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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 24.02.2005
Aktenzeichen: 2 K 5219/01
Rechtsgebiete: UStG, UStDV


Vorschriften:

UStG § 18 Abs 9 S 1
UStG § 18 Abs 9 S 3
UStG § 18 Abs 9 S 4
UStDV § 61 Abs 3
UStDV § 61 Abs 1 S 5 a.F. 8. EWG-Richtlinie Art 3 S 1 Buchst a
UStG § 4 Nr 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in A (B), die insbesondere Service- und Beistandsleistungen für Notfallrücktransporte erbringt. Die Einzelheiten ihres Leistungsangebotes ergeben sich aus der zu den Gerichtsakten gereichten Informationsbroschüre "Service-Scheckheft - CCC-AG Euro Service", auf deren gesamten Inhalt hier im übrigen verwiesen wird: Danach bot sie ihren Mitgliedern drei Leistungspakete an. Zunächst einen sog. Notfall-Service mit 24 h-Notrufzentrale, der Krankenrücktransporte und ärztliche Versorgung sicherstellen und die anfallenden Kosten übernehmen sollte. Dieser Service umfasste aber auch die Bereitstellung und Kostenübernahme folgender Dienstleistungen: bei längeren Krankenhausaufenthalten die An- und Abreise eines Angehörigen, die Betreuung evtl. allein gelassener Kinder, den Informationsaustausch mit heimischen Ärzten, die Bergung, anwaltliche Vertretung und Bargeldversorgung sowie Beschaffung verloren gegangener Ausweispapiere. Daneben trat ein sog. Travelservice, der kostenlose Reisepreisvergleiche, Tourenplanung, Beratung medizinischer Vorsorgemaßnahmen, Informationen über das Reiseland sowie Reiseausstattung (Mini-Apotheke, Kofferanhänger, Sprachführer), vor allem aber einen kostenlosen Urlaubsgutschein (Nutzung eines Appartments oder Hotelzimmers bis zu einer Woche mit bis zu 4 Personen) beinhaltete. Hinzu trat schließlich der sog. Vorteils-Service, der einen Schlüsselfinder, eine Telefonkarte, einen Gesundheitspaß, eine Goldkarte (Vorteilskonditionen bei Reifenhändlern), den Zugriff auf eine Preisagentur sowie die Möglichkeit beinhaltete, für die gesamte Familie einen kostenlos weltweiten Auslandsreise-Krankenversicherungsschutz zu beantragen. Die Broschüre enthielt die vorgenannten Leistungen erklärende Ausführungen sowie entsprechende Gutscheine. Auf der letzten Seite der vorgenannten Broschüre waren schließlich "Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Flugrückholkosten" abgedruckt.

Die abgedruckte Leistungsbeschreibung enthält zum 24 h-Notfallservice einen mit Sternchen versehenen Verweis, der nach Art einer Fußnote folgendes angibt: "Den Risikoträger der Versicherungsleistung entnehmen Sie bitte dem Antragsformular. ..." und "Mitgliedschaften ohne Versicherungsschutz auf Anfrage". Das Antragsformular selbst enthält keine Angaben zur Person des Versicherers, sondern weist als Empfängerin des Antrags die Klägerin aus und enthält auf der Rückseite die vorgenannten Versicherungsbedingungen, welche nur abstrakt vom "Versicherer" sprechen. Das Versicherungsrisiko deckte die Klägerin primär durch Versicherungsvertrag mit dem Dd-Büro der eFG Company of Europe S.A.-N.V. (im Folgenden: eFG) vom 12. Oktober 1994 ab, auf Grund dessen die Mitglieder der CCC AG Euro Service Versicherungsleistungen in Anspruch nehmen konnten. Als Versicherungsnehmerin war dort die "CCC-AG Euro Service, HiK-Verwaltung, HiK-GmbH, ... L" ausgewiesen. Die Prämien der eFG wurden an die HiK abgerechnet, welche diese zzgl. Umsatzsteuer an die Klägerin weiterberechnete. Im Jahr 1997 wurden auf diese Weise 19 637,11 DM mit der Klägerin abgerechnet. Unter eigenem Namen schloss diese allerdings ab dem 1. September 1997 noch einen Vertrag mit der O P -AG (OP), L, über Auslandsreisekrankenversicherungsschutz für ihre Mitglieder. Diesbezüglich wurden im Jahr 1997 Prämien in Höhe von insgesamt 627 DM abgerechnet.

