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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 24.02.2005
Aktenzeichen: 2 K 6264/02
Rechtsgebiete: UStG, UStDV


Vorschriften:

UStG § 18 Abs 9 S 1
UStG § 18 Abs 9 S 3
UStG § 18 Abs 9 S 4
UStDV § 61 Abs 3
UStDV § 61 Abs 1 S 5 a.F. 8. EWG-Richtlinie Art 3 S 1 Buchst a
UStG § 3a Abs 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in A (B), die insbesondere Service- und Beistandsleistungen für Notfallrücktransporte erbringt. Die Einzelheiten ihres Leistungsangebotes ergeben sich aus der zu den Gerichtsakten im Verfahren 2 K 5219/01 gereichten Informationsbroschüre "Service-Scheckheft - CCC- AG Euro Service", auf deren gesamten Inhalt hier im übrigen verwiesen wird: Danach bot sie ihren Mitgliedern drei Leistungspakete an. Zunächst einen sog. Notfall-Service mit 24 h-Notrufzentrale, der Krankenrücktransporte und ärztliche Versorgung sicherstellen und die anfallenden Kosten übernehmen sollte. Dieser Service umfasste aber auch die Bereitstellung und Kostenübernahme folgender Dienstleistungen: bei längeren Krankenhausaufenthalten die An- und Abreise eines Angehörigen, die Betreuung evtl. allein gelassener Kinder, den Informationsaustausch mit heimischen Ärzten, die Bergung, anwaltliche Vertretung und Bargeldversorgung sowie Beschaffung verloren gegangener Ausweispapiere. Daneben trat ein sog. Travelservice, der kostenlose Reisepreisvergleiche, Tourenplanung, Beratung medizinischer Vorsorgemaßnahmen, Informationen über das Reiseland sowie Reiseausstattung (Mini-Apotheke, Kofferanhänger, Sprachführer), vor allem aber einen kostenlosen Urlaubsgutschein (Nutzung eines Appartments oder Hotelzimmers bis zu einer Woche mit bis zu 4 Personen) beinhaltete. Hinzu trat schließlich der sog. Vorteils-Service, der einen Schlüsselfinder, eine Telefonkarte, einen Gesundheitspaß, eine Goldkarte (Vorteilskonditionen bei Reifenhändlern), den Zugriff auf eine Preisagentur sowie die Möglichkeit beinhaltete, für die gesamte Familie einen kostenlos weltweiten Auslandsreise-Krankenversicherungsschutz zu beantragen. Die Broschüre enthielt die vorgenannten Leistungen erklärende Ausführungen sowie entsprechende Gutscheine. Auf der letzten Seite der vorgenannten Broschüre waren schließlich "Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Flugrückholkosten" abgedruckt.

Die abgedruckte Leistungsbeschreibung enthält zum 24 h-Notfallservice einen mit Sternchen versehenen Verweis, der nach Art einer Fußnote folgendes angibt: "Den Risikoträger der Versicherungsleistung entnehmen Sie bitte dem Antragsformular. ..." und "Mitgliedschaften ohne Versicherungsschutz auf Anfrage". Das Antragsformular selbst enthält keine Angaben zur Person des Versicherers, sondern weist als Empfängerin des Antrags die Klägerin aus und enthält auf der Rückseite die vorgenannten Versicherungsbedingungen, welche nur abstrakt vom "Versicherer" sprechen. Das Versicherungsrisiko deckte die Klägerin primär durch Versicherungsvertrag mit dem Frankfurter Büro der belgischen eFG- S.A.-N.V. (im Folgenden: eFG) vom 12. Oktober 1994 ab, auf Grund dessen die Mitglieder der CCC- AG Versicherungsleistungen in Anspruch nehmen konnten. Als Versicherungsnehmerin war dort die "CCC- AG Euro Service, HiK Verwaltung, HiK- GmbH, ... L" ausgewiesen. Die Prämien der eFG wurden an die HiK abgerechnet, welche diese zzgl. Umsatzsteuer an die Klägerin weiterberechnete. Unter eigenem Namen schloss diese allerdings ab dem 1. September 1997 noch einen Vertrag mit der Op- AG (OP), R, über Auslandsreisekrankenversicherungsschutz für ihre Mitglieder.

