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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 02.04.2009
Aktenzeichen: 15 K 2546/07
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 171 Abs. 4
AO § 181 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Beklagten, einen geänderten Feststellungsbescheid für das Jahr 1998 zu erlassen.

Im Jahr 2001 bestand die Q GmbH & Co. KG (nachfolgend: KG) aus dem Kläger als einzigem Kommanditisten und der Q Verwaltungs GmbH als Komplementärin. Bereits in 2001 wurde die Q GmbH & Co. KG im Wege der Anwachsung (§ 738 Abs. 1 BGB) auf die Q Verwaltungs GmbH verschmolzen. Nach aufnehmender Verschmelzung der R GmbH ebenfalls in 2001 (§ 2 Nr. 1 UmwG) firmierte die Q Verwaltungs GmbH um in "S GmbH".

Die KG gab ihre Feststellungserklärung für 1998 am 09. Dezember 1999 beim Beklagten ab. Dieser folgend erließ der Beklagte am 23. Dezember 1999 einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1998, den er unter den Vorbehalt der Nachprüfung stellte, § 164 Abs.1 AO.

Aufgrund einer Betriebsprüfungsanordnung vom 14. Mai 2002, die an die KG adressiert war, führte das FA für Groß-BP ... eine steuerliche Betriebsprüfung u.a. für das Jahr 1998 durch. Der Beklagte folgte den Feststellungen des Prüfers (siehe dazu im einzelnen den BP-Bericht vom 13. August 2003) und erließ am 20. Oktober 2003 einen entsprechenden, gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der KG für das Jahr 1998.

Dieser Bescheid war adressiert an "Firma S GmbH, P-Str., 00000 L als Empfangsbevollmächtigte für Q GmbH & Co. KG, P-Str., 00000 L". Der Bescheid richtete sich ausweislich der darin vorgenommenen Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen gegen S GmbH unter der Steuernummer der ehemaligen Q Verwaltungs GmbH sowie an den Kläger als Beteiligte der Q GmbH & Co. KG.

Gegen diesen Änderungsbescheid vom 20. Oktober 2003 legte die C GmbH für die Q GmbH & Co. KG am 21. November 2003 Einspruch ein und wandte sich gegen die Feststellungen der Betriebsprüfung, insbesondere hinsichtlich der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung betreffend der Veräußerung der von der KG gehaltenen Anteile an der B GmbH an die B GmbH selbst in Höhe von rund ... DM.

Nach intensiver materiell-rechtlicher Diskussion über diese verdeckte Gewinnausschüttung legte das Finanzamt mit Schreiben vom 05. April 2006 seine Rechtsansicht dar, dass zum einen der angefochtene Änderungsbescheid lediglich der S GmbH als Feststellungsbeteiligte, nicht jedoch dem Kläger als dem anderen Beteiligten wirksam bekannt gegeben worden sei. Da die Q GmbH & Co. KG im Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheides bereits vollbeendet gewesen sei, hätte eine Bekanntgabe des Bescheides somit für jeden einzelnen Gesellschafter vorgenommen werden müssen. Dieser Bekanntgabemangel sei jedenfalls durch Nachholung der Bekanntgabe an den Kläger heilbar.

Auf das Schreiben des Beklagten vom 05. April 2006 wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Am 24. August 2006 erließ der Beklagte sodann einen geänderten Feststellungsbescheid für 1998, den er an den Kläger persönlich adressierte. Darin waren wiederum - inhaltsgleich mit dem Änderungsbescheid vom 20. Oktober 2003 - einschließlich der vGA Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... DM festgestellt und in Höhe von ... DM dem Kläger zugewiesen. Im Erläuterungsteil des Bescheides heißt es. "Die Bekanntgabe erfolgt entsprechend dem Schreiben vom 05. April 2006. Der Feststellungsbescheid ist nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangen. Nach § 181 Abs. 5 AO kann er deshalb nur solchen Steuerfestsetzungen zugrunde gelegt werden, deren Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen war." Sodann folgt ein "Nachrichtlicher Hinweis: Im vorliegenden Fall ist gemäß § 171 Abs. 14 AO die Festsetzungsfrist des Beteiligten Herrn Q der Einkommensteuer 1998 insoweit noch nicht abgelaufen, als dass nicht ausgesetzte Beträge i.H.v. ... € gezahlt wurden. Insoweit kann dieser Feststellungsbescheid gemäß § 181 Abs. 5 AO im Rahmen der Einkommensteuer 1998 des Herrn Q zugrundegelegt werden. Dieser Bescheid ändert den Bescheid vom 20. Oktober 2003".

