahren zwischen 10 und 20 v.H. des Gehalts des Klägers aus. Bei diesem Prozentsatz kann man nicht mehr von unwesentlichen Anteilen ausgehen. Die Bonuszahlungen sind zwischen 47 % und 65 % davon abhängig, dass persönlich vereinbarte Ziele durch den Kläger erreicht werden. Hierzu ist er auf motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesen. Die Bewirtung dieser Personen trägt mit Sicherheit zur Motivation und Leistungssteigerung bei. Deshalb sind die Bewirtungsaufwendungen im Streitfall ausnahmsweise als Werbungskosten abzugsfähig.

Die Neuberechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen. Die Beteiligten haben eine Anwendung des § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO nicht widersprochen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1.

Der Senat sieht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Er weicht nicht von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ab, sondern wendet diese vielmehr in einem speziellen Einzelfall an.

Ende der Entscheidung

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