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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 23.08.2007
Aktenzeichen: 2 K 3911/06
Rechtsgebiete: AO, EG-AHG


Vorschriften:

AO § 30
AO § 30 Abs. 4 Nr. 2
AO § 117 Abs. 2
EG-AHG § 1 Abs. 2
EG-AHG § 2 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

2 K 3911/06

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte berechtigt war, der niederländischen Steuerverwaltung eine Auskunft über steuerliche Verhältnisse der Klägerin zu erteilen.

Im Jahr 1998 schloss die Klägerin mit dem zuständigen niederländischen Finanzamt in B einen sog. "Festlegungsvertrag". Hierin wurde u.a. "vereinbart", dass die Klägerin in den Jahren 1990 bis 1993 ihren Hauptsitz in den Niederlanden und eine feste Einrichtung (Betriebsstätte) in F hatte. Der Gewinn der Klägerin, der auf die deutsche Betriebsstätte entfiel, sollte von der niederländischen Besteuerung freigestellt werden.

Aufgrund der mit der niederländischen Steuerbehörde getroffenen Vereinbarung wurde im Rahmen einer in den Jahren 1996 und 1997 vom Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung der auf die deutsche Betriebsstätte entfallende Gewinn der inländischen Besteuerung unterworfen. In mehreren anschließend gegen das Finanzamt F geführten Einspruchs- und Klageverfahren machte die Klägerin u.a. geltend, dass sie in den Streitjahren 1990 bis 1995 im Inland weder beschränkt noch unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig gewesen sei, da sie weder über eine inländische Betriebsstätte auf der ... Base in K verfügt noch durch die Nutzung eines ehemaligen ...gebäudes in E ab 1994 den Sitz ihrer Geschäftsleitung ins Inland verlegt habe.

Im Jahr 2001 nahm das Finanzamt F diese von der Klägerin vorgetragenen Gesichtspunkte zum Anlass, selbst unmittelbar eine Spontanauskunft an die für die Besteuerung der Klägerin zuständige niederländische Steuerbehörde zu richten (vgl. S. 27 der Gerichtsakte 2 V 3896/06).

In der Folgezeit wurden vom Finanzamt F bzw. dem Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C und der niederländischen Steuerbehörde wechselseitig Auskunftsersuchen im zwischenstaatlichen Amtshilfeverkehr in Steuersachen gestellt und entsprechende Auskünfte erteilt.

Der vorliegenden Klage liegt die "Mitteilung im steuerlichen Auskunftsaustausch über Zahlungen aus deutschen Quellen" des Finanzamtes F vom 3. Mai 2006 zu Grunde. Mit dieser dem Beklagten zugeleiteten Mitteilung wollte das Finanzamt F auf ein Ersuchen der niederländischen Steuerverwaltung vom 14. September 2004 hin eine zweite, ergänzende Auskunft erteilen. Zu diesem Zweck sollten den niederländischen Steuerbehörden Kopien von Schriftsätzen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 30. August 1995, 30. Oktober 1996, 22. April 2002, 10. Januar 2005, 4. Mai 2005 und 28. Dezember 2005 sowie die Ablichtung einer Auskunft der NATO vom 14. Dezember 2001 über die örtlichen Gegebenheiten auf der NATO Air Base in K übermittelt werden.

Mit Schreiben vom 11. September 2006 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass eine Weiterleitung der vom Finanzamt F übersandten "Spontanauskunft" an die niederländische Steuerverwaltung nach § 2 Abs. 2 des EG-Amtshilfegesetzes - EG-AHG - sowie Art. 23 des DBA-Niederlande gestattet sei. Außerdem kündigte der Beklagte eine Weiterleitung der "Spontanauskunft" am 4. Oktober 2006 an, wenn die Klägerin nicht vor diesem Termin anzeige, dass sie im Zusammenhang mit einer Unterlassungsklage einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz beim Finanzgericht Köln gestellt habe.

Hiergegen hat die Klägerin beim erkennenden Senat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und eine Unterlassungsklage erhoben.

Durch Senatsbeschluss vom 20. November 2006 wurde der unter dem Aktenzeichen 2 V 3896/06 geführte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2006 leitete der Beklagte daraufhin die Auskunft an die niederländischen Steuerbehörden weiter.

