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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 07.06.2006
Aktenzeichen: 10 K 6348/02
Rechtsgebiete: EStG, DBA Polen, AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 8
AO 1977 § 9
DBA Polen Art. 4 Abs. 2 Buchst. a
DBA Polen Art. 4 Abs. 1
DBA Polen Art. 21 Abs. 1 Buchst. b
EStG § 1 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
aufgrund mündlicher Verhandlung

für Recht erkannt:

Tatbestand

Die Beteiligten streiten nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zunächst darüber, ob der Kläger im Streitjahr einen Wohnsitz in der BRD hatte und außerdem darüber, ob die Aktivitätsklausel im DBA Polen es rechtfertigt, Einkünfte aus einem polnischen Betrieb in der BRD zu versteuern.

Der Kläger betreibt im Inland einen Gewerbebetrieb, der den Vertrieb und den Export von Textilien zum Gegenstand hat. Außerdem betreibt er in Polen die Firma "M" in der Form eines Einzelunternehmens (Lohnveredelung/Handel mit Konfektionware). Der Kläger hatte diese Firma als alleiniger Inhaber im Jahr 1988 gegründet. Im Wesentlichen wird dort die Fertigung von Textilien für deutsche Auftraggeber betrieben. Ein weiteres Unternehmen in Polen wird vom Kläger in der Rechtsform einer beschränkt haftenden Gesellschaft betrieben. Mit der polnischen Firma "M" erwirtschaftete der Kläger für das Streitjahr einen Gewinn von umgerechnet 385.527 DM. Ausweislich der für diese Firma eingereichten Gewinn- und Verlustrechnung betrugen die Handelsumsätze 5.516.290 Zloty. Außerdem waren Finanzerträge von 15.965.027 Zloty und sonstige Erträge von 425.768 Zloty ausgewiesen.

In der Einkommensteuererklärung für 1999 wurde ein gewerblicher Gewinn des Klägers von 143.996 DM aus dem inländischen Unternehmen erklärt, der wie in den Vorjahren durch Einnahme-Überschussrechnung ermittelt worden war. Der Gewinn aus dem polnischen Unternehmen wurde unter Hinweis auf das DBA Polen als steuerfreie, dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkunft erklärt. Wegen der Höhe der Finanzerträge erfasste der Beklagte den Gewinn aus der Firma "M" unter Hinweis auf die Aktivitäts- bzw. Produktivitätsklausel im DBA Polen im vorliegend streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid 1999 vom 19. Oktober 2001 als steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Mit dem Einspruch machte der Kläger geltend, die Finanzerträge beruhten auf einem Sicherungsgeschäft, durch das dem Risiko vorgebeugt werden sollte, bei den Handelsumsätzen durch Kursschwankungen Verluste zu erleiden. Denn die in Polen anfallenden Betriebsausgaben seien in polnischer Währung zu bezahlen, während die Exportumsätze durch die deutschen Auftraggeber in DM bzw. EUR bezahlt würden. Das Sicherungsgeschäft sei daher als bloße Nebentätigkeit des produzierenden Handelsgewerbes in Polen zu werten. Der Kläger habe im August 1998 einen Kredit von über 2 Millionen DM aufgenommen (für die Zeit vom 11. August 1998 bis 10. August 2000, vgl. Kreditvertrag lt. RBSt-Akte), diesen Betrag gegen Zloty eingetauscht und mit diesem Kapital am 13. November 1998 Staatsanleihen des polnischen Staates erworben. Die Staatsanleihen seien für jeweils vier Wochen angelegt worden, so dass der Betrag im Laufe des Jahres mehrfach aus- und wieder eingezahlt worden sei. Die kurzfristige Anlage sollte es ermöglichen, bei Bedarf auf die ausgezahlten Gelder zur Bezahlung von Löhnen und anderer Betriebsausgaben zurückgreifen zu können. Der Kredit sei am 27. September 1999 in voller Höhe zurückgezahlt worden. Da in der Buchhaltung jede Ein- und Auszahlung des angelegten Kapitalbetrags als ein Name/Ausgabe erfasst worden sei, hätte sich der hohe Einnahmebetrag ergeben. Der tatsächliche Ertrag mit Zinsen habe jedoch lediglich 579.188 Zloty betragen und unterschreite damit die Grenze von 10% der Umsätze aus der aktiven Tätigkeit (5.516.290 Zloty).

Aus den im Einspruchsverfahren eingereichten Unterlagen ergab sich ferner, dass "das polnische Unternehmen" für die Zeit vom 5. Oktober 1999 bis zum 4. Oktober 2000 zum Zwecke des Ankaufs von Wertpapieren einen erneuten Kredit von 737.800 EUR aufgenommen hat (GA Bl. 44). Neben dem tatsächlichen Ertrag aus dem An- und Verkauf von Staatsanleihen nach dem Vortrag der Kläger im Einspruchsverfahren (579.188 Zloty) wurden nach Aufschlüsselung der Position "Finanzerträge" durch die Firma "M" noch weitere Einnahmen im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften erzielt:

 Provision vom Maklerkonto:373.388 Zloty
 Valutaverkauf durch Maklerhaus:222.982 Zloty

Die Zusammensetzung der in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen "sonstigen betrieblichen Erträge" in Höhe von insgesamt 425.768 Zloty ist dem Beklagten nicht bekannt. Eine Erläuterung dieser Position erfolgte trotz Hinweises zuletzt in der mündlichen Verhandlung auch nicht gegenüber dem Gericht.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 8. November 2002 aus: Wegen des Aktivitätsvorbehalts im DBA Polen sei die Steuerfreistellung davon abhängig, dass die freizustellenden Einkünfte fast ausschließlich aus aktiven Tätigkeiten stammten. Dies müssten nach der Rechtsprechung mindestens 90% der Brutto-Erträge sein. Lägen diese Voraussetzungen nicht vor, werde zur Vermeidung von Doppelbesteuerung die Steueranrechnung gewährt. Einnahmen aus Wertpapiergeschäften zählten zum passiven Erwerb. Daran ändere sich auch dann nichts, wenn die Wertpapiergeschäfte dazu dienten, das Risiko von Kursschwankungen zu minimieren.

