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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 23.06.2005
Aktenzeichen: 10 K 660/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

10 K 660/05

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob und in welcher Höhe die von den Klägern erklärten Verluste aus zwei Ferienwohnungen steuerlich berücksichtigungsfähig sind.

Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehegatten. Der Kläger ist seit Ende 1988 Eigentümer einer Ferienwohnung in dem Ort I auf der Insel T. Im Jahr 1990 erwarb er eine weitere Ferienwohnung in W. Der Kläger hat die Vermietung der Wohnungen nicht vollständig auf einen Verwalter übertragen, sondern sich in erster Linie selbst um die Vermietung bemüht (Postwurfsendungen, Mundpropaganda und Annoncen), weil er als Vertriebsleiter der Ansicht war, die Wohnungen besser als eine Vermietungsgesellschaft vermieten zu können.

In den Jahren 1989 bis 2000 wurden die Wohnungen nach Angaben der Kläger wie folgt vermietet:

 Insel TStadt W
198925 Tage 
199057 Tage29 Tage
199167 Tage18 Tage
199267 Tage40 Tage (Schätzung)
199375 Tage28 Tage
199447 Tage14 Tage
1995117 Tage0 Tage
199668 Tage16 Tage
199766 Tage0 Tage
199854 Tage o.A. (1.120 DM Miete) 
199920 Tage0 Tage
200019 Tage0 Tage

Selbstgenutzt wurde die Wohnung auf der Insel T nach Angaben des Klägers wie folgt:

 1989ohne Angabe
1990ohne Angabe
19918 Tage
19928 Tage
19939 Tage
19949 Tage
19959 Tage

In ihren Einkommensteuererklärungen der Streitjahre (1991, 1992, 1994 und 1995) machten die Kläger aus der Vermietung der Ferienwohnungen - durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der (gesamten) Aufwendungen ermittelte - Werbungskostenüberschüsse geltend.

Für die Wohnung auf der Insel T (jährliche AfA 1.491 DM) ergaben sich folgende Zahlen:

 Einnahmen Ausgaben (davon Zinsen) Überschuss
19892.000 DM26.027 DM(10.913 DM)- 24.027 DM
19904.160 DM18.028 DM( 7.072 DM)- 13.868 DM
19915.280 DM16.199 DM( 5.638 DM)- 10.829 DM
19925.620 DM15.435 DM( 6.378 DM)- 9.815 DM
19935.520 DM13.750 DM( 5.996 DM)- 8.230 DM
19943.750 DM14.853 DM( 5.588 DM)- 10.956 DM
19956.220 DM14.694 DM( 5.153 DM)- 8.307 DM
1996   - 9.768 DM
1997   - 8.021 DM
1998   - 8.228 DM
1999   - 15.317 DM
2000   - 31.264 DM

Für die Wohnung in der Stadt W (jährliche AfA 1.399 DM) ergaben sich folgende Zahlen:

 EinnahmenAusgaben(davon Zinsen)Überschuss
19901.840 DM24.309 DM(2.007 DM)- 22.469 DM
19911.280 DM10.912 DM(3.827 DM)- 9.632 DM
19922.860 DM11.556 DM(4.446 DM)- 8.696 DM
19932.103 DM19.944 DM(3.879 DM)- 17.841 DM
19941.124 DM9.863 DM(3.106 DM)- 8.739 DM
19957 DM10.450 DM(3.165 DM)- 10.443 DM
1996   - 8.295 DM
1997   - 10.886 DM
1998   - 13.604 DM
1999   - 9.067 DM
2000   - 10.075 DM