Mit der vorliegenden Klage vertritt die Klägerin die Auffassung, dass die Weiterleitung der Auskunft an die niederländischen Steuerbehörden rechtswidrig gewesen sei. Zur Begründung ihrer Auffassung trägt sie Folgendes vor:

Die Auskunft habe gegen das EG-AHG verstoßen.

Die Voraussetzungen einer Auskunft auf Ersuchen nach § 2 Abs. 1 EG-AHG lägen im Streitfall nicht vor.

Hier sei zum einen zu berücksichtigen, dass das Auskunftsersuchen der niederländischen Steuerbehörde vom 14. September 2004 durch die Auskunft des Finanzamtes F vom 16. Dezember 2004 bereits beantwortet gewesen sei. Die streitgegenständliche Auskunft könne daher nicht mehr auf dem Auskunftsersuchen vom 14. September 2004 zurückgeführt werden.

Zum anderen könne auch deshalb keine Auskunft auf Ersuchen angenommen werden, weil sich die an dem Informationsaustausch beteiligten Behörden die Anlässe für die kontinuierliche Datenübermittlung gegenseitig selbst geschaffen hätten. Die vom Finanzamt F im Jahr 2001 "auf dem kurzen Dienstweg" an das niederländische Finanzamt gerichtete Aufforderung, dafür Sorge zu tragen, dass keine Verjährung der Steueransprüche eintrete, demonstriere insoweit augenfällig die zweckwidrige Instrumentalisierung des Verfahrens zu Lasten der Klägerin. Der auf diese Art und Weise veranlasste anschließende Informationsaustausch sei rechtswidrig gewesen, weil er sich nicht an den gesetzlichen Spielregeln orientiert habe und der vorgeschriebene Dienstweg nicht eingehalten worden sei. Die dadurch "provozierten" Auskunftsersuchen und Auskünfte brauche die Klägerin nicht zu dulden.

Der Beklagte habe auch nicht dargelegt, unter welchen der verschiedenen Alternativen der "Spontanauskunft" nach § 2 Abs. 2 EG-AHG der Sachverhalt zu subsumieren sei.

Die Erteilung der Auskunft habe weiterhin gegen § 3 Abs. 1 Nr. 3 EG-AHG verstoßen. Das rechtswidrige "kollusive Verhalten" der beteiligten deutschen und niederländischen Steuerbehörden beeinträchtige die öffentliche Ordnung i.S. dieser Vorschrift.

Die Auskunft habe weiterhin gegen § 3 Abs. 1 Nr. 3a EG-AHG verstoßen. Ein angemessener Datenschutz in den Niederlanden sei nicht gewährleistet. Die Klägerin habe u.a. wegen der verwaltungsseitigen Aufkündigung einer mit dem niederländischen Fiskus im Jahr 1998 getroffenen sog. "Feststellungsvereinbarung" keine Möglichkeit zu kontrollieren, inwieweit ihre Daten und die über sie übermittelten Informationen verwertet würden. Die Beachtung des Datenschutzes in den Niederlanden müsse vom Beklagten dargelegt und nachgewiesen sowie mit der Erforderlichkeit der Übermittlung der sensiblen Daten und Informationen abgewogen werden. Der Beklagte könne sich insoweit nicht auf die schlichte Behauptung zurückziehen, eine ausreichende Gewährung des deutschen Datenschutzes werde gewährleistet.

Die Informationsübermittlung habe auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, da sie nicht erforderlich gewesen sei. Es sei insoweit nicht Aufgabe der deutschen Finanzverwaltung, eine ausländische Besteuerung sicher zu stellen. Der Beklagte übersehe, dass der niederländische Fiskus nicht gezwungen gewesen sei, die getroffene "Feststellungsvereinbarung" mit der Klägerin abzuschließen. Wenn das niederländische Finanzamt seinerzeit gleichwohl diese Bindung eingegangen sei, so sei dies sehenden Auges und im Bewusstsein der Risiken erfolgt, die einer solchen Vereinbarung und dem darin liegenden Verzicht auf weitere Sachverhaltsermittlung und -aufklärung immanent seien. Die ungebetene und nachträgliche Übermittlung von Informationen zu einem Sachverhalt, auf dessen genaue Ermittlung der ausländische Fiskus seinerzeit ein Auge gehabt habe, sei nicht erforderlich i.S. des EG-AHG.

