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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 11.12.2007
Aktenzeichen: 15 K 1466/07
Rechtsgebiete: UStG, UStDV


Vorschriften:

UStG § 4 Nr. 1 Buchst. b
UStG § 6a Abs. 1 S. 1
UStDV § 17a Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

15 K 1466/07

Tenor:

Unter Änderung des formlos in Gestalt der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2001 ergangenen Umsatzsteuerbescheides 2001 vom 30.04.2003 wird die Umsatzsteuer 2001 auf 1.107.319,53 EUR (entspricht 2.165.728,75 DM) festgesetzt.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu 1/10 und der Beklagte zu 9/10.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im zweiten Rechtsgang über die Frage, ob Warenverkäufe der Klägerin an einen österreichischen Käufer als eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung anzusehen sind.

Die Klägerin ist eine GmbH; ihr Unternehmenszweck ist u.a. das "Recycling" von Altpapier. Sie berechnet die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1999 --UStG).

Die Klägerin schloss mit einem österreichischen Papierhändler, der Firma H mit Sitz in X, telefonisch Verträge über den Verkauf von Altpapier. Dieses wurde -- beginnend im Dezember 2000 und sodann ebenso in separaten, weiteren Lieferungen -- im hier streitigen Monat Januar 2001 mittels eigener LKW des H in einer deutschen Niederlassung der Klägerin abgeholt und - unstreitig -- nach Österreich gebracht. Die Klägerin erstellte über die Verkäufe aus dem Monat Januar 2001 an die H Rechnungen sowie Gutschriften über insgesamt 62 977 DM, die jeweils aus dem Januar 2001 datieren. Diese beziehen sich -- unstreitig-- auf diejenigen Abhollieferungen, die in den von der Klägerin dazu vorgelegten Lieferscheinen (Bl. 44 bis 53 Gerichtsakte des zweiten Rechtsganges) dokumentiert sind.

In den Rechnungen mit der Rechnungsanschrift K-Straße 1 in X ist die -- unstreitig zutreffende -- österreichische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der H genannt und keine Umsatzsteuer ausgewiesen. Die Rechnungen und Gutschriften enthalten keinen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Umsätze als innergemeinschaftliche Lieferungen.

Die Klägerin erklärte diese Umsätze in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für Januar 2001 sowie unter Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der H in ihrer zusammenfassenden Meldung nach § 18a Abs. 4 UStG 1999 als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Das damals für die Besteuerung der Klägerin zuständige Finanzamt Y folgte zunächst dieser Voranmeldung.

Aufgrund einer Außenprüfung bei der Klägerin - die auch den Monat Dezember 2000 umfasste -- vertrat die Prüferin -u. a. - für die Abhollieferungen des Monats Januar 2001 die Auffassung, die Klägerin habe die Ausfuhr der Ware nach Österreich nicht nachgewiesen. In der Buchführung lagen zunächst nur die Ausgangsrechnungen (Bl. 39 bis 43 der Gerichtsakte des zweiten Rechtsganges) sowie an die Adresse der H in Österreich adressierte Lieferscheine (Bl. 44 bis 53 der Gerichtsakte des zweiten Rechtsganges) vor; der Endbestimmungsort der Ware ergab sich daraus nicht. Die Klägerin bat daraufhin die österreichische Firma mit Telefax vom 23. Juli 2001 unter Auflistung der Rechnungs- und Lieferschein-Nummern, Daten, Warenbezeichnungen und Gewichtsangaben der Warenbewegungen um Angabe des "Verbringungsortes" und des "Empfangslandes" betreffend Dezember 2000 und Januar 2001. Mit zwei Telefaxen vom 24. Juli 2001 sandte H die beiden Anschreiben der Klägerin mit dem Zusatz des jeweils folgenden identischen Textes zurück: "Wir bestätigen hiermit verbindlich, dass wir die nebenstehend aufgeführten Altpapier-Ladungen bei der Firma T übernommen haben, aus Deutschland ausgeführt und nach Österreich verbracht haben."

Ausweislich des ersten, bereits im ersten Rechtsgang vorgelegten Telefaxes vom 24. Juli 2001 betrifft die erste dieser beiden Bestätigungen Lieferungen lt. Lieferscheinen aus der Zeit zwischen 6. und 20. Dezember 2000 , die zweite, nunmehr ebenfalls dem erkennenden Senat vorliegende Bestätigung (Bl. 36 der Gerichtsakte des zweiten Rechtsganges) betrifft Lieferungen lt. Lieferscheinen aus der Zeit zwischen dem 2. und dem 31. Januar 2001.

