Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 19.10.2005
Aktenzeichen: 11 K 5325/02
Rechtsgebiete: GewStG


Vorschriften:

GewStG § 11 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Streitig ist, ob die unter der Firma der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten als ein einziger Gewerbebetrieb zu beurteilen sind oder als mehrere Gewerbebetriebe, für die jeweils der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG zu berücksichtigen ist.

Die Klägerin, eine 1999 gegründete GmbH & Co KG, betreibt ein Unternehmen, das die Gestaltung, Entwicklung und Realisation von audiovisuellen Projekten in bekannten und neu entstehenden Unternehmens- und Medienbereichen zum Gegenstand hat. An dem Unternehmen der Klägerin waren zu Beginn des Streitjahres 17 und am Ende des Streitjahres insgesamt 46 atypisch stille Gesellschafter beteiligt. Die meisten der atypisch stillen Gesellschafter waren zugleich als Kommanditisten mit einer Einlage von 500 DM am Gewerbe der Klägerin beteiligt. Bei den stillen Gesellschaftern handelte es sich um Kameraleute, Bildmischer, Toningenieure, Cutter usw.

Nach den Verträgen über die Errichtung der stillen Gesellschaften waren die stillen Gesellschafter an der Geschäftsführung der Klägerin nicht beteiligt; ihnen standen das Widerspruchsrecht des Kommanditisten nach § 164 HGB und die Kontrollrechte des § 233 HGB zu. Gewinn- und Verlustbeteiligung waren wie folgt geregelt:

1. Für die Ermittlung des Gewinns des stillen Gesellschafters ist die Steuerbilanz maßgebend.

2. Der stille Gesellschafter nimmt auch an den außerordentlichen Erträgen teil, soweit sie durch Anlagenabgänge entstanden sind.

3. Die Gewinnbeteiligung beträgt 95 % der nach Abs. 1 ermittelten Bemessungsgrundlage. Die Verlustbeteiligung entspricht der Gewinnbeteiligung.

4. Der stille Gesellschafter kann seinen Gewinnanteil voll entnehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verträge Bezug genommen.

In ihrem Jahresabschluss für das Streitjahr wies die Klägerin ihren Gewinn (nach Abzug einer Haftungsvergütung der Komplementär-GmbH von ... DM) mit ... DM aus. Die Gewinn- und Verlustrechnung der Klägerin enthält folgende Positionen, die die atypisch stillen Gesellschaften betreffen:

 Erlöse Honorare stille Gesellschaften...,83 DM
Erlöse Reisekosten stille Gesellschaften...,31 DM
Abschlusskosten stille Gesellschaften- ...,00 DM
Tantieme Geschäftsführung stille Gesellschaften- ...,00 DM
Gewerbesteuer stille Gesellschaften-...,00 DM
Gewinnanteile stille Gesellschaften-...,39 DM

Bei diesen Beträgen handelt es sich jeweils um die Summen, die sich aus den für die einzelnen atypisch stillen Gesellschaften durchgeführten Gewinnermittlungen ergeben. Die Gewerbesteuerrückstellung ermittelte die Klägerin unter Ansatz des Freibetrags nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG für jede der atypisch stillen Gesellschaften. Auf die entsprechende Aufstellung in der Feststellungsakte wird Bezug genommen.

Die Klägerin hat gegen den Gewerbesteuermessbescheid für Vorauszahlungszwecke ab 2000, dem ein Gewerbeertrag von ... DM zugrunde lag, nach erfolglosem Einspruchsverfahren die vorliegende Klage erhoben.

Im Verlauf des Klageverfahrens hat der Beklagte die Veranlagung für das Streitjahr durchgeführt. In dem Gewerbesteuermessbescheid 2000 vom 24.9.2002 setzte er den Gewerbeertrag unter Einbeziehung der Gewinnanteile der stillen Gesellschafter mit ... DM statt mit dem erklärten Betrag von ... DM an. Die Gewerbesteuerrückstellung erhöhte er nicht. Unter Berücksichtigung des zum 31.12.1999 festgestellten Gewerbeverlusts ergab sich ein Messbetrag von ... DM.

