Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 16.11.2006
Aktenzeichen: 2 K 1510/05
Rechtsgebiete: EStG, BGB, UWG, OECD-MA, DBA CH, UrhG


Vorschriften:

EStG § 21 Abs. 1 Nr. 3
EStG § 49 Abs. 1 Nr. 6
EStG § 50d Abs. 2 S. 1
BGB § 823 Abs. 1
UWG § 1
OECD-MA Art. 17 Abs. 2
DBA CH Art. 12 Abs. 1
UrhG § 2 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

2 K 1510/05

Tenor:

1. Der Widerrufsbescheid vom 07.07.2004 der Freistellungsbescheinigungen vom 20.05.2003 und 27.04.2004 und die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 14.03.2005 werden aufgehoben.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Kläger abwenden, soweit die Kläger nicht zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

A.

Die Beteiligten streiten um die Freistellung von Vergütungen vom inländischen Steuerabzug, welche die "XYZ " - XYZ - über die Klägerin zu 2) an den in der Schweiz ansässigen Kläger zu 1) im Zusammenhang mit der Übertragung von inländischen Sportereignissen im Fernsehen ("Fernsehübertragungsrechte") leistet.

Streitentscheidend ist, welche Leistungen des Klägers zu 1) mit diesen Zahlungen vergütet werden und wie diese Leistungen rechtlich zu qualifizieren sind. Bei der Frage nach der rechtlichen Qualifikation ist insbesondere streitig, ob es sich bei der entgeltlichen Gestattung von Live-Übertragungen um die Vergabe eines "Rechtes" bzw. einer "Lizenz" oder die "Verwertung" einer sportlichen Darbietung handelt.

I.

1. Die "ABC - ABC - der Kläger zu 1) - ist ein Branchenverband von Hörfunk- und Fernsehanstalten in der Rechtsform eines gemeinnützigen Vereins i.S.d. Art. 60 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches. Der Sitz des Klägers zu 1) befindet sich in D, Schweiz. Der Kläger zu 1) ist als "Internationale Hilfsgesellschaft" - d.h. Gesellschaft, die in der Schweiz keine Handles- oder Fabrikationstätigkeit entfaltet - von der Ertragsteuer in der Schweiz befreit.

Rechtsgrundlage des Klägers zu 1) ist seine Satzung. Mitglieder des ABC sind die europäischen ... Sendeanstalten. Nach Artikel 2 der Satzung soll der ABC die Interessen seiner Mitglieder bei Programmfragen sowie in rechtlichen, technischen und anderen Angelegenheiten wahrnehmen. Insbesondere fördert der ABC den Austausch von Radio- und Fernsehprogrammen sowie jede andere Form der Zusammenarbeit zwischen seinen Mitgliedern. Der ABC unterstützt seine ("aktiven") Mitglieder zudem bei Verhandlungen aller Art oder führt auf deren Auftrag selbst Verhandlungen (Art. 2 § 2 (b) (iv) Satzung). Nach den Satzungsbestimmungen soll dies im Namen der Mitglieder geschehen. Die Kläger haben als Beispiel die Vereinbarung zwischen dem ABC und der EFG -EFG-, Bl. 133 ff. GA - Übersetzung Bl. 414 ff. GA - im Weiteren: "Mustervertrag") vom 20.07.1999 vorgelegt, welche unbestritten als repräsentativ gelten kann; danach werden tatsächlich die Verträge im Namen des ABC selbst geschlossen

In der Praxis besteht eine der Hauptaufgaben des ABC darin, Fernsehrechte von Sportereignissen mit europaweitem Interesse vom Veranstalter zu erwerben und hierbei die Finanzkraft der ... Rundfunkanstalten zu bündeln.

2. Weitere Verpflichtungen ergeben sich aus verbindlichen Einzelregelungen (Ausführungsbestimmungen) für die Mitglieder, bei denen es sich im hier interessierenden Zusammenhang handelt um die "ABC Sports Rights an Acquisitions Rules" (~ Regel und Verfahrens des gemeinsamen Sportrechterwerbs), die "Rules on Sharing of Transmission Rights unter Eurovision Sports Agreements" (~ Regeln zur Aufteilung der Übertragungsrechte) sowie Abreden über "Sharing of rights fee by Administrative Council decision" (~ Aufteilung der Lizenzkosten).

Das vom ABC, dem Kläger zu 1), getragene sog. "ABC-system" regelt grenzübergreifend Erwerb und Nutzung von Fernsehübertragungsrechten innerhalb der Gemeinschaft. Dieses System beruht auf der Verpflichtung der Mitglieder, sich gegenseitig ihre Berichterstattung über wichtige Ereignisse sowie ihre aktuellen Berichte und ihre Berichterstattung über sportliche und kulturelle Ereignisse, die in ihrem Land stattfinden, anzubieten. Hierdurch stellen die Mitglieder auf diesen Gebieten auf der Grundlage der Gegenseitigkeit eine Dienstleistung für ihr jeweiliges nationales Fernsehpublikum sicher. Alle aktiven Mitglieder des ABC können sich überdies am gemeinsamen Erwerb und der gemeinsamen Nutzung von Fernsehrechten für Sportveranstaltungen beteiligen; den Mitgliedern steht nach Ziff. 1.1.1 der "Regeln zur Aufteilung der Übertragungsrechte" ein umfassender Anspruch auf die - vom ABC - erworbenen Rechte zu.

Den rechtlichen Rahmen für dieses Vertragssystem bildet Artikel 3 § 6 der Satzung; die Tätigkeiten des ABC in Bezug auf das ABC-system werden als "operativen Maßnahmen" bezeichnet, Art. 15 § 3 der Satzung.

