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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 14.06.2007
Aktenzeichen: 15 K 4522/05
Rechtsgebiete: EStG, AufenthG
Vorschriften:
EStG § 62 Abs. 2 Nr. 1 | |
EStG § 62 Abs. 2 Nr. 3 | |
AufenthG § 25 Abs. 5 |
Finanzgericht Köln
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger für seine Kinder im Jahr 2005 einen Anspruch auf Kindergeld hat.
Der Kläger ist mazedonischer Staatsangehöriger. Er lebt seit 1995 mit seiner Lebensgefährtin und den gemeinsamen Kindern, B, geb. 3.7.1997, und N, geb. 16.2.1999, in Deutschland. Ausländerrechtlich ist der Kläger in Deutschland nach § 55 Abs. 2 AuslG und ab 2005 nach § 60a AufenthG geduldet (Bl. 64 - 67 der FG-Akte).
Bis zum 31.12.2003 stand der Kläger in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Im Anschluss daran erhielt er Arbeitslosengeld. In der Zeit vom 1.9.2004 bis 31.12.2005 war der Kläger im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bei E e.V. tätig. Der Verein führte Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge ab, jedoch keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge (s. Vermerk vom 29.9.2005 Bl. 156 der KiG-Akte).
Mit Bescheid vom 15.2.2005 hob die Familienkasse die bisherige Kindergeldfestsetzung ab Januar 2005 auf. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 19.10.2005 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Zur Begründung berief sich die Beklagte auf die fehlenden Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 EStG. Auch nach dem deutschjugoslawischen Abkommen bestünde kein Anspruch, da während der ABMMaßnahme keine Arbeitslosenversicherungspflicht bestanden hätte.
Mit der Klage verfolgt der Kläger seinen Kindergeldanspruch ab 2005 weiter. Zur Begründung führt er an, dass er während des gesamten Jahres 2005 Beiträge an die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung abgeführt habe. Insofern sei er sozialversicherungspflichtig gewesen. Von der Arbeitslosenversicherung sei er gemäß § 27 Abs. 3 Nr. 5 SGB III befreit gewesen. Ihm stehe daher als mazedonischer Staatsangehöriger nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968 Kindergeld zu. Der Kläger sei als Arbeitnehmer im Sinne des Abkommens anzusehen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15.2.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.10.2005 zu verpflichten, dem Kläger für das Jahr 2005 Kindergeld zu bewilligen,
hilfsweise
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise
die Revision zuzulassen.
Am 1.1.2005 sei das neue deutschmazedonische Abkommen über Soziale Sicherheit vom 8.7.2003 in Kraft getreten (BGBl. II 2004, 1066 und BGBl. II 2005, 95). Mit dem Inkrafttreten des neuen Abkommens seien im Verhältnis zwischen Deutschland und Mazedonien das deutschjugoslawische Abkommen über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968 in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30.9.1974 sowie die Durchführungsvereinbarung zu diesem Abkommen nicht mehr anwendbar (Art. 42 des Abkommens). Das neue Abkommen beziehe Kindergeld nicht mehr in den sachlichen Geltungsbereichs ein (Art. 2 Abs. 1 des Abkommens). In Deutschland lebende Staatsangehörige Mazedoniens könnten daher nur nach § 62 Abs. 2 EStG einen Kindergeldanspruch begründen. Da der Kläger nicht im Besitz einer der in § 62 Abs. 2 EStG genannten Aufenthaltstitel sei, bestehe kein Anspruch. Ferner lägen auch die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 EStG n.F. nicht vor. Insoweit werde auf das Urteil des BFH vom 15.3.2007 III R 93/03 verwiesen.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 12.1.2006 dem Kläger Kindergeld ab 2006 bewilligt.
Der Kläger ist seit dem 2.5.2007 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis.
Die Beteiligten wurden in der mündlichen Verhandlung auf den Vorlagebeschluss des FG Köln vom 9. Mai 2007 (10 K 1690/07 nv juris) hingewiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet.
Der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 15.2.2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Ausländer, die sich Rahmen einer ausländerrechtlichen Duldung im Inland aufhalten, haben keinen Anspruch auf Kindergeld. Der erkennende Senat folgt insoweit der im BFH-Urteil vom 15. März 2007 (III R 93/03, DB 2007, 1122) dargelegten Auffassung.