Die Klägerin führt aus, bei ihr handle es sich um einen Zusammenschluss von Kameraleuten, Bildmischern, Toningenieuren, Cuttern, Regisseuren usw. Sie selbst stelle keine Film-, Fernseh-, Hörspiel- oder ähnliche Produktionen durch Zusammenwirken der Gesellschafter mit dem Prinzipal der KG her, sondern stelle einzig und allein die Tätigkeiten ihrer stillen Gesellschafter Dritten (also in der Regel Fernsehsendern oder Produktionsgesellschaften) für bestimmte Projekte zur Verfügung. Dadurch sei die Tätigkeit der stillen Gesellschafter genau voneinander abgrenzbar. Die einzelnen Gesellschafter partizipierten nur an den Geschäftsvorfällen, an denen sie selbst durch ihre unmittelbare Tätigkeit beteiligt seien. Das bedeute, dass es zum einen den Gewerbebetrieb der Klägerin und zum anderen den Gewerbebetrieb der jeweiligen stillen Gesellschafter gebe, den diese letztlich eigenverantwortlich führten.

Die Tätigkeit stelle sich so dar, dass der einzelne atypisch stille Gesellschafter bei den Auftraggebern seinen Auftrag akquiriere; die KG werde insoweit nicht tätig, sondern sei praktisch nur das Aushängeschild nach außen. Die Auftragserteilung laufe häufig so ab, dass die Fernsehsender sich an die Betreffenden - entweder den atypisch stillen Gesellschafter oder die KG - wendeten. Der überwiegende Teil der Aufträge werde mündlich erteilt. Den Auftraggebern sei regelmäßig bekannt, wer mit der Klägerin zusammenarbeite, das atypisch stille Gesellschaftsverhältnis werde ihnen gegenüber offengelegt. Der Vertrag werde in jedem Fall zwischen der Klägerin und dem Auftraggeber geschlossen, die Abrechnung erfolge ausschließlich gegenüber der bzw. durch die Klägerin. Inzwischen sei es so, dass die Klägerin selber als KG immer mehr und immer größere Aufträge übernehme. So sei z.B. das Format "..." für die KG akquiriert worden. Die KG führe auch Werbemaßnahmen durch. Sie gehe z.B. auf Sender zu und komme mit Aufträgen für sechs Cutter zurück. Bei ... habe sie z.B. für ihre Mitglieder einen Rahmenvertrag aushandeln können. Im Laufe der Zeit habe die eigene Tätigkeit der KG ein immer größeres Gewicht bekommen.

Soweit die Klägerin aufgrund eigener Akquise Tätigkeiten für den Medienbereich durchführe, handle es sich nicht um einen zweiten Steuergegenstand, sondern um den nur dem Komplementär und den Kommanditisten zuzuordnenden Bereich des Unternehmens. Sei ein atypisch still beteiligter Gesellschafter nicht an der Akquisition des Auftrags beteiligt gewesen, so werde dieser Auftrag nur dem "Inhaber des Handelsgeschäfts" zugeordnet.

Nach dem BFH-Urteil vom 6.12.1995 (I R 109/94, BFHE 179, 427, BStBl II 1998, 685) könne der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG, obwohl er nicht personen-, sondern betriebsbezogen sei, für atypisch stille Gesellschaften gesondert in Anspruch genommen werden, wenn die atypisch stille Gesellschaft einen gewerbesteuerlich vom Handelsgeschäft des Prinzipals eigenständigen Gewerbebetrieb bilde. Dies sei immer dann der Fall, wenn die stille Gesellschaft nicht am gesamten, sondern an einem bestimmten Geschäftsbereich oder an bestimmten Geschäftsvorfällen beteiligt sei. Ein solcher Fall der partiellen atypisch stillen Beteiligung liege im Streitfall vor, weil - wie sich aus der Gewinnverteilung ergebe - die atypisch stillen Gesellschafter nur an den Geschäftsvorfällen beteiligt seien und an deren Erfolg partizipierten, für die sie ihre Dienstleistungen erbracht hätten.

Dass nach dem Gesellschaftsvertrag die stillen Gesellschaften am gesamten Handelsgewerbe beteiligt seien, sei unerheblich. Denn rein gesellschaftsrechtlich sei eine Beteiligung an einem Teilbereich des Handelsgewerbes nicht möglich, da nach § 233 HGB eine stille Gesellschaft nur am gesamten Handelsgewerbe des Prinzipals begründet werden könne. Auf einen Teil des Handelsgewerbes begrenzt werden könnten aber der Gewinnanteil oder die Kontrollrechte. Entscheidend für die steuerliche Beurteilung sei daher vor allem die Gewinnbeteiligung.