Das FA Y hielt diese Bestätigung für unzureichend, weil der "Endbestimmungsort" nicht genannt sei; dies sei bis zur mündlichen Verhandlung vor dem FG nachholbar; es fehle deshalb auch der Buchnachweis der Ausfuhr ins Gemeinschaftsgebiet. Dieser sei nicht mehr nachholbar; die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit als innergemeinschaftliche Lieferung seien nicht erfüllt. Das genannte FA erfasste deshalb im geänderten Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Januar 2001 diese Umsätze mit dem Netto-Betrag von 54 291 DM und dem Regelsteuersatz.

Den hiergegen erhobenen Einspruch, mit dem die Klägerin u.a. geltend machte, ihr Abnehmer habe als Zwischenhändler ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse daran, den endgültigen Bestimmungsort nicht anzugeben, um den Endabnehmer nicht preisgeben zu müssen, wies der zwischenzeitlich für die Besteuerung der Klägerin zuständig gewordene Beklagte unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH-- vom 18. Juli 2002 V R 3/02 (BFHE 199, 80, BStBl II 2003, 616) als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, sowohl § 17a Abs. 2 Nr. 2 als auch § 17c Abs. 2 Nr. 9 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1999 -- UStDV verlangten die Angabe des Bestimmungsortes im übrigen Gemeinschaftsgebiet.

Gegenstand des anschließenden Klageverfahrens im ersten Rechtsgang war der Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2001.

Mit Urteil vom 6. Mai 2004 15 K 1590/03 (Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG -- 2004, 1802) gab der Senat der Klage im ersten Rechtsgang statt. Auf die vom FG zugelassene Revision hin hat der BFH dieses Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen(Urteil vom 1.2.2007 V R 41/04 (zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, noch BFHE n.n.; BFH/NV 2007, 1059). Zur Begründung hat der BFH ausgeführt, angesichts der im ersten Rechtsgang vorgelegten Bestätigung über die Verbringung des Altpapiers nach Österreich fehle es am Belegnachweis für eine innergemeinschaftliche Lieferung im Streitjahr 2001.

Im Erörterungstermin vom 16. Mai 2007 haben die Beteiligten übereinstimmend festgestellt, dass die Frage der Nachholbarkeit des Belegnachweises sowie der Notwendigkeit eines Hinweises in der Rechnung auf eine Steuerfreiheit nach § 6 a UStG - wie vom BFH ausgeführt - nicht mehr streitig sei. Es verbleibe allein als entscheidender Streitpunkt des hinreichende Bezeichnung des Bestimmungsortes mit Angabe von Ortsname, Straße und Hausnummer.

Im zweiten Rechtsgang hält die Klägerin ihre Klagebegründung aus dem ersten Rechtsgang insoweit aufrecht.

Sie ist der Meinung, die vorgelegte Bestätigung der Firma H genüge auch ohne Nennung des Bestimmungsortes den Anforderungen der UStDV zum Buch- und Belegnachweis in einem sog. Abholfall und dürfe jedenfalls nicht zur Versagung der Steuerfreiheit führen.

Die österreichische Firma habe als Zwischenhändler die gekaufte Ware bei der Klägerin mit eigenen LKW abgeholt und die Ausfuhr nach Österreich verbindlich bestätigt. Lediglich der Bestimmungsort sei nicht in Sinne einer Hausanschrift in Österreich genannt worden. In Abholfällen wie dem vorliegenden genüge jedoch die Angabe des Bestimmungslandes. Sinn und Zweck der Nachweispflicht sei es, die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs sicherzustellen. Dem entspreche die Angabe des Bestimmungslandes.

Da die den Buchnachweis regelnde Vorschrift des § 17c Abs. 2 UStDV lediglich eine Soll-Vorschrift sei, könne der entsprechende Nachweis auch in anderer Form geführt werden, nämlich durch Unterlagen, aufgrund deren die Warenbewegung ins Gemeinschaftsgebiet eindeutig und leicht nachprüfbar sei, nämlich hier durch die Versicherung des Abholers über die Ausfuhr.

