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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 26.06.2008
Aktenzeichen: 2 K 3253/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 32 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 62 Abs. 1
EStG § 63 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 70 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

2 K 3253/04

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Zahlung von Kindergeld ab Oktober 2003 hat. Dabei ist insbesondere streitig, ob das Kind trotz seiner Volljährigkeit in einem Pflegekindschaftsverhältnis zu seiner Pflegemutter stand und ob es keinen eigenen Hausstand unterhielt.

Der Kläger hat einen Sohn, A.B, der am 21. September 1985 geboren wurde. Der Sohn lebt seit 1993 - und auch heute noch - im Haushalt seiner Pflegemutter, Frau D.E, in C. Er befindet sich in der Ausbildung. Zwischen dem Sohn und Frau D.E besteht aufgrund des langjährigen Zusammenlebens in einem Haushalt eine besondere emotionale Bindung, die über den Zeitpunkt des Erreichens der Volljährigkeit des Sohnes im Jahre 2003 hinaus wirkt.

Der Sohn hatte keinen Kontakt zu seinem Vater, dem Kläger, sondern nur gelegentlich zu seiner Mutter. Für Frau D.E wurde Kindergeld festgesetzt.

Der Sohn hatte nach Vollendung des 18. Lebensjahres beim Jugendamt C einen Antrag auf Hilfe für junge Volljährige gestellt, dem in Höhe eines Lebensunterhalt i.H.v. 689 EUR entsprochen wurde. Daraufhin hatte die Stadt C (F) den Kläger mit Bescheid vom 23. Dezember 2003 zur Unterhaltsleistung i.H.v. 523 EUR gegenüber seinem Sohn herangezogen. Der Kläger zahlte den Unterhalt. Ab 1. Januar 2004 betrug er 337 EUR. Die leibliche Mutter leistet keinen Unterhalt an ihren Sohn.

Sodann beantragte der Kläger im Dezember 2003 die Festsetzung von Kindergeld für seinen Sohn zu seinen Gunsten.

Mit Bescheid vom 6. Februar 2004 wurde der Antrag des Klägers bezogen auf den Zeitraum Oktober 2003 bis Februar 2004 abgelehnt. Der hiergegen gerichtete Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2004 als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung seiner hiergegen gerichteten Klage trägt der Kläger vor, dass der Sohn kein Pflegekind mehr sei, da er das 18. Lebensjahr vollendet habe. Mit Eintritt der Volljährigkeit könne kein Pflegekindschaftsverhältnis mehr bestehen. Daher seien die Regelungen des § 64 EStG einschlägig, denn da Frau D.E wegen der Volljährigkeit des Sohnes keine Pflegemutter mehr sei, lebe der Sohn nicht mehr im Haushalt eines Kindergeldberechtigten. Nach § 64 Abs. 3 EStG sei folglich derjenige vorrangig kindergeldberechtigt, der dem Kind den höheren Unterhalt leiste. Da die Kindesmutter keine Unterhaltszahlungen leiste, und er 523 EUR monatlich als Unterhalt zur Verfügung stelle, sei er kindergeldberechtigt.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 6. Februar 2004 sowie der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung den Beklagten zu verpflichten, für die Zeit ab Oktober 2003 Kindergeld für das Kind A.B zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Zahlung von Kindergeld habe. Der Sohn sei, entgegen der Auffassung des Klägers, trotz der Vollendung des 18. Lebensjahres als Pflegekind der Frau D.E anzusehen, so dass § 32 Abs. 2 Satz 2 EStG greife. Frau D.E den Sohn seit längerem und auch nach der Vollendung des 18. Lebensjahres in ihren Haushalt aufgenommen. Es sei ein familienähnliches auf Dauer angelegtes Band zwischen ihr und dem Sohn entstanden. Das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern sei unterbrochen worden. Gelegentliche Kontakte mit der leiblichen Mutter seien insoweit unerheblich.

Die sich aus § 32 Abs. 2 Satz 2 EStG ergebende Kindergeldberechtigung der Frau D.E verdränge die ursprüngliche Kindergeldberechtigung der leiblichen Eltern. Diese Konkurrenzregelung folge der Regelung des § 64 Abs. 2 EStG, wonach derjenige das Kindergeld erhalte, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen habe, also Frau Kottmann. § 64 Abs. 3 EStG werde hierdurch verdrängt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Ablehnungsbescheid vom 6. Februar 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

I.

Die Voraussetzungen für die Festsetzung und Zahlung von Kindergeld gemäß § 70 Abs. 1 EStG sind nicht erfüllt.