Der Kläger trägt vor, zwar von der polnischen Einkommensteuer wegen der Beschäftigung von Behinderten befreit zu sein (Art. 31 Abs. 1 des polnischen Gesetzes über die berufliche und gesellschaftliche Rehabilitation von Behinderten, GA Bl. 36; zur Befreiung betreffend die Einkommensteuer vgl. GA Bl. 66; zur Anerkennung als Schonarbeitsbetrieb: Ergebnis der polnischen Betriebsprüfung, GA Bl. 81, nach der die Firma sowohl den betrieblichen Fonds für Behinderte verwirklicht hat als auch 10% der Steuerbefreiungen in den staatlichen Fonds für die Rehabilitation Behinderter in einer Rückstellung einstellt, GA Bl. 67), aber einen Betrag, der der Einkommensteuer entspreche, in den Betrieb insbesondere zum Ausbau behindertengerechter Einrichtungen investieren zu müssen, was seitens der polnischen Steuerbehörden regelmäßig überprüft werde. Bei richtiger Verbuchung nach den polnischen Vorschriften über die Rechnungslegung beliefen sich die bereinigten Finanzerträge auf 788.093 Zloty (GA Bl. 32, 46). Die Finanzanlage-Tätigkeit sei damit eine passive Nebentätigkeit bzw. Hilfstätigkeit zur aktiven Tätigkeit der Firma M. Hinzu komme, dass die Firma M bestimmte Beträge zur Finanzierung behindertengerechter Einrichtungen verwenden müsse. Zumindest in diese Beträge müssten als Steuerzahlungen i.S. Art. 21 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b DBA Polen gewertet werden.

Die Kläger sind seit 1983 verheiratet. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, geb. 1984 und 1986. Das von den Klägern seit 1994 bewohnte Eigenheim "...weg..." gehört beiden Klägern zu jeweils 50%. Für 2002 machten die Eheleute letztmalig den Abzugsbetrag nach § 10e EStG geltend. Außerdem erzielten die Kläger noch im Jahr 2002 Vermietungseinkünfte aus zwei Objekten, die Ihnen zu jeweils 50% gehören.

Während des gesamten Besteuerungsverfahrens und auch in dem seit dem Jahr 2002 anhängigen Klageverfahren war bis zuletzt unstreitig, dass der Kläger seinen Wohnsitz und auch den tatsächlichen Lebensmittelpunkt bis einschließlich 2001 im Inland hatte. So hat der Kläger seine Wohnsitzverlegung nach Polen bist heute nicht melderechtlich angezeigt. Beide Kläger hatten noch in der im Mai 2003 eingegangenen Einkommensteuererklärung für 2001 erklärt, mit Wohnsitz in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu sein. Aus einer Bescheinigung des polnischen Finanzamts X vom 23. Dezember 2003 ergibt sich, dass der Kläger gegenüber den polnischen Finanzbehörden zumindest für den Veranlagungszeitraum 2001 noch seinen deutschen Wohnsitz erklärt hat. Erst ab dem Veranlagungszeitraum 2002 sollte der Kläger nicht mehr Deutschland gelebt haben (Schreiben des Steuerberaters der Kläger vom 28. Juli 2004 mit dem Hinweis, dass der Wegzug melderechtlich nicht angezeigt worden sei).

Am 31. Januar 2006 wies der Berichterstatter den jetzigen Prozessbevollmächtigten der Kläger im Rahmen einer telefonischen Erörterung des Falles darauf hin, dass die Sache demnächst zur mündlichen Verhandlung anstünde und dass vor dem Hintergrund des BFH-Urteils vom 30. August 1995 I R 77/04, in welchem der BFH sich zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals "fast ausschließlich" geäußert habe, erhebliche Bedenken gegen die Erfolgsaussichten der Klage bestünden.

Nach Rücksprache mit den Klägern erklärte der Bevollmächtigte mit Schreiben vom 6. Februar 2006, dass die Sache terminiert und entschieden werden sollte. Eine Wohnsitzverlegung des Klägers nach Polen bereits vor dem Veranlagungszeitraum 2002 wurde von den Klägern und deren Bevollmächtigten weder in diesem Schreiben noch dann vorgetragen, als das Gericht den Termin zur mündlichen Verhandlung und Entscheidung der Sache zunächst auf den 27. April 2006 anberaumte. Zur Verhandlung am 27. April 2006 kam es jedoch nicht, weil der Senat einem Terminverlegungsantrag des Bevollmächtigten entsprach und den Termin auf Mittwoch nach Pfingsten, dem 7. Juni 2006 legte.