Die Informationsübermittlung sei auch deshalb unverhältnismäßig gewesen, weil der Beklagte allein die abstrakte - nicht überprüfbare - Angabe, die niederländische Finanzverwaltung könne sich von der "Feststellungsvereinbarung" lösen, für ausreichend angesehen habe. Der Beklagte habe konkrete Anhaltspunkte, inwieweit die erteilte Auskunft einen Beitrag hierzu hätte leisten können, nicht benannt. Es sei daher von einem Ermessensnichtgebrauch auszugehen.

Die Informationsübermittlung sei auch durch die Auskunftsklausel des Art. 23 DBA-Niederlande nicht gedeckt gewesen.

Zum einen diene das DBA der Vermeidung der Doppelbesteuerung und nicht der Keinmalbesteuerung. Von einer solchen Keinmalbesteuerung könne im Streitfall auch nicht ausgegangen werden, weil der Abschluss der "Feststellungsvereinbarung" für die Klägerin mit erheblichen Zugeständnissen an den niederländischen Fiskus verbunden gewesen sei.

Zum anderen sei es allein Sache des ausländischen Fiskus, über die Höhe der zutreffenden ausländischen Besteuerung zu entscheiden und zu disponieren. Ob er sich in diesem Zusammenhang an einer nach seinem Steuerecht geschlossenen, sog. "Tatsächlichen Verständigung" festhalten lassen müsse oder sich nachträglich davon lösen könne, sei kein Vorgang, der das DBA berühre, sondern habe seine autonome Grundlage im ausländischen Verfahrensrecht, das nicht Bestandteil des DBA sei.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die Weiterleitung der "Mitteilung im steuerlichen Auskunftsaustausch über Zahlungen aus deutschen Quellen" des Finanzamtes F vom 3. Mai 2006 durch den Beklagten an die niederländischen Steuerbehörden rechtswidrig war.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass er zur Weiterleitung der Auskunft an die niederländischen Steuerbehörden befugt gewesen sei. Als Rechtsgrundlagen seien im Streitfall sowohl § 2 Abs. 1 EG-AHG als auch Art. 23 Abs. 1 DBA-Niederlande einschlägig.

Die Auskunftserteilung sei nach § 2 Abs. 1 AHG i.V.m. § 1 Abs. 2 AHG zulässig gewesen, da die Weiterleitung der Informationen für die Besteuerung der Klägerin in den Niederlanden relevant sei. Denn nach den Angaben der niederländischen Behörden sei es denkbar, dass diese sich aufgrund der angeforderten Informationen von dem "Feststellungsvertrag" mit der Klägerin lösen und eine Besteuerung der bislang in den Niederlanden freigestellten Gewinne der Klägerin erfolgen könne. Eine weitergehende Recherche des Beklagten zu den Vorschriften des niederländischen Rechts sei nicht erforderlich gewesen, da eine solche Ermittlung den zwischenstaatlichen Auskunftsaustausch wesentlich erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen würde.

Durch die Mitteilung sei nicht gegen § 3 Abs. 1 Nr. 3a EG-AHG verstoßen worden. Dem Beklagten lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Datenschutz in den Niederlanden nicht in angemessenem Umfang gewährleistet sei. Zudem hätten die niederländischen Steuerbehörden in ihrem Auskunftsersuchen vom 14. September 2004 darauf hingewiesen, dass die Bediensteten der Finanzbehörden einer gesetzlichen Geheimhaltungspflicht in Steuerangelegenheiten unterlägen.

Es läge auch kein Ermessensfehlgebrauch vor. § 2 Abs. 1 EG-AHG sähe bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 EG-AHG kein Ermessen vor. Die Auskunft müsse vielmehr erteilt werden. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die angeforderten Informationen für eine zutreffende Besteuerung der Klägerin in den Niederlanden relevant seien.

Die Auskunftserteilung sei auch nicht unverhältnismäßig gewesen. Es bestünden keine Anhaltspunkte, dass die Informationen zweckwidrig, d.h. über das Steuerverfahren hinaus, verwendet würden.

Darüber hinaus lägen auch die Voraussetzungen des Art. 23 Abs. 1 DBA-Niederlande vor.