Schließlich sprächen auch wirtschaftliche Gründe für die Ansicht der Klägerin. Denn der Abnehmer komme den Liefergegenstand selbst abholen, um nicht in jeden Fall den Bestimmungsort und somit den Endabnehmer der Ware preisgeben zu müssen. Würde man ihn zur Angabe des Ortes verpflichten, entzöge man ihm die wirtschaftliche Geschäftsgrundlage, da er damit in den meisten Fällen auch indirekt seinen Endabnehmer preisgäbe. Wahrscheinliche Folge dessen sei die Ausschaltung des Abnehmers als Zwischenhändler durch eine zukünftige direkte Lieferung der Ware an den nun bekannten Endabnehmer. Genau aus diesem Grund weise auch die vorliegende Versicherung der österreichischen Firma nicht den Bestimmungsort aus.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Änderung des formlos in Gestalt der Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 ergangenen Umsatzsteuerbescheides vom 30.4.2003 die Umsatzsteuer 2001 um 4.006,76 EUR (entspricht 7.836,55 DM) niedriger festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entgegen der Auffassung des FG im ersten Rechtsgang dürfe weder auf die Angabe des Bestimmungsortes (vgl. § 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV) noch auf die Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten (§ 17a Abs. 2 Nr. 3 UStDV) verzichtet werden. Beide Vorschriften hätten den Zweck, Warenströme zwischen den Mitgliedstaaten leicht und eindeutig zu verfolgen. Mit diesem Zweck sei nicht vereinbar, wenn die Finanzverwaltung der Mitgliedstaaten --wie vom FG-- darauf verwiesen würde, zur Verfolgung des exakten Warenweges könnten beim jeweiligen Abnehmer Außenprüfungen durchgeführt werden. Gleiches gelte für den Buchnachweis.

Auch nach Ergehen des Urteils des EuGH vom 27.9.2007 in der Rs. C - 146/05, Albert Collée, noch n.v., [...], sei der Beklagte auf Weisung der Oberfinanzdirektion Rheinland hin gehalten, die Sache streitig entscheiden zu lassen.

Mit Schriftsatz vom 21. Mai 2007 hat die Klägerin ihre Klage insoweit eingeschränkt, als sie nicht mehr die Umsatzsteuerfreiheit der Abhollieferung zur Rechnung vom 31.1.2001 über den Teilbetrag von 6.162 DM begehrt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die beigezogenen Steuerakten, insbesondere auf den Umsatzsteuer-Sonderprüfungsbericht vom 5.11.2001, die beiden Bestätigungen der Firma H vom 24.7.2001, die jeweils dazu gehörigen Rechnungen und Gutschriften der Klägerin aus dem Januar 2001 und die dazu gehörigen Lieferscheine (Bl. 39 bis 53 FG-Akte des zweiten Rechtsganges) sowie das Protokoll des Erörterungstermins vom 16.5.2007 Bezug genommen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet (Schriftsätze der Klägerin und des Beklagten jeweils vom 07.12.2007).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist - soweit sie von der Klägerin aufrecht erhalten worden ist - begründet.

A.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung, da beide Beteiligten übereinstimmend darauf verzichtet haben, § 90 Abs. 2 FGO.

B.

Der Umsatzsteuerbescheid für 2001 - formlos ergangen in Gestalt der Jahressteuererklärung - vom 30.4.2003 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten. Zu Unrecht hat der Beklagte die Umsätze mit der österreichischen Firma H in Höhe von 48.978,45 DM der Umsatzsteuer unterworfen und nicht als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelt.

Diese Umsätze stellen nämlich eine --gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG steuerfreie-- innergemeinschaftliche Lieferung dar. Denn eine solche ist hier nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG 1999 gegeben und gemäß § 6a Abs. 3 UStG in Verbindung mit § 17a und § 17c UStDV nachgewiesen.

Die Voraussetzungen einer in Deutschland gemäß § 4 Nr. 1 Buchstabe b) UStG steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung liegen hier vor. Insbesondere ist der Bestimmungsort der Lieferung in Fällen einer Abholung der Ware im Inland und einer unstreitigen tatsächlichen Verbringung der Ware vom Herkunftsstaat - Bundesrepublik Deutschland - in einen anderen Mitgliedstaat - hier die Bundesrepublik Österreich - identisch mit der auf den Rechnungen ausgewiesenen unstreitig zutreffenden Anschrift des Leistungsempfängers in diesem Mitgliedstaat, also hier der Adresse der Firma H, nämlich K-Straße 1 in X.