Durch einen am 1. Januar 1996 mit der inländischen Fa. MN- GmbH, O (im Folgenden: MN) geschlossenen Service- und Stand-By-Vertrag, auf dessen Inhalt ebenfalls verwiesen wird, beauftragte die Klägerin diese Gesellschaft mit der Erbringung und/oder Vermittlung der im Rahmen des Pakets "CCC Euro Service" angebotenen Leistungen. § 1 des Vertrages lautet dabei wie folgt:

"§ 1 Versicherungsdeckung

Die CCC verkauft an ihre Kunden auf eigene Rechnung und Haftung einen Service- und Versicherungsvertrag unter dem Titel "CCC Euro-Service". In dem genannten Vertrag sind durch einen Rahmenvertrag Versicherungsleistungen eingebunden, die zwar nicht Gegenstand des hier verhandelten ... Vertrages sind, mittelbar aber sehr wohl Grundlage einiger in diesem Vertrag beschriebener und von MN zu erbringender Leistungen sind. ..."

Parallel zum Euro Service bot die Klägerin auch den Service "SToo" an. Im Rahmen einer Vereinsmitgliedschaft im auf Tier- und Umweltschutz gerichteten SToo Welt-Tierhilfe e.V. erhielten die Kunden zweimal im Jahr eine Vereinszeitschrift sowie den Anspruch auf kostenlose Tiersuchmeldungen in der Zeitschrift, die unentgeltliche Inanspruchnahme von Tierurlaubsplätzen (gegen Futterkostenerstattung), anwaltliche Beratung in Tier- und Umweltfragen bzw. einer Tierpsychologin, Produktinformationen und Broschüren sowie einen kostenlosen Tierinsassen-Unfallschutz.

Mit der Durchführung und Abwicklung der Verkaufsförderung und der Dauerwerbung für Deutschland beauftragte die Klägerin zunächst durch Generalübernehmervertrag vom 2. Januar 1994 und Zusatzvereinbarung vom 10. Januar 1997 (auf deren Inhalt hier im übrigen verwiesen wird) die inländische Firma HiK - GmbH. Entsprechend war in der o.g. Broschüre für Deutschland die Klägerin, allerdings unter Zusatz "c/o HiK Verwaltung" samt deren Adresse und Telefon- und Faxnummer angegeben. Der vorgenannte Vertrag wurde durch weiteren Vertrag vom 14. März 1997 in einen Verwaltungsvertrag umgewandelt, durch den die HiK die Betreuung der eingeworbenen Kunden übernahm. Mit Vertrag vom 10. November 1994 hatte die Klägerin zudem die inländische Fa. W & - OHG mit der Vermittlung der von ihr vertriebenen Produkte beauftragt, der jedoch später (ohne Datum) aufgehoben wurde. Aufbauend auf einer vom 10. Januar 1997 festgehaltenen Absichtserklärung gründete die Kläger durch notarielle Urkunde vom 27. Februar 1997 (UR-Nr. oo/0000 des Notars X aus bb) die Y- GmbH mit Sitz in FF, die ab dem 1. April 1997 die Kundenwerbung übernahm.

Die Umsätze der Klägerin für den Bereich CCC-Euro-Service beliefen sich für 1999 für Deutschland auf sfr 2 321 610,80 und für 2000 auf sfr 1 996 198,96, für Österreich beliefen sie sich für 1999 auf sfr 279 072,79 und für 2000 auf sfr 199 829,43. Die Umsätze für das Projekt SToo beliefen sich für 1999 auf sfr 6 628 926,03 und für 2000 auf sfr 6 581 464,68 (wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Auszüge aus den Bilanzen der Klägerin verwiesen).