Aus der Tatsache, dass die atypisch stillen Gesellschafter auch an außerordentlichen Erträgen der Klägerin teilnähmen, dürfe nicht geschlossen werden, dass dadurch gemeinschaftliche Einkünfte aller stillen Gesellschafter vorlägen. Denn die Teilhabe der stillen Gesellschafter an den außerordentlichen Erträgen sei notwendig, um überhaupt eine anzuerkennende Mitunternehmerschaft zu erreichen, und schließe das Vorliegen mehrerer Gewebebetriebe nicht aus.

Die Beantwortung der Frage, ob mehrere Mitunternehmerschaften bestünden, richte sich nur danach, ob der Zweck der atypisch stillen Gesellschaft jeweils darauf gerichtet sei, die gesamten unter der Firma des Inhabers des Handelsgeschäfts ausgeübten Tätigkeiten gemeinsam als Mitunternehmer zusammen mit dem Inhaber des Handelsgewerbes auszuüben. Entscheidend sei also, ob - unabhängig von der notwendigen gesellschaftsrechtlichen Beteiligung am gesamten Handelsgewerbe - tatsächlich nicht eine Beschränkung von Mitunternehmerrisiko und -initiative auf bestimmte Geschäftsbereiche oder -vorfälle vorliege. Dies könne sich letztlich nur aus dem Umfang der Gewinn- und Verlustbeteiligung ergeben. Da sich bei den atypisch stillen Gesellschaftern Mitunternehmerrisiko und -initiative aber nur auf diejenigen Geschäfte des Prinzipals erstreckten, für die der jeweilige stille Gesellschafter seine Dienstleistung erbringe, sei von der notwendigen Trennung des Handelsgewerbes im steuerrechtlichen Sinne auszugehen. Denn die Beteiligung bestehe gerade nur an bestimmten Geschäften, nämlich genau an denen, für die der stille Gesellschafter die Dienstleistung erbringe. Das sei z.B. die Arbeit als Kameramann an einem bestimmten Filmprojekt oder einer bestimmten Fernsehsendung. Die anderen Gesellschafter nähmen an den Einkünften der Klägerin aus dieser Dienstleistung gerade nicht teil. Die Tätigkeiten der atypisch stillen Gesellschafter seien folglich weder untereinander noch im Verhältnis zur Klägerin identisch.

Ohne Bedeutung sei, dass die atypisch stillen Gesellschafter zumeist auch als Kommanditisten an der Klägerin beteiligt seien. Die Einkünfte der stillen Gesellschafter seien keine Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, sondern stellten ihre vertraglich eingeräumten Gewinnanteile als stiller Gesellschafter dar. Aufgrund der Trennung zwischen stillen Gesellschaften und Kommanditbeteiligung dürften sie nicht dem Gewinnanteil der einzelnen Kommanditisten zugerechnet werden. Es handele sich nicht um Vergütungen für Leistungen der Kommanditisten, weil die Kommanditisten nicht zu Dienstleistungen gegenüber der Klägerin verpflichtet seien. Sie erhielten daher nur einen Gewinnanteil an den 5 %, die nicht an die stillen Gesellschaften verteilt würden, jedoch nur, wenn die Klägerin tatsächlich Gewinne erziele. Die Zahlungen an die stillen Gesellschafter seien dagegen nicht vom Gewinn der Klägerin, sondern nur vom Erfolg der stillen Gesellschaft abhängig. Es erfolge daher eine genaue Trennung zwischen der Mitunternehmerschaft der klägerischen KG und der Mitunternehmerschaft der jeweiligen atypisch stillen Gesellschaft.

Der Einwand des Beklagten, es liege mangels Vermögenseinlage keine stille Gesellschaft im Sinne der §§ 230 ff. HGB vor, sei unzutreffend. Nach der Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der Literatur werde der Begriff der Vermögenseinlage weit ausgelegt und könne auch in der Leistung von Diensten bestehen. Ausreichend sei, dass durch die Leistung von Diensten ein in einem Geldbetrag schätzbarer Vorteil im Geschäftsbetrieb des Prinzipals entstehe.