Erst mit einem am Freitag vor Pfingsten eingegangenen Fax erklärte der Bevollmächtigte für die Kläger, der Sachvortrag werde nunmehr insofern geändert, als der Kläger seinen Wohnsitz bereits im September 1998 vollständig nach Polen verlegt habe und deshalb seit diesem Zeitpunkt im Inland nicht mehr unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen sei. Zur Begründung dieses im Widerspruch zu den bisherigen Erklärungen stehenden Vortrags wurde Bezug genommen auf eine Reihe von Anlagen, die am Dienstag, dem 6. Juni 2006 bei Gericht eingingen. Der Kläger habe nach Gründung der Firma "M" im Jahr 1989 ab 1993 in Polen eine Wohnung bezogen. Im Jahr 1997 hätte sich der Kläger von seiner Ehefrau getrennt. Ab Januar 1998 habe der Kläger in Polen eine neue Wohnung angemietet, in die er Anfang September 1998 seine gesamte persönliche Habe verbracht habe. Seit diesem Zeitpunkt habe der Kläger die gemeinsame Wohnung mit seiner Ehefrau in B (Deutschland) nicht länger als seine eigene genutzt, sondern bei seinen Besuchen in der BRD im Gästezimmer übernachtet. Gleichzeitig habe er sich an die polnischen Behörden gewandt, um die polnische Staatsangehörigkeit zu beantragen, die er dann im Jahr 2002 auch schließlich erhalten habe. Zur Begründung für die fehlende Anzeige der Wohnsitzverlegung bei den deutschen (Finanz-)Behörden führte der Bevollmächtigte an, der Kläger sei chronisch an Rheuma erkrankt und habe befürchtet, seine Ansprüche gegenüber der Deutschen Krankenversicherung zu verlieren, wenn die Wohnsitzverlegung offengelegt werde. Beigefügt war u. a. eine Reihe von Ausgabenbelegen (Hotelrechnungen, Tankbelege), die den regelmäßigen Aufenthalt des Klägers in Polen belegen sollen. Außerdem boten die Kläger Beweis an für die Behauptung, der Kläger habe seine persönliche Habe vollständig am 3. September 1998 nach Polen verbracht, durch Vernehmung des Zeugen G. Die Eheleute R K. und U K. wurden als Zeugen dafür benannt, dass der Kläger die gemeinsame Wohnung im ...weg ... seit dem 3. September 1998 nicht länger als seine eigene genutzt habe, sondern bei seinen Aufenthalten in der BRD in dem auch anderen Gästen der Klägerin zur Verfügung stehenden Gästezimmer übernachtet

habe. Gleichzeitig erklärte die Klägerin gegenüber der Finanzverwaltung mit einem am 5. Juni 2006 beim Beklagten eingegangenen Fax die Selbstanzeige für die Teilnahme an Steuerstraftaten betreffend die Jahre 1999 bis 2001.

Noch am 2. Juni 2006, also dem Tag des Fax-Eingangs wies der Berichterstatter den Bevollmächtigten per E-Mail darauf hin, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass der Beweisantrag so kurz vor der mündlichen Verhandlung als Versuch der Prozessverschleppung gewertet werde, zumal die mündlichen Verhandlung auf Antrag des Bevollmächtigten bereits einmal verlegt worden sei. Der Berichterstatter regte daher an, die benannten Zeugen in der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2006 als präsente Zeugen zu stellen.

Die Kläger beantragen, die Sache zu vertagen, um die Zeugin K. zu hören, hilfsweise den Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 19. Oktober 2001 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 20. April 2006 dahin zu ändern, dass der Kläger als beschränkt Steuerpflichtiger mit gewerblichen Einkünften in Höhe von 143.996 DM zur Einkommensteuer veranlagt wird, äußerst hilfsweise den Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 19. Oktober 2001 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 20. April 2006 dahin zu ändern, dass die gewerblichen Einkünfte des Klägers gemäß der Einkommensteuererklärung lediglich mit 143.996 DM angesetzt werden, äußerst äußerst hilfsweise die Zulassung der Revision.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, es sei eine bloße Schutzbehauptung des Klägers, im Streitjahr in Deutschland keinen Wohnsitz mehr gehabt zu haben. Dies sei im Verwaltungsverfahren zu keinem Zeitpunkt streitig gewesen. Noch während des Klageverfahrens habe der Kläger gegenüber der Verwaltung angegeben, jedenfalls bis 2001 seinen Wohnsitz und sogar seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland gehabt zu haben und deshalb in den maßgeblichen Steuererklärungen die unbeschränkte Steuerpflicht erklärt. Der Beklagte weist ferner darauf hin, es sei unerheblich, ob die Vorschriften des polnischen Gesetzes über die Rechnungslegung fehlerhaft angewandt worden sei. Denn bei der Überprüfung, ob die Voraussetzungen der Aktivitätsklausel erfüllt seien, fänden die Deutschen Gewinnermittlungsvorschriften Anwendung. Bei Ermittlung des Ertrags aus Wertpapiergeschäften sei bereits das vom jetzigen Bevollmächtigten im Verwaltungsverfahren ermittelte saldierte Ergebnis zugrunde gelegt worden (579.188 Zloty, RBSt-Akte, Aufstellung Anlage 1).

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2006 Beweis erhoben zur Frage der Wohnsitzverlegung durch Vernehmung der präsenten Zeugen G und R K.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1. Der Antrag auf Terminsaufhebung ist nicht begründet und deshalb abzulehnen.

a) Gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 227 der Zivilprozeßordnung (ZPO) kann u.a. ein vom Gericht anberaumter Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden, wenn hierfür erhebliche Gründe vorliegen. Zur Gewährleistung des verfassungsrechtlich geschützten Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) besteht trotz des Gesetzeswortlauts "kann") bei Vorliegen erheblicher Gründe im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO ein Anspruch auf Terminsaufhebung bzw. Vertagung, sodass sich das dem Gericht eingeräumte Ermessen zu einer Rechtspflicht verdichtet, wenn erhebliche Gründe für eine Terminänderung vorliegen. Umgekehrt ist nach dem klaren Wortlaut des § 227 Abs. 1 ZPO das Bestehen erheblicher Gründe aber zugleich Voraussetzung für eine Aufhebung, Verlegung oder Vertagung des Termins. Es besteht keine Möglichkeit, trotz des Fehlens erheblicher Gründe einem Antrag auf Terminsaufhebung oder Vertagung stattzugeben (BFH-Beschlüsse vom 30. Januar 1997 I B 79/96, BFH/NV 1997, 671, 673, vom 26. Oktober 1998 I B 3/98, BFH/NV 1999, 626 und vom 19. November 2001 IX B 42/01, BFH/NV 2002, 515, BFH-Urteil vom 20. März 1992 VI R 125/87, BFH/NV 1993, 105). Ein erheblicher Grund ist nach Nr. 2 des Abs. 1 der Vorschrift insbesondere nicht die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn diese nicht genügend entschuldigt wird.