Denn im streitigen Zeitraum ab Oktober 2003 ist der Sohn A.B - entgegen der Auffassung des Klägers - als Pflegekind der Frau D.E anzusehen. Dies führt dazu, dass mehrere Kindergeldberechtigte bestehen - der Kläger als Vater nach § 62 Abs. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Nr. 1, 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG und die Pflegemutter gemäß § 62 Abs. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Nr. 1, 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Das Kindergeld wird jedoch nur einem Berechtigten gezahlt (§ 64 Abs. 1 EStG). Dabei bestimmt § 32 Abs. 2 Satz 2 EStG, dass ein Kind, das im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandt und zugleich auch ein Pflegekind ist, vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen ist. Damit steht das Kindergeld Frau D.E und nicht dem Kläger zu.

1. Der Sohn des Klägers, A.B, ist als Pflegekind der Zeugin D.E i.S.d. § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusehen und zwar auch nachdem der Sohn im September 2003 die Volljährigkeit erreicht hat. Nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind Pflegekinder Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht.

a. Ein familienähnliches Band bedeutet, dass das Kind wie ein eigenes Kind versorgt und erzogen wird (vgl. BFH, Urt. v. 20.01.1995, III R 14/94, BStBl II 1995, 582). Dieses Erfordernis ist im Streitfall gegeben.

Dem steht nicht entgegen, dass der Sohn im September 2003 die Volljährigkeit erlangt hat.

aa. Das Bestehen eines familienähnliches Bandes mit einem volljährigen Kind ist - jedenfalls in den Fällen, in denen das Kind nicht schon längere Zeit vor der Volljährigkeit in den Haushalt aufgenommen worden war - bei Hilflosigkeit oder Behinderung des Volljährigen oder bei Vorliegen sonstiger besonderer Umstände anzunehmen (BFH, Urteil vom 21.04.2005, III R 53/02, BFH/NV 2005, 1547; v. 05.10.2004, VIII R 69/02, BFH/NV 2005, 524). Als sonstiger besonderer Umstand ist z.B. eine bereits vorher entstandene länger andauernde besondere emotionale Bindung angesehen, aus der sich ebenfalls eine Betreuungsbedürftigkeit des volljährigen Kindes ergeben kann (BFH, Urteil vom 21.04.2005, III R 53/02, a.a.O.). Die einschränkende Auslegung des Pflegekindbegriffs bei Volljährigen begründet sich daraus, dass die körperliche Versorgung und Erziehung des Pflegekindes, die Voraussetzung für die Annahme eines familienähnlichen Bandes sei, bei einem gesunden Volljährigen in der Regel keine entscheidende Rolle mehr spielt (BFH, Urteil vom 21.04.2005, III R 53/02, a.a.O.).

bb. Der Senat ist der Auffassung, dass diese gesteigerten Anforderungen nicht auch dann anzuwenden sind, wenn das Kind schon längere Zeit vor Eintritt der Volljährigkeit in den Familienhaushalt der Pflegeeltern aufgenommen worden ist. In diesen Fällen hat das Erreichen der Volljährigkeit des Kindes als solche - vorbehaltlich der übrigen Voraussetzungen für ein Pflegekindschaftsverhältnis - keine Auswirkungen auf die Annahme eines Pflegekindschaftsverhältnisses. Aber selbst wenn man diese gesteigerten Anforderungen auch im Falle des Erreichens der Volljährigkeit anwenden wollte, so wären sie im Streitfall jedenfalls erfüllt.

(1) Für die Auffassung des Senats, dass das Erreichen der Volljährigkeit des Kindes als solche keine Auswirkungen auf die Annahme eines Pflegekindschaftsverhältnisses hat, spricht das Gesetz, insbesondere § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Denn weder aus dessen Regelung noch aus der Definition oder dem Verständnis des Begriffs "Pflegekind" ergibt sich nicht, dass die Volljährigkeit eines Kindes allein ein Pflegekindschaftsverhältnis ausschließt.

(a) Das Verständnis eines "Pflegekindes" als "minderjährigen Kindes" ist nicht zwingend, da auch erwachsene Kinder von ihren Eltern stets und immer als Kinder bezeichnet und betrachtet werden. Hierfür spricht auch der Sprachgebrauch des Wortes "Kind" in § 32 EStG, da in dessen Absatz 4 als Kinder ausdrücklich volljährige Personen bezeichnet werden, die unter bestimmten Voraussetzungen bis zum 21. bzw. sogar 25. (bis 2006: 27.) Lebensjahr berücksichtigt werden, unter anderem dann, wenn sie sich in Ausbildung befinden. Dies zeigt, dass der Wortlaut und der Sinn im Eingangssatz des Absatzes 4 von § 32 EStG "ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat" gerade in einem weiteren Sinne verstanden wird als in dem engen, bürgerlich-rechtlichen Sinne des § 1626 BGB. Sinn der steuerlichen Regelungen des Kindergeldes und des § 32 Abs. 4 EStG ist vielmehr, unterhaltsbedürftigen Kindern, darunter auch Pflegekindern, einen Anspruch auf Sicherung des Existenzminimums zu geben. Dies erfordert nach Auffassung des Senates zur Vermeidung von Ungleichbehandlungen eine weitere Auslegung (s.a. FG Baden-Württemberg, Urt. v. 26.07.2001, 6 K 107/00, EFG 2001, 1454). Es ist kein Grund dafür ersichtlich, ein Kind, das schon längere Zeit vor Eintritt der Volljährigkeit in den Familienhaushalt der Pflegeeltern aufgenommen worden ist, insoweit anders zu behandeln als ein leibliches Kind.