Der Beklagte berücksichtigte die Werbungskosten nur mit dem auf die Vermietungstage entfallenden Anteil. Das FG Köln hatte die Klage mit Urteil vom 19. September 2002 10 K 6870/97, EFG 2003, 91 mangels feststellbarer Einkunftserzielungsabsicht abgewiesen. Auf die Revision der Kläger hat der BFH diese Entscheidung mit Urteil vom 26. Oktober 2004 IX R 57/02, BFH/NV 2005, 602 aus materiellen Gründen aufgehoben und dabei unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung zu Ferienwohnungen im Hinblick auf die Bedenken des FG Köln im Wesentlichen ausgeführt: Dass Vermieten einer Ferienwohnung sei einer auf Dauer angelegten Vermietung nur dann vergleichbar, wenn die Ferienwohnung im ganzen Jahr - bis auf die üblicherweise vorkommenden Leerstandszeiten - an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werde; nur in diesem Fall sei auch bei einer Vermietung von Ferienwohnungen grundsätzlich von Einkunftserzielungsabsicht der Steuerpflichtigen auszugehen. Deshalb sei bei einer ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteten und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltenen Ferienwohnung die Einkünfteerzielungsabsicht der Steuerpflichtigen anhand einer Prognose zu überprüfen, wenn die ortsübliche Vermietungszeit erheblich unterschritten werde; hiervon sei bei einem Unterschreiten von mindestens 25 v.H. auszugehen.

Das Gericht hat daraufhin bei den Fremdenverkehrsbüros im Ort I - Insel T und in der Stadt W nach der ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen gefragt. Diese wurde auf jeweils 100 bis 120 Tage geschätzt (FG Akte Bl. 14, 18), was den Beteiligten bereits Anfang März 2005 mitgeteilt wurde.

In einem erst kurz vor der mündlichen Verhandlung per Telefax eingegangenen Schriftsatz halten die Kläger unter Beifügung einer schriftlichen Erklärung der Frau F daran fest, die Wohnung in den Streitjahren nicht selbst zu Ferienzwecken genutzt zu haben, weitere Anlagen waren dem Telefax nicht beigefügt. Sie halten die Mitteilungen der Fremdenverkehrsbüros außerdem für nicht aussagekräftig und begehren, die ortsübliche Vermietungszeit der Wohnungen durch Sachverständigengutachten zu ermitteln. Denn der Vergleich mit einer durchschnittlichen ortsüblichen Vermietungszeit sei abwegig. Jede Wohnung habe im Hinblick auf Lage und Ausstattung eine eigene ortsübliche Vermietungszeit. Deshalb müsse die ortsübliche Vermietungszeit einer jeden Wohnung durch Sachverständigengutachten ermittelt werden.

Die Kläger beantragen,

die Sache zu vertagen, hilfsweise die Änderung der angefochtenen Bescheide dahin, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Ferienwohnungen die in den Einkommensteuererklärungen 1991, 1992, 1994 und 1995 geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

1. Die Sache war nicht zu vertagen. Der Beweisantrag der Kläger ist unsubstanziiert. Die Fremdenverkehrsbüros, die für die Jahre seit 1990 bis 2000 und darüber hinaus keine Einzelerhebungen gemacht haben, haben die durchschnittliche Vermietungszeit der Ferienwohnungen im Schätzungswege angegeben, so gut es ihnen möglich war. Ihre Angabe ist schlüssig und entspricht genau dem, was dem Gericht aus eigener Erkenntnis an Ferienorten (z. B. ... ) bekannt ist. Von diesen Werten ist das Gericht im Übrigen bereits in seinem Urteil vom 19. September 2002 10 K 6870/97 ausgegangen. Die Kläger haben nicht angegeben, was ein Sachverständiger - etwa durch Einzelerhebungen - darüber hinaus ermitteln soll. Sie haben auch nicht angegeben, wie sie sich die Eingrenzung der Vergleichswohnungen vorstellen, ob sie sich auf Ortsteile beschränken soll, auf Straßenzüge, auf einzelne Straßen bzw. Wohnblocks, auf einzelne Häuser oder gar auf die einzelne Wohnung selbst. Ein solches Vorgehen wäre unpraktikabel und nichtssagend. Eine ortsübliche Vermietungszeit kann nach Auffassung des Gerichts nur durch die Ermittlung der durchschnittlichen Vermietungszeit von Ferienwohnungen an einem Ferienort insgesamt ermittelt werden. Dies ergibt sich aus der gerichtsbekannten Tatsache, dass es an fast jedem Ferienort etwa 100 bis 120 Tage im Jahr gibt, an denen so gut wie jede Wohnung vermietet werden könnte (in den Monaten Juli und August auch doppelt oder gar dreifach), während die Ferienwohnungen in der übrigen Zeit des Jahres weitgehend leerstehen.