b) Ein solcher wichtiger Grund ergibt sich im Streitfall nicht aus dem noch offenen Beweisantrag der Kläger, Frau U K. als Zeugin dafür zu vernehmen, dass der Kläger die gemeinsame Wohnung seit September 1998 nicht länger als seine eigene genutzt habe.

aa) Zwar kann sich ein wichtiger Grund i.S. des § 227 Abs. 1 ZPO auch aus einem Beweisantrag der Beteiligten ergeben. Denn das Gericht hat Beweisanträgen der Beteiligten trotz § 76 Abs. 1 Satz 5 FGO grundsätzlich nachzugehen. Die in dieser Vorschrift angeordnete Nichtbindung gilt nur in dem Sinne, dass das FG von sich aus auch Beweise erheben kann, die von den Parteien nicht angeboten sind. Beweise, die von den Verfahrensbeteiligten angeboten sind, muss das FG jedoch grundsätzlich erheben, wenn es einen Verfahrensmangel vermeiden will. Auf die beantragte Beweiserhebung kann es nur verzichten, wenn es auf das Beweismittel für die Entscheidung nicht ankommt oder das Gericht die Richtigkeit der durch das Beweismittel zu beweisenden Tatsachen zugunsten der betreffenden Parteien unterstellt oder das Beweismittel nicht erreichbar ist (BFH-Urteil vom 13. März 1996 II R 39/94, BFH/NV 1996, 757).

Das FG ist jedoch nicht verpflichtet, unsubstantiierten Beweisanträgen nachzugehen (BFH-Urteil vom 13. März 1996 II R 39/94, BFH/NV 1996, 757). Ferner darf das FG von einer beantragten Beweiserhebung absehen, wenn das angebotene Beweismittel zum Beweis der behaupteten Tatsachen ungeeignet ist (BFH-Beschlüsse vom 14. Februar 2006 II B 30/05, BFH/NV 2006, 1056, vom 2. März 2006 IX B 79/05, BFH/NV 2006, 1132).

bb) Danach war im Streitfall bereits deshalb keine Vertagung geboten, weil das angebotene Beweismittel zum Beweis der behaupteten Tatsache ungeeignet ist. Die Kläger haben u. a. Frau U K. als Zeugin dafür benannt, dass der Kläger die gemeinsame Wohnung im ...weg... seit dem 3. September 1998 nicht länger als seine eigene genutzt habe, sondern bei seinen Aufenthalten in der BRD in dem auch anderen Gästen der Klägerin zur Verfügung stehenden Gästezimmer übernachtet habe. Das Gericht hält jedoch nach Einvernahme der präsenten Zeugen das jetzt noch angebotene Zeugnis der Frau K. für ungeeignet zum Beweis der Behauptung, der Kläger habe die vormals eheliche und ihm noch immer hälftig gehörende Wohnung im Streitjahr 1999 nicht mehr als "eigene" genutzt. Bei der Frage, ob der Kläger die hälftig ihm gehörende Wohnung im Streitjahr 1999 noch als "eigene" genutzt hat, handelt es sich um eine innere Tatsache beim Kläger, die Frau K. durch ihre Zeugenaussage weder bestätigen noch falsifizieren kann. So gaben die Kläger in der mündlichen Verhandlung an, die Klägerin sei mit Frau K. befreundet gewesen, während der Kläger mit Herrn K. gelegentlichen Kontakt gepflegt habe. Bei den Unterhaltungen anlässlich der Besuche von Frau K. soll dabei ein reger Austausch der Frauen über das wechselseitige Sexualleben stattgefunden haben. Auch wenn Frau K. dies alles und außerdem bestätigen würde, dass in den Unterhaltungen mit der Klägerin darüber gesprochen worden sei, dass der Kläger sich immer seltener im Inland aufgehalten habe und bei seinen Aufenthalten in der BRD im Gästezimmer übernachtet habe, so würde dies doch nur die Probleme in der Ehe der Kläger bestätigen, an denen das Gericht nach dem Vortrag der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ohnehin keine Zweifel mehr hat; ebenso würde dies bestätigen, dass die Kläger bereits ab 1998 nicht mehr das Schlafzimmer geteilt haben und der Kläger sich ab September 1998 zeitlich häufiger in Polen aufgehalten hat, woran das Gericht ebenfalls keine Zweifel hat. Eine solche Aussage der Zeugin K. würde allerdings nichts über die innere Einstellung des Klägers aussagen, mit der dieser im Streitjahr 1999 die Wohnung und das darin befindliche "Gästezimmer" in dem immerhin zur Hälfte ihm gehörenden Haus bei seinen Aufenthalten im Inland genutzt hat, zumal das gemeinsame Hausrecht des Klägers mit der Klägerin von den Klägern während des gesamten Verfahrens nicht in Zweifel gezogen worden ist.

cc) Eine Vertagung wegen des Beweisantrags zur Vernehmung von Frau K. ist darüber hinaus auch deshalb nicht geboten, weil die Bindung des Gerichts an Beweisanträge nach Auffassung des Gerichts auch durch den übergesetzlichen Grundsatz von Treu und Glauben begrenzt ist, der seine Ausprägung vor allem auch in dem Grundsatz des Verbots des Rechtsmissbrauchs findet.

aaa) Es ist ein allgemein anerkannter Grundsatz auch im öffentlichen Verfahrensrecht, dass Anspruch auf Rechtsschutz nur derjenige hat, der schutzwürdige Interessen verfolgt. Rechtsmissbrauch verdient und erhält keinen Rechtsschutz (BFH-Urteil vom 8. Juli 1994 III R 78/92, BFHE 175, 7, BStBl II 1994, 859BGH-Urteil vom 26. Februar 1987 VII ZR 58/86, NJW 1987, 1946; ferner Gräber/von Groll, Vor § 76 Rz 7). Auch das Beweisantragsrecht darf daher nicht missbräuchlich zur Prozessverschleppung gebraucht werden.