(b) Eine gesetzliche Regelung dahingehend, dass Pflegekinder ab 18 Jahren nicht mehr berücksichtigt werden dürften, sieht das Gesetz nicht vor, ebensowenig eine Regelung, dass Pflegekindschaftsverhältnisse ab dem 18. Lebensjahr überhaupt nicht mehr begründbar seien. Sollte dies die Vorstellung des Gesetzgebers sein, so müsste dies nach Auffassung des Senats Ausdruck im Gesetz finden (s.a. FG Baden-Württemberg, Urt. v. 26.07.2001, 6 K 107/00, a.a.O.). Das Gegenteil ist jedoch der Fall, da Pflegekinder - wie alle übrigen Kinder - bis zum 25. (bis 2006: 27.) Lebensjahr berücksichtigt werden.

(2) Aber selbst wenn man die gesteigerten Anforderungen an die Begründung eines Pflegekindschaftsverhältnisses mit einem Kind, das nicht schon längere Zeit vor der Volljährigkeit in den Haushalt aufgenommen worden war, auch in den Fällen anwenden wollte, in denen - wie im Streitfall - das Pflegekindschaftsverhältnis bereits längere Zeit vor Erreichen der Volljährigkeit begründet wurde, wären diese Voraussetzungen im Streitfall jedenfalls erfüllt.

(a) Denn im Streitfall liegen besondere Umstände vor, die trotz Eintritt der Volljährigkeit dafür sprechen, dass das Kind A.B auch weiterhin wie ein eigenes Kind versorgt und erzogen wird, und die damit ein familienähnliches Band begründen.

Ein solcher besonderer Umstand besteht z.B. in einer bereits vorher entstandenen länger andauernden besonderen emotionalen Bindung, aus der sich eine Betreuungsbedürftigkeit ergeben kann (vgl. BFH, Urt. v. 21.04.2005, III R 53/02, BFH/NV 2005, 1547 m.w.N.). Wenn sich bei einer Gesamtbetrachtung die Situation so darstellt, wie wenn ein eigenes, erwachsenes Kind zuhause wohnt und eine Ausbildung absolviert, können hierbei die Anforderungen an die tatsächliche Gestaltung bei einem Pflegekind nach Auffassung des Senats nicht höher angesetzt werden als bei einem eigenen, volljährigen Kind. Bei einem eigenen, volljährigen Kind, das noch zuhause wohnt und eine Ausbildung absolviert, würde man ein familienähnliches Band nicht allein aufgrund des Alters des Kindes verneinen. Wenn auch der Versorgungs- und Erziehungscharakter in den Hintergrund rücken oder entfallen mag, ist aufgrund des jahrelangen Zusammenlebens eine besondere emotionale Bindung gegeben, die die Annahme eines familienähnlichen Bandes trotz der Volljährigkeit des Kindes rechtfertigt (vgl. BFH, Beschl. v. 18.02.2008, III B 69/07, BFH/NV 2008, 948).

Angesichts dessen ist der Umstand, dass ein Kind schon längere Zeit vor Eintritt der Volljährigkeit in den Familienhaushalt der Pflegeeltern aufgenommen worden ist, ein besonderer Umstand, der eine besondere emotionale Bindung begründet und dazu führt, dass die Volljährigkeit des Kindes der Annahme eines familienähnlichen Bandes nicht entgegensteht.