Durch einen am 1. Januar 1996 mit der inländischen Fa. MN- GmbH, O (im Folgenden: MN) geschlossenen Service- und Stand-By-Vertrag, auf dessen Inhalt im übrigen verwiesen wird, beauftragte die Klägerin diese Gesellschaft mit der Erbringung und/oder Vermittlung der im Rahmen des Pakets "CCC Service" angebotenen Leistungen. § 1 des Vertrages lautet dabei wie folgt:

"§ 1 Versicherungsdeckung

Die CCC verkauft an ihre Kunden auf eigene Rechnung und Haftung einen Service- und Versicherungsvertrag unter dem Titel "CCC-Euro-Service". In dem genannten Vertrag sind durch einen Rahmenvertrag Versicherungsleistungen eingebunden, die zwar nicht Gegenstand des hier verhandelten ... Vertrages sind, mittelbar aber sehr wohl Grundlage einiger in diesem Vertrag beschriebener und von MN zu erbringender Leistungen sind. ..."

Parallel zum Euro Service bot die Klägerin auch den Service "ST oo" an. Im Rahmen einer Vereinsmitgliedschaft im auf Tier- und Umweltschutz gerichteten UV e.V. erhielten die Kunden zweimal im Jahr eine Vereinszeitschrift sowie den Anspruch auf kostenlose Tiersuchmeldungen in der Zeitschrift, die unentgeltliche Inanspruchnahme von Tierurlaubsplätzen (gegen Futterkostenerstattung), anwaltliche Beratung in Tier- und Umweltfragen bzw. einer Tierpsychologin, Produktinformationen und Broschüren sowie einen kostenlosen Tierinsassen-Unfallschutz. Der Gesamtumsatz der Klägerin betrug 1997 sfr 7 729 977,63, wovon sfr 2 520 121,70 auf das Projekt ST oo entfielen.

Mit der Durchführung und Abwicklung der Verkaufsförderung und der Dauerwerbung für Deutschland beauftragte die Klägerin zunächst durch Generalübernehmervertrag vom 2. Januar 1994 und Zusatzvereinbarung vom 10. Januar 1997 (auf deren Inhalt hier im übrigen verwiesen wird) die inländische Firma HiK GmbH. Entsprechend war in der o.g. Broschüre für Deutschland die Klägerin, allerdings unter Zusatz "c/o HiK Verwaltung" samt deren Adresse und Telefon- und Faxnummer angegeben. Der vorgenannte Vertrag wurde durch weiteren Vertrag vom 14. März 1997 in einen Verwaltungsvertrag umgewandelt, durch den die HiK die Betreuung der eingeworbenen Kunden übernahm. Mit Vertrag vom 10. November 1994 hatte die Klägerin zudem die inländische Fa. W& OHG mit der Vermittlung der von ihr vertriebenen Produkte beauftragt, der jedoch später (ohne Datum) aufgehoben wurde. Aufbauend auf einer vom 10. Januar 1997 festgehaltenen Absichtserklärung gründete die Kläger durch notarielle Urkunde vom 27. Februar 1997 (UR-Nr. 00/0000 des Notars X aus bb) die Y GmbH mit Sitz in ff, die ab dem 1. April 1997 die Kundenwerbung übernahm.

Am 30. Juni 1998 beantragte sie beim Beklagten die Vergütung von Vorsteuern nach §§ 59 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) für den Zeitraum 01-12/1997 (Vergütungszeitraum) in Höhe von DM 478 182,61. Mit ihrem Antrag reichte sie eine vom 4. Juni 1998 datierende Bescheinigung der B- Steuerverwaltung (Hauptabteilung Mehrwertsteuer) ein, nach der sie mit Wirkung ab dem 1. April 1998 unter der Nr. ooo000 in das Verzeichnis für Steuerpflichtige eingetragen war. Zugleich enthielt die Bescheinigung eine Aufstellung der die Klägerin als Steuerpflichtige i.S. der 17, 18 und 20 der B- Mehrwertsteuerverordnung treffenden Rechte und Pflichten. Außerdem reichte sie eine Bescheinigung des OK vom 18. November 1997 ein, nach der sie in das dortige Steuerregister eingetragen war. Dem Antrag lagen die ggfls. zur Vergütung berechtigenden Rechnungen allerdings nur in Kopie bei.