Für die Übertragung von Sportveranstaltungen im Rahmen der Eurovision gelten folgende Regeln (...):

- Gemeinsamer Erwerb von Fernsehrechten für Sportereignisse

Fernsehrechte für internationale Sportereignisse werden in der Regel - durch den ABC - von sämtlichen interessierten Mitgliedern gemeinsam von dem entsprechenden Veranstalter erworben. Wenn ABC-Mitglieder aus zwei oder mehr Ländern an einem bestimmten Sportereignis interessiert sind, ersuchen sie den ABC um Koordinierung. Die Verhandlungen werden dann für alle interessierten Anstalten entweder von einem ABC-Mitglied aus dem Land, in dem das Ereignis stattfindet oder von dem ABC selbst geführt.ABC werden als "Eurovisionsverträge" bezeichnet. Der Veranstalter räumt - wie der Mustervertrag verdeutlicht (Ziff. 1.1.) - dem ABC das übertragbare Recht ("transferable right") ein, eine Veranstaltung auf ein Fernsehsystem für private Zuschauer zu übertragen. Dritten werden keine Übertragungsrechte eingeräumt ("...] shall not authorize any third party to exercise television rights ..." - Ziff. 1.2 Mustervertrag); offenbar aus wettbewerbsrechtlichen Gründen sind allerdings Unterlizenzen über die ABC-Mitglieder zugelassen (Ziff. 1.4 Mustervertrag).

- Gemeinsame Nutzung der erworbenen Rechte

Die Inanspruchnahme von Übertragungsrechten erfolgt auf zweierlei Weise:

"Modell A":

Bei Veranstaltungen ... wird die Übertragung (Fernsehsignal, bestehend aus Basis-Bild- und Tonübertragung) grundsätzlich von einem im betreffenden Land ansässigen Mitglied - dem sog. "Host-Broadcaster "- übernommen und über das Programmaustauschsystem der ... sämtlichen übrigen Mitgliedern zur Verfügung gestellt.

Dazu erwirbt der ABC die Berechtigung, den Veranstaltungsort mit der zur Bildsignalproduktion erforderlichen Ausrüstung zu betreten, um vor Ort ein Bildsignal zu erstellen. Die Herstellung des Bildsignals übernimmt dann der Host-Broadcaster, d.h. das nationale ABC-Mitglied. Neben dem vertraglichen Recht des Host-Broadcasters auf Berichterstattung besteht freilich auch eine Pflicht des ABC, für eine angemessene Verbreitung der Berichterstattung zu sorgen (vgl. Ziff. 4.1.1 Mustervertrag).

Die Überlassung der Berechtigung, den Veranstaltungsort mit der zur Bildsignalproduktion erforderlichen Ausrüstung zu betreten, von dem ABC an den Host-Broadcaster erfolgt - wenn es sich wie bei der Klägerin zu 2) um Vollmitglieder handelt - nicht auf einer weiteren vertraglichen Basis, sondern in Vollzug der Satzung des ABC und der weiteren Ausführungsbestimmungen.

"Modell B":

Der ABC erwirbt vom Sportveranstalter unter Einschaltung eines dritten "Broadcasters" ein fertiges Bild- und Tonsignal von einer Veranstaltung.

3. Die Finanzierung des ABC ist in Art. 18 der Satzung geregelt. Danach bestehen im Wesentlichen zwei Zahlungsverpflichtungen für die "aktiven" Mitglieder des ABC, welchen die vollen Mitgliedschaftsrechte und -pflichten zukommen. Zum einen sind Mitgliedsbeiträge für jedes Geschäftsjahr zu entrichten. Mit diesen Zahlungen werden die dem ABC entstandenen Kosten ausgeglichen.

Zum anderen werden "Beiträge für operative Maßnahmen" geleistet: Für die Tätigkeit des ABC im Bereich des Erwerbs von Übertragungsrechten gilt der Grundsatz der "Selbstfinanzierung", d.h. die entstehenden Kosten werden den Nutzern in vollem Umfang Rechnung gestellt. Damit sind zwei Finanzierungs- und Rechtsverhältnisse zu unterscheiden.

"1. Ebene":

Der ABC schließt Verträge mit Sportveranstaltern über die Berechtigung zur Berichterstattung ab und zahlt die dafür in Rechnung gestellten Beträge an den Veranstalter.

"2. Ebene":

Die Berechtigung zur Berichterstattung wird den Mitgliedern - insbesondere dem Host-Broadcaster - vom ABC gegen Erstattung der Kosten für den Erwerb übertragen.

Im Streitfall geht es nur um diese Kosten, die etwa die Klägerin zu 2) an den Kläger zu 1) für konkrete Sportereignisse im Inland zu leisten hat.

4. Die Klägerin zu 2), der RS, ist ein Rundfunkanbieter in der Bundesrepublik Deutschland. Ebenso wie alle anderen Angehörigen der XYZ gehört die Klägerin zu 2) zu den Mitgliedern des Klägers zu 1). Die Zahlung der Mitgliedsbeiträge der Angehörigen der XYZ und der Beiträge für operative Maßnahmen hat die Klägerin zu 2) federführend übernommen.

Die vom Kläger zu 1) ggfls. auch für Deutschland erworbenen Fernsehrechte werden letztlich ebenfalls von der Klägerin zu 2) federführend für die XYZ verwaltet.

II.