Die von der Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren wegen Körperschaftsteuer 1990 bis 1995 vorgebrachten Argumente seien für die zutreffende Anwendung des DBA-Niederlande durch die niederländischen Steuerbehörden unerlässlich. Sie würden insoweit für die Entscheidung über die abkommensrechtliche Behandlung der von der Klägerin in F erzielten Einkünfte benötigt. An dieser Beurteilung ändere auch der zwischen den niederländischen Steuerbehörden und der Klägerin abgeschlossene "Feststellungsvertrag" nichts. Denn die niederländischen Steuerbehörden könnten auf Grund der mitgeteilten Informationen möglicherweise den geschlossenen "Feststellungsvertrag" aufheben und die weiteren Gewinne der Klägerin der niederländischen Körperschaftsteuer unterwerfen.

Die Erteilung der Auskunft sei auch notwendig i.S. des Art. 23 Abs. 1 DBA-Niederlande gewesen, da die niederländischen Steuerbehörden keine eigenen Ermittlungsmöglichkeiten mehr gehabt hätten.

Letztlich sei die Auskunftserteilung auch ermessensgerecht erfolgt. Die Kenntnis des Inhalts der angeforderten Informationen sei notwendige Voraussetzung für die Durchführung des Besteuerungsverfahrens in den Niederlanden. Außerdem erwarte Deutschland im umgekehrten Fall ebenfalls Antworten, um das Steuerrecht zutreffend anwenden zu können. Diese Erwartung werde durch den seit Jahren zwischen den Vertragsstaaten praktizierten Auskunftsaustausch bestätigt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

I. Die Klage ist als Feststellungsklage nach § 41 Finanzgerichtsordnung - FGO - zulässig.

1. Nach § 41 Abs. 1 FGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

2. Im Streitfall sind diese Voraussetzungen für eine Feststellungsklage erfüllt. Die Klage zielt auf das Bestehen bzw. Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab und die Klägerin kann sich auf ein Feststellungsinteresse berufen.

a) Zwischen der Klägerin und der Finanzverwaltung besteht ein (Steuer-)rechtsverhältnis. Dieses wird allein dadurch begründet, dass die Klägerin nach Auffassung des Beklagten aufgrund der angenommenen Steuerpflicht nach § 2 Körperschaftsteuergesetz - KStG -, § 49 Abs. 1 Nr. 2a) Einkommensteuergesetz - EStG - i.V.m. § 15 EStG Steuerpflichtige i.S. des § 33 Abgabenordnung - AO - ist.

Im Rahmen dieses Steuerrechtsverhältnisses ist zwischen den Beteiligten streitig, ob der Beklagte die bestehende Verpflichtung, das Steuergeheimnis zu wahren (§ 30 Abs. 1 AO), verletzt hat, ohne einen nach § 30 Abs. 4 AO rechtfertigenden Grund hierfür zu haben. Die Klärung dieser "Teilfrage" - Umfang der Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses nach § 30 AO - kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein, da eine solche nicht das gesamte Rechtsverhältnis betreffen muss (Gräber/von Groll, FGO, 6. Aufl., § 41 Rz. 14).

b) Auch das für eine zulässige Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Die Klage ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, welcher sich der erkennende Senat anschließt, als Antrag auf Feststellung eines Bruchs des Steuergeheimnisses aufgrund des Genugtuungsinteresses der Klägerin zulässig (BFH-Urteil vom 29. Juli 2003 VII R 39, 43/02, VII R 39/02, VII R 43/02, BStBl II 2003, 828).

Das Feststellungsinteresse hängt nach der zitierten Rechtsprechung nicht davon ab, dass die Feststellung, das Steuergeheimnis sei verletzt worden, die rechtliche und tatsächliche Position der Klägerin verbessern könnte. Das Feststellungsinteresse ist vielmehr bereits dann zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige substantiiert die Verletzung des Steuergeheimnisses behauptet (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 26. Februar 2004 2 K 1993/02, EFG 2004, 1734 m.w.N.).

In diesem Sinne ist das erforderliche Feststellungsinteresse auch im Streitfall gegeben. Die Klägerin hat substantiiert dargelegt, die vom Beklagten an die niederländischen Steuerbehörden weitergeleitete Auskunft verletze sie in ihren Rechten, da dem Beklagten keine Ermächtigungsgrundlage für sein Handeln zur Verfügung gestanden habe.

