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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 29.06.2005
Aktenzeichen: 12 K 1489/05
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 4 Abs. 3 | |
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 | |
EStG § 7g Abs. 1 | |
EStG § 7g Abs. 2 |
Finanzgericht Köln
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Tatbestand:
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2002 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Kläger erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus seiner Praxis für Physiotherapie. Hierfür erwarb er im April 2002 zum Kaufpreis von 22.846,00 Euro einen PKW, für den er in seiner Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG eine Sonderabschreibung gemäß § 7 g Abs. 1 und 2 EStG in Höhe von 4.569,00 Euro (20%) in Ansatz brachte. Außerdem ermittelte er den Privatanteil des Fahrzeuges nach der sogenannten 1 % Regelung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG.
Bei der Einkommensteuerveranlagung legte der Beklagte den vom Kläger erklärten Praxisgewinn von 106.437,00 Euro zugrunde. Den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 22.09.2004 stellte der Beklagte unter den Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO. Nach Erlass des Bescheides forderte der Beklagte den Kläger auf, die ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung des Fahrzeuges durch Vorlage eines Fahrtenbuchs nachzuweisen. Nachdem der Kläger den Beklagten davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass er betreffend das Fahrzeug die 1% Regelung angewandt und kein Fahrtenbuch geführt habe, erließ der Beklagte unter dem Datum vom 02.02.2005 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid 2002. Hierin ließ er die Sonderabschreibung nicht mehr als Betriebsausgabe zum Abzug zu. Mit ihrem gegen den Änderungsbescheid eingelegten Einspruch machten die Kläger geltend, dass es keine Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuchs gäbe, um die ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung im Sinne des § 7 g Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b EStG nachzuweisen. In seiner ablehnenden Einspruchsentscheidung vom 10.03.2005 führte der Beklagte folgendes aus: Der Kläger sei der ihm gemäß § 90 Abs. 1 AO obliegenden Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, nicht nachgekommen. Das an den Kläger gerichtete Verlangen, die betriebliche Nutzung des Fahrzeugs nachzuweisen, stütze sich auf § 97 Abs. 2 AO, da der Kläger eine steuerliche Vergünstigung geltend mache. Gleichwohl habe er keinerlei Unterlagen vorgelegt. Der Umfang einer betrieblichen Nutzung ergäbe sich regelmäßig aus einem Fahrtenbuch. Entsprechende Aufzeichnungen hätte der Kläger führen müssen. Aufgrund der insoweit fehlenden Mitwirkung habe das Finanzamt davon ausgehen dürfen, dass eine ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung nicht vorgelegen habe. Auch sei davon auszugehen , dass der Kläger die Ermittlung der privaten Fahrzeugnutzung nach der 1% Regelung "sicherlich" nicht in Kauf genommen hätte, wenn er das Fahrzeug ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich nutzen würde.
Mit der Klage vertiefen die Kläger ihr Vorbringen, es sei keine gesetzliche Grundlage ersichtlich, die das Führen eines Fahrtenbuchs vorschreibe, um in den Genuss der Sonderabschreibung gemäß § 7 g EStG zu kommen. Der Gesetzgeber habe in § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG die Möglichkeiten eröffnet, für Kraftfahrzeuge die 1% Regelung anzuwenden und hiervon eine Ausnahme zugelassen, wenn ein Fahrtenbuch geführt werde. Die 1% Regelung sei hier als grundsätzliche Vorgehensweise normiert worden. Dies gelte unabhängig von der tatsächlichen Nutzung des Fahrzeuges. Eine davon abweichende Regelung für die Sonderabschreibung gemäß § 7 g EStG sei im Gesetz nicht ersichtlich. Eine dahingehende Intension des Gesetzgebers, von der grundsätzlichen Anwendung der 1% Regelung abzuweichen, hätte im Rahmen der Gesetzgebung des § 7 g EStG erfolgen können. Eine ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung im Sinne des § 7 g Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b EStG sei von der Rechtsprechung dahingehend konkretisiert worden, dass eine nicht mehr als 10 %tige außerbetriebliche Nutzung vorliegen dürfe. Diese Grenze sei vom Kläger nicht überschritten worden. Der Kläger habe gerade aus praktischen Erwägungen auf die gesetzlich vorgegebene Vereinfachungsregel zurückgegriffen und könne deshalb ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch nicht vorlegen. Der Beklagte hätte in Betracht ziehen müssen, die private Nutzung des Wirtschaftsgutes im Wege der Schätzung zu ermitteln, und den Kläger auffordern müssen, Grundlagen für eine Schätzung anzugeben. Im übrigen könne keinesfalls die Behauptung aufgestellt werden, dass die 1% Regelung nur in Kauf genommen würde, wenn keine ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung vorliegen würde.