Zur Prüfung der Antragsvoraussetzungen und insbesondere der Frage, ob sich die Geschäftsleitung der Klägerin ausschließlich im Ausland befand, forderte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 30. September 1998 zur Beantwortung diverser Fragen sowie zur Einreichung der antragsbegründenden Unterlagen und insbesondere der Original-Rechnungen auf. Da die Klägerin dieser Bitte nicht nachkam, lehnte der Beklagte ihren Vergütungsantrag mit Bescheid vom 15. Januar 1999 ab.

Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, den sie durch Einreichung einzelner Unterlagen sowie den Hinweis begründete, sie verfüge an ihrem Sitz über einen vollständig eingerichteten Geschäftsbetrieb sowie mehrere Büroräume und habe entsprechend dort den Ort ihrer Geschäftsleitung. Eine weitere Nachfrage des Beklagten zu den Einzelheiten der unternehmerischen Tätigkeit (Geschäftsentwicklung, Geschäftsführung, Aufbau und Organisation, Leistungserbringung) sowie zum Kundenkreis beantwortete die Klägerin lediglich unter Wiederholung ihres vorgenannten Vorbringens.

Der Beklagte wies daraufhin den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 3. August 2001 als unbegründet zurück. Zur Begründung gab er an, die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass sich der Ort ihrer Geschäftsleitung ausschließlich im Ausland befunden habe. Abgesehen davon, dass positive Erkenntnisse vorlägen, die gegen eine solche Annahme sprächen, habe sie ihre erhöhte Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung 1977 (AO 1977) verletzt. Im übrigen erbringe die Klägerin zumindest auch typische Versicherungsleistungen i.S. des § 4 Nr. 10 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) und habe auch diesbezüglich nicht an der weiteren Sachaufklärung mitgewirkt.

Gegen den Ablehnungsbescheid in Gestalt der vorgenannten Einspruchsentscheidung hat die Klägerin am 3. September 2001 Klage erhoben, die sie im Wesentlichen wie folgt begründet: Es sei zunächst unrichtig, dass sie nicht an der Sachverhaltsaufklärung mitgewirkt habe. Vielmehr habe sie alle an sie herangetragenen Fragen beantwortet und umfangreiche Unterlagen vorgelegt. Auch seien die vom Beklagten in der Einspruchsentscheidung angegebenen Tatsachen falsch, die aus dessen Sicht für das Fehlen eines Geschäftsleitungsortes in der B sprächen. Dass der Verwaltungsratsvorsitzende Unternehmensberater sei, belege nicht, dass er seine Funktion für die Klägerin nicht ausgefüllt habe. Dieser habe vielmehr alle wesentliche Geschäftsführungsentscheidungen getroffen und etwa auch die Y- GmbH gegründet. Er sei auch nicht Treuhänder gewesen. Sie, die Klägerin, sei auch ordnungsgemäß gegründet worden und entrichte in der B Mehrwertsteuer. Sie habe auch Büroräume vorgehalten und nicht lediglich branchenfremdes Personal vorgehalten. Folglich sei es rechtsfehlerhaft von einem inländischen Ort der Geschäftsleitung auszugehen.