Öffentlich-rechtliche Rundfunkanbieter in der Bundesrepublik Deutschland zahlten in der Vergangenheit erhebliche Beträge als Vergütung für die Fernsehübertragungsrechte (Beiträge für operative Maßnahmen). So waren - nach Feststellungen der Finanzverwaltung - beispielsweise in den 90er Jahren für das Recht, Spiele der UEFA Champions League übertragen zu dürfen, jährlich etwa ... zu entrichten.

Nach Feststellungen der Finanzverwaltung hatte der Beklagte jedenfalls bis Ende der 90er Jahre die Überlassung von Übertragungsrechten an "schweizer Rechteinhaber" grundsätzlich nur mit folgender Einschränkung vom Steuerabzug im Inland freigestellt:

"Die Freistellung gilt nicht für Vergütungen für "Live-Übertragungen" von im Inland stattfindenden Sportveranstaltungen (Artikel 17 Abs. 1 DBA Schweiz)."

Hierbei handelt es sich offenbar um die Fälle des Host-Broadcasting.

III.

Mit Antrag vom 09.01.2003 - bei dem Beklagten eingegangen am 17.02.2003 - beantragte der Kläger zu 1) bei dem Beklagten die Erteilung einer umfänglichen Freistellungsbescheinigung für Lizenzgebühren und ähnlichen Vergütungen nach dem deutsch-schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommen (im Weiteren: "DBA-Schweiz"). Als Lizenznehmer und Vergütungsschuldner war die XYZ aufgeführt.

Die Klägerin zu 2) teilte im Rahmen eines Erörterungsverfahrens mit, sie - und nicht die XYZ - sei als Vergütungsschuldner zu bezeichnen. Darüber hinaus führte die Klägerin zu 2) im Schreiben vom 11.03.2002 aus, es handele sich um Zahlungen für "Lizenzerwerbe".

Mit Datum vom 20.05.2003 erteilte der Beklagte eine Freistellungsbescheinigung gemäß § 50d Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz - EStG - gerichtet auf Freistellung inländischer Einkünfte vom Steuerabzug nach § 50 Abs. 4 EStG. Die Freistellung bezog sich ausweislich des Tenors der Bescheinigung auf die "Vergütung für die Nutzung oder das Recht auf Nutzung von Urheberrechten und/oder für ähnliche Leistungen" im Zeitraum vom 17.02.2003 bis zum 31.01.2006. Schuldnerin der Vergütungen war die Klägerin zu 2). Die Bescheinigung erging unter dem Vorbehalt des Widerrufs.

Auf erneuten Antrag erließ der Beklagte mit Datum vom 27.04.2004 eine weitere Freistellungsbescheinigung gleichen Inhalts, wobei diese Freistellung für Vergütungen galt, die im Zeitraum vom 12.02.2004 bis 28.02.2007 gezahlt wurden. Auch diese Bescheinigung erging unter dem Vorbehalt des Widerrufs.

IV.

1. Am 28.01.2004 war eine Prüfungsmitteilung des Bundesrechnungshofes - BRH - an das Bundesministerium der Finanzen - BMF - ergangen (...). Der BRH vertrat die Auffassung, der Kläger zu 1) erziele vom Vergütungsschuldner, der Klägerin zu 2), beschränkt steuerpflichtige Einkünfte im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 2 d) EStG in Gestalt der Verwertung gewerblicher, hier sportlicher Inlandstätigkeiten, welche dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG unterlägen.

Sofern die Zahlungen für Live-Übertragungsrechte an im Inland stattfindenden Sportveranstaltungen geleistet würden, habe hieran die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz das Besteuerungsrecht. Folglich müsse die Erteilung von Freistellungen insoweit ausgeschlossen werden.

Für dieses Ergebnis bezog sich der Bundesrechnungshof auf den Erlass des BMF vom 23.01.1996 (BStBl. I 1996, 89), wonach es sich bei der Gestattung einer Live-Übertragung nicht um die Übertragung eines Rechtes in Gestalt einer Lizenz handele. In dem BMF-Schreiben heißt es hierzu:

Tz. 2.4 a.E.

"Die Erlaubnis des Veranstalters zur rundfunkmäßigen Verwertung einer Sportveranstaltung ist im Rechtssinn keine Übertragung von Rechten, sondern eine Einwilligung in Eingriffe, die der Veranstalter aufgrund seiner Rechtsposition (insbes. aus § 823 Abs. 1 BGB, § 1 UWG und seinem Hausrecht nach §§ 858, 1004 BGB) verbieten könnte. Die an den ausländischen Ausrichter einer im Ausland stattfindenden Sportveranstaltung gezahlten Vergütungen für die Rundfunk- oder Fernsehübertragung der Sportveranstaltung ins Inland sind bei dem Vergütungsgläubiger daher keine Einkünfte aus der Übertragung von Urheberrechten; sie gehören aber zu den gewerblichen Einkünften aus Darbietungen, siehe Tz. 2.2.3.1. Die Fernsehübertragung hingegen ist urheberrechtlich geschützt (Laufbilder gem. § 95 UrhG), so daß Einkünfte aus der Weitergabe der Fernsehbilder unter die Regelung fallen können."

Beispiel 11: zu Tz. 2.2.3.1, 2.4, 2.5, 3.1

"c) Fernsehrechte

Originärer Inhaber der Fernsehübertragungsrechte ... ist der Veranstalter (siehe Tz. 2.4) ... Bei den Fernsehrechten handelt es sich - unabhängig von der Person des Inhabers - nicht um Urheberrechte, sondern um eine Einwilligung in Eingriffe, die der Veranstalter aufgrund seiner Rechtsposition verbieten könnte."

Der BRH schloss seinen Bericht mit der Empfehlung, die Verfahrensweise des Beklagte zu überprüfen und eine Entscheidung ggfls. als BMF-Schreiben bekannt zu geben.