bbb) Das Vertagungsrecht ist Ausfluss des grundgesetzlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör. Der Beteiligte ist allerdings gehalten, sich im Rahmen des Zumutbaren selbst das rechtliche Gehör zu verschaffen. So wird die Amtsermittlungspflicht des Gerichts nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO durch die Mitwirkungspflicht des Beteiligten nach § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO begrenzt. Danach ist der Beteiligte gemäß § 76 Abs. 1 Satz 3 FGO wie nach § 90 Abs. 1 AO 1977 verpflichtet, sich über alle tatsächlichen Umstände vollständig und der Wahrheit entsprechend zu erklären. Die Mitwirkungspflicht ist Teil des Untersuchungsgrundsatzes, indem sie den Beteiligten verpflichtet, an den von Amts wegen durchzuführenden Untersuchungen mitzuwirken (BFH-Urteile vom 23. August 1994 VII R 134/92, BFH/NV 1995, 570, vom 13. März 1985 I R 7/81, BFHE 145, 502, BStBl II 1986, 318, und vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462; BFH-Beschluss vom 2. März 2005 VII B 142/04, BFH/NV 2005, 1576). Deshalb kann die Ablehnung einer Vertagung trotz eines noch offenen Beweisantrags ermessensgerecht sein, wenn die Absicht der Prozessverschleppung besteht oder der Beteiligte seine prozessualen Mitwirkungspflichten in anderer Weise erheblich verletzt hat. Der Amtsermittlungsgrundsatz zwingt nicht dazu, immer alle Tatsachen unabhängig davon bei der Entscheidung zu berücksichtigen, wie und wann sie beigebracht worden sind (FG Köln, Urteil vom 5. Mai 1988 5 K 2558/87, EFG 1988, 644). Dies gilt insbesondere, wenn der Kläger seinen Mitwirkungspflichten bereits im Steuerfestsetzungs- und Rechtsbehelfsverfahren nachhaltig nicht nachgekommen ist (BFH-Beschlüsse vom 22. Dezember 1997 X B 23/96, BFH/NV 1998, 726, vom 17. Mai 2000 IV B 87/99, BFH/NV 2000, 1354, vom 11. Oktober 2004 VII B 110/04, nicht veröffentlicht; ferner BFH-Beschluss vom 17. April 2002 IX B 151/00, BFH/NV 2002, 1047 für einen Antrag auf Terminverlegung "in letzter Minute"). Je weniger der Beteiligte seiner prozessualen Mitwirkungspflicht zur Aufarbeitung des Streitstoffes nachkommt, desto mehr ist es ihm verwehrt, sich auf eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das Gericht zu berufen (BFH-Beschlüsse vom 29. April 1999 VII B 253/98, BFH/NV 1999, 1481, vom 2. März 2005 VII B 142/04, BFH/NV 2005, 1576)

ccc) Im Streitfall haben die Kläger ihre prozessuale Mitwirkungspflicht erheblich verletzt. Sie haben den Beklagten trotz ihrer Verpflichtung, sich über alle tatsächlichen Umstände vollständig und der Wahrheit entsprechend zu erklären, bewusst wahrheitswidrig über die Verlagerung des Lebensmittelpunkts des Klägers nach Polen in Unkenntnis gelassen und diesem noch für den Veranlagungszeitraum 2001 vorgespiegelt, die Kläger würden nicht dauernd getrennt leben. Auch gegenüber dem Gericht haben sie betreffend dieser Änderung im Lebenssachverhalt bis zuletzt keine Angaben gemacht. Erst unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung haben sie diesen Umstand unter Benennung von Zeugen vorgetragen, sodass eine ordnungsgemäße Ladung der benannten Zeugen nur bei einer Verlegung des Termins möglich gewesen wäre. Eine Vernehmung der Zeugen G und R K. in der mündlichen Verhandlung war nur möglich, weil diese - nach Hinweis des Berichterstatters - als präsente Zeugen gestellt wurden. Die Kläger sind jedoch nicht darin schutzwürdig, sich durch eine völlige Änderung im Sachverhaltsvortrag der immerhin seit 2002 anhängigen Sache unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung eine Verlegung des anberaumten Termins zu ertrotzen und den Prozess dadurch verschleppen zu können. Bei dieser Beurteilung des Vorgangs fließt auch die Wertung des § 227 Abs. 1 Nr. 2 ZPO mit ein, nach dem ein erheblicher Grund für eine Vertagung insbesondere nicht die mangelnde Vorbereitung einer Partei ist, wenn diese nicht genügend entschuldigt wird. Das Nichtvorbringen der Verlagerung des Lebensmittelpunkts des Klägers nach Polen mit der Begründung, der Kläger habe sich den ihm sonst möglicherweise nicht zustehenden Schutz der deutschen Krankenversicherung erschleichen wollen, ist nach Auffassung des Gerichts nicht schutzwürdig.

2. Die Klage ist unbegründet.

a) Die Kläger waren in den Streitjahren unbeschränkt einkommensteuerpflichtig mit ihren Welteinkünften.

aa) Nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dabei beurteilt sich der Wohnsitzbegriff nach § 8 der Abgabenordnung (AO 1977) und der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 9 AO 1977.

bb) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Eine ständige tatsächliche Nutzung dieser Wohnung ist nicht Begriffsmerkmal eines Wohnsitzes (§ 8 AO 1977; BFH-Urteil vom 16. Dezember 1998 I R 40/97, BFHE 187, 544, BStBl II 1999, 207).

cc) Nicht nur die Klägerin, sondern auch der Kläger hatte im Streitjahr 1999 eine Wohnung in dem den Klägern gemeinschaftlich gehörenden Haus "...weg ..." in B. inne.