(b) Im Streitfall hatte Frau D.E den Sohn des Klägers, A.B, bereits seit 1993, also seit seinem 8. Lebensjahr, bei sich aufgenommen. Bis 2003 wohnte der Sohn bereits seit 10 Jahren bei ihr und wurde von ihr versorgt. Jedenfalls bei einem solchen langandauernden Pflegekindschaftsverhältnis besteht eine besondere emotionale Bindung, die der zwischen Eltern und leiblichem Kind vergleichbar ist. Auch der Kläger hat das Bestehen einer besonderen emotionalen Bindung zwischen Frau D.E und seinem Sohn nicht bestritten.

b. Auch die Voraussetzung, dass das familienähnliche Band auf längere Dauer berechnet ist, liegt vor. Für die Beurteilung, ob das familienähnliche Band auf längere Dauer berechnet ist, kommt es maßgebend auf die Absicht der Pflegeeltern an: Sie müssen das Kind zu dem Zweck aufgenommen haben, dafür wie für ein leibliches Kind zu sorgen (BFH, Urt. v. 20.01.1995, III R 14/94, a.a.O.; Beschl. v. 16.12.2003, VIII B 297/02, BFH/NV 2004, 770). Auch diese Voraussetzung ist erfüllt. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass die Zeugin D.E den Sohn seit 1993, also bis 2003 bereits seit 10 Jahren, bei sich aufgenommen hatte.

c. Das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern ist im Streitfall abgebrochen i.S.d. § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Das Tatbestandsmerkmal "dass das Obhutsverhältnis und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht" ist dann als erfüllt anzusehen, wenn die Obhut und Pflege gegenüber einem Kind vonseiten der leiblichen Eltern derart zurücktreten, dass sie im Wesentlichen nur noch durch die Pflegeeltern ausgeübt werden (BFH, Beschl. v. 31.03.2000, VI B 207/99, BFH/NV 2000, 1094).

Im Streitfall wurde die Obhut und Pflege gegenüber dem Sohn im Wesentlichen nur noch durch Frau D.E ausgeübt. Die gelegentlichen Kontakte des Sohnes zu seiner Mutter sind von derart untergeordneter Bedeutung, dass nicht von einer Obhut und Pflege durch diese ausgegangen werden kann, zumal das Bestehen eines Pflegekindschaftsverhältnisses nicht ausschließt, dass das Kind noch gelegentliche Kontakte zu den Eltern unterhält (vgl. BFH, Urt. v. 20.01.1995, III R 14/94, a.a.O.). Zum Kläger, seinem Vater, hatte der Sohn überhaupt keinen Kontakt.

d. Schließlich hat Frau D.E den Sohn auch nicht zu Erwerbszwecken aufgenommen. Sie hat mit der Pflege des Kindes keine Einkünfte erzielen wollen.

2. Eine Kindergeldberechtigung des Klägers folgt - entgegen seiner Auffassung - nicht aus § 64 Abs. 3 EStG. Hiernach erhält derjenige das Kindergeld, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt, wenn das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen ist. Diese Voraussetzung, die zu einer Kindergeldberechtigung des Klägers führen könnte, ist im Streitfall nicht erfüllt. Denn das Kind A.B lebt im Haushalt einer Berechtigten, nämlich seiner Pflegemutter, Frau D.E.

Eine Haushaltsaufnahme liegt vor, wenn das Kind bewusst in die Obhut der Familiengemeinschaft mit einem auf längere Dauer gerichteten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis familienhafter Art aufgenommen wird (BFH, Urt. v. 20.06.2001, VI R 224/98, BStBl II 2001, 713; Beschl. v. 18.02.2008, III B 69/07, BFH/NV 2008, 948).

Das Kind A.B lebt im Haushalt seiner kindergeldberechtigten Pflegemutter. Seine Volljährigkeit steht dem nicht entgegen (hierzu BFH, Beschl. v. 18.02.2008, III B 69/07, BFH/NV 2008, 948). Denn bei älteren, insbesondere volljährigen Kindern tritt der Gesichtspunkt des Betreuungs- und Erziehungsverhältnisses in den Hintergrund. Ausreichend sind dann neben dem räumlichen Zusammenleben Zuwendungen immaterieller Art als Ausdruck des familiären Bandes (BFH, Beschl. v. 18.02.2008, III B 69/07, a.a.O.). Da im Streitfall eine besondere emotionale Bindung zwischen Frau D.E und dem Kind A.B besteht, sind solche Zuwendungen immaterieller Art und das Bestehen eines familiären Bandes gegeben.

Angesichts dessen greift als Konkurrenzregel § 32 Abs. 2 Satz 2 EStG, wonach ein Kind im Falle einer Berechtigungskonkurrenz vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen ist. Die Anwendung des § 64 Abs. 3 EStG scheidet daneben aus.

Da die Definition des Pflegekindes die Haushaltsaufnahme des Kindes impliziert, greift § 32 Abs. 2 Satz 2 EStG damit den Gedanken des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG auf, wonach derjenige das Kindergeld erhält, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Nur wenn das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen wurde - woran es im Streitfall aber mangelt -, erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt (§ 64 Abs. 3 Satz 1 EStG).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.



Ende der Entscheidung

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