Sie, die Klägerin, betreibe aber auch keine Versicherungsgeschäfte. Soweit der Beklagte meine, sie vermittele Versicherungsleistungen, sei dies falsch, weil sie nur die Mitgliederverwaltung, insbesondere beim Projekt SToo, übernehme. Soweit sich aus dem bb- Handelsregister etwas anderes ergebe, betreffe dies nur die Tätigkeiten in der B. Im Bereich "Euro Service" ergebe sich schon aus dem Prospekt, dass es sich beim Versicherungsschutz um eine zusätzliche Leistung handele, die gesondert abgeschlossen werden müsse und nicht von ihr erbracht werde. Nichts anderes ergebe sich aus dem mit der HiK abgeschlossenen Vertrag, in dem ausdrücklich ausgeführt werde, dass weder die CCC-AG noch die HiK das Versicherungsgeschäft betrieben und lediglich die HiK Versicherungsleistungen vermittelt habe. Versicherungsleistungen seien durch die eFG erbracht worden, deren Versicherungsnehmerin die HiK gewesen sei. Entsprechend seien die Prämien an die HiK abgerechnet und von dieser dann im Rahmen einer Kostenerstattung an die Klägerin weiterbelastet worden. Leistungen an deutsche Unternehmer seien nur in marginalem Umfang erbracht worden, da sie, die Klägerin, Auslandsreisekrankenversicherungen der Fa. OP-AG vermittelt und dafür Prämien im Umfange von 624 DM geleistet habe. Leistungen an in Drittstaaten ansässige Kunden seien nicht erbracht worden. Leistungen nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG habe sie folglich ebenso wenig erbracht wie Vermittlungsleistungen nach § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG. Letzteres ergebe sich daraus, dass Versicherungsnehmerin die HiK gewesen sei und die Kosten zzgl. Umsatzsteuer an sie, die Klägerin, weiterbelastet habe. Leistungsort für die Vermittlungsleistungen betreffend die OP-AG liege hingegen im Ausland. Im übrigen betreffe die Vermittlung von Versicherungsschutz nur Teilleistungen, die nicht zur Versagung des gesamten Vorsteuerabzugs führen dürfe. Bemessungsgrundlage für steuerfreie Leistungen könne allenfalls das an die eFG gezahlte Prämienvolumen sein.

Im übrigen sei fraglich, ob der einem Drittlandsunternehmer zu gewährende Vorsteuerabzug von der Erfüllung von Erfordernissen abhängig gemacht werden dürfe, welche in der 6. Richtlinie nicht im einzelnen aufgeführt seien. Soweit sich der Beklagte nunmehr auf den Standpunkt stelle, die vorgelegten Unternehmerbescheinigungen seien nicht ausreichend, so verstoße er gegen Treu und Glauben, weil er diesen Punkt erst nach nunmehr sieben Jahren Verfahrenslaufzeit aufgegriffen und ihr, der Klägerin, damit die Möglichkeit genommen habe, rechtzeitig eine ordnungsgemäße Bescheinigung beizubringen. Im übrigen sei davon auszugehen, dass die vorgelegten Bescheinigungen ausreichend seien. Immerhin habe der deutsche Gesetzgeber in § 18 Abs. 9 UStG die Vorgaben des Art. 3 b der 8. Richtlinie nicht richtig umgesetzt und könne die fehlende gesetzliche Umsetzung nicht durch die Verwaltungsvorschrift des Absch. 243 Abs. 7 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) ersetzen, für die § 61 Abs. 3 UStDV keine ausreichende gesetzliche Grundlage sei.

Soweit die Originalbelege nicht innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist vorgelegt worden seien, sei es willkürlich, wenn sich der Beklagte auf einen Hinweis des Gerichts hin darauf berufe. Immerhin habe sich der Beklagte im Laufe der diversen Vergütungsverfahren der Klägerin äußerst widersprüchlich verhalten und habe die Klägerin als ausländische Unternehmerin deshalb nicht wissen oder einschätzen können, welchen Rechtsstandpunkt der Beklagte zu welchem Zeitpunkt eingenommen habe. Auch sei der Wortlaut des § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG insoweit unklar und dürfe nicht zum Nachteil der Steuerpflichtigen ausgelegt werden.

