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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 14.02.2001
Aktenzeichen: 14 K 5238/99
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 46 Abs 2 Nr 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Beklagte zu Recht die Veranlagung zur Einkommensteuer 1996 abgelehnt hat.

Der Kläger reichte beim Beklagten am 30.12.1998 einen an diesem Tag unterzeichneten Mantelbogen zur Einkommensteuererklärung 1996 ein. Auf diesem Mantelbogen waren neben den persönlichen Angaben (Name, Vorname, Geburtsdatum, Religionszugehörigkeit, Adresse und Bankverbindung gemäß Zeilen 2 - 6 sowie 15 und 16 des Vordrucks) durch Ankreuzen der betreffenden Kästchen Angaben zur Art der erzielten Einkünften enthalten (Zeilen 31, 33, 36 und 42 des Vordrucks), ohne dass die entsprechenden Anlageformulare beigefügt waren. Dem Mantelbogen beigefügt war lediglich eine gleichfalls vom 30.12.1998 datierende formlose Anlage mit dem Inhalt "Die Anlagen zum unterzeichneten Erklärungsbogen werden kurzfristig nachgereicht". Mit Schreiben vom 31.03.1999 reichte der Kläger eine erneute Ausfertigung des Mantelbogens nebst allen Anlagen und Belegen ein.

Der Beklagte lehnte den Antrag auf Durchführung einer Veranlagung mit Verwaltungsakt vom 25.02.1999 ab. Der fristgerecht eingelegte Einspruch wurde mit Entscheidung vom 28.07.1999 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, dass ein Anspruch auf Veranlagung auch aus anderen Vorschriften als § 46 EStG entstehen könne. Eine solche sei das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit der Schweiz. Er habe Zinseinkünfte aus der Schweiz bezogen, für die wegen der einbehaltenen Steuer nach Art. 24 DBA Schweiz die Anrechnungsmethode vorgesehen sei. Damit sei aber eine Veranlagung geboten.

Im übrigen sei der eingereichte Mantelbogen die vollständige Steuererklärung. Die Abgabe einer Steuererklärung im Sinne des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG setze lediglich eine Verwendung des amtlich vorgeschriebenen Musters und die Unterzeichnung des Formulars voraus. Es müßten nur die Vorgaben des § 150 AO eingehalten werden. Wenn ein Steuerpflichtiger ein Steuererklärungsformular ausfülle, werde auch ohne weitere Zahlenangaben deutlich, dass die Veranlagung gewollt sei. Die Frage nach den einzelnen Daten sei hingegen lediglich für die Begründetheit relevant. Die Stellung eines Antrags und seine Begündetheit seien aber zwei verschiedene Dinge.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 25.02.1999 zur Durchführung der Veranlagung zur Einkommensteuer 1996 zu verpflichten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertritt bezugnehmend auf seine Einspruchsentscheidung die Ansicht, dass die Frist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG von zwei Jahren nach Ablauf des Veranlagungszeitraums nicht gewahrt worden sei. Der Antrag des Klägers sei nicht so erschöpfend gewesen, dass das Veranlagungsverfahren habe in Gang gesetzt werden können. Neben dem Mantelbogen seien auch die Anlagen mit den Besteuerungsgrundlagen einzureichen. Nur so könne Art und Umfang der Veranlagung überprüft werden. Selbst wenn ein DBA eine Anrechnung vorsehe, sei nach der Systematik des § 46 EStG davon auszugehen, dass es sich auch bei diesen Fällen um Antragsveranlagungen handele, da die Anrechnung von Abzugsbeträgen gerade den grundlegenden Fall des 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG darstelle.

Gründe

I.

Die Klage ist nicht begründet. Der Beklagte hat die Veranlagung zur Einkommensteuer 1996 zu Recht abgelehnt.

1. Im Streitfall kommt eine Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG nicht in Betracht, da die hierfür vorgesehene Frist nicht gewahrt wurde. Nach dieser Norm ist ein Antrag bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahres durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu stellen.

Entgegen der Ansicht des Klägers reicht es nicht aus, dass der Steuerpflichtige seinen Willen zur Veranlagung kundtut. Vielmehr hat dies in einer bestimmten Form zu geschehen, die vorliegend nicht erfüllt ist.