I.

Die streitigen Abhollieferungen aus dem Januar 2001 sind im Jahr 2001 ausgeführt worden. Dies ergibt sich aus im Erörterungstermin vom 16. Mai 2007 vor dem Berichterstatter vorgelegten Bestätigung der Firma H vom 24.7.2001 und ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Diese - mit der im ersten Rechtsgang vorgelegten Bestätigung für die Lieferungen aus dem Dezember 2000 datumsgleich - bezieht sich jedoch auf die Abhollieferungen ab 2. Januar 2001, die Gegenstand der Ausgangsrechnungen ab Januar 2001 waren.

II.

Der Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung im Sinne des § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG ist erbracht. Diese Norm setzt u. a. voraus, dass

der Unternehmer oder sein Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet (Nr. 1),

der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat (Nr. 2 ) und

der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (Nr. 3 ).

Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG müssen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat (§ 6a Abs. 3 Satz 2 UStG). Erforderlich sind Beleg- und Buchnachweis einer innergemeinschaftlicher Lieferung.

Zu Recht sehen die Beteiligten die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlicher Lieferung zu den o. g. Nr. 2 und 3 als erfüllt an. Denn die österreichische Firma H handelt mit Altpapier und hat diese Ware unter Nennung ihrer zutreffenden österreichischen Umsatzsteueridentifikationsnummer für ihr Handelsunternehmen erworben. Die hier zu beurteilenden Umsätze unterliegen auch in Österreich als Mitgliedstaat der EU nach dem -- im Streitjahr 2001 geltenden -- Art. 28c Teil A Buchst. a erster Satz der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG der dortigen Erwerbsbesteuerung.

III.

Die Klägerin hat zudem sowohl den Buch- als auch den Belegnachweis einer innergemeinschaftlicher Lieferung nach Österreich erbracht.

1. Zum Belegnachweis ist in § 17a Abs. 1 UStDV u.a. geregelt worden, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat; dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (sog. Belegnachweis). Nach § 17a Abs. 2 UStDV soll in den Fällen, in denen der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, der Unternehmer den Nachweis hierüber wie folgt führen:

1. durch das Doppel der Rechnung (§§ 14, 14a des Gesetzes),

2. durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein,

3. durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten

sowie

4. in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern.

a) Die in Abs. 2 genannten Voraussetzungen sollen --wie sich aus dem Wortlaut ergibt (BFH-Urteil vom 1. Februar 2007 V R 41/04, BFH/NV 2007, 1059) -- kumulativ vorliegen. Zwar ist § 17a Abs. 2 UStDV eine Sollvorschrift; dies bedeutet jedoch nur, dass das Fehlen einer der in Abs. 2 aufgeführten Voraussetzungen nicht zwangsläufig zur Versagung der Steuerbefreiung führt und der bezeichnete Nachweis auch durch andere Belege erbracht werden kann (BFH-Urteile vom 1. Februar 2007 V R 41/04, BFH/NV 2007, 1059, und vom 7. Dezember 2006 V R 52/03, BFH/NV 2007, 634). Solange der Belegnachweis nicht geführt ist, kann eine innergemeinschaftliche Lieferung grundsätzlich nicht als steuerfrei behandelt werden (BFH-Urteile vom 1. Februar 2007 V R 41/04, BFH/NV 2007, 1059 m.w.Nachw.).

b) Die Steuerbefreiung als innergemeinschaftliche Lieferung scheidet nicht schon deshalb aus, weil die Klägerin die Versicherung des Abnehmers nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV im Zeitpunkt der Abholung nicht erbracht hat. Hat ein Unternehmer innergemeinschaftliche Lieferungen i.S. des § 6a Abs. 1 UStG zweifelsfrei - wie hier -- tatsächlich ausgeführt, kann der erforderliche Belegnachweis bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem FG nachgeholt werden (BFH-Urteil vom 1. Februar 2007 V R 41/04, BFH/NV 2007,1059 m.w.Nachw.). Das gilt auch für die Versicherung des Abnehmers nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV. Wenn der Unternehmer die tatsächliche Durchführung der innergemeinschaftlichen Lieferung nachgewiesen hat, -- wie vorliegend -- kann er --ungeachtet dessen, dass die Versicherung nach Nr. 4 bereits bei Abholung schriftlich erklärt werden muss-- die Abholung und Verbringung in das übrige Gemeinschaftsgebiet nachträglich bestätigen.