Die Klägerin beantragt,

den Ablehnungsbescheid vom 9. Februar 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. August 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die für das Jahr 1997 beantragte Vorsteuererstattung in Höhe von 478 182,61 zu gewähren; hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er Folgendes an: Zwar halte er auf Grund der vorgelegten Unterlagen nicht mehr an der Auffassung fest, dass die Klägerin in der B keinen Ort der Geschäftsleitung vorgehalten habe. Es sei aber fraglich, ob die Klägerin nicht Versicherungsleistungen erbringe oder vermittle. Hinweise darauf ergäben sich aus dem bb Handelsregistereintrag, den vorgelegten Prospekten sowie den mit der HiK geschlossenen Verträgen. Die Klägerin erbringe ein vielfältiges Leistungsspektrum, für dessen Verwaltung und Organisation sie außerhalb der B die HiK eingeschaltet habe. Dabei seien lediglich auf Anfrage Mitgliedschaften ohne Versicherungsschutz angeboten worden. Daran habe sich durch die Gründung einer eigenen Werbegesellschaft inhaltlich nichts geändert. Die Klägerin habe auch nicht nur das Paket "SToo", sondern auch "ST- Euro Service" angeboten. Auch der Auftritt der Klägerin im Internet sowie ihre Eintragungen in inländischen Kommunikationsverzeichnissen erhärteten die Annahme, dass die Klägerin selbst Versicherungsleistungen vermittle. So erkläre sich auch, dass die HiK ihr in erheblichem Umfange Versicherungsleistungen berechnet habe. Dafür sprächen letztlich aber vor allem die von der Klägerin abgeschlossenen Verträge. So sei etwa in dem mit der MN abgeschlossenen Vertrag davon die Rede, dass sie ihren Kunden "auf eigene Rechnung und Haftung Service- und Versicherungsverträge" verkaufe. Die Klägerin trete folglich nach außen hin als Versicherer auf bzw. verschaffe ihren Mitgliedern Versicherungsschutz. Sie sei auch Versicherungsnehmerin des Vertrages mit der eFG, während lediglich die Abrechnung über die HiK laufe.

Da die Klägerin die einzelnen mit ihren Kunden abgeschlossenen Verträge nicht vorgelegt habe, könne der Umfang der nach § 4 Nr. 10 Buchst. a oder b UStG steuerfreien Leistungen nicht genau bestimmt werden. Insbesondere sei unklar, ob sie derartige Leistungen auch im Inland erbracht habe, weil dann die Anwendung des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens ausgeschlossen sei. Selbst wenn das aber zu bejahen sei, müsse geprüft werden, ob nicht eine anteilige Vorsteuerkürzung vorzunehmen sei. Dies gelte im übrigen umso mehr, als die Klägerin selbst angegeben habe, dass sie auch Kunden in der B gehabt habe. Auch könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin Leistungen auch an Unternehmer erbracht habe. Diesbezüglich habe sie jedenfalls in erheblichem Maße ihre Mitwirkungspflichten verletzt und sie trage insoweit die Feststellungslast.

Bei erneuter Aktenprüfung sei im übrigen aufgefallen, dass die Klägerin keine Unternehmerbescheinigung vorgelegt habe, die den Vorgaben des § 61 Abs. 3 UStDV entspreche. Die Vorschrift entspreche den Vorgaben des Europarechts und begründe eine unabdingbare Verfahrensvoraussetzung. Aus Art. 3 b der 8. Richtlinie ergebe sich insoweit, dass die Bescheinigung ab dem Zeitpunkt ihrer Ausstellung gelte, während die vorgelegte Bescheinigung erst ab dem 1. April 1998 als Mehrwertsteuerpflichtiger geführt wurde. Die weitere Bescheinigung des K A entspreche im übrigen nicht den Vorgaben der 8. Richtlinie, weil sie keine Aussage darüber enthalte, dass die Klägerin als Mehrwertsteuerpflichtige geführt worden sei. Auch fehlten Aussagen über die Art der Tätigkeit und den Gewerbezweig. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liege offensichtlich nicht vor.