Gegen diesen Feststellungsbescheid vom 24. August 2006 legte der Kläger Einspruch ein und verwies zur Begründung auf die bereits im Rechtsbehelfsverfahren gegen den nur an die S GmbH bekannt gegebenen Feststellungsbescheid (Einspruch vom 21. November 2003) vorgebrachten Argumente hinsichtlich der verdeckten Gewinnausschüttung. Weiterhin erklärte der Kläger, die Bekanntgabe des Feststellungsbescheids vom 24. August 2006 sei außerhalb der Feststellungsfrist erfolgt. Eine Nachholung der Feststellung nach § 171 Abs. 14 AO sei unwirksam, denn hierfür sei die Festsetzung eines Steueranspruchs Voraussetzung. Im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen würden lediglich Besteuerungsgrundlagen, nicht aber Steueransprüche festgesetzt.

Mit Einspruchsentscheidung vom 9. Mai 2007 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, die Feststellungsfrist für die Feststellung 1998 sei bei Erlass des Bescheides vom 24. August 2006 noch nicht abgelaufen gewesen. Die Feststellungsfrist für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte 1998 bei der Q KG habe mit Ablauf des 31. Dezember 2003 geendet. Wegen der unwirksam - nämlich noch an die KG - bekannt gegebenen Prüfungsanordnung habe es insoweit keine Ablaufhemmung gegeben.

Da ebenfalls die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 1998 des Herrn Q bereits mit dem 31. Dezember 2004 abgelaufen sei, komme insoweit auch eine Nachholung der Feststellung innerhalb der Festsetzungsfrist gemäß § 181 Abs. 5 AO grundsätzlich nicht in Betracht. Allerdings sei insoweit § 171 Abs. 14 AO zu beachten. Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch ende demnach nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO noch nicht verjährt sei (§ 228 AO). Die Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist werde durch § 171 Abs. 14 AO bis zum Ablauf der Zahlungsverjährung für die Erstattung von rechtsgrundlos gezahlten Steuern verlängert.

Soweit im Verfahren der Einkommensteuer 1998 des Herrn Q keine Aussetzung der Vollziehung gewährt und die Einkommensteuer gezahlt worden sei (i.H.v. ... €, unstreitig gezahlt am 15. Dezember 2004), ende die Feststellungsfrist nicht, da aufgrund fehlender Bekanntgabe des Grundlagenbescheids an Herrn Q eine Erstattung der insoweit rechtsgrundlos gezahlten Einkommensteuer möglich sei.

Unter diesen Voraussetzungen sei die nachträgliche Bekanntgabe des Feststellungsbescheids gemäß § 181 Abs. 5 AO an Herrn Q zulässig gewesen (vgl. BFH v. 17. März 2004, II R 47/98, BFH/NV 2004, 1066). Die betragsmäßige Begrenzung auf ... € durch § 171 Abs. 14 AO ("insoweit") sei erst auf der Ebene des Folgebescheids zu beachten.

Daraufhin hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, die er im Wesentlichen wie folgt begründet: Die reguläre Feststellungsfrist für die Einkünfte der früheren KG sei zum 31. Dezember 2003 und damit zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 24. August 2006 abgelaufen gewesen. § 171 Abs. 14 AO sei nicht einschlägig.