c) Die Klägerin hat durch die Vorlage der Rechnungsdoppel, der Lieferscheine, der Bestätigung des H über die Beförderung nach Österreich und die in diesen Schriftstücken übereinstimmend genannten Adresse des H die Voraussetzungen für den Belegnachweis einer innergemeinschaftlicher Lieferung erbracht.

d) Der Gesetzeszweck des § 6a UStG erfordert den Nachweis des Bestimmungsorts der innergemeinschaftlichen Lieferung um sicherzustellen, dass der gemeinschaftliche Erwerb in dem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt; die Frage des Nachweises des Bestimmungsorts ist dabei Gegenstand der Tatsachenwürdigung durch das FG (Urteil des BFH vom 1. Februar 2007 V R 41/04, BFH/NV 2007,1059).

Hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an den Belegnachweis in Abholfällen ist dabei zu berücksichtigen, dass § 17a Abs. 2 UStDV eine Sollvorschrift über die an den Nachweis nach § 17a Abs. 1 UStDV zu stellenden Anforderungen ist. Das Fehlen einer der in § 17a Abs. 2 UStDV genannten Voraussetzungen führt deshalb nicht zwangsläufig dazu, dass der Belegnachweis als nicht geführt zu beurteilen ist. Außerdem gibt es in Fällen, in denen --wie hier-- der Abnehmer den Gegenstand beim Unternehmer abholt, in der Regel nicht den in § 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV geforderten handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt (BFH-Urteil vom 7. Dezember 2006 V R 52/03, BFH/NV 2007, 634).

e) Dabei gilt es folgendes zu beachten :

Wie der BFH im zurückverweisenden Revisionsurteil für den Senat bindend festgestellt hat, kann der Nachweis des Bestimmungsortes auch durch andere Belege erbracht werden; im BFH-Urteil vom 7. Dezember 2006 V R 52/03 (BFH/NV 2007, 634) hat der BFH die Würdigung des FG, dass dieser Nachweis durch die auf den Rechnungen ausgewiesene zutreffende Anschrift des Leistungsempfängers erbracht sein kann, nicht beanstandet, worauf der BFH im zurückverweisenden Revisionsurteil ausdrücklich hingewiesen hat (unter II. 3. b).

Zudem hat der EuGH in seiner Entscheidung vom 27. September 2007 in der Rs. C-146/05 (Albert Collée) ([...]) in einem Vorlagefall des BFH zusammengefasst folgendes festgestellt:

Hinsichtlich der Nachweise, die der Steuerpflichtige für eine Mehrwertsteuerbefreiung zu führen habe, enthält die Sechste Richtlinie keine Vorschrift, die sich unmittelbar mit dieser Frage befasst (Randnr. 24). Zu der Vorlagefrage, ob die (hier: deutsche) Finanzverwaltung die Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von der Mehrwertsteuer allein mit der Begründung versagen darf, dass der Buchnachweis verspätet vorgelegt worden sei, wird festgestellt, dass eine nationale Maßnahme, die das Recht auf Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung im Wesentlichen von der Einhaltung formeller Pflichten abhängig macht, ohne die materiellen Anforderungen zu berücksichtigen und insbesondere ohne in Betracht zu ziehen, ob diese erfüllt sind, über das hinausgeht, was erforderlich ist, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen (Randnr. 29). Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität erfordert in Fällen einer unbestreitbar ausgeführten innergemeinschaftliche Lieferung, dass die Mehrwertsteuerbefreiung gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen vorliegen, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmte formellen Anforderungen nicht genügt hat (Randnr. 31). Anders verhält es sich nur, wenn der Verstoß gegen formelle Anforderungen den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt sind (Randnr. 31).