Am 30. Juni 2000 beantragte die Klägerin beim Beklagten zunächst die Vergütung von Vorsteuern nach §§ 59 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) für den Zeitraum 01-12/1999 (Vergütungszeitraum) in Höhe von DM 1.371.509,62. Dem Antrag lagen die ggfls. zur Vergütung berechtigenden Rechnungen allerdings nur in Kopie bei. Am 29. Juni 2001 beantragte sie zudem die Vergütung von Vorsteuer für den Zeitraum 01-12/2000 in Höhe von DM 532 772,42. Auch diesem Antrag lagen keine Originalbelege bei.

Mit Bescheiden vom 24. August 2001 lehnte der Beklagte die beantragten Vorsteuervergütungen mit der Begründung ab, die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen der §§ 59 ff. UStDV. Insoweit verwies er auf eine Anlage zum Bescheid und gab zudem an, eine Vergütung komme nur bei Vorlage der Original-Rechnungen in Betracht. In der Anlage war unter anderem ausgeführt, die Klägerin verfüge an ihrem statuarischen Sitz über keinen Ort der Geschäftsleitung und die geltend gemachten Vorsteuerbeträge resultierten aus Bezügen der HiK.

Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 27. September 2001, beim Beklagten mit Eingangsstempel 1. Oktober 2001 versehen, Einspruch ein, den sie durch Verweis auf ihr Vorbringen im Klageverfahren 2 K 5219/01 zum Vergütungszeitraum 1997 begründete. In dem vorgenannten Einspruchsschreiben wies sie darauf hin, die Ablehnungsbescheide hätten sie erst am 7. September 2001 erreicht.

Der Beklagte verwarf daraufhin den Einspruch mit Einspruchsentscheidungen vom 16. Oktober 2002 als unzulässig. Zur Begründung gab er an, dass die Ablehnungsbescheide nach § 122 Abs. 2 der Abgabenordnung 1977 (AO 1977) als am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post bekannt gegeben gelten würden. Folglich müssten die Ablehnungsbescheide vom 24. August 2001 als mit dem Ablauf des 27. August 2001 bekannt gegeben gelten. Daraus folge, dass die Einspruchsfrist am 27. September 2001 abgelaufen sei, während das Einspruchsschreiben ihn, den Beklagten, erst am 1. Oktober 2001 erreicht habe.

Gegen die Ablehnungsbescheide in Gestalt der vorgenannten Einspruchsentscheidungen hat die Klägerin am 13. Oktober 2002 Klage erhoben, die sie im Wesentlichen wie folgt begründet: Bei ihrem vormaligen Bevollmächtigten sei eine zentrale Poststelle eingerichtet, welche die eingehende Post mit Eingangsstempel versehe. Die hier streitbefangenen Vergütungsbescheide trügen die bb- Adresse der Klägerin und müssten folglich an den vormaligen Bevollmächtigten umadressiert worden sein. Schon deshalb sei es nicht nachvollziehbar, weshalb der Beklagte von einem Versand der Ablehnungsbescheide am Ausstellungstage ausgehe. Hinzu komme, dass die Bescheide den Eingangsstempel "07.09.2001" des vormaligen Bevollmächtigten trügen, woraus sich ergebe, dass der Einspruch vom 27. September 2001 fristgerecht erfolgt sei. Dieser sei am 27. September 2001 durch einen Mitarbeiter der ehemaligen Bevollmächtigten im Beisein einer weiteren Person persönlich in den Briefkasten des Beklagten eingeworfen worden (auf die vor der mündlichen Verhandlung vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen der benannten Personen wird hier verwiesen). Zur materiellen Rechtslage könne vollumfänglich auf das Vorbringen im Klageverfahren 2 K 5219/01 verwiesen werden, wobei allerdings noch die Unternehmerbescheinigungen für die Streitjahre im Original vorgelegt werden könnten (auf den Inhalt der am 30. März 2004 ausgestellten Bescheinigungen der Hauptabteilung Mehrwertsteuer der bb-Steuerverwaltung wird verweisen).