Zwar sei es zutreffend, dass die unwirksame Bekanntgabe des Bescheids vom 20. Oktober 2003 ursächlich dafür sei, dass im Endergebnis die geleisteten Einkommensteuerzahlungen von ... € zurückgezahlt werden müssten. Eine Ablaufhemmung trete jedoch nicht ein, da der Erstattungsanspruch keiner im Sinne des § 37 Abs. 2 AO sei. Es sei noch gar kein Erstattungsanspruch entstanden, da erst künftig ein solcher entstehen werde, wenn der Einkommensteuerbescheid des Klägers wegen der unwirksamen Bekanntgabe des Feststellungsbescheides vom 20. Oktober 2003 wieder zu ändern sein werde. Dieser zukünftige Erstattungsanspruch sei kein solcher nach § 37 Abs. 2 AO. Aus der formellen Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheides könnten keine Rückschlüsse auf eine formelle Rechtswidrigkeit des Folgebescheides gezogen werden.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der Q GmbH & Co KG für 1998 vom 24. August 2006 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 9. Mai 2007 ersatzlos aufzuheben,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Er begründet dies unter Hinweis auf die Einspruchsentscheidung und das Urteil des BFH vom 17. März 2004 II R 47/98, BFH/NV 2004,1066. Auch dort sei der Erstattungsanspruch noch nicht existent gewesen, weil der Folgebescheid, der den unwirksam bekannt gegebenen Grundlagenbescheid umgesetzt habe, noch wirksam gewesen sei.

Aus den beigezogenen Einkommensteuerakten des Klägers für 1998 ergibt sich, dass der Kläger die Einkommensteuererklärung für 1998 am 12. Dezember 2000 beim Beklagten eingereicht hat. Der Beklagte - der auch für die Einkommensteuerfestsetzung des Klägers zuständig ist - hat den geänderten Feststellungsbescheid für 1998 vom 20. Oktober 2003 mit Änderungsbescheid zur Einkommensteuer des Klägers vom 25. August 2004 ausgewertet. Der Kläger hat dagegen Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt. In Höhe der streitigen vGA wurde die Aussetzung der Vollziehung antragsgemäß gewährt. Soweit die übrigen Feststellungen im Bescheid vom 20. Oktober 2003 zum Ansatz von höheren Einkünften und damit zu einer Erhöhung der Einkommensteuer des Klägers geführt hatten, wurde keine Aussetzung der Vollziehung gewährt. Diese Einkommensteuer i.H.v. ... € hat der Kläger unstreitig am 15. Dezember 2004 gezahlt.

Den erneuten - hier streitigen - Änderungsbescheid für 1998 vom 24. August 2006 hat der Beklagte gegenüber dem Kläger im Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 1998 vom 21. Dezember 2006 umgesetzt, in dem er die Einkommensteuer nur noch in Höhe von - stets als Ergebnis der BP nach unstreitigen - ... DM an festgestellten Einkünften aus Gewerbebetrieb zugrundegelegt hat, was einer Einkommensteuer von ... € entspricht.

Im Verfahren 15 K 2099/07 hatte der Kläger vor dem FG auf Feststellung der Nichtigkeit des Änderungsbescheides vom 20. Oktober 2003 geklagt. Nach einem Hinweis wegen der zweifelhaften Zulässigkeit der Klage u. a. wegen der vom Beklagten nicht bestrittenen Unwirksamkeit dieses Änderungsbescheides haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Vertreter des Beklagten wiederholend und aus Sicht des Klägers klarstellend erklärt hatte: Der Feststellungsbescheid vom 20.Oktober 2003 sei gegenüber dem Kläger nicht wirksam bekannt gegeben; der Bescheid sei deshalb insoweit von Anfang an unwirksam und habe keine Rechtswirkung entfaltet.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Rechtsstandes wird ergänzend auf die Einspruchsentscheidung des Beklagten, die beigezogenen Steuerakten der KG sowie des Klägers und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02. April 2009 Bezug genommen

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Feststellungsbescheid vom 24. August 2006 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 9. Mai 2007 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat der Beklagte am 24. August 2006 den Änderungsbescheid zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften der KG für 1998 gegenüber dem Kläger erlassen.

Zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Änderungsbescheides am 24. August 2006 waren - wie zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig ist - sowohl die vierjährige Feststellungsfrist für die Feststellung 1998 betreffend die KG als auch die vierjährige Festsetzungsfrist der Einkommensteuer 1998 für den Kläger abgelaufen.

Denn wegen der in 1999 durch die KG abgegebenen Feststellungserklärung endete die reguläre vierjährige Festsstellungsfrist der §§ 181 Abs. 1 Satz 1 , 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO mit Ablauf des 31. Dezember 2003. Da die Prüfungsanordnung der Groß-BP an die damals schon vollbeendete KG adressiert war, ist diese nicht wirksam bekannt gegeben. Folglich ist keine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO eingetreten, da diese eine wirksam bekanntgegebene Prüfungsanordnung voraussetzt (BFH-Urteil vom 10.04.1987 III R 202/83 BFHE 150, 1; BStBl II 1988,165).

Wegen der im Jahr 2000 abgegebenen Einkommensteuererklärung für 1998 endete die Festsetzungsfrist der Einkommensteuer des Klägers für 1998 mit Ablauf des 31. Dezember 2004, § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO.

Dennoch durfte der Beklagte gemäß § 181 Abs. 5 Sätze 1 und 2 AO, § 171 Abs. 14 AO den angefochtenen Feststellungsbescheid erlassen. Der Ablauf der Feststellungsfrist ist nämlich nach den genannten Normen hier unschädlich.

Nach § 181 Abs. 5 AO kann eine gesonderte Feststellung nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist (§ 181 Abs. 5 Satz 1 AO). Hierauf ist im Feststellungsbescheid hinzuweisen (§ 181 Abs. 5 Satz 2 AO). Fehlt der Hinweis auf die eingeschränkte Wirkung, so ist der Bescheid rechtswidrig (Brandis in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 181 AO, Rz. 22 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte).

Die Voraussetzungen der Vorschriften sind im Streitfall erfüllt.

Dabei kann dahin stehen, ob und inwieweit der Beklagte als Betriebsfinanzamt der KG berechtigt oder gar verpflichtet war, die Frage der Festsetzungsverjährung der Einkommensteuer des Feststellungsbeteiligten als Voraussetzung der Anwendung des § 181 Abs. 5 AO zu prüfen.

Für den Zeitpunkt der gesonderten und einheitlichen Feststellung am 24. August 2006, die den -- zutreffenden, den Anforderungen der st. Rspr. des BFH genügenden -- Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO enthält, steht nämlich fest, dass die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 1998 des Klägers noch nicht abgelaufen war.

Nach der einen Meinung ist das Betriebsfinanzamt verpflichtet, vom Amts wegen sowohl die Festsetzungs- als auch die Feststellungsfrist zu prüfen (Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO und FGO, § 181 AO, Rz.144). Die bloße Möglichkeit, dass die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, reiche nicht (Söhn, a.a.O.). Das für die Steuerfestsetzung zuständige FA habe von Amts wegen zu prüfen, ob und inwieweit Festsetzungsverjährung eingetreten ist (Söhn, a.a.O., Rz. 145).

Nach anderer Ansicht braucht sich das Betriebsfinanzamt beim Festsetzungsfinanzamt des Folgebescheides nicht zu erkundigen (von Wedelstädt in: Kühn/von Wedelstädt, AO und FGO, 18. Auflage 2004, § 181 AO, Rz. 16). Die Feststellung soll stets zulässig sein, soweit es möglich erscheint, dass die Festsetzungsfrist für eine Folgesteuer noch nicht abgelaufen ist (Koenig in: Pahlke/Koenig, AO, 2004, § 181, Rz. 35). Es widerspreche dem Sinn der Regelung, das Feststellungsverfahren mit den Unsicherheiten zu belasten, dass die Zulässigkeit der Feststellung von der Klärung einer Rechtsfrage abhänge, die verbindlich auf der Ebene der Steuerfestsetzung zu klären sei. Stehe indes eindeutig fest, dass die Festsetzungsfrist der Folgesteuer abgelaufen sei, dürfe ein Feststellungsbescheid nicht mehr ergehen.