1. Nach § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG i.d.F. des JStG 1996 hing der Anspruch eines Ausländers auf Kindergeld davon ab, dass er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung (§ 27 AuslG) oder Aufenthaltserlaubnis (§ 15 AuslG 1990) war. Eine Aufenthaltsbewilligung (§§ 28, 29 AuslG 1990), Aufenthaltsbefugnis (§ 30 AuslG 1990) oder eine Duldung (§§ 55, 56 AuslG 1990) reichte nicht aus.
Diese Regelung hielt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) für die wortgleiche Regelung in § 1 Abs. 3 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) i.d.F. des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1. SKWPG) vom 21. Dezember 1993 (BGBl I, 2353) insoweit für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG, als die Gewährung von Kindergeld von der Art des Aufenthaltstitels abhing (BVerfG-Beschluss vom 6. Juli 2004 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160, BFH/NV 2005, Beilage 2, 114).
§ 62 Abs. 2 EStG ist deshalb durch Art. 2 des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13. Dezember 2006 --AuslAnsprG-- (BGBl I 2006, 2915, BStBl I 2007, 62) neu gefasst worden unter Berücksichtigung der Vorgaben des BVerfG und der Systematik der Aufenthaltstitel nach dem Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet --Aufenthaltsgesetz-- (AufenthG) vom 30. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1950), das ab 1. Januar 2005 das AuslG 1990 abgelöst hat (vgl. BTDrucks 16/1368, S. 8).
Die neue Regelung ist mit Wirkung vom 1. Januar 2006 in Kraft getreten und erfasst alle Sachverhalte, bei denen --wie im Streitfall-- das Kindergeld noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist (§ 52 Abs. 61a Satz 2 EStG). Damit gilt die zwischenzeitliche Änderung des § 62 Abs. 2 EStG, die im Zusammenhang mit der Ablösung des AuslG 1990 mit Wirkung vom 1. Januar 2005 durch das Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) vom 30. Juli 2004 (BGBl. I 2004, 1950, 2007), durch welches sich die Systematik der Aufenthaltstitel geändert hat, nicht mehr. Denn diese Regelung beanspruchte nur Gültigkeit in Fällen bestandskräftiger oder rechtskräftiger Entscheidungen. Der hier vorliegende Sachverhalt ist daher nach § 62 Abs. 2 EStG in der ab dem 1.1.2006 gültigen Fassung zu beurteilen.
2. Nach § 62 Abs. 2 Nr. 1 EStG erhält ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer Kindergeld, wenn er über eine Niederlassungserlaubnis verfügt. Auch aus einer Aufenthaltserlaubnis, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, kann sich unter den Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Nr. 2 EStG ein Anspruch auf Kindergeld ergeben. Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG wegen eines Krieges im Heimatland oder nach den §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG kann einen Kindergeldanspruch begründen, wenn sich der Ausländer seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt (§ 62 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Nr. 2 Buchst. c EStG). Ein Aufenthalt aufgrund einer Duldung berechtigt auch nach neuem Recht nicht zum Bezug von Kindergeld.
Duldungen bleiben nach § 102 AufenthG für den Zeitraum ihrer Geltungsdauer weiter wirksam. Nach Ablauf der Geltungsdauer ist zu entscheiden, ob eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG oder eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG erteilt werden kann oder die Duldung nach § 60a AufenthG zu verlängern ist (Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 102).
3. Der Kläger hatte im maßgeblichen Zeitraum keinen Aufenthaltstitel. Die Abschiebung war lediglich ausgesetzt. Er war somit lediglich geduldet i.S.d. im Streitjahr geltenden § 60a AufenthG (s. Blatt 66f. der FG-Akte).
Unerheblich ist, dass der Kläger erwerbstätig war. Die geduldeten erwerbstätigen Ausländer sind bewusst von dem Bezug von Kindergeld ausgeschlossen worden. Sie sollten bei der Neuregelung des Kindergeldes in § 62 Abs. 2 EStG nicht berücksichtigt werden, weil nach dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 11. November 2005 für diese Personen eine befriedigende Lösung nach dem AufenthG vorgesehen ist (vgl. BTDrucks 16/1368, S. 8).
4. Die neue gesetzliche Regelung begegnet nach Auffassung des Senats keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
a. Das BVerfG hat nicht das Ziel der gesetzlichen Neufassung von § 1 Abs. 3 BKGG verworfen, Kindergeld nur solchen Ausländern zu gewähren, von denen zu erwarten sei, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben, sondern die getroffene Regelung als ungeeignet angesehen, dieses Ziel zu erreichen.