Der Berichterstatter hat die Klägerin durch Schreiben vom 8. Dezember 2004 auf das Senatsurteil vom 13. November 2003 (2 K 4850/00, EFG 2004, 382) hingewiesen. Den daraufhin gestellten Antrag auf Akteneinsicht hat sie später fallen gelassen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 9. Februar 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. August 2001 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG in der für das Antragsjahr geltenden Fassung kann zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15 UStG) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG, in einem besonderen Verfahren regeln. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber in §§ 59 ff. UStDV Gebrauch gemacht. Die Vorschriften beruhen für im EU-Ausland ansässige Steuerpflichtige auf den Vorgaben der am 6. Dezember 1979 ergangenen 8. Richtlinie (79/1072/EWG, ABl.EG Nr. L 331/1979, 11) bzw. für solche Steuerpflichtige, die im Drittlandsgebiet ansässig sind, auf den Vorgaben der 13. Richtlinie vom 17. November 1986 (86/560/EWG, ABl.EG Nr. L 326/1986, 40). Grundvoraussetzung für die Erstattung ist sowohl nach den genannten Richtlinien als auch nach § 59 Nr. 1 UStDV, dass der Steuerpflichtige, welcher die Erstattung begehrt, im Inland keine Umsätze ausgeführt hat. Der Senat kann es insoweit ausschließen, dass die Klägerin im Inland Umsätze aus Leistungen aus einem Versicherungsverhältnis oder der Vermittlung von Versicherungsleistungen ausgeführt hat.

a) Sie selbst hat erweislich keine Versicherungsleistungen erbracht, weil sie weder als Versicherer zugelassen war noch selbst ein Versicherungsrisiko getragen, sondern dieses gerade durch zu Gunsten ihrer Mitglieder abgeschlossene Verträge mit Dritten abgedeckt hat.

b) Auch insoweit scheidet aber ein inländischer Leistungsort aus: Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG wird nämlich eine sonstige Leistung von dem Ort aus erbracht, von dem der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin in Deutschland eine Betriebsstätte i.S. des § 3a Abs. 1 Satz 2 UStG vorgehalten haben könnte, sind schon deshalb nicht ersichtlich, weil sie für das inländische Vertriebsgebiet gerade die HiK eingeschaltet hat. Selbst wenn sie auf Grund der Tatsache, dass sie zugunsten ihrer Kunden Versicherungsverträge abgeschlossen hat, unter § 4 Nr. 10 b UStG fallende Umsätze erzielt haben sollte, kann aber der Leistungsort nicht im Inland gelegen haben. Nach §§ 3a Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 6 a UStG könnte das zwar bei einer Leistungserbringung an inländische Unternehmer der Fall sein. Bereits das Leistungsspektrum der Klägerin (Urlaubsrücktransport, Aktivitäten im Bereich Tier- und Umweltschutz) lässt es aber als ausgeschlossen erscheinen, dass Unternehmer zu ihren Kunden gezählt haben könnten. Dies hat auch die Klägerin -insoweit vom Beklagten unwidersprochen- vorgetragen. Soweit die Klägerin schließlich bb Kunden Versicherungsleistungen verschafft haben sollte, läge der Leistungsort wiederum nach § 3a Abs. 1, Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 Nr. 6 a UStG in der B. Nichts anderes ergibt sich aus § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG, weil diese Vorschrift durch ihren Satz 3 für die in § 4 Nr. 10 bezeichneten Vermittlungsleistungen nicht gilt.

2. Die Inanspruchnahme des Vorsteuervergütungsverfahrens scheitert allerdings daran, dass die Klägerin weder eine Unternehmerbescheinigung nach § 61 Abs. 3 UStDV noch innerhalb der in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG genannten Frist die Original-Rechnungen vorgelegt hat, die ggfls. zur Vorsteuervergütung führen könnten.

