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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 19.01.2006
Aktenzeichen: 2 K 6057/04
Rechtsgebiete: AO
Vorschriften:
AO § 155 Abs. 4 | |
AO § 233a Abs. 1 S. 1 |
Finanzgericht Köln
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die Klägerin ist ein italienisches Unternehmen, welches am 22. Mai 2000 (Eingangsdatum beim Beklagten) die Vergütung von in Deutschland bezahlter Vorsteuer nach Maßgabe des § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V. mit §§ 59 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) für den Zeitraum 01-12/1999 (Vergütungszeitraum) beantragte.
Den Vergütungsantrag lehnte der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 6. März 2001 ab. Auf Grund der Änderung seiner Rechtsauffassung zur umsatzsteuerlichen Behandlung sog. Factoringumsätze erließ er aber am 13. Mai 2004 einen Änderungsbescheid, mit welchem er die Vergütung von Vorsteuer in Höhe von DM 122 027,16 anordnete.
Mit Fax vom 25. Juni 2004 beantragte die Klägerin daraufhin die Festsetzung von Erstattungszinsen nach § 233a der Abgabenordnung 1977 (AO 1977) in Höhe von € 935,25. Zur Begründung führte sie aus, dass Gegenstand der Vorsteuervergütung die Umsatzsteuer sei, welche vom sachlichen Geltungsbereich des § 233a AO 1977 erfasst sei. Den vorgenannten Antrag lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 25. August 2004 ab, weil eine Verzinsung von Vorsteuer-Vergütungsbeträgen mangels vorhergehender Steuerfestsetzung unmöglich sei.
Den am 21. September 2004 eingelegten Einspruch der Klägerin wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 22. November 2004 als unbegründet zurück und führte zur Begründung ergänzend aus, dass die Klägerin keine deutsche Umsatzsteuer schulde, weshalb es auch zu keiner Steuerfestsetzung komme. Die Festsetzung einer Steuervergütung sei keine Steuerfestsetzung, weshalb die Voraussetzungen des § 233a Abs. 1 AO 1977 nicht vorlägen.
Gegen den Ablehnungsbescheid vom 25. August 2004 in Gestalt der vorgenannten Einspruchsentscheidung hat die Klägerin am 6. Dezember 2004 Klage erhoben, die sie wie folgt begründet: Nach dem Wortlaut des § 233a AO 1977 müssten auch Umsatzsteuervergütungen verzinst werden, weil Vorsteuerbeträge nach § 15 UStG Teil der dort genannten Umsatzsteuer seien. Nach § 18 UStG würden aber die Festsetzung einer Zahllast einerseits und diejenige eines Vorsteuerüberschusses völlig gleich behandelt, weshalb nicht erkennbar sei, weshalb die Festsetzung ein- und derselben Steuerart in einem anderen Verfahren zu einem Wegfall des Zinsanspruches führen solle. Jedenfalls stelle eine solche Ungleichbehandlung einen Verfassungsverstoß dar.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 25. August 2004 und der Einspruchsentscheidung vom 22. November 2004 die Erstattungszinsen für den Zeitraum 01-12/1999 auf € 935,25 festzusetzen; hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, dass nach § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 unter anderem auch die Umsatzsteuer einer Verzinsung unterliege, soweit die Festsetzung der Steuer zu einem Unterschiedsbetrag führe. Maßgeblich seien danach die um anzurechnende Steuerabzugsbeträge verminderten festgesetzten Steuern (§ 233a Abs. 3 Satz 1 AO 1977). Im Vergütungsverfahren komme es allerdings nicht zu einer Steuerfestsetzung und es ergebe sich auch kein Unterschiedsbetrag. Gerade deshalb werde auch in der Kommentarliteratur vertreten, dass § 233a AO 1977 mangels Steuerfestsetzung auf das Vorsteuer-Vergütungsverfahren keine Anwendung finde.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Der Ablehnungsbescheid vom 25. August 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. November 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat die Verzinsung des streitbefangenen Vergütungsbetrages nach § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 zu Recht abgelehnt.
1. Nach § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 ist in dem Fall, dass die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des Absatzes 3 führt, dieser zu verzinsen. § 233a Abs. 3 Satz 1 AO 1977 stellt demgemäß klar, dass für die Zinsberechnung die "festgesetzte Steuer" maßgeblich ist. Deshalb kommt es für die Anwendung des § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 entscheidend darauf an, ob eine Steuerfestsetzung i.S. der Vorschrift vorliegt. Mit der ganz einhelligen Meinung in der Literatur stellt die Festsetzung einer Vorsteuervergütung keine Umsatzsteuerfestsetzung i.S. des § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 dar (Kruse/Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 233a AO Tz. 10; Rüsken in Klein, AO, 8. Aufl., § 233a AO Rz. 6; Heuermann in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO/FGO, § 233a AO Rz. 21; Kögel in Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, § 233a AO Rz. 5.19; Koenig in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, § 233a AO Rz. 13). Die Norm ist insoweit eindeutig und einer (erweiternden) Auslegung unzugänglich.