Die Klägerin beantragt,

die Ablehnungsbescheide vom 24. August 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 16. Oktober 2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die für das Jahr 1999 beantragte Vorsteuererstattung in Höhe von DM 1 371 509,62 und die für das Jahr 2000 beantragte Vorsteuererstattung in Höhe von DM 532 772,42 zu gewähren; hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur materiellen Rechtslage werde auf das Verfahren 2 K 5219/01 verwiesen. Es werde insoweit nicht mehr daran festgehalten, dass die Klägerin in der B keinen Ort der Geschäftsleitung habe. Auch müsse der Einspruch nach Vorlage der eidesstattlichen Versicherungen als fristgerecht behandelt werden. Die Klägerin habe aber die Originalbelege nicht innerhalb der Frist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG eingereicht.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat die Vergütung der beantragten Vorsteuerbeträge durch seine Ablehnungsbescheide vom 24. August 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 16. Oktober 2002 im Ergebnis zu Recht versagt. Die vorgenannten Bescheide verletzen daher die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Zu Recht geht inzwischen auch der Beklagte davon aus, dass die Klägerin ihre Einsprüche fristgerecht eingelegt hat. Der Beklagte kann sich hinsichtlich der Ablehnungsbescheide vom 24. August 2001 nicht auf die in § 122 Abs. 2 AO 1977 geregelte Zugangsfiktion berufen. Ergeben sich Zweifel hinsichtlich des Zugangszeitpunktes eines Steuerbescheides und besteht jedenfalls die Möglichkeit, dass er auch außerhalb der gesetzlichen Zugangsfiktion zugegangen sein kann, so ist es Aufgabe der Behörde, den (aus ihrer Sicht) rechtzeitigen Zugang des Bescheides nachzuweisen (vgl. Brockmeyer in Klein, AO, § 122 AO Rz. 53). Genau dies vermochte der Beklagte für die streitbefangenen Ablehnungsbescheide aber nicht, obwohl sowohl der Eingangsstempel des vormaligen Bevollmächtigten der Klägerin als auch die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen für einen etwaigen Zugang der Bescheide erst am 7. September 2001 sprechen. Der Beklagte hat daher den entsprechenden Streitpunkt in der mündlichen Verhandlung fallen gelassen.

2. Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG in der für die Antragsjahre geltenden Fassung kann zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15 UStG) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG, in einem besonderen Verfahren regeln. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber in §§ 59 ff. UStDV Gebrauch gemacht. Die Vorschriften beruhen für im EU-Ausland ansässige Steuerpflichtige auf den Vorgaben der am 6. Dezember 1979 ergangenen 8. Richtlinie (79/1072/EWG, ABl.EG Nr. L 331/1979, 11) bzw. für solche Steuerpflichtige, die im Drittlandsgebiet ansässig sind, auf den Vorgaben der 13. Richtlinie vom 17. November 1986 (86/560/EWG, ABl.EG Nr. L 326/1986, 40). Grundvoraussetzung für die Erstattung ist sowohl nach den genannten Richtlinien als auch nach § 59 Nr. 1 UStDV, dass der Steuerpflichtige, welcher die Erstattung begehrt, im Inland keine Umsätze ausgeführt hat. Der Senat kann es insoweit ausschließen, dass die Klägerin im Inland Umsätze aus Leistungen aus einem Versicherungsverhältnis oder der Vermittlung von Versicherungsleistungen ausgeführt hat.