2. Die bisherige Verwaltungsauffassung wurde dementsprechend überprüft und vom BMF (...) angepasst: Hiernach stellten Einkünfte internationaler Dachorganisationen mit Sitz im Ausland aus der Verwertung von Fernsehübertragungsrechten an sportlichen Großveranstaltungen im Inland "Einkünfte im Zusammenhang mit dem sportlichen Ereignis" dar und waren als Einkünfte aus sportlerischer Tätigkeit anzusehen. Deutschland sollte damit ein Besteuerungsrecht nach Art 17 Abs. 2 OECD-MA (Künstler und Sportler) die hierauf entfallenden Einkünfte zustehen, wobei dies nur für "Live-Ausstrahlungsrechte" gelten sollte. Einkünfte aus der Verwertung von Aufzeichnungsrechten sollten unter Art. 12 OECD-MA (Lizenzgebühren) fallen.

3. Bereits mit Haftungsbescheid vom 16.12.2003 war die Klägerin zu 2) auf Zahlung rückständiger Abzugsteuern in Höhe von ca. 6,6 Mio. € in Anspruch genommen worden.

V.

Mit Bescheid vom 07.07.2004 widerrief der Beklagte die gewährte Freistellungsbescheinigung durch einen Änderungs- bzw. Aufhebungsbescheid im hier streitigen Punkt: Der Gegenstand der Freistellung wurde - wie in der Vergangenheit - dahingehend eingeschränkt, dass die Freistellung nicht für Vergütungen gilt, die für Fernsehübertragungen von im Inland stattfindenden Sportveranstaltungen gezahlt werden.

Im Bescheid heißt es:

"Auf den Antrag vom 17.02.2003 ... ergeht folgende Bescheinigung:

Die Freistellung wird erteilt. ...

Gegenstand der Freistellung:

Vergütungen für die Überlassung von Übertragungsrechten.

Die Freistellung gilt nicht für Vergütungen, die für Live-Übertragungen von im Inland stattfindenden Sportveranstaltungen gezahlt werden.

Die Freistellung gilt für Vergütungen, die im Zeitraum vom 07.07.2004 bis 28.02.2007 gezahlt werden.

Gläubiger der Vergütungen: [Kläger zu 1)]

Schuldner der Vergütungen: [Klägerin zu 2)]

...

Hiermit werden die Freistellungsbescheinigungen vom 20.05.03 ... und vom 27.04.04 ... mit Wirkung vom 07.07.2004 aufgehoben und durch diese Freistellungsbescheinigung ersetzt."

Gegen diesen Änderungsbescheid haben der Kläger zu 1) mit Schreiben vom 28.07.2004 sowie die Klägerin zu 2) mit Schreiben vom 22.07.2004 Einsprüche eingelegt. Mit Schreiben vom 06.08.2004 erläuterte der Beklagte dem Kläger zu 1) den Änderungsbescheid. In dem Schreiben heißt es auszugsweise:

"... für Vergütungen für die Überlassung von Übertragungsrechten an Sportveranstaltungen, die für Live-Übertragungen von im Inland stattfindenden Sportveranstaltungen gezahlt werden, hat Deutschland ... das Besteuerungsrecht. Weil Vergütungen für Live-Übertragungen unter Artikel 17 OECD-Musterabkommen fallen und somit auch Gegenstand des Besteuerungsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz sind, kann für diese Einkünfte keine ... Freistellung ... gewährt werden [vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 23. Januar 1996, ... Bundesteuerblatt Teil I 1996, Seite 89 (100), Beispiel 11 c, Fernsehrechte]."

Mit Einspruchsentscheidung vom 14.03.2005 (...) wies der Beklagte den Einspruch des Klägers zu 1) als unbegründet zurück. Der Beklagte rechtfertigte seine Entscheidung im Wesentlichen mit der dargestellten Argumentation des Bundesrechnungshofes; "Fernsehübertragung und die sportliche Tätigkeit" seien "untrennbar miteinander verknüpft". Auch könne der Kläger zu 1) - so der Beklagte - keinen Vertrauenstatbestand für sich geltend machen, da die Freistellungsbescheinigung unter dem Vorbehalt des Widerrufes gestanden habe.

Mit Einspruchsentscheidung ebenfalls vom 14.03.2005 (...) verwarf der Beklagte den Einspruch der Klägerin zu 2) als unzulässig. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Klägerin zu 2) sei durch den Widerruf der Freistellungsbescheinigung nicht beschwert. Nur der Vergütungsgläubiger - im Streitfall der Kläger zu 1) - sei gemäß § 50a Abs. 5 Satz 4 EStG als beschränkt Steuerpflichtiger Steuerschuldner. Damit sei auch nur der Vergütungsgläubiger "betroffen" durch die Freistellungsbescheinigung. Zwar trage die Klägerin zu 2) nach § 50a Abs. 5 Satz 5 EStG ein Haftungsrisiko. Etwaige diesbezügliche Rechtsverletzungen seien jedoch im Haftungsverfahren geltend zu machen. Insbesondere bestehe bei Befolgung des geänderten Bescheides in Zukunft kein Haftungsrisiko.

Dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides hat der erkennende Senat im Verfahren 2 V 569/05 durch Beschluss vom 11.04.2005 stattgebeben.

VI.

Gegen den Änderungsbescheid vom 07.07.2004 und die Einspruchsentscheidungen vom 14.03.2005 haben die Kläger am 11.04.2005 die vorliegende Klage erhoben. Nach ihrer Auffassung war die vom Beklagten vorgenommene Bescheidänderung rechtswidrig.