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Weiterleitung der Auskunft des Finanzamtes F durch den Beklagten war rechtmäßig.

1. Die Klägerin kann sich gegenüber der vom Beklagten weitergeleiteten Auskunft nicht auf das Steuergeheimnis nach § 30 AO berufen, weil nach § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO die durch Gesetz ausdrücklich zugelassene Befugnis zur Offenbarung besteht. Eine ausdrückliche gesetzliche Zulassung in diesem Sinne enthält § 117 Abs. 2 AO, wonach die Finanzbehörden u.a. auf Grund innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Vereinbarungen sowie des EG-Amtshilfe-Gesetzes Amtshilfe leisten können. Durch eine Maßnahme, die sich in diesem Rahmen hält, wird deshalb das Steuergeheimnis nicht verletzt (BFHBeschluss vom 29. April 1992 I B 12/92, BFHE 167, 11; BStBl II 1992, 645).

2. Im Streitfall hat der Beklagte seine Befugnis zur Erteilung der Auskunft hiernach zu Recht aus § 2 Abs. 1 EG-AHG i.V.m. § 1 Abs. 2 EG-AHG abgeleitet.

a) Nach § 2 Abs. 1 EG-AHG erteilen die Finanzbehörden die in § 1 Abs. 2 EG-AHG bezeichneten Auskünfte, wenn die zuständige Finanzbehörde eines Mitgliedstaats im Einzelfall darum ersucht. Gemäß § 1 Abs. 2 EG-AHG muss die Auskunft für die zutreffende Steuerfestsetzung sowie für die zutreffende Erhebung der indirekten Steuern in diesem Mitgliedstaat erheblich sein können.

b) Entgegen der von der Klägerin vertretenen Rechtsansicht sind Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 EG-AHG für eine Auskunft auf Ersuchen im Streitfall erfüllt.

aa) Die niederländische Finanzbehörde hat mit Schreiben vom 14. September 2004 das Finanzamt F um die streitgegenständliche Auskunft ersucht. Unter Punkt 5. dieses Auskunftsersuchens hat die niederländische Finanzbehörde u.a. um die Mitteilung der Argumente gebeten, welche die Klägerin im Rahmen des ergriffenen Rechtsmittels zur Untermauerung ihres Rechtsstandpunkts anführt. Außerdem hat die niederländische Finanzbehörde in diesem Zusammenhang das Finanzamt F darum ersucht, die zwischen der Klägerin und ihrem Steuerberater in dieser Angelegenheit geführte Korrespondenz zu übersenden. Unter Punkt 6. des Auskunftsersuchens hat die niederländische Finanzbehörde darüber hinaus die Mitteilung weiterer sachdienlicher Umstände bezüglich dieser Angelegenheit erbeten.

bb) Die vom Beklagten erteilte Auskunft entspricht diesem Ersuchen der niederländischen Finanzbehörde. Der Beklagte hat insoweit Kopien von weiteren Schriftsätzen der Klägerin mit Ausführungen zu der nach ihrer Meinung fehlenden Betriebsstätte bzw. Geschäftsleitung im Inland an die niederländische Finanzbehörde weitergeleitet. Außerdem hat er eine Ablichtung der Auskunft der ... vom 14. Dezember 2001 über die örtlichen Gegebenheiten auf der ... Base in K übermittelt.

cc) Gegen die Annahme, die streitgegenständliche Auskunft beruhe auf dem Auskunftsersuchen der niederländischen Steuerbehörden vom 14. September 2004, spricht auch nicht, dass das Finanzamt F am 16. Dezember 2004 bereits eine erste Auskunft zu diesem Ersuchen erteilt hatte. Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin ist ein Ersuchen durch die erstmalige Auskunft der ersuchten Behörde noch nicht "verbraucht", wenn - wie im Streitfall - durch die nachfolgende Auskunft weitere Einzelheiten zu dem erfragen Sachverhaltskomplex mitgeteilt werden sollen.

dd) Im Gegensatz zur Klägerin ist der Senat auch nicht der Auffassung, dass es sich bei dem Ersuchen der niederländischen Finanzbehörde vom 14. September 2004 um ein rechtswidrig "provoziertes Ersuchen" handelte, das keine Grundlage für eine rechtmäßige Auskunft nach § 2 Abs. 1 EG-AHG sein kann.