Die Neuregelung in § 62 Abs. 2 EStGist nach Auffassung des Senats geeignet, das o.g. Ziel zu erreichen. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass die Frage, ob die Voraussetzungen für einen Kindergeldanspruch vorliegen, nicht mehr -wie in der verfassungswidrig erklärten Regelung- allein danach beurteilt wird, nach welcher Vorschrift des AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist. Eine entscheidende Rolle spielt, ob der Titel zur Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat. Denn gerade die Erwerbstätigkeit kann für die wirtschaftliche Integration sprechen.
Zum anderen knüpft der neu gefasste § 62 Abs. 2 EStG an die Neuregelung des ab dem 1.1.2005 geltenden AufenthG an. Hiernach können auch diejenigen ausländischen Mitbürger kindergeldanspruchsberechtigt werden, wenn sie einen Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG (§ 62 Abs. 2 Nr. 2c EStG) erhalten und die weiteren Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG erfüllen. Mit der Einführung der Rechtsvorschrift des § 25 Abs. 5 in dem seit 1. Januar 2005 geltenden Aufenthaltsgesetz hat der Gesetzgeber die Aufenthaltsgewährung für die bislang geduldeten Ausländer geregelt. Mit dieser neuen Bestimmung wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass die bisherige Praxis der sogenannten "Kettenduldung" beendet wird (s. Begründung zum Zuwanderungsgesetz BT-Drucks. 15/420, Seite 80). Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll nach § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt. Zwar stellt die Regelung des § 25 Abs. 5 AufenthG keine in allen Fällen der sog. Kettenduldung anzuwendende Anspruchsgrundlage bei einer Duldungsdauer von 18 Monaten dar. Bei der Prüfung der ebenfalls erforderlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist aber "implizit auch die Zumutbarkeit" zu prüfen (BT-Drucks 15/420 S. 80 und 14/8414 S. 75). Eine freiwillige Ausreise ist aus rechtlichen Gründen auch dann unmöglich, wenn ihr rechtliche Hindernisse entgegenstehen, welche die Ausreise als unzumutbar erscheinen lassen (vgl. Urteil des VG Darmstadt vom 22.11.2005 4 E 2800/03 nv juris mwN). Derartige Hindernisse können sich sowohl aus inlandsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, zu denen u.a. auch diejenigen Verbote zählen, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 6 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutz der Meneschenrechte und Grundgfreiheiten - EMRK -) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind, als auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG (vgl. Urteil des BVerwG vom 27. Juni 2006 1 C 14/05, BVerwGE 126, 192). Im Rahmen des Art. 8 Abs. 1 EMRK ist beispielsweise entscheidend, ob der Betroffene im Aufenthaltsstaat über intensive persönliche und familiäre Bindungen verfügt, aufgrund derer er in seiner gesamten Entwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist, weshalb ihm bei einem Verlassen des Aufnahmestaates eine Entwurzelung droht (Beschluss des OVG für das Land NRW vom 7. Februar 2007 18 A 4369/05, nv juris). Vor diesem Hintergrund ist die Regelung, ausschließlich geduldeten ausländischen Mitbürgern keinen Anspruch auf Kindergeld zu gewähren, sofern sie nicht die in § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG erfüllen, hinreichend sachlich gerechtfertigt. Die Regelungen in § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG halten sich deshalb in dem dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit zustehenden Gestaltungsspielraum (so auch FG Düsseldorf, Urteil vom 23. Januar 2007 10 K 5107/05 Kg, EFG 2007, 600). Die getroffene Regelung, geduldeten Ausländern keinen Anspruch auf Kindergeld zu gewähren, ist im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachverhalts vertretbar und nicht sachfremd und stellt daher keinen Verstoß gegn Art. 3 Abs. 1 GG dar.
Im übrigen schließt sich der Senat den Ausführungen des BFH in seinemUrteil vom 15. März 2007 III R 93/03 (unter II.4)
b. Aus den unter Abschnitt a. dargelegten Erwägungen folgt der Senat auch nicht der Ansicht des 10. Senats des FG Köln (Vorlagebeschluss an das BVerfG vom 9. Mai 2007, 15 1690/07nv juris) . Der 10. Senat des FG Köln hält sowohl die Neuregelung des § 62 Abs. 2 EStG durch Art. 2 des AuslAnsprG vom 13. Dezember 2006 als auch die Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 61a Satz 2 EStG für verfassungswidrig.