1. Beide Kläger sehen sich als klagebefugt an und verweisen hinsichtlich der potenziellen Rechtsverletzung in der Person der Klägerin zu 2) darauf hin, dass auch der Vergütungsschuldner nach ganz h.M. in der Literatur befugt sei, den Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung zu stellen.

2. In materiell-rechtlicher Hinsicht meinen die Kläger, die Freistellungsbescheinigung sei rechtswidrig, weil der Bundesrepublik Deutschland kein Besteuerungsrecht an den Zahlungen der Klägerin zu 2) an den Kläger zu 1) auf der "Ebene 2" zustehe.

a) Hierzu legen die Kläger zunächst Wert auf die Feststellung, dass es sich bei den streitigen Zahlungsverpflichtungen der Klägerin zu 2) an den Kläger zu 1) um beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte aus § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG (Nutzungsüberlassung von Rechten) und nicht um Einkünften durch künstlerische Darbietungen i.S. des § 49 Abs. 1 Nr. 2 d) EStG handeln soll.

Hierzu meinen die Kläger zunächst, die Zahlungen stünden lediglich in einem "Vorfeldzusammenhang" zu den späteren sportlichen Darbietungen. Die Kläger sind demgegenüber der Auffassung, bei der Berechtigung zur Berichterstattung, welche der Kläger zu 1) gewähre, handele es sich um die Übertragung eines Rechts.

Zwar konzedieren die Kläger, dass es sich bei der ursprünglich vom Veranstalter erteilen Erlaubnis zur Bildberichterstattung nicht um eine Rechtsüberlassung, sondern um einen Verzicht auf die Geltendmachung von Abwehrrechten (Hausrecht u.a.) handele. Diese Position wandle sich jedoch in der Hand des ABC jedoch in ein eigenständiges, von der Sportveranstaltung separierbaren Recht "sui generis". Begründet wird diese Meinung - unter Verweis auf die höchstrichterliche Finanzrechtsprechung und Literatur - mit einem Hinweis auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht: Auch dieses sei einer Rechtsübertragung nicht zugänglich; der Inhaber des Persönlichkeitsrechts könne aber Eingriffe gestatten. Diese Gestattung erstarke, wenn sie weitergegeben werde, ebenfalls zu einem übertragungsfähigen Recht. Demzufolge könne es sich bei der von dem Kläger zu 1) übertragenen Berechtigung nur um die entgeltliche Überlassung eines Rechts i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG handeln.

b) Diese rechtliche Einordnung habe auch abkommensrechtliche Auswirkungen.

(1) Die Regelung in Art. 17 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz, welche der Bundesrepublik Deutschland ein Besteuerungsrecht zuweise, sei nicht einschlägig.

Nach zutreffender Auslegung beziehe sich diese "abkommensrechtliche Sonderregel" nur auf die Einkünfte des ausübenden Sportlers selbst oder eines Dritten, dem genau diese Einkünfte zufließen. Dieses Auslegungsergebnis erzwinge bereits der Wortlaut der Regelung in Art. 17 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz.

Eine andere Regelungsrichtung hätte erfordert, nicht an die "Dienste des Sportlers" anzuknüpfen, sondern jegliche Tätigkeit zu erfassen, die "in Zusammenhang" mit einer sportlichen Veranstaltung steht.

Auch Sinn und Zweck der Vorschrift rechtfertigten kein anderes Ergebnis. Die zitierte Vorschrift diene - und dies ist unstreitig - der Vermeindung einer Steuerumgehung. Damit sei bereits rechtssystematisch eine extensive Auslegung - wie vom Beklagten vorgenommen - unzulässig. Für die historische Auslegung sei zu beachten, dass die Regelung als reiner Umgehungstatbestand die in Umgehungsabsicht gegründete Künstler- und Sportlergesellschaften erfassen sollte. Eine solche Umgehungsabsicht sei im Streitfall nicht feststellbar.

Die Einnahmen des Klägers zu 1) resultierten nicht aus der Tätigkeit eines Sportlers, sondern aus der Verwertung einer eigenen Rechtsposition. Der Kläger zu 1) erhalte nicht "anstelle" des auftretenden Sportlers ein Entgelt, sondern für die Einräumung des "Rechtes". Im Fall des Modells A (Berichterstattung durch Host-Broadcaster) räume der Kläger zu 1) der Klägerin zu 2) einen Anspruch auf "Teilhabe an den Sportübertragungsrechten" ein. Schon insoweit sei der Kläger zu 1) als "Rechteinkäufer" tätig.

(2) Der Sachverhalt sei vielmehr unter Art. 12 Abs. 1 i.V.m. 2 DBA-Schweiz zu subsumieren, so dass die Einkünfte des Klägers zu 1) - jedenfalls grundsätzlich - in der Schweiz zu versteuern seien. Zwar handele es sich möglicherweise bei den Zahlungen der Klägerin zu 2) nicht im Wortsinn um "Lizenzgebühren"; ggfls. sei die Vorschrift aber analog auf die Rechtsüberlassung anzuwenden.

Dass die Weiterveräußerung von Rechten unter Art. 12 DBA-Schweiz fielen, zeige auch die Erläuterung in Tz. 18 zu Art. 12 OECD-Musterabkommen.

3. Schließlich meinen die Kläger noch in formeller Hinsicht, der in den ursprünglichen Bescheiden verankerte Widerrufsvorbehalt könne die Bescheidänderung nicht rechtfertigen.