Aus dieser zutreffenden Auslegung der aus dem Gemeinschaftsrecht sich ergebenden Grundsätze zu der Frage, wann die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung aus formellen Gründen versagt werden darf, folgt für den vorliegenden Fall und die hier anzuwenden Vorschriften der § 17a und § 17c UStDV grundsätzlich, dass bei unstreitigem vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung die Steuerbefreiung nur dann versagt werden darf, wenn gerade durch den Verstoß des deutschen Unternehmers gegen formellen Erfordernisse der UStDV der sichere Nachweis des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen einer innergemeinschaftlicher Lieferung verhindert wird.

f) Nach diesen zutreffenden Grundsätzen ist vorliegend der Belegnachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung in Gestalt einer unstreitigen Verbringung des Altpapiers in 2001 nach Österreich erbracht. Nach Sinn und Zweck der Anforderung an den Beleg- und Buchnachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung ist in Fällen wie dem vorliegenden die auf den Rechnungen ausgewiesene zutreffende Anschrift des Leistungsempfängers in demselben Mitgliedstaat als Bestimmungsort im Sinne der § 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV anzusehen. Dies ergibt sich aus einer zwingenden normerhaltenden eurooparechtskonformen Auslegung der formellen Erfordernisse der Voraussetzungen an den Nachweis einer unstreitig tatsächlich erfolgten innergemeinschaftlichen Lieferung des § 17a UStDV.

Die Angabe, an welche postalisch genaue Adresse jede einzelne der nach Österreich verbrachten Waren - hier : Ballen Altpapier - innerhalb des Mitgliedstaates geliefert worden ist, ist entbehrlich und wäre nach den Grundsätzen der neueren Rechtsprechung des EuGH europarechtswidrig. Denn der österreichische Fiskus kann unter der Adresse des H aus dessen Buchführung und belegen unschwer nachprüfen, wohin innerhalb Österreichs jedes einzelne Stück Ware gegangen ist.

Für die Bejahung des Belegnachwiese des deutschen Lieferanten der Ware reicht in wie hier unstreitigen Verbringungsfällen daher die Rechnungsanschrift des Lieferungsempfängers stets aus. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie hier keinerlei Zweifel - auch nicht beim Beklagten oder der ihn vorliegend anweisenden Oberfinanzdirektion - bestehen, dass die Ware nach Österreich gebracht und dort von H weiter verkauft und weiter geliefert worden ist. Denn H ist unstreitig und bereits an seiner Firmenbezeichnung erkennbar Händler und nicht Endabnehmer der Ware. Die Forderung nach einer Angabe des weiteren (End-) Bestimmungsortes jeder einzelnen Teillieferung wäre nach der Rechtsprechung des EuGH zur Überzeugung des erkennenden Senates ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und letztlich gegen den Grundsatz der Neutralität des Mehrwertsteuersystem der Europäischen Union. Diese übersteigerte Anforderung an formelle Nachweispflichten würde nämlich bei korrektem steuerlichen Verhalten des H dazu führen, dass dieser die hier streitigen Lieferungen in Österreich der dortigen Umsatzsteuer unterworfen hat und zusätzlich Umsatzsteuer durch den Beklagten in Deutschland festgesetzt würde.

2. Schließlich hat die Klägerin auch den Buchnachweis im Sinne des § 17c UStDV geführt.

Dazu bestimmt § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV, dass der Unternehmer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen im Geltungsbereich der UStDV die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich der USt-IdNr. des Abnehmers buchmäßig nachweisen muss. Die Voraussetzungen müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein (§ 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV). Nach Abs. 2 dieser Regelung soll der Unternehmer unter anderem regelmäßig Folgendes aufzeichnen: den Namen und die Anschrift des Abnehmers und des Beauftragten des Abnehmers, die Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet, den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet (s. § 17c Abs. 2 Nr. 1, 2, 8, 9 UStDV). Unter einem Buchnachweis ist ein Nachweis durch Bücher oder Aufzeichnungen in Verbindung mit Belegen zu verstehen. Der Buchnachweis verlangt deshalb stets mehr als den bloßen Nachweis durch Aufzeichnungen oder Belege. Belege werden durch die entsprechenden und erforderlichen Hinweise und Bezugnahmen in den stets notwendigen Aufzeichnungen Bestandteil der Buchführung und damit des Buchnachweises, so dass beide eine Einheit bilden (BFH-Beschluss vom 10. Februar 2005 V R 59/03, BFHE 208, 502, BStBl II 2005, 537, m.w.N.).