Dass das Feststellungsfinanzamt die Zulässigkeitsvoraussetzung des § 181 Abs. 5 Satz 1 AO jedoch grundsätzlich zu prüfen hat, ist - soweit ersichtlich - allgemeine Meinung. Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass das Feststellungsfinanzamt regelmäßig nicht von sich aus die erforderlichen Informationen besitzt, um die Frage der Festsetzungsverjährung des Folgebescheides exakt bestimmen zu können - wenn, wie auch im vorliegenden Fall, Feststellungs- und Festsetzungs-FA identisch sind.

Der Senat kann letztlich jedoch hier die Frage offen lassen, wo die Festsetzungsverjährung der Einkommensteuer zu klären ist, ob also im Verfahren gegen den auswertenden - oder auf der Ebene des Feststellungsfinanzamts. Denn hier liegt jedenfalls nach § 171 Abs. 14 AO eine Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist der Einkommensteuer 1998 beim Kläger vor.

Nach dieser Norm endet nämlich die Festsetzungsfrist für eine Steuer nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch noch nicht zahlungsverjährt ist.

Diese Voraussetzung ist vorliegend zu bejahen, auch wenn der Erstattungsanspruch des Klägers nach § 37 Abs. 2 AO erst entstanden wäre, wenn der Beklagte den Einkommensteuerbescheid des Klägers als Folge der Unwirksamkeit des Feststellungsbescheides vom 24. Oktober 2003 dergestalt geändert hätte, dass alle darin festgestellten Einkünfte aus der Besteuerung (zunächst) vollständig herausgenommen worden wären.

Es reicht für die Bejahung der Voraussetzungen des § 171 Abs. 14 AO nämlich aus, dass ein Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen bei verfahrensrechtlich korrekter Vorgehensweise der Finanzbehörden entstehen könnte; eine formalistische Auslegung der Norm dahingehend, dass stets eine Abfolge von entstandenem Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen und sodann erst gegebener Berechtigung des Finanzamtes, nunmehr einen wirksamen Änderungsbescheid zu erlassen, durch den dieser Erstattungsanspruch wieder zum Erlöschen gebracht wird, ist nicht geboten.

Die Norm des § 171 Abs. 14 AO bezweckt nämlich, dass innerhalb der (grundsätzlich fünfjährigen) Zahlungsverjährung (§§ 228, 232 AO) notwendige Steuerfestsetzungen nachgeholt werden können (BVerfG, Beschluss vom 18.2.2003 2 BvR 1114/01, HFR 2003,718). Dazu wird der Ablauf der Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung hinausgeschoben, um zu vermeiden, dass der Steuerpflichtige mit der - zutreffenden, aber erst nach Ablauf der (regelmäßig nur vierjährigen) Festsetzungsfrist erhobenen -- Begründung, der Steuerbescheid sei unwirksam bekannt gegeben worden, eine Erstattung der gezahlten Steuern verlangen kann, ohne dass das Finanzamt die Steuerfestsetzung durch wirksame Bekanntgabe des Steuerbescheides nachholen kann (amtliche Begründung, BT-Drucksache 10/1636, S. 44; BVerfG, Beschluss vom 18.2.2003 2 BvR 1114/01, HFR 2003,718).

Dieser Intention des Gesetzgebers entspricht eine Auslegung dieser Norm dahingehend, dass es ausreichen muss, dass die oben skizzierte Situation zu Lasten des Fiskus auftreten könnte. Insoweit schließt sich der erkennende Senat der Ansicht des II. Senats des BFH in seinem Urteil vom 17.3.2004 II R 47/98 ( BFH/NV 2004,1066) an. Darin hat der BFH entschieden, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist für die Grundsteuer nach § 171 Abs. 14 AO gehemmt ist, wenn die auf den aufgehobenen Einheitswertbescheid zurückzuführende Grundsteuer bereits gezahlt ist, weil eine ersatzlose Aufhebung des Einheitswertbescheides die Aufhebung der auf ihm beruhenden Grundsteuermessbetragsbescheide und Grundsteuerbescheide zur Folge hat und gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 AO zu Grundsteuererstattungsansprüchen führt. Damit hat der BFH die Zulässigkeit eines nach Ablauf der Feststellungsfrist erlassenen Feststellungsbescheides bejaht, wenn der auswertende Folgebescheid aufgrund der unwirksamen Bekanntgabe des Grundlagenbescheides nach § 175 AO zu ändern wäre und dadurch erst ein Erstattungsanspruch entstünde.