Die Kläger beantragen,

den Widerrufsbescheid vom 07.07.2004 der Freistellungsbescheinigungen vom 20.05.2003 und 27.04.2004 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 14.03.2005 aufzuheben;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bezieht sich auf den Rechtsstandpunkt der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 06.08.2004 (a.a.O.).

Entscheidungsgründe:

A.

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Die Klage ist zulässig; es liegt eine zulässige subjektive Klagehäufung vor.

Beide Kläger sind nach § 40 Abs. 2 FGO klagebefugt.

1. Für den Kläger zu 1) folgt dies bereits aus dem Umstand, dass er gemäß § 50d Abs. 2 Satz 1 die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung verlangen kann.

Letztlich ist aber auch die Klägerin zu 2) von der Regelung betroffen. Dies ergibt sich aus dem bestehenden Haftungsrisiko für die Klägerin zu 2): Erlässt das für die Nachforderung oder die Haftungsinanspruchnahme zuständige Finanzamt mangels Steuereinbehalt einen Steuer- oder Haftungsbescheid, so können im anschließenden Rechtsbehelfsverfahren im allgemeinen die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung durch die Vorlage einer vom Beklagten erteilten Freistellungsbescheinigung nachgewiesen werden.

Insoweit kann auch der nach ungekürzter Auszahlung der Vergütung erteilten Bescheinigung rechtliche Relevanz zukommen. Dies gilt zumindest solange, als eine Nachforderung oder Haftungsinanspruchnahme im Prinzip denkbar ist (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 23. Januar 1997 - 2 V 6788/95, IStR 1997, 243).

Tatsächlich ist die Klägerin zu 2) auch bereits als Haftungsschuldnerin - wenn auch nicht im vorliegenden Zusammenhang - in Anspruch genommen worden.

2. Beide Kläger dürfen ihre Klagen gemäß § 59 FGO i.V.m. §§ 59, 60 ZPO im Wegen der subjektiven Klagehäufung als - einfache - Streitgenossen gemeinsam verfolgen. Denn mehrere Personen können auch dann als Streitgenossen gemeinschaftlich Anträge bei Gericht stellen, wenn gleichartige und auf einem im wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Ansprüche den Gegenstand des Rechtsstreits bilden.

So liegt es im Streitfall, da beide Kläger von dem Aufhebungsbescheid des Beklagten betroffen sind.

II.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der angefochtene Widerrufsbescheid vom 07.07.2004 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 14.03.2005 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten. Dem Kläger zu 1) steht hinsichtlich der streitgegenständlichen Zahlungen der Klägerin zu 2) für die Überlassung von Fernsehübertragungsrechten bei Sportveranstaltungen im Inland - "Host-Broadcasting" - ein Anspruch auf Erlass einer Freistellungsbescheinigung nach § 50d Abs. 2 Satz 1 EStG zu. Denn bei diesen Zahlungen handelt es sich um Einkünfte des Klägers zu 1) aus Vermietung und Verpachtung eines Rechts i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG EStG (nachfolgend 2.), welche nach Art. 12 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (vom 11. August 1971, BGBl. Teil II 1972, S. 1022 mit späteren Änderungen, im Weiteren: DBA-Schweiz) nicht in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden dürfen (nachfolgend 3.).

Die angefochtenen Bescheide sind deshalb nach § 100 Abs. 1 FGO aufzuheben, so dass die Freistellungsbescheinigungen vom 20.05.2003 und 27.04.2004 wieder Rechtswirksamkeit entfalten.

1. Eine Auslegung des angefochtenen Bescheides vom 07.07.2004 ergibt zunächst, dass sich die Einschränkung der Freistellung nur auf die Fälle des Host-Broadcasting bezieht.

Empfangsbedürftige Willenserklärungen und auch Steuerverwaltungsakte sind so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger - im Streitfall die Kläger - nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller ihnen bekannten Umstände verstehen mussten (Empfängerhorizont). Danach mussten die Kläger erkennen, dass sich die Einschränkung nur auf selbst durchgeführte Übertragungen der XYZ beziehen sollte. Zwar ist der Wortlaut des Bescheides "Vergütungen, die für Live-Übertragungen ... gezahlt werden" nicht eindeutig. Für die Auslegung müssen jedoch alle den Klägern bekannten Umstände herangezogen werden, so auch das Erörterungsschreiben des Beklagten vom 06.08.2004. Der Wortlaut ist zwar mit jenem der Bescheidklausel vergleichbar; der Beklagte verweist jedoch ausdrücklich auf eine bestimmte Regelung im BMF-Schreiben vom 23.01.1996 - nämlich das Beispiel 11 c) - woraus sich unzweideutig eine Beschränkung auf die eigentliche Fernsehübertragung - das Host-Broadcasting - ergibt.

2. Da für den Kläger zu 1) im Inland keine Betriebsstätte unterhalten wurde und kein ständiger Vertreter bestellt war (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 a) EStG), kommen als Rechtsgrundlage für eine beschränkte Steuerpflicht gemäß § 49 Abs. 1 EStG nur dessen Nr. 2 d) sowie dessen Nr. 6 in Betracht.

Bei den vom Kläger zu 1) erzielten Einkünften handelt es sich jedoch um solche aus Vermietung und Verpachtung im Zusammenhang mit der Überlassung von Rechten nach § 49 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Denn zum einen liegt kein anderer Fall des § 49 EStG vor (nachfolgend a)); zum anderen sind die Tatbestandsvoraussetzungen des Abs. 1 Nr. 6 EStG erfüllt (nachfolgend b)).

a) Die Vorschrift des § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG ist nur anwendbar, wenn nicht die Voraussetzungen eines Tatbestandes nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG vorliegen, arg. § 21 Abs. 3 EStG. Dies ist hier der Fall. Denn die einzig in Betracht kommende Alternative in Gestalt des § 49 Abs. 1 Nr. 2 d) EStG scheidet aus.