Es liege auch kein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO vor. Der BFH habe in seinem Urteil vom 6.12.1995 (I R 109/94, BFHE 179, 427, BStBl II 1998, 685) die Begrenzung einer atypisch stillen Beteiligung auf bestimmte Geschäftsbereiche oder auf bestimmte Geschäftsvorfälle ausdrücklich zugelassen, die zwangsläufig zur mehrfachen Gewährung des Gewerbesteuerfreibetrags führe.

Im übrigen liege keine Gestaltung vor, die zur Erreichung des erstrebten wirtschaftlichen Ziels unangemessen sei. Die atypisch stillen Gesellschafter könnten ihre Tätigkeit auch als selbständige Einzelunternehmer den Auftraggebern in Rechnung stellen, mit der Folge, dass auch hier für jeden Einzelnen der Gewerbesteuerfreibetrag gewährt werden müsse. In der Vergangenheit habe sich gezeigt, dass die Fernsehsender gegenüber selbständig Auftretenden aus verschiedensten Gründen, wie z.B. erhöhter bürokratischer Aufwand oder Unsicherheit hinsichtlich der arbeits-, sozial- und steuerrechtlichen Beurteilung der Selbständigkeit, immer zurückhaltender geworden seien und oftmals auch nur geringere Honorare hätten erzielt werden können. Durch den Zusammenschluss habe diese Unsicherheit beseitigt werden können. Da die einzelnen Tätigkeiten der Gesellschafter voneinander unabhängig seien und die Gesellschafter deshalb auch nicht wie Angestellte in einen "Gesamtbetrieb" hätten eingegliedert werden können, habe eine Gestaltung gewählt werden müssen, die auf der einen Seite den Zusammenschluss nach außen dokumentiere und zum anderen im Innenverhältnis die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Tätigkeiten der stillen Gesellschafter voneinander gewährleiste. Dies sei nur dadurch zu erreichen gewesen, dass die Klägerin als einheitlicher Vertragspartner gegenüber Fernsehsendern und Produktionsgesellschaften auftrete.

Hilfsweise sei die Revision zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO habe. Die Frage der partiell atypisch stillen Beteiligung und die Berücksichtigung des gewerbesteuerlichen Freibetrags für jede atypisch stille Gesellschaft sei bislang höchstrichterlich nicht abschließend geklärt.

Die Klägerin beantragt,

den Gewerbesteuermessbetrag auf 0 DM festzustellen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

An der bisher vertretenen Auffassung werde festgehalten. Die Annahme einer Vielzahl von Gewerbebetrieben würde im vorliegenden Streitfall zu einem Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung führen.

In seinem Urteil vom 6.12.1995 (I R 109/94, BFHE 179, 427, BStBl II 1998, 685) führe der BFH aus, dass

mehrere atypisch stille Gesellschaften als Einheit zu behandeln seien, wenn der Zweck der atypisch stillen Gesellschaft jeweils darauf gerichtet sei, die gesamten unter der Firma des Inhabers des Handelsgeschäfts ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten gemeinsam (als Mitunternehmer) zusammen mit dem Inhaber des Handelsgeschäfts auszuüben. Da bei dieser Fallkonstellation die jeweiligen Tätigkeiten identisch seien, sei die Aufteilung in mehrere Gewerbebetriebe ausgeschlossen. Für einen derartigen Steuerfall sei der BFH in seinem Urteil (BStBl II 1995, 764) zu der Überzeugung gelangt, dass auch nur ein Gewerbebetrieb existiere, wenn an dem Handelsgewerbe mehrere Personen oder Personengruppen aufgrund mehrerer Gesellschaftsverträge als atypisch stille Gesellschafter beteiligt seien.

die gewerblichen Tätigkeiten dagegen anders zu beurteilen seien, wenn die den einzelnen atypisch stillen Gesellschaften und dem Inhaber des Handelsgeschäfts steuerrechtlich zuzuordnenden gewerblichen Tätigkeiten nicht übereinstimmten, d.h. wenn die Beteiligungen also nur an bestimmten Geschäften oder - wie im Urteilsfall - an bestimmten Geschäftsbereichen des Handelsgewerbes (vergleichbar einem Teilbetrieb) bestünden.