Das Auskunftsersuchen der niederländischen Steuerbehörden war selbst wiederum veranlasst durch das Auskunftsersuchen des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C vom 23. März 2004, das vom Beklagten mit Schreiben vom 5. April 2004 an die niederländischen Finanzbehörden weitergeleitet worden war. Dieser Veranlassungszusammenhang ergibt sich aus dem engen zeitlichen Zusammenhang beider Auskunftsersuchen und darüber hinaus auch aus der inhaltlich näher ausgeführten Bezugnahme auf Seite 2 des Auskunftsersuchens der niederländischen Steuerbehörden vom 14. September 2004. Unter Punkt 4. "Inhalt des Ersuchens" heißt es hier:

"Am 5. April haben Sie namens des Finanzamtes F, Frau X, ein Auskunftsersuchen bezüglich oben genannter Steuerpflichtigen eingereicht. Dieses Ersuchen war für das niederländische Lokalfinanzamt Anlass, die Steuerakte eingehender zu untersuchen. ... Aus Ihrem Ersuchen geht aber hervor, dass die Steuerpflichtige sich auf den Standpunkt stellt, dass in der Periode 1990 - 1993 es ganz und gar nicht die Rede von einer ständigen Geschäftseinrichtung in Deutschland war. ... Da jetzt dieser Standpunkt in Deutschland durch die Steuerpflichtige vertreten wird, kann die niederländische Steuerbehörde sich möglicherweise sich auf Irrtum berufen und der "Feststellungsvertrag" als nicht bindend zurückweisen, mit der Folge dass nachträgliche über die Jahre 1990 - 1993 eine Nachforderungssteuerveranlagung in bezug auf den in Deutschland erzielten Gewinn auferlegt werden kann. "

Gegen das Auskunftsersuchen des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C hat die Klägerin aber keine Einwendungen erhoben und auch keinen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen. Auch im vorliegenden Klageverfahren wurden von der Klägerin keine Anhaltspunkte vorgetragen, die für eine Rechtswidrigkeit gerade dieses Auskunftsersuchen sprechen könnten. Da für den erkennenden Senat solche Gesichtspunkte auch aus den Akten nicht ersichtlich sind, ist vorliegend davon auszugehen, dass das Auskunftsersuchen der niederländischen Behörden durch ein rechtsmäßig ergangenes Auskunftsersuchen der deutschen Finanzverwaltung veranlasst war. Von einem "rechtswidrig provoziertem" Auskunftsersuchen der niederländischen Steuerbehörde kann daher keine Rede sein.

c) Die erteilte Auskunft kann auch i.S. des § 1 Abs. 2 EG-AHG für die Steuerfestsetzung in den Niederlanden erheblich sein.

aa) Im Auskunftsersuchen vom 14. September 2004 hat die niederländische Finanzbehörde insoweit darauf hingewiesen, dass sie sich aufgrund des geänderten Sachvortrags der Klägerin möglicherweise auf einen Irrtum berufen und den geschlossenen "Feststellungsvertrag" als nicht bindend zurückweisen könne. Dies könnte nach Meinung der niederländischen Finanzbehörde dazu führen, dass für die Jahre 1990 bis 1993 nachträglich eine "Nachforderungssteuerveranlagung" in Bezug auf den von der Klägerin in Deutschland erzielten Gewinn durchgeführt werden könne.

bb) Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin muss der Beklagte in diesem Zusammenhang nicht rechtlich prüfen, ob die niederländische Finanzbehörde sich aufgrund der erbetenen Auskunft tatsächlich von dem geschlossenen "Feststellungsvertrag" wird lösen können. Eine solche Auslegung des § 2 Abs. 1 EG-AHG i.V.m. § 1 Abs. 2 EG-AHG würde bedeuten, dass die inländischen Finanzbehörden im Vorfeld eines Auskunftsverfahrens zunächst den genauen Inhalt des ausländischen Steuerrechts ermitteln und die Auskunftserteilung vom Ergebnis dieser Ermittlung abhängig machen müssten. Das würde das Auskunftsverfahren unpraktikabel machen und deshalb dessen Zweck widersprechen (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Mai 2005 I B 218/04, BFH/NV 2005, 1503 mit entsprechenden Überlegungen bei Auskünften nach Art. 26 Abs. 1 Satz 1 DBA-USA).