a) Die Klägerin selbst hat erweislich keine Versicherungsleistungen erbracht, weil sie weder als Versicherer zugelassen war noch selbst ein Versicherungsrisiko getragen, sondern dieses gerade durch zu Gunsten ihrer Mitglieder abgeschlossene Verträge mit Dritten abgedeckt hat.

b) Auch insoweit scheidet aber ein inländischer Leistungsort aus: Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG wird nämlich eine sonstige Leistung von dem Ort aus erbracht, von dem der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin in Deutschland eine Betriebsstätte i.S. des § 3a Abs. 1 Satz 2 UStG vorgehalten haben könnte, sind schon deshalb nicht ersichtlich, weil sie für das inländische Vertriebsgebiet gerade die BvW eingeschaltet hat. Selbst wenn sie auf Grund der Tatsache, dass sie zugunsten ihrer Kunden Versicherungsverträge abgeschlossen hat, unter § 4 Nr. 10 b UStG fallende Umsätze erzielt haben sollte, kann aber der Leistungsort nicht im Inland gelegen haben. Nach §§ 3a Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 6 a UStG könnte das zwar bei einer Leistungserbringung an inländische Unternehmer der Fall sein. Bereits das Leistungsspektrum der Klägerin (Urlaubsrücktransport, Aktivitäten im Bereich Tier- und Umweltschutz) lässt es aber als ausgeschlossen erscheinen, dass Unternehmer zu ihren Kunden gezählt haben könnten. Dies hat auch die Klägerin -insoweit vom Beklagten unwidersprochen- vorgetragen. Soweit die Klägerin schließlich bb-Kunden Versicherungsleistungen verschafft haben sollte, läge der Leistungsort wiederum nach § 3a Abs. 1, Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 Nr. 6 a UStG in der Schweiz. Nichts anderes ergibt sich aus § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG, weil diese Vorschrift durch ihren Satz 3 für die in § 4 Nr. 10 bezeichneten Vermittlungsleistungen nicht gilt.

3. Die Klägerin kann allerdings die beantragte Vorsteuervergütung deshalb nicht verlangen, weil sie innerhalb der in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG genannten Frist nicht die Original-Rechnungen eingereicht hat. Bei der vorgenannten Frist handelt es sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 21. Oktober 1999 V R 76/98, BFHE 190, 293, BStBl II 2000, 214; Stadie, a.a.O., § 18 UStG Rz. 881.2; Kraeusel in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 18 UStG Rz. 669 mwN).

a) Durch rechtskräftiges Urteil vom 13. November 2003 (2 K 4850/00, EFG 2004, 382) hat der erkennende Senat diesbezüglich entschieden, dass die in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG für "den Vergütungsantrag" genannte 6-Monats-Frist in der Zusammenschau mit § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG zu verstehen ist, wonach der Unternehmer "die Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen ... im Original nachzuweisen" hat. Insoweit hält der Senat die Vorschrift des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG für auslegungsfähig und -bedürftig, weil nicht klar ist, was dort unter "dem Vergütungsantrag" zu verstehen ist.

b) Schon der systematische Zusammenhang des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG zum Satz 4 der Vorschrift spricht dafür, dass zum "Vergütungsantrag" i.S. des Satzes 3 auch die Orginal-Rechnungen gehören und diese folglich innerhalb der dort genannten Frist eingereicht werden müssen. Wenn es in Satz 4 heißt, dass der Unternehmer die Vergütung selbst zu berechnen und die Original-Rechnungen zum Nachweis vorzulegen hat, so spricht viel dafür, dass mit diesen Ausführungen die Details des Vergütungsantrages gemeint sind. Dafür spricht insbesondere auch, dass in § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG wiederum vom Vergütungsantrag gesprochen wird.