Im Streitfall sei der Zweck der atypisch stillen Gesellschaft jeweils darauf gerichtet, die gesamten unter der Firma des Inhabers des Handelsgeschäfts (hier: der Klägerin) ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten gemeinsam durchzuführen. Gegenstand der Tätigkeit sei die Gestaltung, Entwicklung und Realisation von audiovisuellen Produkten in der Filmbranche. Die jeweiligen Tätigkeiten seien demzufolge identisch. Jedenfalls sei weder eine örtliche noch eine sachliche Trennung der Tätigkeiten nach Geschäften bzw. Geschäftsbereichen (z.B. unterschiedliche Filmprojekte, separate Medienfonds etc.) vergleichbar einer Separierung im Rahmen eines Teilbetriebs vorgenommen worden. Der Art der Einlage und der Bemessungsgrundlage bei der Berechnung des Gewinnanteils komme keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu.

Nach der Darstellung der Klägerin wirkten die Mitunternehmer, bestehend aus der KG und den atypisch stillen Gesellschaftern, nunmehr bei der Akquise und Durchführung von Projekten zusammen; es finde eine "Arbeitsteilung" statt. Grundlage bei der Umsetzung sei jedoch jeweils das Handelsgewerbe der KG.

Die Klägerin weise darauf hin, dass der jeweilige Vertrag stets zwischen der KG und der Fernsehanstalt/-gesellschaft abgeschlossen werde, die Auftraggeber jedoch über das atypisch stille Gesellschaftsverhältnis informiert seien. Damit komme zum Ausdruck, dass für die Fernsehgesellschaften das von der KG ausgeübte Handelsgewerbe von Bedeutung sei und eine Auftragsvergabe an die einzelnen atypisch still beteiligten Personen ohne das Handelsgewerbe der KG nicht erfolgen würde. Insoweit komme der Charakter der atypisch stillen Gesellschaft als Innengesellschaft zum Ausdruck.

Wenn die Klägerin zu bedenken gebe, dass die KG zwischenzeitlich in erheblichem Umfang eigene Tätigkeiten entfalte (Format "...") und auch z.B. Werbemaßnahmen durchführe, stelle sich allerdings die Frage, ob die KG inzwischen zusätzliche Tätigkeiten aufgenommen habe, die von den Geschäftsbereichen des bisher betriebenen Handelsgewerbes separiert werden könnten und müssten (im Sinne eines Teilbetriebs) und die daher - zusammengefasst (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) - ausschließlich der KG zuzurechnen seien. Insoweit ergäbe sich allerdings eine eigene sachliche Steuerpflicht der KG. Dies hätte zur Folge, dass allenfalls ein zweiter Steuergegenstand - aber keinesfalls eine Vielzahl von Steuergegenständen (separate atypisch stille Gesellschaften) - bestünde. Ob diese rechtlichen Konsequenzen tatsächlich zu ziehen seien, könne aufgrund des bisher vorliegenden Sachverhalts nicht abschließend beurteilt werden. Es bedürfe weitergehender Erläuterungen (bezüglich Durchführung, Einsatz eigener Arbeitskräfte und Arbeitsmittel, separate Buchführung, Zuordnung des wirtschaftlichen Ergebnisses) hinsichtlich der vorgetragenen eigenen Tätigkeiten (Format "..." und Werbemaßnahmen).

Die atypisch stillen Beteiligungen bezögen sich jedenfalls weiterhin unverändert auf den ursprünglichen Kernbereich des Handelsgewerbes der Klägerin (Übernahme der Tätigkeit als Kameraleute, Bildmischer, Toningenieure, Cutter etc., also der gesamten Palette der Gestaltung, Entwicklung, und Realisation von audiovisuellen Projekten in der Filmbranche); sie seien demzufolge zusammenzufassen.

Im übrigen sei im Streitfall fraglich, ob tatsächlich stille Gesellschaften im Sinne des § 230 HGB an dem Handelsgewerbe der Klägerin begründet worden seien, weil die Einlage der stillen Gesellschafter in einer Dienstleistung (Tätigkeit als Kameramann, Beleuchter, Cutter usw.) bestehe. Grundsätzlich könne eine Vermögenseinlage alles sein, was einen Vermögenswert besitze und übertragbar sei (z.B. Kundenstamm, Schutzrechte usw.). Bei Vermögenseinlagen in Form von Dienstleistungen handle es sich aber nur dann um eine Vermögenseinlage im vorgenannten Sinne, wenn für die zu erbringende Dienstleistung ein Entgelt festgesetzt werde. Dies sei im Streitfall gerade nicht vereinbart.