Da eine eigenständige Definition des Begriffs "Einkommensteuererklärung" fehlt, ist auf den allgemeinen abgabenrechtlichen Begriff abzustellen. Danach ist die Steuererklärung eine formalisierte, innerhalb einer bestimmten Frist abzugebende Auskunft des Steuerpflichtigen oder seines Vertreters, die dem Finanzamt die Festsetzung der Steuer oder die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ermöglichen soll und in der Regel zum Erlaß eines Steuerbescheides führt (Urteil des BFH vom 2. Juli 1986 I R 70/83, BFH/NV 1987, 704). Die Steuererklärung ist als Basis der Steuerfestsetzung eine umfassende Auskunft und ein wesentliches Mittel der Mitwirkung im Sinne des § 90 Abs. 1 AO, die aus einem von Vordrucken formalisierten Bündel von Auskünften über steuerrechtlich erhebliche Vorgänge besteht (Tipke/Kruse, AO, Vor § 149 Rz. 1. Abs. 1 und Rz. 2 Abs. 1). Mit der Abgabe der formell und materiell ordnungsmäßigen Steuererklärung kommt der Steuerpflichtige seiner Pflicht zur Offenlegung insbesondere des seiner Wissenssphäre zuzurechnenden Sachverhalts nach. Durch die Normierung der Steuererklärungspflicht bezweckt das Gesetz, dass die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offengelegt werden (§ 90 Abs. 1 Satz 2 AO 1977). Nur wenn der Steuerpflichtige dieser Mitwirkungspflicht, die in § 150 Abs. 2 AO 1977 konkretisiert ist, nachkommt, kann die Finanzbehörde das reguläre Veranlagungsverfahren einleiten, indem sie die ihr vom Steuerpflichtigen selbst mitgeteilten Tatsachen auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft (vgl. BFH - Urteil vom 14.01.1998 X R 84/95, DStR 1998, 715).

Diesen Anforderungen genügen die am 30.12.1998 eingegangenen Unterlagen nicht. Mit diesen Unterlagen hat der Kläger lediglich Angaben zu seiner Person gemacht und mitgeteilt, welche Anlagen noch eingereicht werden sollen. Diese Unterlagen waren nicht geeignet, als Grundlage für eine Steuerfestsetzung zu dienen. Der Kläger hat noch nicht einmal Angaben zu seinem Arbeitslohn und zur einbehaltenen Lohnsteuer gemacht, obwohl Ziel des Antrags auch die Lohnsteueranrechnung war. Neben den Angaben zur Person wären hier noch weitere Angaben erforderlich gewesen, insbesondere auch zum Arbeitslohn und der einbehaltenen Steuer (BFH - Urteile vom 15.03.1974 VI R 108/71, BStBl II 1974, 590 und vom 10.07.1987 VI R 160/86, BStBl II 1987, 827, zum Lohnsteuer - Jahresausgleich).

Eine den vorstellend erläuterten Grundsätzen entsprechende Steuererklärung ist erst am 01.04.1999 und damit nach Ablauf der Antragsfrist, die am 31.12.1998 endete, eingegangen.

2. Die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung sind im Streitfall nicht erfüllt. Einer der Tatbestände des § 46 Abs. 2 Nr. 1 - 7 EStG liegt unstreitig nicht vor. Zwar kann unter Umständen auch gemäß einem DBA die Veranlagung zur Anrechnung von Quellensteuer geboten sein (vgl. hierzu Littmann/Bitz/Meinke, EStG, 14. Auflagen, § 46 Rz. 5.; Schmidt, EStG, 17. Auflage, § 46 Rz. 40). Auch bei einem derartigen Sachverhalt wäre ein Antrag im Sinne des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG erforderlich. Ein Fall der Pflichtveranlagung liegt nicht vor. Denn die Aufzählung in § 46 Abs. 2 Nr. 1 - 7 EStG regelt die Pflichtveranlagungsfälle abschließend, eine Ausdehnung auf andere Fälle ist nicht möglich. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, ist eine Veranlagung ausgeschlossen (vgl. Blümich/Heuermann, EStG, § 46 Rz. 5; Herrmann/Heuer/Nolde, EStG § 46 Rdnr. 60). Sofern in einem DBA überhaupt Sonderregelungen getroffen wurden, betreffen diese lediglich die Antragsveranlagung (vgl. Herrmann/Heuer/Nolde, a.a.O. § 46 Rdnr. 15). Dies entspricht auch der rechtlichen Systematik, nach der ein DBA eine Pflichtveranlagung nicht begründen kann. Denn nach den DBAs bleiben die verfahrensrechtlichen Fragen dem inländischen Recht vorbehalten (Vogel, DBA, 3. Aufl. 1996, Art. 23 Rz. 183). Zudem stellt die Anrechnung von Abzugsbeträgen gerade den grundlegenden Fall des Abs. 2 Nr. 8 EStG dar und die Anrechnung auf Kapitaleinkünfte erhobener schweizerischer Quellensteuer entspricht systematisch der Anrechnung von Lohnsteuer (Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Rz. 36. zu Art. 24 DBA Schweiz).

Im Übrigen sieht das DBA Schweiz einen abkommensrechtlichen Anspruch auf Anrechnung nur für den hier nicht gegebenen Fall vor, dass in Deutschland nicht ansässige Gesellschafter einer deutschen Personengesellschaft Einkünfte aus der Schweiz beziehen (Vogel, a.a.O., Art. 23 Rz. 181).

Eine Veranlagung ist daher nur im Wege der Antragsveranlagung möglich. Deren Voraussetzungen liegen aber, wie oben unter 1. ausgeführt, nicht vor.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III.

Die Revision wird nach § 115 Abs. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Ende der Entscheidung

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