aaa) Zwar geht das Gericht nach der Aussage des Zeugen K. davon aus, dass die Kläger spätestens ab dem Jahreswechsel 1997/98 im gemeinsamen Haus getrennt gelebt haben. Das Weiteren ist das Gericht davon überzeugt, dass die Ehe der Kläger ab dem Jahr 1998 als gescheitert angesehen werden muss. Hingegen sieht das Gericht die Behauptung, der Kläger habe seinen Wohnsitz bereits 1998 vollständig nach Polen verlegt und die eheliche Wohnung in dem ihm mit seiner Ehefrau gemeinsam gehörenden Haus bei seinen Aufenthalten in Deutschland nicht mehr als "eigene" genutzt, als nicht glaubhafte Schutzbehauptung an, um der deutschen Steuerpflicht zu entgehen. Der Umstand, dass der Kläger ab etwa 1998 mit der Klägerin nicht mehr das Schlafzimmer geteilt hat, sondern bei seinen Aufenthalten im Inland in einem anderen Zimmer in dem gemeinsamen Haus übernachtet hat, zwingt nicht zu dem Schluss, dass das Objekt nicht mehr als Wohnung des Klägers angesehen werden könnte. Nach den übereinstimmenden Angaben des Zeugen K. und der Beteiligten gab es in dem gemeinsamen Haus hinreichend Möglichkeiten, um sich aus dem Wege zu gehen. Ein gemeinsames Schlafzimmer mit der im gleichen Haus lebenden Ehefrau ist ebenso wenig Begriffsmerkmal der Wohnung wie deren ständige Nutzung. Auch wenn sich der Kläger im Streitjahr 1999 tatsächlich zeitlich überwiegend in Polen aufgehalten haben sollte, so war er doch regelmäßig in Deutschland. Er hatte hier zumindest im Streitjahr noch seinen deutschen Betrieb zu leiten und die Vermietungstätigkeit betreffend des auch ihm gehörenden weiteren inländischen Grundeigentums zu überwachen. Über die wirtschaftlichen Bindungen zum Inland hinaus hatte er hier auch persönliche Bindungen durch seine Kinder. Bei derartig ausgeprägten wirtschaftlichen und persönlichen Beziehungen zur BRD entspricht es nach Auffassung des erkennenden Senats der Lebenserfahrung, dass die betreffende Person bei seinen Aufenthalten im Inland eine ihr zur Hälfte mit gehörende Wohnung auch als "eigene" nutzt.

bbb) Eine völlige Aufgabe der inländischen Wohnung und eine vollständige Wohnsitz-Verlagerung nach Polen bereits im Jahr 1998 ergibt sich auch nicht aus den dem Gericht am Tag vor der mündlichen Verhandlung zugegangenen Ausgabenbelegen. Diese bestätigen zwar durchaus einen regelmäßigen, nicht aber einen ständigen Aufenthalt des Klägers in Polen. Die Daten der Belege (18. Dezember 1998, 28. Februar 1999, 6. bis 8. März 1999, 28./29. März 1999, 10. April 1999, 13./14. Mai 1999, 3. Juni 1999, 11. Juni 1999, 29. Juni 1999, 12. Juli 1999, 25. August 1999, 1. bis 3. September 1999, 27. bis 30. September 1999, 3. Oktober 1999, 17. Oktober 1999, 28./29. Oktober 1999, 15. November 1999, 25. November 1999; Belege betreffend den Monat Dezember 1999 liegen nicht vor) deuten eher darauf hin, dass die Aufenthalte des Klägers in Polen nur alle zwei Wochen an zwei bis drei Tagen und manchmal auch nur monatlich stattfanden. Zwar sprechen für einen zeitlich überwiegenden Aufenthalt des Klägers in Polen, der im September 1998 sein Fahrrad und fünf Kartons seiner persönlichen Gegenstände dorthin verbracht hat, neben der Größe des in Polen aufgebauten Unternehmens, das möglicherweise seine überwiegende Arbeitszeit band, zwar die Aussagen der Zeugen G und K., die den Eindruck von einem zeitlich überwiegenden Aufenthalt des Klägers in Polen hatten. Andererseits hatte der Zeuge G keine Angaben zur Dauer der Aufenthalte des Klägers in der BRD machen können und der Zeuge K. hatte die Aufenthalte des Klägers im Inland schon wegen der räumlichen Distanz nur dann mitbekommen, wenn man sich verabredet hatte, was im Laufe der Zeit immer seltener vorkam. Die objektiven Daten der Ausgabenbelege sowie die ausgeprägten wirtschaftlichen und persönlichen Beziehungen des Klägers zu BRD bestätigen einen zeitlich überwiegenden Aufenthalt des Klägers in Polen jedenfalls nicht. Gegen eine vollständige Wohnsitzverlagerung des Klägers nach Polen bereits im Streitjahr spricht auch der eigene Vortrag der Kläger im Verwaltungsverfahren und während des bisherigen Klageverfahrens. So war auch während des seit dem Jahr 2002 anhängigen Klageverfahrens bis zuletzt unstreitig, dass der Kläger seinen Wohnsitz im Inland hatte. Gegenüber dem Beklagten hatten beide Kläger noch in der im Mai 2003 eingegangenen Einkommensteuererklärung für 2001 erklärt, dass der Kläger seinen Wohnsitz bis einschließlich 2001 im Inland hatte. Der deutsche Wohnsitz des Klägers für das Jahr 2001 war auch gegenüber den polnischen Finanzbehörden angegeben worden, wie sich aus der Bescheinigung des polnischen Finanzamts X vom 23. Dezember 2003 ergibt. Erst mit Schreiben vom 28. Juli 2004 hatte der damalige Steuerberater der Kläger erklärt, dass zwar eine Meldung beim Einwohnermeldeamt nicht erfolgt sei, der Kläger aber ab 2002 nicht mehr in Deutschland gelebt habe.

b) Das Besteuerungsrecht auch für die vom Kläger erzielten Einkünfte aus der polnischen Betriebstätte steht der BRD zu; das DBA Polen (Geltungsvorrang des DBA vor dem innerstaatlichen Recht gemäß § 2 AO 1977, Art. 59 Abs 2 S. 1 GG) steht nicht entgegen.