cc) Im Übrigen erfordert § 1 Abs. 2 EG-AHG nur, dass die erbetene Auskunft für die Steuerfestsetzung erheblich sein kann. Ausreichend sind daher Anhaltspunkte, dass der mitgeteilte Sachverhalt zu einer Besteuerung in den Niederlanden führen kann. Nicht erforderlich ist hingegeben, dass eine Besteuerung in den Niederlanden wahrscheinlich ist (BFH-Beschluss vom 08. Februar 1995 I B 92/94, BFHE 177, 25, BStBl II 1995, 358 zur vergleichbaren Problematik bei einer Spontanauskunft gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 5 EG-AHG nach Italien). Die Möglichkeit, dass die Auskunft für eine Steuerfestsetzung in den Niederlanden relevant sein kann, ergibt sich im Streitfall aber schon aufgrund der oben dargelegten Ausführungen der niederländischen Finanzbehörden.

d) Der Einwand der Klägerin, die streitgegenständliche Auskunft sei rechtwidrig gewesen, weil bereits die erste Spontanauskunft des Finanzamtes F vom 28. Mai 2001 mangels Einhaltung des vorgeschriebenen Dienstweges rechtswidrig gewesen sei, geht fehl.

Der erkennende Senat kann offen lassen, ob die vom Finanzamt F im Jahr 2001 direkt an die zuständige niederländische Finanzbehörde erteile Spontanauskunft tatsächlich rechtswidrig war. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, kann dieser Umstand nicht zur Rechtswidrigkeit der späteren Auskunftsersuchen und Auskünfte führen. Würde man eine solche Folgewirkung einer rechtswidrigen Auskunft annehmen, wären die Finanzbehörden gehindert, bei einer früheren Auskunftserteilung einmal begangene Rechtsfehler durch spätere rechtmäßige Auskünfte zu "heilen". Eine solche Schlussfolgerung wäre nicht im Interesse eines ordnungsgemäß funktionierenden Auskunftsverkehrs zwischen den Mitgliedsstaaten.

3. Die Auskunftserteilung war auch nicht durch § 3 EG-AHG eingeschränkt.

a) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 EG-AHG dürfen die Finanzbehörden Auskünfte nicht erteilen, wenn die dazu dienende Amtshandlung in einem Besteuerungsverfahren nach der AO nicht vorgenommen werden könnte oder einer allgemeinen Verwaltungsanweisung zuwider laufen würde.

Im Streitfall erforderte die Auskunftserteilung keine weitere Amtshandlung in einem Besteuerungsverfahren nach der AO mehr. Denn dem Beklagten war der Inhalt der weitergeleiteten Auskunft bereits bekannt. Er musste sich keine Informationen mehr in einem Besteuerungsverfahren beschaffen (hierzu BFH-Beschluss vom 17. Mai 1995 I B 118/94, BFHE 177, 242, BStBl II 1995, 65).

b) Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 EG-AHG dürfen die Finanzbehörden Auskünfte nicht erteilen, wenn dies die öffentliche Ordnung beeinträchtigt.

Im Streitfall wurde die öffentliche Ordnung nicht durch die erteilte Auskunft beeinträchtigt. Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin beruhte die weitergeleitete Auskunft des Finanzamtes F nicht auf einem "kollusiven" Verhalten der beteiligten deutschen und niederländischen Finanzbehörden. Wie oben ausgeführt wurde, war das Auskunftsersuchen der niederländischen Finanzbehörde vom 14. September 2004 durch das rechtmäßige Auskunftsersuchen des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C vom 23. März 2004 veranlasst. Ein rechtwidriges "kollusives" Zusammenwirken der beteiligten Finanzbehörden lag somit nicht vor.

c) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3a EG-AHG dürfen die Finanzbehörden Auskünfte nicht erteilen, wenn ein angemessener Datenschutz in dem Mitgliedstaat nicht gewährleistet ist.