Gleiches gilt hier im Verhältnis des Feststellungsbescheides der Einkünfte der KG als Grundlagenbescheid und des Einkommensteuerbescheides des Klägers als Folgebescheid.

Die konkludent erklärte Aufhebung des Rechtsscheins des - nach zutreffender zwischen den Beteiligten unstreitiger Auffassung - unwirksamen, weil an den Kläger nicht bekannt gegebenen Änderungsbescheides vom 20. Oktober 2003 durch Erlass des (inhaltsgleichen) erneuten Änderungsbescheides vom 24. August 2006 hätte auch in jeweils zwei zeitlich aufeinander folgenden Einkommensteuerbescheiden umgesetzt werden können:

Die Mitteilung über die unwirksame Bekanntgabe des Änderungsbescheides vom 24. Oktober 2003 gfl. in Form eines Aufhebungsbescheides zur Beseitigung des Rechtsscheins hätte zur Änderung des Einkommensteuerbescheides des Klägers unter Rückgängigmachung der gesamten Auswertung der zunächst höher festgestellten Besteuerungsgrundlagen nach der BP geführt, also auch zum Erstattungsanspruch auf Rückzahlung der vom Kläger in Höhe von ... € unstreitig gezahlten, nicht von der Vollziehung ausgesetzten Einkommensteuer 1998.

Wären in einem zweiten Feststellungsbescheid - nur eine juristische Sekunde später dem Kläger gegenüber bekannt gegeben - sodann erneut dieselben Besteuerungsgrundlagen dem Kläger wirksam bekannt gegeben worden, hätte das Festsetzungsfinanzamt erneut einen geänderten Einkommensteuerbescheid nach § 175 AO zu erlassen gehabt, den es jedoch der Höhe nach auf diejenigen Besteuerungsgrundlagen beschränkt haben müsste, die dem gezahlten Steuerbetrag entsprechen.

Wenn denn der Bescheid über die konkludente Aufhebung des Rechtsscheins eines Änderungsbescheides und der Bescheid mit der Neubekanntgabe derselben, jedoch nur der Höhe nach eingeschränkt der Steuer zu unterwerfenden Besteuerungsgrundlagen in einem Bescheid zusammengefasst sind, erscheint es formalistisch, für die Bejahung der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 14 AO zu einem anderen Ergebnis zu gelangen, wenn statt in zwei Folgebescheiden zur Einkommensteuer mit Änderungen hin und her in nur einem Änderungsbescheid zur Einkommensteuer die zutreffende Umsetzung durch den Ansatz der festgestellten Besteuerungsgrundlagen erfolgt ist.

Schließlich konnte auch im vorliegenden Fall die Festsetzungsfrist der Einkommensteuer des Klägers noch gehemmt werden. Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 14 AO kann nämlich nur eingreifen, wenn der Erstattungsanspruch vor Eintritt der Festsetzungsverjährung entstanden ist. Ein Erstattungsanspruch kann frühestens mit der Zahlung auf den Steuerbescheid entstehen (Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 03. August 2000 V 788/98, EFG 2001, 56; Frotscher, AO, § 171, Rz. 89). Hier hat der Kläger die nicht von der Aussetzung der Vollziehung umfassten Beträge an Einkommensteuer 1998 am 15. Dezember 2004 und damit vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit dem 31. Dezember 2004 (s.o.). gezahlt, also vor dem Eintritt der Festsetzungsverjährung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Gründe dafür im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO vorliegen.

Ende der Entscheidung

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