aa) Nach Art. 4 Abs. 1 DBA Polen bedeutet der Ausdruck "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort aufgrund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist. Dies trifft für den Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem Inhalt der Akten sowohl für Polen als auch für die BRD zu, der in beiden Staaten einen Wohnsitz hatte. Der Kläger, der die streitigen Einkünfte aus der polnischen Betriebstätte erzielt hat, war demnach sowohl in Polen als auch in der BRD ansässig.

bb) Ist eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt sie nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. a DBA Polen als in dem Vertragsstaat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt. Verfügt sie in beiden Vertragsstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Vertragsstaat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat. Im Streitfall verfügte der Kläger sowohl in der BRD als auch in Polen über eine ständige Wohnstätte.

aaa) In dem Abkommen selbst sind die Begriffe "Wohnstätte" und "ständige Wohnstätte" nicht definiert. Es handelt sich um spezifisch abkommensrechtliche Begriffe, die dazu dienen, bei mehrfacher Ansässigkeit vorrangig dem einen oder anderen Vertragsstaat die Wahrnehmung seines Besteuerungsrechtes zu belassen. Er ist nach allgemeinen völkerrechtlichen Regeln, d.h. anhand des Wortlautes, aus seinem Sinn und Zweck und aus seinem systematischen Zusammenhang heraus auszulegen. Aus der Verwendung des Begriffs "Wohnsitz" in Abs. 1 und des Begriffs "ständige Wohnstätte" in Abs. 2 lässt sich nur entnehmen, dass nach dem Abkommen beide Begriffe nicht identisch sind. Da der Begriff auch im inländischen Steuerrecht nicht näher bestimmt ist, kann auch auf eine solche Vorschrift nicht zurückgegriffen werden (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1998 I R 40/97, BFHE 187, 544, BStBl II 1999, 207).

bbb) Wohnstätte sind alle Räumlichkeiten, die nach Art und Einrichtung zum Wohnen geeignet sind. Die im BFH-Urteil von 23. Oktober 1985 I R 274/82 (BFHE 145, 48, BStBl II 1986, 133) beiläufig geäußerte Auffassung, wonach eine Wohnstätte grundsätzlich nur anzunehmen sei, wenn die Wohnung nach Größe und Ausstattung ein den Lebensverhältnissen des Steuerpflichtigen entsprechendes Heim biete, ist durch die gegenteilige Klarstellung im Kommentar zum OECD-Musterabkommen aus 1977 (OECD-MustAbk) überholt (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1998 I R 40/97, BFHE 187, 544, BStBl II 1999, 207). Im Streitfall waren sowohl die Wohnung im gemeinsamen Haus der Kläger - auch ohne Übernachtung in einem gemeinsamen Schlafzimmer mit der Klägerin - als auch die vom Kläger in Polen angemietete Wohnung Räumlichkeiten, die nach Art und Einrichtung zum Wohnen für den Kläger geeignet waren.

ccc) Diese Wohnstätte war auch eine "ständige" i.S. des Abkommensrechts, über die der Kläger "verfügte". Jemand "verfügt" über eine ständige Wohnstätte, wenn er die Möglichkeit hat, jederzeit (rechtmäßig) die Räumlichkeiten als Wohnstätte zu nutzen und sie tatsächlich nutzt. Ein ständiges tatsächliches Bewohnen oder ein Mindestmaß an Nutzung in jedem Veranlagungszeitraum ist für eine ständige Wohnstätte hingegen nicht erforderlich. Andererseits ist für die Annahme einer "ständigen" Wohnstätte nicht die bloße Verfügungsmöglichkeit ausreichend, ohne dass der Steuerpflichtige die Wohnung mit einer gewissen Regelmäßigkeit bewohnt. Dies ergibt sich aus der Systematik der Konkurrenzregelung, die bei doppeltem Wohnsitz die Ansässigkeit in erster Linie in dem Staat fingiert wird, in dem der Steuerpflichtige eine ständige Wohnstätte hat. Deshalb muss die "ständige" Wohnstätte begrifflich ein qualifizierter Wohnsitz sein, ohne jedoch "das ständige Heim" oder der "Mittelpunkt der Lebensinteressen" bzw. das "Lebenszentrum" des Steuerpflichtigen sein zu müssen (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1998 I R 40/97, BFHE 187, 544, BStBl II 1999, 207).

ddd) Aufgrund des Vortrags der Kläger und des Ergebnisses der Beweisaufnahme geht das Gericht davon aus, dass es sich sowohl bei der vom Kläger in Polen angemieteten Wohnung als auch bei der dem Kläger noch immer hälftig gehörenden Wohnung im "...weg..." um Räumlichkeiten handelt, die nach Art und Einrichtung zum Wohnen für den Kläger geeignet waren, und dass dem Kläger über beide Wohnungen - kraft Miteigentums bzw. kraft Mietvertrags - eine hinreichende Verfügungsmacht zustand. Das Gericht geht weiter davon aus, dass auch die inländische Wohnung des Klägers von diesem wegen seiner ausgeprägten wirtschaftlichen und persönlichen Beziehungen zum Inland regelmäßig, wenn auch möglicherweise nicht zeitlich überwiegend bewohnt wurde, so dass der Kläger letztlich in beiden Vertragsstaaten über eine ständige Wohnstätte verfügte (s.o. 2. a cc).