Dem Senat liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein angemessener Datenschutz in den Niederlanden nicht gewährleistet ist. Die Klägerin hat auch weder substantiiert Umstände vorgetragen noch verwertbare Unterlagen vorgelegt, aus denen sich etwas anderes ergäbe. Schließlich hat die niederländische Finanzbehörde in ihrem Auskunftsersuchen vom 14. September 2004 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Bediensteten der Finanzbehörden einer gesetzlichen Geheimhaltungspflicht in Steuerangelegenheiten unterliegen.

d) Auch § 3 Abs. 2 EG-AHG stand der Auskunftserteilung nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift brauchen die Finanzbehörden Auskünfte unter bestimmten weiteren Voraussetzungen nicht zu erteilen. Aus dieser Gesetzesformulierung folgt, dass die Auskunftserteilung in das Ermessen des Beklagten gestellt ist. Demnach können die Finanzgerichte die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde nach § 102 FGO nur auf Ermessensüberschreitung, Ermessensmissbrauch und Ermessensfehlgebrauch hin prüfen.

Im Streitfall ist ein Ermessensfehler des Beklagten jedoch nicht ersichtlich.

aa) Nach Ansicht des erkennenden Senats liegt eine Auskunftserteilung in Fällen der vorliegenden Art im überwiegenden öffentlichen Allgemeininteresse. Wenn die Bundesrepublik Deutschland in einem DBA auf die Besteuerung ausländischer Einkünfte im Inland verzichtet, geschieht dies regelmäßig zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und in der Erwartung der Besteuerung der Einkünfte durch den anderen Vertragstaat. Besteuert der andere Vertragstaat die Einkünfte nur deshalb nicht, weil er entweder von der Einkünfteerzielung selbst oder - wie im Streitfall - von den konkreten Modalitäten der Einkünfteerzielung keine ausreichende Kenntnis erhält, so widerspricht dies dem Sinn und Zweck des DBA. Die deutsche Finanzverwaltung ist deshalb grundsätzlich gehalten, Kontrollmitteilungen ins Ausland zu versenden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Versendung ohne besonderen Aufwand möglich ist und höherrangige Interessen der Steuerpflichtigen nicht verletzt werden (s.a. BFH-Beschluss vom 08. Februar 1995 I B 92/94, BFHE 177, 25, BStBl II 1995, 358). Eine derartige Verletzung höherrangiger Interessen der Klägerin ist im Streitfall jedoch nicht ersichtlich. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung steht der Auskunftserteilung nicht entgegen, da es insoweit durch die bestehenden Gesetze eingeschränkt ist.

bb) Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin wird durch die Auskunft auch nicht unverhältnismäßig in ihre Rechte eingegriffen. Der Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass die Sicherstellung einer zutreffenden Besteuerung in dem die Auskunft begehrenden Mitgliedstaat gerade Zweck des Auskunftsaustauschs ist und die mögliche nachträgliche Besteuerung der von der Klägerin im Inland erzielten Einkünfte in den Niederlanden nicht als zu berücksichtigender Nachteil angesehen werden kann.

cc) Der Beklagte war insoweit auch nicht verpflichtet, die Auskunftserteilung aufzuschieben bis der zwischen den Klägerin und dem Finanzamt F anhängige Rechtsstreit über die Frage, welcher der beiden Vertragsstaaten die in Deutschland erzielten Gewinne der Klägerin besteuern darf, abschließend entschieden ist. Ein solcher Aufschub der Auskunftserteilung würde die zeitnahe Aufklärung des maßgeblichen Sachverhalts in den Niederlanden erschweren und einer insgesamt zutreffenden Besteuerung abträglich sein. Eine möglichst frühzeitige Auskunftserteilung entspricht daher dem Geist des Abkommens besser als eine Unterrichtung zum spätest möglichen Zeitpunkt (s.a. BFH-Beschluss vom 10. Mai 2005 I B 218/04, BFH/NV 2005, 1503 m.w.N.).

4. Da die beabsichtigte Auskunftserteilung somit nach § 2 Abs. 1 EG-AHG i.V.m. § 1 Abs. 2 EG-AHG zulässig war, kann der Senat offen lassen, ob die Auskunftserteilung auch nach Art. 23 Abs. 1 DBA-Niederlande gerechtfertigt gewesen wäre.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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