a) Nach § 61 Abs. 3 UStDV muss der Unternehmer der zuständigen Finanzbehörde durch behördliche Bescheinigung des Staates, in dem er ansässig ist, nachweisen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist. Die Vorlage der Bescheinigung ist materiell-rechtliche Voraussetzung der Vorsteuervergütung (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Umsatzsteuergesetz, § 18 UStG Rz. 882.3; Kraeusel in Reiss/Kraeusel/Langer, Umsatzsteuergesetz, § 18 UStG Rz. 680; Mößlang in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 18 UStG Rz. 173) und entspricht sowohl den Vorgaben des Art. 3 Buchst. b und des Art. 4 Buchst. a (sowie Anhang B) der 8. Richtlinie als auch denjenigen des Art. 3 Abs. 1 Satz 4 der 13. Richtlinie (vgl. Stadie, a.a.o., § 18 UStG Rz. 872.4). Daraus folgt, dass - auch bei Unternehmern aus Drittstaaten- Unklarheiten hinsichtlich des Bescheinigungsinhalts zu Lasten des Antragstellers gehen, den die Feststellungslast hinsichtlich des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 59 ff. UStDV trifft. Es kann dahinstehen, ob ausnahmsweise Bescheinigungen anerkennt werden könnten, die nicht vollständig dem amtlichen Vordruck (Abschn. 243 Abs. 7 UStR; Vordruck USt 1 T N) entsprechen. Jedenfalls muss sich die Bescheinigung auf den richtigen Vergütungszeitraum beziehen und angeben, dass der Steuerpflichtige in seinem Ansässigkeitsstaat unter einer Steuernummer als Umsatzsteuerpflichtiger geführt wird. Zwar würde danach die von der Klägerin eingereichte Bescheinigung der bb- Steuerverwaltung vom 4. Juni 1998 ausreichen, diese erstreckt sich aber nicht auf den Vergütungszeitraum, sondern enthält gerade die Aussage, dass die Klägerin "ab dem 1.4.1998" in das Verzeichnis der Steuerpflichtigen eingetragen wurde. Daran ändert auch die Bescheinigung des KA vom 18. November 1997 nichts, die zwar noch in 1997 ausgestellt ist, aber nur die direkten Steuern betrifft und nicht die Aussage enthält, dass die Klägerin i.S. der MwStVO unternehmerisch tätig war. Ein Zusammenlesen beider Bescheinigungen scheidet schon deshalb aus, weil sie von unterschiedlichen Behörden ausgestellt worden sind.

b) Da die Vorlage einer § 61 Abs. 3 UStDV entsprechenden Unternehmerbescheinigung materiell-rechtliche Voraussetzung der Vergütung ist, muss der Senat die fehlende Vorlage zu Lasten der Klägerin berücksichtigen und kann sich diese nicht auf die Grundsätze von Treu und Glauben berufen. Weder sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte die Tatsache der fehlerhaften Bescheinigungen bewusst oder arglistig zurückgehalten hätte noch konnte sich die Klägerin darauf verlassen, dass anfänglich unberücksichtigt gebliebene rechtliche Gesichtspunkte nicht später in das Verfahren eingeführt werden könnten oder würden.

c) Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellen würde, dass sie ggfls. noch heute eine ausreichende Bescheinigung der bb- Steuerverwaltung für den Vergütungszeitraum nachreichen könnte (was sie allerdings selbst als durch das Verhalten des Beklagten unmöglich gemacht bezeichnet hat), so könnte ihrem Vergütungsantrag auch deshalb nicht abgeholfen werden, weil sie innerhalb der in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG genannten Frist nicht die Original-Rechnungen eingereicht hat. Bei der vorgenannten Frist handelt es sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 21. Oktober 1999 V R 76/98, BFHE 190, 293, BStBl II 2000, 214; Stadie, a.a.O., § 18 UStG Rz. 881.2; Kraeusel in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 18 UStG Rz. 669 mwN).

aa) Durch rechtskräftiges Urteil vom 13. November 2003 (2 K 4850/00, EFG 2004, 382) hat der erkennende Senat diesbezüglich entschieden, dass die in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG für "den Vergütungsantrag" genannte 6-Monats-Frist in der Zusammenschau mit § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG zu verstehen ist, wonach der Unternehmer "die Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen ... im Original nachzuweisen" hat. Insoweit hält der Senat die Vorschrift des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG für auslegungsfähig und -bedürftig, weil insoweit nicht klar ist, was dort unter "dem Vergütungsantrag" zu verstehen ist.

bb) Schon der systematische Zusammenhang des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG zum Satz 4 der Vorschrift spricht dafür, dass zum "Vergütungsantrag" i.S. des Satzes 3 auch die Orginal-Rechnungen gehören und diese folglich innerhalb der dort genannten Frist eingereicht werden müssen. Wenn es in Satz 4 heißt, dass der Unternehmer die Vergütung selbst zu berechnen und die Original-Rechnungen zum Nachweis vorzulegen hat, so spricht viel dafür, dass mit diesen Ausführungen die Details des Vergütungsantrages gemeint sind. Dafür spricht insbesondere auch, dass in § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG wiederum vom Vergütungsantrag gesprochen wird.