Die Überlassung von Fernsehübertragungsrechten in Gestalt des Host-Broadcasting führt nicht zu gewerblichen Einkünften, die gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 d) EStG durch sportliche Darbietungen im Inland oder deren Verwertung erzielt werden. Denn im Ergebnis ist die Einräumung der Möglichkeit des Filmens einer Sportveranstaltung, wie sie der Kläger zu 1) der Klägerin zu 2) ermöglicht, keine solche Leistung, durch die eine Veranstaltung "verwertet" wird. Dieses Ergebnis folgt aus der Auslegung des Gesetzes einer Analyse der Leistungsbeziehungen.

(1) Die unmittelbaren Zahlungen des Veranstalters an den Sportler für dessen Tätigkeit stellen - die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen unterstellt - zweifelsohne Einkünfte des Sportlers nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 d) EStG dar. Denn diese Zahlungen sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die durch sportliche Darbietungen im Inland erzielt werden.

(2) Die Zahlungen des A B C auf der "1. Ebene" an den Veranstalter zum Erwerb der exklusiven Berechtigung, "am Spielfeldrand Kameras aufstellen zu können", d.h. eine Fernsehübertragung der Veranstaltung durchführen zu dürfen, erfüllen ebenfalls den vorgenannten Tatbestand (so auch BMF vom 23.01.1996 a.a.O. - oben Seite 9; Heinicke in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 26. Aufl. 2006, § 49 Rz. 32). Auch der Veranstalter erzielt - die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen unterstellt - Einkünfte § 49 Abs. 1 Nr. 2 d) EStG. Denn hier handelt es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die durch Verwertung sportliche Darbietungen im Inland erzielt werden.

(3) Bei den Zahlungen des R S - der Klägerin zu 2) - an den A B C auf der 2. Ebene liegen indessen keine Einkünfte mehr für sportliche Darbietungen oder deren Verwertung vor. Grund hierfür ist die Rechtsnatur der Leistung, die der ABC seinen Mitgliedern gewährt.

Dass es sich schon begrifflich um keine "Darbietung" handelt, zu welcher der ABC gegenüber seinen Mitgliederung verpflichtet ist, liegt auf der Hand.

Es ist jedoch auch keine "Verwertung" der sportlichen Darbietung mehr gegeben, da sich nach Auffassung des erkennenden Senates die "Verwertung" der sportlichen Darbietung jedenfalls nach der vorliegenden Fallkonstellation im Verhältnis "Veranstalter-ABC" erschöpft und nach dieser "Handelsstufe" nicht mehr stattfindet.

Nach grammatikalischer Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Verwertung" handelt es sich um ein "Verarbeiten" bzw. "Ausbeuten" der Tätigkeit des Sportlers. Dieses Ausbeuten erfolgt jedenfalls im Entscheidungsfall dadurch, dass der Veranstalter ein exklusives Recht zur Übertragung generiert, welches frei handelbar sein soll ("transferable right"). Hierdurch wird die Darbietung des Sportlers gleichsam "weiterverarbeitet" (Rechtsgedanke des § 950 Bürgerliches Gesetzbuch) und es entsteht in der Hand des Erwerbers - des ABC - ein selbständiges, immaterielles und verkehrsfähiges Wirtschaftsgut (zur Erzeugung eines eigenständigen Wirtschaftsgüter im der Hand des Rechte-Zwischenhändlers vgl. auch BFH-Urteil vom 28. Januar 2004 - I R 73/02, BFHE 205, 174; BStBl II 2005, 550).

Das bezeichnete Wirtschaftsgut beinhaltet als Recht die weiterübertragbare Befugnis, Fernsehaufzeichnungen von der sportlichen Darbietung zu fertigen. Dieses Recht erwirbt der R S zur zeitweisen Ausübung als Gegenleistung für seine Zahlungen.

b) Die Erfordernisse des § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG sind auch im übrigen erfüllt.

(1) Der ABC erzielt durch die entgeltliche vorübergehende Überlassung des beschriebenen Rechts Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG; im Hinblick auf die Fernsehübertragung aus der Bundesrepublik Deutschland ist das Recht auch "im Inland belegen".

(2) Gegen die dergestalt angenommene Überlassung eines "Rechtes" spricht auch nicht die höchstrichterliche zivilrechtliche Rechtsprechung.

(a) Danach (vgl. den Kartellsenat des BGH, Beschluss vom 14. März 1990 - KVR 4/88, BGHZ 110, 371; NJW 1990, 2815 ausdrücklich zur Fernsehübertragung; neuerdings vergleichbar zur Berichterstattung für den Hörfunk Urteil vom 08. November 2005 - KZR 37/03, NJW 2006, 377) ist die Erlaubnis des Veranstalters zur Fernsehübertragung einer Sportveranstaltung im Rechtssinn keine Übertragung von "Rechten".

Anders als der Veranstalter der Darbietung eines ausübenden Künstlers (§ 81 Urheberrechtsgesetz - UrhG - ) genießt ein Veranstalter von Sportveranstaltungen kein Schutzrecht. Zum Schutz seiner wirtschaftlichen Interessen können ihm je nach Fallgestaltung Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB (Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb), aus § 826 BGB oder wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus § 1 UWG zustehen. Als Besitzer oder Eigentümer des Veranstaltungsorts kann er ferner sein Hausrecht (§§ 858 ,1004 BGB ) gegenüber einem Dritten geltend machen, der ohne seine Genehmigung versucht, die Veranstaltung aufzuzeichnen und durch Rundfunk zu übertragen. Die Erlaubnis des Veranstalters zur Fernsehübertragung einer Sportveranstaltung ist daher im Rechtssinn keine Übertragung von Rechten, sondern eine Einwilligung in Eingriffe, die der Veranstalter aufgrund der eben genannten Rechtspositionen verbieten könnte.