2. Die Klage hat auch mit ihrem Hilfsantrag keinen Erfolg, weil die ortsübliche Vermietungszeit erheblich (um weit mehr als 25%) unterschritten wird und die Prognose bei den Einkünften ergibt, dass keine Einkunftserzielungsabsicht der Kläger angenommen werden kann.

a) Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass die Steuerpflichtigen beabsichtigen, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, selbst wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben. Etwas anderes gilt nur, wenn nach der tatsächlichen Gestaltung des Sachverhaltes kein üblicher Fall der Dauervermietung vorliegt, z.B. weil sich die Steuerpflichtigen nicht zu einer langfristigen Vermietung entschlossen haben. Diese Grundsätze gelten auch für Ferienwohnungen, wenn diese von den Steuerpflichtigen (in Eigenregie oder durch Beauftragung eines Dritten) ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werden (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2004 IX R 57/02, BFH/NV 2005, 602).

b) Das Vermieten einer Ferienwohnung ist einer auf Dauer angelegten Vermietung nur dann vergleichbar, wenn die Ferienwohnung im ganzen Jahr (bis auf die üblicherweise vorkommenden Leerstandszeiten) an wechselnde Feriengäste vermietet wird. Nur so zeigt sich auch in nachprüfbarer Weise, dass die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung in geeigneter Form am Markt angeboten und alle in Betracht kommenden Interessenten berücksichtigt haben. Je mehr das Vermieten der Ferienwohnung die ortsüblichen Vermietungszeiten unterschreitet, umso mehr gewinnt deshalb die Frage nach den Gründen des Leerstandes an Bedeutung (in Betracht kommen z.B. einerseits Unbenutzbarkeit der Wohnung wegen Instandsetzungsarbeiten oder anderer Vermietungshindernisse; andererseits aber auch Leerstand wegen unzureichender Vermietungsbemühungen, z.B. als Ausdruck der Absicht, die Ferienwohnung letztlich nur als Vermögensanlage und/oder für eine zukünftige Selbstnutzung vorzuhalten, BFH-Urteil vom 26. Oktober 2004 IX R 57/02, BFH/NV 2005, 602).

c) Daher ist beim Vermieten von Ferienwohnungen (in Eigenregie oder durch Beauftragung eines Dritten) die Einkünfteerzielungsabsicht der Steuerpflichtigen immer dann anhand einer Prognose nach den Grundsätzen des Urteils in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726 zu überprüfen, wenn das Vermieten die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen erheblich unterschreitet, ohne dass Vermietungshindernisse gegeben sind; aus Vereinfachungsgründen und um den bei einer solchen Prüfung gegebenen Unsicherheiten Rechnung zu tragen, ist die zur Prognose führende Unterschreitensgrenze bei mindestens 25 v.H. anzusetzen (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2004 IX R 57/02, BFH/NV 2005, 602).

d) Nach diesen Maßstäben war die Klage auch dann abzuweisen, wenn das Gericht trotz nach wie vor bestehender Zweifel den Vortrag der Kläger als wahr unterstellt, die Ferienwohnungen seien nicht von ihnen selbst zu Urlaubszwecken genutzt worden, sondern ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werden. Denn die durchschnittliche von den Klägern erreichte Vermietungszeit (Insel T 57 Tage und Stadt W weniger als 15 Tage) unterschreitet die jeweils ortsübliche Vermietungszeit erheblich (um weit mehr als 25%), sodass in jedem Fall eine Überschussprognose vorzunehmen ist. Dazu bedarf es einer überschlägigen Betrachtung der bisherigen Verlustsituation und des auf 30 Jahre anzunehmenden Prognosezeitraums (vgl. insoweit BFH-Urteil vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFH/NV 2002, 413). Diese Betrachtung ergibt im Streitfall, dass keine Einkunftserzielungsabsicht der Kläger angenommen werden kann.