bb) Verfügt eine Person in beiden Vertragsstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. a DBA Polen als in dem Vertragsstaat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat. Den Lebensmittelpunkt des Klägers aufgrund der engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen nimmt der erkennende Senat im Inland an. Die engeren wirtschaftlichen Beziehungen des Klägers bestanden zwar wohl nach Polen, wo er ein größeres Unternehmen aufgebaut hatte, welches möglicherweise den überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit in Polen band. Andererseits hat der Kläger zumindest im Streitjahr noch ausgeprägte wirtschaftliche Beziehungen zum Inland, wo er seinen deutschen Betrieb zu leiten und die Vermietungstätigkeit betreffend des auch ihm gehörenden weiteren inländischen Grundeigentums zu überwachen hatte. Über die wirtschaftlichen Bindungen zum Inland hinaus hatte er hier auch persönliche Bindungen durch seine Kinder. Hinzu kommt, dass auch die vorgelegten Ausgabenbelege jedenfalls für das Streitjahr eher darauf hindeuten, dass die Aufenthalte des Klägers in Polen nur alle zwei Wochen an zwei bis drei Tagen und manchmal auch nur monatlich stattfanden (s.o. 2. a cc). Dies alles rechtfertigt es, die engeren wirtschaftlichen und persönlichen Beziehungen insgesamt zum Inland zu bejahen.

cc) Bei dem danach in der BRD ansässigen Kläger war die Einkommensteuer nach inländischem Recht festzusetzen, so dass er in der BRD steuerpflichtig mit seinen Welteinkünften war; ausgenommen waren nach Art. 21 Abs. 1 Buchst. a DBA Polen lediglich die Einkünfte, die nach dem DBA Polen in der Volksrepublik Polen besteuert werden dürfen. Eine solche Ausnahme besteht jedoch nicht für die vorliegend streitbefangenen Einkünfte aus der polnischen Betriebstätte des Klägers. Gewinne aus einem Unternehmen eines Vertragsstaats können zwar nach Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Art. 21 Abs. 1 Buchst. a DBA Polen grundsätzlich nur in diesem Staat besteuert werden. Diese Ausnahme einer Einkunftsquelle von der inländischen Besteuerung steht jedoch gemäß Abs. 5 des Zusatzprotokolls zum DBA Polen unter dem Aktivitätsvorbehalt, dass die Betriebstätte ihre Einnahmen ausschließlich oder zumindest fast ausschließlich aus folgenden innerhalb der Volksrepublik Polen ausgeübten Tätigkeiten bezieht: Herstellung oder Verkauf von Gütern oder Waren, technische Dienstleistung oder Bank- bzw. Versicherungsgeschäfte.

Weder die vom Kläger erzielten Finanzerträge aus dem An- und Verkauf von Staatsanleihen des polnischen Staates noch die "sonstigen betrieblichen Erträge" von 425.7618 Zloty erfüllen die Voraussetzungen dieser Aktivitätsklausel. Trotz ihrer Zuordnung zum Betrieb handelt es sich um eigenständige passive Einkünfte. Argumente dafür, eine aktive Handels- bzw. Produktionstätigkeit durch eine Finanzanlage-Tätigkeit zu unterstützen, lassen sich immer finden. Dadurch wird eine Finanzanlage-Tätigkeit nicht zur aktiven Tätigkeit. Dies gilt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung trotz der funktionalen Zuordnung derartiger Erträge zum Betrieb auch dann, wenn sie den Bestand der Betriebstätte sichern sollen (vgl. BFH-Urteil vom 7. August 2002 I R 10/01, BFHE 199, 547, BFH/NV 2002, 1633). Dementsprechend erfüllen derartige Erträge die Voraussetzungen der Aktivitätsklausel auch dann nicht, wenn durch sie dem Risiko vorgebeugt werden soll, bei den Handelsumsetzen durch Kursschwankungen Verluste zu erleiden. Gleiches gilt für die "sonstigen betrieblichen Erträge", die das Gericht im Hinblick auf die mangelhafte Mitwirkung der Kläger im Besteuerungsverfahren und im anschließenden Klageverfahren sachlich keiner aktiven Tätigkeit zuordnen kann. Spätestens seit dem Ergehen der Einspruchsentscheidung musste den Klägern klar sein, dass hinsichtlich der "sonstigen betrieblichen Erträge" Aufklärungsbedarf besteht.

Das Tatbestandsmerkmal "fast ausschließlich" liegt nur dann vor, wenn die passiven Einkünfte eine relative Bagatellgrenze von 10 v.H. der Bruttoerträge nicht überschreiten (BFH-Urteil vom 30. August 1995 I R 77/94, BFHE 179, 39, BStBl II 1996, 122 zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 AStG a. F.). Diese Grenze ist durch die Summe der Finanzerträge aus dem An- und Verkauf von Staatsanleihen des polnischen Staates, die nach Berechnung des Bevollmächtigten 579.188 Zloty betragen haben, und die "sonstigen betrieblichen Erträge" von 425.7618 Zloty überschritten. Aus diesem Grund hat der Beklagte die Einkünfte aus der polnischen Betriebstätte bei der Veranlagung zur Deutschen Einkommensteuer zu Recht als gewerbliche Einkünfte erfasst.

dd) Sind die Voraussetzungen der Aktivitätsklausel - wie im Streitfall - nicht erfüllt, ist zur Vermeidung von Doppelbesteuerung Art. 21 Absatz 1 Buchstabe b) anzuwenden (Anrechnungsverfahren). Die Anrechnung polnischer Steuerbeträge scheitert im Streitfall jedoch bereits daran, dass die Zahlung solcher Steuern in Polen nicht nachgewiesen ist. Die Einstellung von Geldbeträgen in Rücklagen zur Finanzierung behindertengerechter Einrichtungen kann ebenso wenig als Steuerzahlung angesehen werden wie die Abführung von Geldbeträgen in einen Fonds für Behinderte, zumal derartige Beträge inzwischen nicht mehr abgeführt werden müssen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4. Die Revision war zuzulassen, weil das Gericht es für nicht abschließend geklärt hält, unter welcher Voraussetzung grundsätzlich eigenständige passive Einkünfte aus einer Finanzanlage-Tätigkeit einer aktiven Handels- bzw. Produktionstätigkeit zugeordnet werden können, sodass deren rechtliche Bewertung auch auf die Einkünfte aus der Finanzanlage-Tätigkeit gilt.

Ende der Entscheidung

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