Die Kläger beantragen,
den angefochtenen Einkommensteuer-Änderungsbescheid 2002 vom 02.02.2005 sowie die dazu gehörende Einspruchsentscheidung vom 10.03.2005 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte verweist auf die Begründung seiner Einspruchsentscheidung und beantragt,
die Klage abzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung trägt der Bevollmächtigte des Klägers folgendes vor:
Der PKW habe heute einen Km-Stand von ca. 68.000 Km im dritten Jahr nach der Anschaffung. Die Privatnutzung habe ca. 2.000 - 2.500 Km pro Jahr betragen. Die Kläger hätten pro Jahr nur 2 Wochen Urlaub gemacht und sich dabei in Deutschland oder Holland aufgehalten. Der Familien- und Freundeskreis befinden sich im Umkreis von 15-30 Km von der Wohnung. Die Praxis sei nur 700 Meter von der Wohnung entfernt. Daraus folge, dass der Kläger den PKW zu mehr als 90% beruflich genutzt habe und zwar im wesentlichen für Vorträge bei Zahnärzten und anderen Zuhörern, die er als Kieferspezialist in ganz Deutschland halte, ca. ein- bis zweimal im Monat.
Unterlagen über die berufliche Nutzung können nicht vorgelegt werden.
Auf Befragen durch den Berichterstatter erklärt der Bevollmächtigte des Klägers das Klagebegehren werde nur darauf gestützt, dass wegen der Anwendung der 1% Regelung der Kläger für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung nicht mehr zur Vorlage weiterer Nachweismittel, insbesondere eines Fahrtenbuchs verpflichtet sei.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Der Beklagte hat zu Recht die streitbefangene Sonderabschreibung vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen, da von den Klägern kein Nachweis dafür erbracht worden ist, dass der vom Kläger angeschaffte PKW im Streitjahr im Sinne des § 7 g Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b EStG fast ausschließlich betrieblich genutzt worden ist. Auch wenn der Gesetzeswortlaut keinen diesbezüglichen Hinweis enthält, ist - wie die Kläger zutreffend vorgetragen haben - bei der Konkretisierung nach der BFH-Rechtsprechung (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 06.04.1990 III R 2/87, BStBl II 1990, 752 zu § 4 b InvZulG) darauf abzustellen, ob das Wirtschaftsgut zumindest 90 % eigenbetrieblichen Zwecken dient. Der erkennende Senat folgt dieser Rechtsprechung. Es obliegt dem Steuerpflichtigen, der die Steuervergünstigung der Sonderabschreibung in Anspruch nehmen will, den Nachweis hierfür zu erbringen. Ob für diesen Nachweis bei einem Fahrzeug die Vorlage eines Fahrtenbuchs erforderlich ist, wie dies von der Finanzverwaltung verlangt wird (OFD Hannover vom 10.12.1998, StEK EStG 7 g Nr. 13), oder der Nachweis für die fast ausschließlich betriebliche Nutzung auch in anderer Form erbracht werden kann, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Denn die Kläger haben sich auch in der mündlichen Verhandlung außerstande gesehen, (nachprüfbare) Unterlagen über die berufliche Nutzung des in Rede stehenden PKW's vorlegen zu können, und sich zum Nachweis des Umfangs der betrieblichen Nutzung des PKW's nur darauf berufen, dass die Ermittlung der privaten Fahrzeugnutzung im Streitjahr nach der 1% Regelung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG erfolgt sei und sie deshalb für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung gemäß § 7 g Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b EStG nicht zur Vorlage weiterer Nachweismittel, insbesondere eines Fahrtenbuchs verpflichtet seien.
Entgegen der Ansicht der Kläger kann aber aus der Schätzung der Privatnutzung eines Fahrzeuges nach der 1 % Regelung nicht darauf geschlossen werden, dass der private Nutzungsanteil in diesen Fällen weniger als 10 % beträgt (vgl. Meyer in Hermann/Heuer/Raupach EStG § 7 g Anm. 65 b). Denn mit dieser erstmals für den Veranlagungszeitraum 1996 geltenden Vorschrift sollte die bis dahin in der EStR 118 vorgesehene Regelung vereinfacht werden, dass bei fehlendem Nachweis der betrieblichen Nutzung eines PKW's durch den Steuerpflichtigen, von einer Privatnutzung von 25 bis 30 % auszugehen und eine Abweichung hiervon auf (nachzuweisende) Ausnahmefälle beschränkt war (vgl. Schmidt/Glanegger EStG § 6 Rz. 419, 15. Aufl.). Gleichzeitig eröffnet diese Vorschrift in Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 einem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, durch Vorlage eines Fahrtenbuchs, das das Verhältnis der privaten Fahrten zu den betrieblichen Fahrten wiedergeben muß, zu seinen Gunsten von der pauschalen 1 % Regelung abweichen zu können. Der von den Klägern gezogene Schluss, der Gesetzgeber habe in § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG eine grundsätzliche Regelung für alle "Entnahmetatbestände" normiert und dass ein Steuerpflichtiger bei Inanspruchnahme der KfZ-Besteuerung nach der 1 % Regelung (automatisch) vom Nachweis der in § 7 g Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b EStG normierten Voraussetzungen entbunden sein soll und nicht mehr vom Finanzamt zur Vorlage von Nachweismitteln aufgefordert werden dürfe, ist für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar. Hierfür lassen sich weder aus dem Gesetz selbst Anhaltspunkte entnehmen noch sind dafür andere Gründe ersichtlich.
Ohne Vorlage von Nachweismitteln über die tatsächliche Nutzung des vom Kläger angeschafften PKW's war deshalb die Klage mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.
Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch ist eine Entscheidung des BFH zur Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) erforderlich.
Ende der Entscheidung
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