Letztlich stelle sich auch die Frage, ob der Berücksichtigung der gewerbesteuerlichen Freibeträge für die stillen Gesellschaften nicht bereits § 42 AO entgegenstehe. Wie bereits dargelegt, seien die Tätigkeiten der Klägerin als Einheit zu qualifizieren, so dass nur ein Gewerbebetrieb im Sinne der §§ 15 EStG und 2 Abs. 1 GewStG vorliege. Diese Beurteilung könne nicht dadurch umgangen werden, dass für einzelne Tätigkeiten (für die Abwicklung einzelner Geschäftsvorfälle), die in ihrer Gesamtheit den gemeinschaftlichen Zweck der KG förderten, separate stille Gesellschaften errichtet würden. Sinn und Zweck dieser Gesellschaften bestehe allein darin, den Gewerbeertrag der Klägerin zu mindern und auf mehrere Gesellschaften zur Erlangung steuerlicher Vorteile, insbesondere vielfacher Gewerbesteuermessbeträge, aufzuteilen.

Gründe

I.

Der Gewerbesteuermessbescheid 2000 hat den angefochtenen Gewerbesteuermessbescheid für Vorauszahlungszwecke im Sinne von § 68 Satz 1 FGO ersetzt und ist von Gesetzes wegen Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Zu § 68 FGO a.F. war anerkannt, dass der Jahressteuerbescheid den Vorauszahlungsbescheid im Sinne dieser Vorschrift "ersetzt" (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 9.9.1986 VIII R 198/84, BFHE 147, 463, BStBl II 1987, 28 zur GewSt, vom 12.7.1988 149/83, BFHE 154, 93, BStBl II. 1988, 942, und vom 27.4.2004 X R 28/02, BFH/NV 2004, 1287 zur ESt). Der Senat sieht keinen Anlass, diese Rechtslage für die ab dem 1.1.2001 geltende Neuregelung des § 68 FGO anders zu beurteilen. Durch diese Gesetzesänderung sollten lediglich die Schwierigkeiten beseitigt werden, die sich daraus ergaben, dass vor dem 1.1.2001 Änderungsbescheide nur durch fristgebundenen Antrag Gegenstand des Verfahrens werden konnten. Der Senat schließt sich insoweit dem BFH-Beschluss vom 22.10.2003 (V B 103/02, BFH/NV 2004, 502 zur USt) an, auf dessen Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

II.

Die Klage ist begründet.

Die der jeweiligen atypisch stillen Gesellschaft und die der Klägerin als Inhaberin des Handelsgeschäfts allein zuzuordnenden gewerblichen Tätigkeiten sind als jeweils getrennte Gewerbebetriebe zu beurteilen.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bilden nicht nur die gewerblichen Betriebe von Personenhandelsgesellschaften, sondern auch von anderen Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, einen selbständigen Gegenstand der Gewerbesteuer. Da zu den anderen Gesellschaften neben der atypisch stillen Gesellschaft auch sonstige Innengesellschaften in der Rechtsform einer GbR gehören, kann der Senat offen lassen, ob die von den atypisch stillen Gesellschaftern zu erbringenden Dienstleistungen als Gegenstand einer Einlage im Sinne des § 230 HGB geeignet sind, denn sie sind jedenfalls unzweifelhaft mögliche Beiträge zur Förderung des Gesellschaftszwecks im Sinne des § 705 BGB (vgl. BFH-Urteile vom 13.5.1998 VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355, und vom 16.12.2003 VIII R 6/93, BFH/NV 2004, 1080 jeweils mit umfangr. Nachw. zum Meinungsstand).