Soweit der 10. Senat die Ansicht vertritt, dass der Gesetzgeber sich durch die Neuregelung im Ergebnis nicht dem Phänomen stelle, dass es eine große Anzahl von Ausländern gebe, die bereits seit vielen Jahren gestattet oder geduldet im Bundesgebiet leben, teilt der erkennende Senat diese Ansicht nicht. Wie oben dargestellt hat der Gesetzgeber das Problem der sog. Kettenduldung gesehen und mit der Einführung des § 25 Abs. 5 AufenthG die Möglichkeit geschaffen, die Praxis der bisherigen Kettenduldungen zu beenden. Mit der Möglichkeit einen Titel nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erhalten, kann auch eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vermieden werden. Denn mit der neuen Bestimmung hielt der Gesetzgeber einen insoweit positiven Ermessensgebrauch jedenfalls für Minderjährige und für seit längerem in Deutschland aufenthältliche Ausländer für geboten (BT-Drucks. 15/420, 80).
Warum der Kläger im vorliegenden Fall im Jahr 2005 keinen Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG sondern lediglich eine Duldung nach § 60a AufentG erhalten hat, braucht im Streitfall nicht geprüft zu werden. Denn im Kindergeldverfahren ist das Ausländerrecht nicht eigenständig anzuwenden. Soweit die Ausländerbehörde eine bindende Statusfeststellung mit Wirkung gegen Dritte getroffen haben, kommt dieser Tatbestandswirkung zu (BFH-Urteil vom 20. Februar 1998 VI B 205/97, BFH/NV 1998, 963; vgl. BSG-Urteil vom 13. August 1996 10 RKg 11/95, Kompaß 1997, 177).
c. Aus den o.g. Erwägungen teilt der erkennende Senat auch nicht die vom 10. Senat in seinem Vorlagebeschluss (aaO) unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 25. Oktober 2005 (59140/00 DStR 2006, 1404 ) geäußerte Ansicht, dass die Neuregelung für den Zeitraum ab 2005 gegen Art. 25 GG verstößt.
d. Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO oder entsprechend § 74 FGO (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Februar 1992 III B 24,25/91, BStBl II 1999, 764) kommt nach Ansicht des Senats ebenfalls nicht in Betracht.
Nach § 74 FGO kann das Gericht die Aussetzung des Verfahrens u.a. dann anordnen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet.
Eine Aussetzung des Klageverfahrens gemäß § 74 FGO ist nach der Rechtsprechung des BFH danach u.a. dann geboten, wenn vor dem BVerfG bereits ein nicht als aussichtslos erscheinendes Musterverfahren gegen eine im Streitfall anzuwendende Norm anhängig ist, zahlreiche Parallelverfahren vorliegen und keiner der Verfahrensbeteiligten ein besonderes berechtigtes Interesse an einer Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der umstrittenen gesetzlichen Regelung trotz des beim BVerfG anhängigen Verfahrens hat. Für die Aussetzung des Verfahrens ist darüber hinaus erforderlich, dass eine die Verfassungswidrigkeit bejahende Entscheidung des BVerfG entscheidungserhebliche Auswirkungen auf das auszusetzende Verfahren haben könnte (BFH-Beschluss vom 15. März 2005 IV B 91/04, BFHE 209, 128, BStBl II 2005, 647).
Wie oben ausgeführt hält das Gericht die Neuregelung des § 62 Abs. 2 EStG, jedenfalls soweit sie für den hier vorliegenden Fall entscheidungserheblich ist, für verfassungsgemäß.
5. Der Kläger hat auch keinen Anspruch nach Artikel 28 des deutschjugoslawischen Abkommens über soziale Sicherheit vom 12. Oktober 1968 (BGBl. II 1969, 1438) i.d.F. des Änderungsabkommens vom 30. September 1974 (BGBl. II 1975, 389), da dieses Abkommen seit dem 1.1.2005 für mazedonische Staatsangehörige durch das deutschmazedonische Abkommen über Soziale Sicherheit vom 8. Juli 2003 (BGBl. II 2004, 1066 und BGBl. II 2005, 95) ersetzt worden ist (Art. 42). Das Kindergeld für Arbeitnehmer wird in dem neuen Abkommen nicht mehr geregelt (Art. 2 Abs. 1). In Deutschland lebende mazedonische Staatsangehörige haben somit nur dann einen Kindergeldanspruch, wenn die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 EStG erfüllt sind. Es kommt daher für den Streitfall nicht darauf an, ob ein in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme Beschäftigter Arbeitnehmer i.S.d. des deutschjugoslawischen Abkommens ist.
Ein möglicher Anspruch auf Kindergeld nach dem Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien (Art. 46, BGBl. 2002, II 1210, 1218) war im Streitzeitraum 2005 noch nicht in Kraft getreten (vgl. Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Kommentierung zu § 62 EStG, Rn. 53.1 Stand 1/07).
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
7. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.
Ende der Entscheidung
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