cc) Für das vorgenannte Auslegungsergebnis spricht entscheidend allerdings die Gesetzeshistorie sowie der Gesichtspunkt einer europarechtskonformen Auslegung: Nach Art. 3 Satz 1 Buchst. a der 8. Richtlinie muss der Steuerpflichtige nämlich, um die Erstattung zu erhalten, bei der Behörde einen Antrag stellen, "dem die Originale der Rechnungen ... beizufügen" sind (vgl. die Nachweise bei Stadie, a.a.O., § 18 UStG Rz. 872.5). Der Wortlaut der 8. Richtlinie ist insoweit eindeutig, als er ausdrücklich anordnet, dass dem Vergütungsantrag die Originalbelege beizufügen sind. Eine europarechtskonforme Auslegung des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG muss folglich dazu führen, dass innerhalb der dort genannten Frist auch die Original-Rechnungen vorzulegen sind. Es ist auch nicht erkennbar, dass der deutsche Gesetzgeber von den Vorgaben der Richtlinie hätte abrücken wollen. Das wird bereits durch die Formulierung des § 61 Abs. 1 Satz 5 UStDV a.F. gestützt, wonach ebenfalls "dem Vergütungsantrag ... die Rechnungen ... im Original beizufügen" waren (vgl. auch Birkenfeld, USt-Handbuch, VI Rz. 417.2; a.A. Stadie, a.a.O., § 18 UStG Rz. 882.2). Der Gesetzgeber hat die Vorschrift des § 61 Abs. 1 Satz 5 UStDV a.F. zwar durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl. I 1995, 1250) mit Wirkung ab dem 3. Juni 1995 aufgehoben. Dies beruhte aber darauf, dass er die Regelungen zum Vergütungsverfahren dadurch gesetzlich legitimieren wollte, dass er sie in das UStG überführte. Die Materialien des Jahressteuergesetzes 1996 sprechen hingegen nicht dafür, dass der Gesetzgeber an der bis dahin geltenden Regelung zum Vergütungsantrag etwas ändern wollte. Vielmehr wollte er die bisherige Regelung des § 61 Abs. 1 Satz 5 UStDV a.F. im Rahmen einer redaktionellen Änderung in § 18 Abs. 9 UStG übernehmen (vgl. BT/Drs. 13/901, S. 153).

dd) Dass der Gesetzgeber insoweit handwerklich unsauber gearbeitet hat, wirkt sich bei der Norminterpretation entgegen der Annahme der Klägerin nicht zu Gunsten der Steuerpflichtigen aus, weil der Wortlaut des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG gerade nicht eindeutig ist. Steuerpflichtige durften sich folglich auf einen vom Gesetzgeber beabsichtigten Bedeutungswandel nicht verlassen. Etwas anderes kann im Ergebnis lediglich aus dem Verhalten des Beklagten folgen, der die streitentscheidende Norm offensichtlich zeitweise selbst so verstanden hat, dass eine Vorlage der Originalbelege innerhalb der in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG genannten Frist nicht erforderlich war. Dieses Verhalten führt allerdings nicht zu einer abweichenden Norminterpretation, sondern könnte lediglich im Rahmen eines Antrages auf Erlass einer Billigkeitsmaßnahme zu einem abweichenden steuerlichen Ergebnis führen. Dazu müsste die Klägerin allerdings zunächst einen entsprechenden Antrag stellen und es müssten auch die übrigen Vergütungsvoraussetzungen gegeben sein.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

4. Wegen der Frage, ob innerhalb der in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG geregelten Ausschlussfrist auch die Original-Rechnungen einzureichen sind, lässt der Senat die Revision zum BFH zu. Zwar hatte er dieses schon in seinem Urteil vom 13. November 2003 (a.a.O.) getan und dazu insbesondere auf die entsprechende Anregung des BFH im Urteil vom 10. April 2003 (V R 35/01, BFHE 202, 187, BStBl II 2003, 782) hingewiesen. Das Senatsurteil ist aber rechtskräftig geworden, ohne dass der BFH in der Sache entschieden hat. Deshalb ist die erneute Revisionszulassung geboten, weil die aufgeworfene Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat.

Ende der Entscheidung

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