c) Für das vorgenannte Auslegungsergebnis spricht entscheidend allerdings die Gesetzeshistorie sowie der Gesichtspunkt einer europarechtskonformen Auslegung: Nach Art. 3 Satz 1 Buchst. a der 8. Richtlinie muss der Steuerpflichtige nämlich, um die Erstattung zu erhalten, bei der Behörde einen Antrag stellen, "dem die Originale der Rechnungen ... beizufügen" sind (vgl. die Nachweise bei Stadie, a.a.O., § 18 UStG Rz. 872.5). Der Wortlaut der 8. Richtlinie ist insoweit eindeutig, als er ausdrücklich anordnet, dass dem Vergütungsantrag die Originalbelege beizufügen sind. Eine europarechtskonforme Auslegung des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG muss folglich dazu führen, dass innerhalb der dort genannten Frist auch die Original-Rechnungen vorzulegen sind. Es ist auch nicht erkennbar, dass der deutsche Gesetzgeber von den Vorgaben der Richtlinie hätte abrücken wollen. Das wird bereits durch die Formulierung des § 61 Abs. 1 Satz 5 UStDV a.F. gestützt, wonach ebenfalls "dem Vergütungsantrag ... die Rechnungen ... im Original beizufügen" waren (vgl. auch Birkenfeld, USt-Handbuch, VI Rz. 417.2; a.A. Stadie, a.a.O., § 18 UStG Rz. 882.2). Der Gesetzgeber hat die Vorschrift des § 61 Abs. 1 Satz 5 UStDV a.F. zwar durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl. I 1995, 1250) mit Wirkung ab dem 3. Juni 1995 aufgehoben. Dies beruhte aber darauf, dass er die Regelungen zum Vergütungsverfahren dadurch gesetzlich legitimieren wollte, dass er sie in das UStG überführte. Die Materialien des Jahressteuergesetzes 1996 sprechen hingegen nicht dafür, dass der Gesetzgeber an der bis dahin geltenden Regelung zum Vergütungsantrag etwas ändern wollte. Vielmehr wollte er die bisherige Regelung des § 61 Abs. 1 Satz 5 UStDV a.F. im Rahmen einer redaktionellen Änderung in § 18 Abs. 9 UStG übernehmen (vgl. BT/Drs. 13/901, S. 153).

d) Dass der Gesetzgeber insoweit handwerklich unsauber gearbeitet hat, wirkt sich bei der Norminterpretation entgegen der Annahme der Klägerin nicht zu Gunsten der Steuerpflichtigen aus, weil der Wortlaut des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG gerade nicht eindeutig ist. Steuerpflichtige durften sich folglich auf einen vom Gesetzgeber beabsichtigten Bedeutungswandel nicht verlassen. Etwas anderes kann im Ergebnis lediglich aus dem Verhalten des Beklagten folgen, der die streitentscheidende Norm offensichtlich zeitweise selbst so verstanden hat, dass eine Vorlage der Originalbelege innerhalb der in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG genannten Frist nicht erforderlich war. Dieses Verhalten führt allerdings nicht zu einer abweichenden Norminterpretation, sondern könnte lediglich im Rahmen eines Antrages auf Erlass einer Billigkeitsmaßnahme zu einem abweichenden steuerlichen Ergebnis führen. Dazu müsste die Klägerin allerdings zunächst einen entsprechenden Antrag stellen und es müssten auch die übrigen Vergütungsvoraussetzungen gegeben sein.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

5. Wegen der Frage, ob innerhalb der in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG geregelten Ausschlussfrist auch die Original-Rechnungen einzureichen sind, lässt der Senat die Revision zum BFH zu. Zwar hatte er dieses schon in seinem Urteil vom 13. November 2003 (a.a.O.) getan und dazu insbesondere auf die entsprechende Anregung des BFH im Urteil vom 10. April 2003 (V R 35/01, BFHE 202, 187, BStBl II 2003, 782) hingewiesen, das Senatsurteil ist aber rechtskräftig geworden, ohne dass der BFH in der Sache entschieden hat. Deshalb ist die erneute Revisionszulassung geboten, weil die aufgeworfene Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat.

Ende der Entscheidung

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