Analog hierzu gestattet der ausübende Sportler den Eingriff in das Recht am eigenen Bild. Bei einer Bildberichterstattung in den Medien kommt eine Verletzung dieses, aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (§ 823 Abs. 1 BGB) abgeleiteten Rechts, in Betracht, welche durch die Einwilligung gerechtfertigt wird.

Diese Meinung wird auch in der Finanzgerichtsbarkeit geteilt (vgl. FG München, Urteil vom 13.05.2004 - 14 K 586/04, n.v.; nachfolgend BFH-Beschluss vom 12. Mai 2005 - V B 119/04, BFH/NV 2005, 1826): Zu den urheberrechtlich geschützten Rechten zählen in erster Linie die Rechte an den nach § 2 Abs. 1 UrhG geschützten Werken. Das sind nach § 2 Abs. 2 UrhG nur persönliche geistige Schöpfungen aus den Bereichen Literatur, Wissenschaft und Kunst. Unter den verwandten Schutzrechten (§§ 70 ff. UrhG) sind Rechte zu verstehen, die nicht - wie das Urheberrecht selbst -die persönliche Leistung schützen, sondern Leistungen des Urhebers ähnlich sind oder im Zusammenhang mit den Urheberwerken erbracht werden. Die Überlassung von Sportübertragungsrechten an Fernsehgesellschaften fällt weder in den Schutzbereich des § 2 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 UrhG noch unter den erweiterten Schutzbereich der §§ 70 ff. UrhG, da insoweit keine urheberrechtlichen Nutzungsrechte übertragen werden.

(b) Diese Überlegungen sind vorliegend jedoch nicht einschlägig: Für den Streitfall ist festzustellen, dass die vorstehenden Erkenntnisse nur das Verhältnis "Veranstalter-ABC" (1. Ebene) und nicht das streitgegenständliche Verhältnis "ABC-R S " (2. Ebene) betrifft.

3. Die Zahlungen des Klägers zu 1) stellen auch "Lizenzgebühren" i.S.d. Art. 12 Abs. 1 DBA-Schweiz dar, die nur im Sitzstaat des Klägers zu 1), der Schweiz, besteuert werden können.

a) Der Ausdruck "Lizenzgebühren" bedeutet nach der Definition in Art. 12 Abs. 2 DBA-Schweiz Vergütungen jeder Art, die u.a. für die Benutzung oder für das Recht auf Benutzung von Urheberrechten, von Patenten oder für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstungen oder für die Mitteilung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Erfahrungen gezahlt werden.

b) Die in Art. Abs. 2 DBA-Schweiz enthaltene Aufzählung ist zwar abschließend (vgl. Zwosta in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 12 Schweiz Rz. . 30, 32) .Der erkennende Senat geht jedoch davon aus, dass auch die streitgegenständlichen Fernsehübertragungsrechte im Wege einer extensiven Interpretation unter den abkommensrechtlichen Begriff der "Lizenzgebühren" zu subsumieren sind. Dies ergibt sich aus einer Auslegung der Vorschrift nach dem Wortlaut und dem Zweck des Doppelbesteuerungsabkommens.

Fernsehübertragungsrechte lassen sich noch unter den sprachlichen Begriff der "Lizenz" i.S.d. Abkommen einordnen. Denn es ist anerkannt, dass die Definition der Lizenzgebühren im DBA-Schweiz weit über den allgemeinen Sprachgebrauch hinausgeht, der darunter nur die Überlassung gewerblicher Schutzrechte zur Nutzung versteht (vgl. Kempermann in Flick/Wassermeyer/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 12 Rz. . 26). Angesichts der Exklusivität der Fernsehübertragungsrechte stehen diese einem "Schutzrecht" sehr nahe.

Sinn und Zweck der abkommensrechtlichen Regelung bestätigen dieses Ergebnis: Auch "Leistungsschutzrechte" von "ausübenden Künstlern" werden von Art. 12 DBA-Schweiz erfasst (vgl. Kempermann a.a.O. Rz. . 49). Nach Tz. 18 des MA-Kommentars zu Art. 12 OECD-MA fallen Vergütungen unter die Vorschrift, die für den Verkauf und/oder das öffentliche Abspielen von Schallplatten an den Künstler geleistet werden. Dies verdeutlicht, dass auch bloße Rechte im Zusammenhang mit einer öffentlichen Darbietung von der Vorschrift erfasst werden können.

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO; Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 analog, 711 Satz 1 ZPO.

C.

Die Revision war zuzulassen, denn es ist ein Revisionsgrund gegeben i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Eine Sache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne der zitierten Vorschrift, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebende Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Eine Grundsatzrevision ist dementsprechend zuzulassen, wenn eine vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage klärungsbedürftig ist (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 07. März 1994 V B 95/93, BFH/NV 1995, 650).

Die genannten Erfordernisse sind im Streitfall erfüllt. Denn zum einen erscheint es im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedüftig, ob es in der beschriebenen Art und Weise in der Hand eines Zwischenhändlers zur Generierung eines handelbaren Rechts kommen kann. Zum anderen ist die Subsumtion von Fernsehübertragungsrechten unter Art. 12 DBA-Schweiz höchstrichterlich ungeklärt.



Ende der Entscheidung

Zurück