aa) Die Anzahl der Tage, an denen die Wohnungen in den Jahren 1989 bis 2000 vermietet waren, steht fest. Für die übrigen Jahre des 30-jährigen Prognosezeitraums legt das Gericht betreffend die Wohnung auf der Insel T zugunsten der Kläger 65 vermietete Tage im Jahr zugrunde, obwohl sich die Anzahl der Vermietungstage im Jahr 1995 (117 Tage) eher als zu vernachlässigender Ausreißer nach oben darstellt und obwohl die bekannten Jahre bis 2000 eher eine fallende Tendenz hinsichtlich der Vermietungstage erkennen lassen. Die erzielbaren Einnahmen schätzt das Gericht dabei zugunsten der Kläger auf 3.000 EUR jährlich. Auch wenn AfA und Zinsaufwendungen unberücksichtigt blieben, müsste angesichts der von den Klägern bisher ermittelten Zahlen für die verbleibenden Jahre des Prognosezeitraums ein Werbungskostenüberschuss von mindestens 1.500 EUR unterstellt werden. Für die Wohnung in der Stadt W hält das Gericht allenfalls 30 vermietete Tage im Jahr für realistisch und geht deshalb von Einnahmen von rd. 1.800 EUR aus. Für diese Wohnung wären dementsprechend Werbungskostenüberschüsse zwischen 1.500 und 2.000 EUR jährlich zu unterstellen, wenn AfA und Zinsaufwendungen außer Acht blieben. Demnach kämen die Kläger in keinem Jahr des Prognosezeitraums auch nur in die Nähe eines positiven Ergebnisses. Daran würde sich auch dann nichts ändern, wenn man bei den geschätzten Einnahmen einen Sicherheitszuschlag von 10 v.H. und bei den geschätzten Ausgaben einen Sicherheitsabschlag von 10 v.H. (vgl. BFH-Urteil vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFH/NV 2002, 413) vornähme.

bb) Der Nachweis einer gleichwohl bestehenden Überschusserzielungsabsicht seitens des Klägers erfolgte auch in der mündlichen Verhandlung nicht.

aaa) Ist die Überschusserzielungsabsicht im Rahmen der Prognose nicht feststellbar, so kann der Steuerpflichtige nach Ansicht des BFH gleichwohl nachweisen, dass sie zum maßgeblichen Zeitpunkt (Beginn der Vermietung) die objektiven Gegebenheiten verkannt und erwartet haben, zunächst angefallene Werbungskostenüberschüsse würden im Laufe der Tätigkeit durch Einnahmeüberschüsse ausgeglichen und insgesamt werde ein positives Gesamtergebnis erzielt. Die Steuerpflichtigen, die für das Vorhandensein der Überschusserzielungsabsicht die Feststellungslast tragen, müssen hierzu die objektiven Umstände vortragen, aufgrund derer sie im Beurteilungszeitraum erwarten konnten, einen Gesamtüberschuss zu erzielen (BFH-Urteil vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFH/NV 2002, 413)

bbb) Der Klägervertreter hatte trotz Hinweises in der mündlichen Verhandlung und in Kenntnis des BFH-Urteils vom 6. November 2001 IX R 97/00 (BFH/NV 2002, 413), auf dass er sich selbst bezogen hat, keine Umstände vortragen, aufgrund derer die Kläger im Beurteilungszeitraum erwarten konnten, einen Gesamtüberschuss zu erzielen. Er hat im Laufe des Verfahrens lediglich erklärt, der Kläger würde die Wohungen am liebsten verkaufen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.



Ende der Entscheidung

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