a) Zunächst ist es zwar richtig, dass der vom Beklagten festgesetzte Steuervergütungsbetrag die Umsatzsteuer betrifft, anders als die Klägerin meint handelt es sich deshalb aber bei der Festsetzung einer Steuervergütung noch nicht um eine Umsatzsteuerfestsetzung i.S. des § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977. Dies ergibt sich schon daraus, dass nach §§ 59 ff. UStDV gerade keine Umsatzsteuer festgesetzt wird, sondern die Vergütung "abweichend von § 16 und § 18 Abs. 1 bis 4 UStG" vorgenommen wird (arg. e. § 59 Abs. 1 UStDV). Wichtiger ist aber, dass § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 den Passus der Steuerfestsetzung aus systematischer Sicht erkennbar in Übereinstimmung mit den Regelungen des § 155 AO 1977 verwendet. Das Gesetz unterscheidet dort eindeutig zwischen der Steuerfestsetzung (§ 155 Abs. 1 AO 1977) einerseits und der Festsetzung einer Steuervergütung (§ 155 Abs. 4 AO 1977) andererseits. Nach der letztgenannten Vorschrift sind deshalb die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften auf Steuervergütungen auch nur sinngemäß anzuwenden. Die Regelung in § 155 Abs. 4 AO 1977 stellt klar, dass der Gesetzgeber nicht nur begrifflich zwischen Steuerfestsetzungen und Festsetzungen von Steuervergütungen unterscheiden, sondern auch in Teilen eine unterschiedliche Sachbehandlung erreichen wollte. Hinzu kommt aber auch, dass § 233a AO 1977 auch nicht zu den auf die Festsetzung von Steuervergütungen sinngemäß anwendbaren Vorschriften zur Steuerfestsetzung gehört, weil die Norm dem Steuererhebungsverfahren zugehörig ist (vgl. Tipke in Tipke/Kruse, a.a.O., § 155 AO Tz. 47).
b) Dass der Gesetzgeber in § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 von der in § 155 AO 1977 angelegten Unterscheidung hätte abweichen wollen, ist weder naheliegend noch überhaupt erkennbar. Der Gesetzgeber wollte durch die Einführung der Vollverzinsung in § 233a AO 1977 alleine sicherstellen, dass Zinsvor- und -nachteile, welche sich daraus ergeben können, dass Steuern zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt werden, ausgeglichen werden (BT/Drs. 11/2529; Heuermann, a.a.O., § 233a AO Rz. 5 mwN). Die Beschränkung auf die in § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 genannten Steuerarten ergibt sich dabei daraus, dass es sich um Veranlagungssteuern handelt, bei denen zwischen der Entstehung der Steuerschuld bzw. der Steuererstattungsanspruchs und dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Steuerbescheides regelmäßig ein längerer Zeitraum vergeht (vgl. Heuermann, a.a.O., § 233a AO Rz. 17).
c) Aus diesem Grunde ist § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 auch nicht verfassungskonform im Sinne der klägerischen Auffassung auszulegen. Ganz abgesehen davon, dass ein entsprechender Auslegungsspielraum angesichts des klaren Wortlauts nicht bestehen dürfte, liegt nämlich in der unterschiedlichen Sachbehandlung von Steuerfestsetzungen einerseits und der Festsetzung von Steuervergütungen andererseits deshalb kein willkürlicher Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes vor, weil die unterschiedliche Behandlung sachlich dadurch gerechtfertigt ist, dass die Vergütung insbesondere von Vorsteuerbeträgen nach §§ 59 ff. UStDV in aller Regel zeitnah durchgeführt wird. Dies ergibt sich nicht nur aus der kurzen Frist zur Antragstellung nach dem Ablauf des Vergütungszeitraumes (arg. e. 18 Abs. 9 Satz 3 UStG), sondern entspricht auch der dem Senat bekannten Praxis des Beklagten, der in den allermeisten Fällen sehr zeitnah über die Vergütungsanträge entscheidet. Ein Bedürfnis für eine Verzinsung besteht insoweit also nicht (vgl. Heuermann, a.a.O., § 233a AO Rz. 21) und ist also die Anordnung einer generellen Verzinsungspflicht nicht geboten. Ob daneben in Einzelfällen eine Billigkeitsmaßnahme in Betracht kommen kann, hat der Senat im hiesigen Verfahren nicht zu entscheiden, wobei im Übrigen auch fraglich ist, ob sie eine "Verzinsungspflicht im Einzellfall" begründen können.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.
Ende der Entscheidung
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