a) Unter Hinweis auf die Feststellungen des FG im Urteil des ersten Rechtsgangs sind die Beteiligten sich bis auf die Nr. 9 der Norm zu recht darüber einig, dass die Voraussetzungen des Buchnachweises erfüllt sind . Denn die Klägerin hat in ihrer Buchführung unter Bezugnahme auf die Ausgangsrechnungen und Lieferscheine und damit auf die dort genannte Adresse des H zeitnah die hier streitigen Umsätze verbucht, und zwar als umsatzsteuerlich steuerfreie innergemeinschaftlicher Lieferung.

b) Aber auch die Voraussetzung der Aufzeichnung des Bestimmungsortes im übrigen Gemeinschaftsgebiet ist hier erfüllt.

In Fällen unstreitiger tatsächlicher Abholung im Herkunftstaat und Beförderung in einen anderen Mitgliedstaat - wie hier - genügt auch für den Buchnachweis nach den oben aufgestellten Grundsätzen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH als Angabe des Bestimmungsortes die Buchung unter Bezugnahme auf die Adresse des Leistungsempfängers in jenem Mitgliedstaat in den Lieferscheinen und Ausgangsrechnungen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie hier die Klägerin in der Buchführung als Folge der Bestätigung des Händlers H in 2001 dann auch die darin enthaltene Bezeichnung des Bestimmungslandes der Ware - Österreich- nachträglich aufgezeichnet hat.

Eine darüber hinaus gehende Forderung, in Fällen wie dem vorliegenden auch den (End-)Bestimmungsort der einzelnen Waren aufzuzeichnen, ist zum sicheren Nachweis des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen einer innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne der Entscheidung des EuGH nicht erforderlich, ist damit unverhältnismäßig, und würde - wie schon oben ausgeführt - letztlich aus formellen Gründen zur Doppelbesteuerung und damit zum Verstoß gegen den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer führen.

3. Entgegen der ursprünglichen Rechtsauffassung des Beklagten ist schließlich auch die Ausstellung einer Rechnung, die den Anforderungen des § 14a Abs. 1 Satz 1 UStG genügt, also einen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung nach § 6a UStG enthält, nach dem Wortlaut des § 17a Abs. 2 UStDV ("soll") keine zwingende Voraussetzung für die Steuerfreiheit der Lieferung nach § 6a UStG (BFH-Urteile vom 1. Februar 2007 V R 41/04, BFH/NV 2007, 1059, und vom 30. März 2006 V R 47/03, BFHE 213, 148, BStBl II 2006, 634).

4. Die Umsatzsteuer 2001 war daher wie folgt geändert festzusetzen:

 Rechnungsgesamtsumme der Abhollieferungen 62.977,-- DM
./. Klageeinschränkung in Höhe eines Teilbetrages6.162,-- DM
verbleibende streitige Bruttoerlöse 56.815,-- DM
Umsatzsteuer zu 16% daraus 7.836,55 DM

 DMEUR
festgesetzte Umsatzsteuer bisher2.173.565,301.111.326,29
abzüglich Umsatzsteuer auf steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen laut Urteil7.836,55 4.006,76
Umsatzsteuer laut Urteil2.165.728,75 1.107.319,53

C.

Soweit die Klägerin ihre Klage im zweiten Rechtsgang teilweise zurückgenommen hat, folgt die Kostenentscheidung aus § 143 Abs. 2, § 136 Abs. 2 FGO, im übrigen aus § 143 Abs. 2 , § 135 Abs. 1 FGO.

D.

Die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit resultiert aus § 151 FGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

E.

Die Revision war nicht (erneut) zuzulassen, da keine Gründe im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO vorliegen. Die hier allein noch streitigen Fragen im Zusammenhang mit dem Bestimmungsort der Lieferungen weisen nach Ergehen des BFH-Urteils vom 7. Dezember 2006 V R 52/03 (BFH/NV 2007,234),des diesem Urteil vorangehenden Revisionsurteils vom 1. Februar 2007 V R 41/04 (BFH/NV 2007,1059) sowie des Urteils des EuGH vom 27. September 2007 Rs. C- 146/05 (a.a.O.) keine grundsätzliche Bedeutung mehr auf. Vorliegend war lediglich auf der Grundlage höchstrichterlicher Rechtsprechung in einem Einzelfall zu entscheiden.



Ende der Entscheidung

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