Die Entscheidung der Frage, ob die unter der Firma des Inhabers des Handelsgeschäfts ausgeübten Tätigkeiten gewerbesteuerrechtlich einen einzigen Gewerbebetrieb oder mehrere Betriebe bilden, hängt beim Bestehen mehrerer atypisch stiller Gesellschaften davon ab, ob die den einzelnen atypisch stillen Gesellschaften und die dem Inhaber des Handelsgeschäfts steuerrechtlich zuzuordnenden gewerblichen Tätigkeiten als Einheit oder als getrennte Tätigkeiten zu beurteilen sind. Als Einheit sind sie zu beurteilen, wenn der Zweck der atypisch stillen Gesellschaften jeweils darauf gerichtet ist, die gesamten unter der Firma des Inhabers des Handelsgeschäfts ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten gemeinsam (als Mitunternehmer) mit dem Inhaber des Handelsgeschäfts auszuüben. Als jeweils getrennte Gewerbebetriebe sind die den einzelnen atypischen Gesellschaften und dem Inhaber des Handelsgeschäfts zuzuordnenden gewerblichen Tätigkeiten dagegen anzusehen, wenn die Tätigkeiten nicht identisch sind, z.B. weil die atypisch stillen Gesellschafter nur an bestimmten Geschäften oder jeweils nur an einem bestimmten Geschäftsbereich beteiligt sind (vgl. BFH-Urteil vom 6.12.1995 I R 109/94, BFHE 179, 427, BStBl II 1998, 685).

Ausgehend von diesen Grundsätzen, auf die sich auch die Beteiligten zur Begründung ihrer gegensätzlichen Auffassungen berufen, handelt es sich bei den gewerblichen Tätigkeiten der Klägerin einerseits und denen der einzelnen atypisch stillen Gesellschaften andererseits jeweils um getrennte Gewerbebetriebe, weil die der Klägerin und die der jeweiligen atypisch stillen Gesellschaft steuerrechtlich zuzuordnenden Tätigkeiten nicht identisch sind.

Entscheidend für diese Beurteilung ist, dass die Tätigkeiten, die der jeweiligen atypisch stillen Gesellschaft zugeordnet werden, eindeutig von den Tätigkeiten, die ausschließlich den der Klägerin zuzuordnenden Geschäftsbereich betreffen, abgegrenzt werden können. Den atypisch stillen Gesellschaften werden ausschließlich diejenigen Aufträge zugeordnet, die von dem betreffenden atypisch stillen Gesellschafter akquiriert wurden. Diese Aufträge sind dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber einen bestimmten atypisch stillen Gesellschafter für eine konkrete Tätigkeit verpflichten will. Dabei handelt es sich naturgemäß um Aufträge an Einzelpersonen (Verpflichtung eines bestimmten Kameramanns, Beleuchters oder Regisseurs für eine Produktion); eine gemeinschaftliche Beauftragung mehrerer atypisch stiller Gesellschafter (z.B. die Erteilung eines Auftrags für sechs Cutter oder für die Durchführung einer Show an einen atypisch stillen Gesellschafter) kommt bei diesen Aufträgen nicht in Betracht. Die Klägerin fungiert in diesen Fällen im wesentlichen als Rechnungsaussteller bzw. -adressat. Demgegenüber gehören zu den der Klägerin (als KG) erteilten Aufträgen auch solche, die ein gemeinsames Tätigwerden verschiedener Personen erfordern, wie bei dem Format "..." oder der - in der mündlichen Verhandlung als weiteres Beispiel genannten - Ausrichtung einer Show für ... Zudem werden Aufträge, die von der Klägerin akquiriert wurden, nur von Kommanditisten ausgeführt, atypisch stille Gesellschafter werden hieran von der Klägerin nur beteiligt, wenn sie zugleich Kommanditisten sind. Angesichts der unterschiedlichen Tätigkeiten der Klägerin ("Abrechnungsstelle" einerseits und Durchführung eigener Aufträge andererseits) können die Tätigkeiten auch nicht unter dem Aspekt als identisch angesehen werden, dass sie insgesamt ihrem Unternehmensgegenstand entsprechen.

Dass jeder atypisch stille Gesellschafter (soweit er nicht als Kommanditist tätig wird) ausschließlich an der Durchführung der ihm erteilten Aufträge beteiligt ist, hat zugleich zur Folge, dass die Tätigkeit auch von der der anderen atypisch stillen Gesellschafter eindeutig abgrenzbar ist. Jeder atypisch stille Gesellschafter wird ausschließlich im eigenen wirtschaftlichen Interesse tätig; er wirkt weder bei der Durchführung der Aufträge anderer atypisch stiller Gesellschafter mit noch partizipiert er an dem Gewinn aus diesen Geschäften. Die einzige Gemeinsamkeit zwischen den atypisch stillen Gesellschaften besteht darin, dass ihre jeweilige Tätigkeit unter der Firma der Klägerin als Vertragspartnerin abgerechnet wird.

Im Ergebnis sind daher die der jeweiligen atypisch stillen Gesellschaft und die der Klägerin allein - also nicht als Mitunternehmerin der atypisch stillen Gesellschaften - zuzuordnenden gewerblichen Tätigkeiten als jeweils getrennte Gewerbebetriebe zu beurteilen, die der Gewerbesteuer unterliegen und den Gewerbesteuerfreibetrag beanspruchen können.

Die sich hieraus ergebende Folge, dass der Gewerbesteuerfreibetrag entsprechend häufig zu gewähren ist, führt nicht dazu, dass die im Streitfall gewählte Gestaltung als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 42 AO anzusehen wäre.

Ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne dieser Vorschrift ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die, gemessen an dem erstrebten Ziel, unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (vgl. Tipke/Kruse, § 42 AO Rz. 33 mit umfangr. Nachw.).

Im Streitfall sind beachtliche nichtsteuerliche Gründe für die gewählte Vertragsgestaltung vorgetragen worden. Die Klägerin hat schlüssig dargelegt, dass auf diese Weise zum einen dem Bestreben der Fernsehanstalten Rechnung getragen werden sollte, Verträge vorzugsweise nicht mit Einzelunternehmen, sondern mit juristischen Personen oder Personengesellschaften als Vertragspartnern zu schließen, zum anderen aber im Innenverhältnis die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der atypisch stillen Gesellschafter gewahrt bleiben sollte. Dass Letztere hierauf Wert legten, wird bereits dadurch belegt, dass sich nicht alle atypisch stillen Gesellschafter zugleich als Kommanditisten an der Klägerin beteiligten. Angesichts der oft problematischen Abgrenzung der selbständigen von der nichtselbständigen Tätigkeit ist auch nachvollziehbar, dass den Fernsehgesellschaften daran gelegen war, Verträge nicht mit Selbständigen, sondern mit Gesellschaften abzuschließen. Dem entspricht, dass das Gesellschaftsverhältnis gegenüber den Auftraggebern offengelegt wird.

Die Beurteilung der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin einerseits und der einzelnen atypisch stillen Gesellschaften andererseits hat zur Folge, dass für das Streitjahr für die Klägerin ein Gewerbesteuermessbetrag von 0 DM festzustellen ist. Der in der Gewinnermittlung ermittelte Gewinn ist nicht anzusetzen, weil er die Anteile der Klägerin am Gewinn der atypisch stillen Gesellschaften enthält. Diese Gewinnanteile der Klägerin sind in den für die Gewerbebetriebe der atypisch stillen Gesellschaften zu erlassenden Gewerbesteuermessbescheiden zu erfassen (vgl. BFH-Urteil vom 6.12.1995 I R 109/94, BFHE 179, 427, BStBl II 1998, 685). Wird die Gewinn- und Verlustrechnung um die, die atypisch stillen Gesellschaften betreffenden Positionen bereinigt, ergibt sich für die eigene gewerbliche Tätigkeit der Klägerin ein Verlust (vgl. die nachfolgende Berechnung).

 ...,84 DMerklärter Gewinn
- ...,83 DMErlöse Honorare stille Gesellschaften
- ...,31 DMErlöse Reisekosten stille Gesellschaften
...,00 DMAbschlusskosten stille Gesellschaften
...,00 DMTantieme Geschäftsführung stille Ges.
...,00 DMGewerbesteuer stille Gesellschaften
- ...,30 DM 
...,39 DMGewinnanteile stille Gesellschaften
- ...,91 DM 
...,00 DMHaftungsvergütung GmbH
- ...,91 DMGewerbeertrag KG

Ob in den Reisekosten laut Gewinn- und Verlustrechnung auch die für die atypisch stillen Gesellschaften ermittelten Reisekosten von insgesamt 98.567,28 DM enthalten sind, kann angesichts der Höhe dieses Verlusts dahinstehen.

Die Revision war zuzulassen. Der Senat hat dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung beigemessen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 FGO in Verbindung mit § 709 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück