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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 16.02.2006
Aktenzeichen: 2 K 7423/00
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs 1
EStG § 22 Nr 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Verlusten aus Optionsgeschäften in den Jahren 1997 und 1998.

Der Kläger ist von Beruf selbständiger Rechtsanwalt. In seinen Einkommensteuererklärungen machte er u.a. jeweils einen Verlust aus Leistungen bei den sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung in Höhe von 93.595 DM (für 1997) und in Höhe von 12.301 DM (für 1998) ohne weitere Angaben geltend. Auf Nachfrage des Beklagten im Rahmen der Veranlagung für 1998 führte der Kläger aus, dass es sich - wie bereits für 1997 - bei den erklärten Einnahmen um solche aus dem Verkauf von Kaufoptionen auf den Deutschen Aktienindex (DAX) als Stillhalter handele (sog. short-Positionen), während die geltend gemachten Ausgaben durch die Glattstellung mit Gegengeschäften entstanden seien. Als Verkäufer dieser Kaufoptionen räumte er einem Dritten (Optionsnehmer) die Möglichkeit ein, innerhalb einer bestimmten Zeitspanne die Option zu einem festgelegten Basispreis auszuüben. Im Einzelnen wurden nach den Feststellungen des Senats folgende Geschäfte getätigt (alles in DM):

 StillhalterprämieProv./SpesenGlattstellungProv./Spesen
20.12. 1996 Verkauf DAX-Index-Call-Januar3.680,00190,80  
19.01. 1997 Glattstellung  15.680,00294,80
17.01.1997 Verkauf DAX-Index-Call-Februar4.455,00184,05  
21.02.1997 Glattstellung  20.790,00347,40
21.02.1997 Verkauf DAX-IndeX-Call-März4.080,00181,80  
21.03.1997 Verkauf DAX-Index-Call-April4.590,00186,90  
18.04.1997 Verkauf DAX-Index-Call-Mai6.930,00208,80  
16.05.1997 Glattstellung  34.650,00486,00
16.05.1997 Verkauf DAX-Index-Call-Juni4.290,00182,80  
20.06.1997 Verkauf DAX-Index-Call-Juli4.620,00185,70  
18.7.1997 Glattstellung  72.270,00862,20
18.07.1997 Verkauf DAX-Index-Call-August4.960,00186,10  
15.08.1997 Verkauf DAX-Index-Call-September4.960,00186,10  
19.09.1997 Verkauf DAX-Index-Call-Oktober4.650,00183,00  
17.10.1997 Verkauf DAX-Index-Call-November6.300,00198,00  
01.12.1997 Verkauf DAX-Index-Call-Dezember4.025,00182,75  
19.12.1997 Verkauf DAX-Index-Call-Januar5.600,00198,50  
 63.140,002.455,30143.390,001.990,40
16.01. 1998 Verkauf DAX-Index-Call-Februar5.250,00195,00  
Option wurde ausgübt am 20.02.1998Kosten: 4105,50 DM Gegenwertzuzüglich 41,05 DM Provision 
20.02.1998 Verkauf DAX-Index-Call-März3.500,00177,20  
20.03.1998 Glattstellung  35.350,00496,00
20.03.1998 Verkauf DAX-Index-Call-April5.775,00200,65  
16.04.1998 Glattstellung  14.000,00282,50
15.05.1998 Verkauf DAX-Index-Call-Juni4.375,00186,25  
19.06.1998 Verkauf DAX-Index-Call-Juli8.400,00226,50  
17.07.1998 Glattstellung  17.500,00317,50
17.07.1998 Verkauf DAX-Index-Call-August5.600,00206,00  
28.08.1998 Verkauf DAX-Index-Call-September2.100,00133,50  
18.09.1998 Verkauf DAX-Index-Call-Oktobe6.650,00209,00  
16.10.1998 Verkauf DAX-Index-Call-November7.875,00221,25  
 49.525,001.755,3566.850,001.096,00

In den erstmaligen Bescheiden vom 05.11.1998 (1997) und vom 06.08.1999 (1998) berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten Verluste nicht.

Hiergegen legte der Kläger - wie auch teilweise gegen spätere Änderungsbescheide - jeweils fristgerecht Einspruch ein. Er berief sich dabei auf den Beschluss des BVerfG vom 30.09.1998 (2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88), mit welchem das Verlustausgleichverbot des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG in den seit dem Veranlagungszeitraum 1984 geltenden Fassungen wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG für nichtig erklärt worden war, soweit es sich auf laufende Einkünfte aus der Vermietung beweglicher Gegenstände bezieht. Die Ausführungen dieser Entscheidung seien auch für den Streitfall maßgeblich, auch wenn es sich nicht um die Vermietung beweglicher Gegenstände handele.

Mit verbundener Einspruchsentscheidung vom 17.10.2000 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.

Die hiergegen erhobene Klage begründet der Kläger im Wesentlichen mit seinem außergerichtlichen Vorbringen. Ergänzend führt er aus, dass der BFH die Grundsätze der Entscheidung des BVerfG zu § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG a.F. auch auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 b EStG a.F. übertragen habe (BFH/NV 2004, 1180; BFH/NV 2005, 51). Mit der vorliegend entscheidungserheblichen Frage, ob Verluste, die im Rahmen des § 22 Nr. 3 EStG durch die Glattstellung von Optionsgeschäften entstanden seien, habe sich der BFH bisher nicht befasst. Die Entscheidung zur Versagung der Verlustberücksichtigung im Rahmen des für nichtig erklärten § 23 EStG a.F. (BFH/NV 2004, 1437) sei vorliegend nicht einschlägig, weil sie nicht die im Streitfall erhebliche Regelung des § 22 Nr. 3 EStG betreffe.

Außerdem habe er ausschließlich Optionen zum Zweck der Glattstellung der zuvor eingeräumten Kaufoptionen erworben. Gewinne habe er aus den Glattstellungen nicht erwirtschaften können, vielmehr sei dies unter Inkaufnahme von Verlusten zur Begrenzung der Risiken aus den zuvor eingeräumten Kaufoptionen geschehen.

Schließlich sei der sog. Halbteilungsgrundsatz zu berücksichtigen. Ein Ruhen des Verfahrens sei insoweit im Hinblick auf die beim BVerfG anhängige Verfassungsbeschwerde (2 BvR 2194/99) aber nicht angezeigt.

in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Funktionsweise der von ihm getätigten Optionsgeschäfte als Stillhalter sowie das System der Glattstellung an Hand der o.g. Aufstellung ausführlich dargestellt. Er hat in diesem Zusammenhang erläutert, dass er durch die Glattstellung (weitere) Vermögensverluste habe vermeiden wollen.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 17.10.2000 die Einkommensteuerbescheide 1997 vom 08.03.1999 und 1998 vom 14.04.2000 abzuändern und hierbei Verluste bei den sonstigen Einkünften in Höhe von 84.695,70 DM für 1997 und in Höhe von 20.137,35 DM für 1998 zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass die Entscheidung des BVerfG vom 30.09.1998 auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar sei, weil es sich nicht um die Vermietung beweglicher Gegenstände handele.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat zu Recht die geltend gemachten Verluste aus Optionsgeschäften nicht berücksichtigt.

1. Der Senat geht mit den Beteiligten davon aus, dass die vom Kläger erklärten Einnahmen als Stillhalter bei Optionsgeschäften in den Streitjahren als solche aus sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG zu erfassen sind. Dies entspricht der ganz herrschenden Ansicht (BFH-Urteil vom 29.06.2004 IX R 26/03, BFHE 206, 418, BStBl II 2004, 995; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 24. Aufl. 2005, § 22 Rn 150 <Stillhalterprämien>; Hild in Korn, EStG, § 22 Rn. 90 <Stillhalterprämie>; Heuermann, DB 2004, 1848).

2. Die vom Kläger im Rahmen der Glattstellungsgeschäfte gezahlten Stillhalterprämien sind nicht als Werbungskosten bei den Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG abzugsfähig. Denn diese Aufwendungen stehen nicht in einem Veranlassungszusammenhang mit den vom Kläger bezogenen Stillhalterprämien.

Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Dieser vom Gesetz an sich vorgesehene finale Bezug ist nach allgemeiner Auffassung jedoch in Anlehnung an § 4 Abs. 4 EStG so auszulegen, dass Werbungskosten alle Aufwendungen sind, die durch die auf die Einnahmeerzielung gerichtete Tätigkeit (Beruf) veranlasst sind (BFH-Beschluss vom 28.11.1977, GrS 2, 3/77, BFHE 124, 43, BStBl II 1978, 105; Fuhrmann in Korn, EStG, § 9 Rn. 28 m.w.N.). Die Veranlassung ist konstitutiv für das Vorliegen von Werbungskosten. Denn die Veranlassung ordnet die Aufwendungen der Sphäre der Einkunftserzielung zu und grenzt sie damit von der Sphäre der Einkommensverwendung ab. Aufwendungen, die keine einnahmenbezogene Veranlassung haben, können nur zum Bereich der Einkommensverwendung gehören. Sie sind nicht abziehbare Privataufwendungen (§ 12 EStG), soweit nicht eine Privilegierung als Sonderausgaben (§ 10 EStG) oder außergewöhnliche Belastungen (§§ 33 ff. EStG) in Betracht kommt. Einkunftserzielung und Einkommensverwendung schließen jedenfalls einander aus.

Der notwendige Veranlassungszusammenhang ist dann gegeben, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der Einnahmeerzielung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung der Einnahmeerzielung gemacht werden (BFH-Urteil vom 20.11.1979 VI 25/78, BStBl II 1980, 75).

Danach ist ein durch den Bezug der Stillhalterprämien veranlasster Zusammenhang nicht gegeben. Denn der Kläger hat nach seinem eigenen Vortrag die Glattstellungsgeschäfte allein zur Begrenzung der Risiken aus den eingeräumten Kaufoptionen getätigt hatte. Damit hat er nicht in Bezug auf seine erhaltenen Stillhalterprämien gehandelt, sondern zur Absicherung seines Vermögens. Dies ist indessen ein einkommensteuerirrelevanter Bereich.

Bestätigt wird diese Einschätzung durch den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen den erhaltenen und den gezahlten Stillhalterprämien einerseits sowie der Preisentwicklung andererseits. Soweit Glattstellungsgeschäfte getätigt worden sind, wurden diese regelmäßig innerhalb eines Monats ausgeführt, allerdings bei stark gestiegenen Preisen. Nur auf diese Weise konnte sich der Kläger - auch nach seiner eigenen Einlassung in der mündlichen Verhandlung - gegen noch weiter steigende Wiederbeschaffungspreise absichern. Dies zeigt indessen deutlich, dass es dem Kläger bei der Glattstellung nicht um die Sicherung der erhaltenen Optionsprämie ging, sondern ausschließlich um die Vermögensabsicherung.

Soweit der BFH der Ansicht ist, dass die Glattstellung allein aus dem Grunde erfolgt, dass dadurch seinerzeit erhaltene Optionsprämie gesichert werden soll, weil andernfalls deren Verlust drohe (BFH-Urteil vom 29.06.2004 IX R 26/03, BStBl II 2004, 995), hält der Senat dies für nur bedingt zutreffend. Denn regelmäßig wird der Stillhalter - wie im Streitfall der Kläger bei steigendem Preis - viel eher und vorrangig bestrebt sein, durch das Gegengeschäft (die Glattstellung) sein Vermögensrisiko für den Fall zu begrenzen, dass der Preis bis zum Fälligkeitstag der Option noch weiter steigt. Dass auf diese Weise mittelbar auch eine Sicherung der als Stillhalter erhaltenen Optionsprämie betrieben wird - wenn sich dies überhaupt so darstellen sollte -, kann allenfalls nur als Rechtsreflex gewertet werden.

Auch wenn man vom Fehlen eines Veranlassungszusammenhangs ausgeht, ist es dem Senat aufgrund des sog. Verböserungsverbots (BFH-Urteil vom 19.04.2005 VIII R 68/04, BFH/NV 2005, 1660 m.w.N.; Schmidt-Troje in Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, § 96 FGO Rn 14) verwehrt, daraus für den Kläger nachteilige Folgen zu ziehen. Denn dies hätte zur Folge, dass der Kläger als Werbungskosten bei den Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG nur die banküblichen Spesen ansetzen könnte, so dass er sogar noch einen Überschuss zu versteuern hätte.

Ebenso bedarf es keiner Entscheidung dazu, dass die Ausübung der Option vom 16.01.1998 am 20.02.1998 nicht zu Werbungskosten bei den Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG führen kann. Denn dieser Vorgang spielt sich ausschließlich auf der Vermögensebene ab. Die Stillhalterprämie ist nicht Gegenleistung für die Ausführung des Basisgeschäfts, sondern allein für Übernahme des Risikos, überhaupt Basiswerte liefern zu müssen (BFH-Urteil vom 28.11.1990 X R 197/87, BStBl II 1991, 300).

3. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, dass ihm im Rahmen der Glattstellungsgeschäfte Werbungskosten entstanden sind, hat der Beklagte die geltend gemachten Verluste zu Recht nicht anerkannt. Der Senat ist - wie der Beklagte - der Ansicht, dass der Kläger sich nicht auf die Entscheidung des BVerfG vom 30.09.1998 (2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88) berufen kann. Denn diese Entscheidung erfasst nicht den vorliegend gegebenen Streitfall. Sowohl nach dem beim BVerfG zur Entscheidung gestellten Sachverhalt als auch nach dem ausdrücklichen Tenor sowie nach der Begründung dieses Beschlusses scheidet eine entsprechende Anwendung aus.

a) Das BVerfG hatte in dem Verfahren 2 BvR 1818/91 über den Fall der Vercharterung einer nicht in das Schiffsregister eingetragenen Segeljacht zu befinden. Der Tenor lautet:

1. § 22 Nummer 3 Satz 3 Einkommensteuergesetz in den seit den Veranlagungszeiträumen 1984 geltenden Fassungen ist, soweit er sich auf laufende Einkünfte aus der Vermietung beweglicher Gegenstände bezieht, mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.

2. ...

Der Senat vermag sich insoweit nicht der Auffassung des Klägers anzuschließen, dass die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze zur Verlustberücksichtigung allgemein Geltung im Rahmen des § 22 Nr. 3 EStG a.F. hätten. Denn für diesen Fall wäre es nicht erforderlich gewesen, im Tenor der Entscheidung eine Einschränkung auf die laufenden Einkünfte aus der Vermietung beweglicher Gegenstände vorzunehmen. Die vom Kläger unterstellte Aussage des BVerfG wäre im Gegenteil ungleich deutlicher und insbesondere unzweifelhaft zum Ausdruck gekommen, wenn im Tenor die Begrenzung auf die laufenden Einkünfte aus der Vermietung beweglicher Gegenstände nicht enthalten gewesen wäre. Dies wäre bei einer vom BVerfG gewollten generellen Aussage auch unabhängig von der Fallgestaltung möglich gewesen.

b) Dieser eher formale Befund wird gestützt durch die Begründung des BVerfG-Beschlusses.

Zunächst folgt dies nach Überzeugung des Senats daraus, dass das BVerfG deutlich unterscheidet zwischen laufenden sonstigen Einkünften aus einer dauerhaften Geschäftsbeziehung und - vorliegend zu beurteilenden - einmaligen Leistungen (jedes Optionsgeschäft ist als ein jeweils neu eingegangenes Engagement zu beurteilen). Denn für derartige einmalige Leistungen stellt das BVerfG unter Bezugnahme auf Kritik in der Literatur sowie auf die finanzgerichtliche Rechtsprechung maßgeblich darauf ab, dass entgegen der Grundregel in § 11 EStG bei den sonstigen einmaligen Einnahmen nach § 22 Nr. 3 EStG das Zu- und Abflussprinzip dahin modifiziert wird, dass den gesamten Einnahmen aus einer einmaligen Leistung die gesamten damit wirtschaftlich in Zusammenhang stehenden Aufwendungen gegenübergestellt und zum Abzug gebracht werden können, unabhängig davon, in welchen Kalenderjahren die Aufwendungen, die saldiert mit den jeweiligen Zuflüssen zu den sonstigen Einkünften gehören, entstanden und abgeflossen sind (vgl. BFH-Urteil vom 03.06.1992 X R 91/90 BFHE 168, 272, BStBl II 1992, 1017; FG Düsseldorf, Beschluss vom 14.09.1977 XIII 373/77 A, EFG 1978, 78; FG Düsseldorf, Beschluss vom 4.12.1986 II 133/86 A (E), EFG 1987, 116). Auf diese Weise würden die Beschränkungen des Verlustausgleichs und Verlustabzugs dadurch mindert, dass der Gesamterfolg der Tätigkeit nicht nach Kalenderjahren und Veranlagungszeiträumen getrennt ermittelt werde, sondern in einer Gesamtbetrachtung alle Zu- und Abflüsse anlässlich einer bestimmten Tätigkeit über die einzelnen Veranlagungszeiträume hinweg zusammengefasst würden; ein Verlustausgleich sei danach nur insoweit ausgeschlossen, als aus der Tätigkeit insgesamt ein Verlust entstehe. Auf diese Weise würden die in § 22 Nr. 3 EStG angelegten Wirkungen eines Zusammentreffens von grundsätzlichem Verlustausgleichsverbot und periodengerechter Abgrenzung der Zu- und Abflüsse gemäß § 11 EStG gemildert, so dass die Folgen einer jahresbezogenen Abgrenzung und Zuordnung von Einnahmen und Werbungskosten, die für die übrigen Einkünfte entweder durch den periodenübergreifenden Verlustabzug (§ 10d EStG) oder bei Einkünften mit beschränkter Verlustverrechnung durch interne Verrechnungsmöglichkeiten (§ 2a Abs. 1 Satz 3, § 15 Abs. 4, § 15a Abs. 2 EStG) gegeben seien, vermieden würden.

Da nur bei laufenden Einkünften diese Rechtsprechung nicht angewendet werde (BFH in BFHE 168, 272, BStBl II 1992, 1017), unterliege nur in diesem Fall ein nach den Kriterien des § 11 EStG ermittelter Jahresverlust dem Verlustverrechnungsverbot des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG a.F. Dies verstoße gegen das sämtliche Einkunftsarten erfassende Nettoprinzip, das selbst bei Einkünften mit nur beschränkter Verlustverrechnung dergestalt verwirklicht sei, dass auch dort meist Verrechnungen innerhalb der einzelnen Einkunftsarten zugelassen seien.

Aus diesem Grund gelangt das BVerfG zu dem Ergebnis, dass der völlige Ausschluss der Verlustverrechnung bei laufenden Einkünften aus der Vermietung beweglicher Gegenstände durch § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG a.F. gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Nur bei laufenden Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG a.F. unterlägen die Einnahmen in vollem Umfang der Einkommensbesteuerung, ohne dass die Erwerbsaufwendungen im Veranlagungszeitraum ihrer Entstehung oder in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Erwerbseinnahmen erfasst würden, Berücksichtigung fänden. Für diese Ungleichbehandlung seien keine rechtfertigenden Gründe ersichtlich.

Aus diesen Ausführungen wird ersichtlich, dass das BVerfG die bisherige Regelung in § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG insbesondere wegen des zeitlichen Auseinanderfallens der Besteuerung der Erwerbseinnahmen einerseits und des - bei laufenden Einkünften - nicht gegebenen Abzugs der Erwerbsaufwendungen in späteren Veranlagungszeiträumen andererseits für verfassungsrechtlich unwirksam gehalten hat. Der Senat schließt daraus, dass das BVerfG seinerseits im Hinblick auf einmalige Einkünfte im Rahmen des § 22 Nr. 3 EStG eine dahin gehende verfassungskonforme Auslegung vorgenommen hat, dass die Rechtsprechung zur intertemporären Verrechnung von Einnahmen und Ausgaben dem Verfassungsgebot des Art. 3 GG genügt. Dies wird besonders deutlich durch den Hinweis auf § 22 Nr. 3 EStG in der o.g. Auslegung der Rechtsprechung bei einmaligen Leistungen sowie deren Vergleichbarkeit mit anderen, verfassungsrechtlich unbedenklichen Regelungen wie z.B. § 15a EStG. Eine innerhalb einer Einkunftsart gegebene Verlustverrechung reicht danach offenkundig aus.

Dagegen kann nicht eingewendet werden, dass selbst bei einer Durchbrechung des Zu- und Abflussprinzips nach § 11 EStG eine Verlustberücksichtigung im Ergebnis ausscheiden kann. Denn dies ist auch bei anderen Verlustbegrenzungsvorschriften denkbar. So scheidet die Berücksichtigung von verrechenbaren Verlusten nach § 15a Abs. 2 EStG definitiv aus, wenn keine Gewinne mehr aus der konkreten Beteiligung entstehen; verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 15a EStG bestehen indessen nicht (BFH-Urteil vom 17.12.1992 IX R 7/91, BFHE 170, 497, BStBl II 1994, 492; BFH-Beschluss vom 19.05.1987 VIII B 104/85, BFH/NV 1987, 640). Ebenso können nach § 2a Abs. 1 Satz 3 EStG bestimmte negative Einkünfte aus einem ausländischen Staat nur mit künftigen positiven Einkünften aus diesem Staat verrechnet werden; fallen aus diesem Staat keine positiven Einkünfte mehr an, sind die früheren Verluste steuerrechtlich endgültig verloren. Auch insoweit geäußerte verfassungsrechtliche Zweifel sind nicht bestätigt worden (BVerfG-Beschlüsse vom 27.03.1998 2 BvR 220/92, IStR 1998, 344, und 2 BvR 2058/92, IStR 1998, 376).

4. Aufgrund des bisherigen Ergebnisses kann der Senat unabhängig von der verfassungsrechtlich aufgeworfenen Frage offen lassen, ob der Kläger überhaupt mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig geworden ist.

5. Der Kläger kann sich auch nicht den sog. Halbteilungsgrundsatz berufen. Selbst wenn die Einkommensteuerbelastung des Klägers ohne die Berücksichtigung der geltend gemachten Verluste deutlich die 50%-Grenze übersteigen sollte, ist dies nach Überzeugung des Senats nicht verfassungswidrig. Denn für Ertragsteuern lässt sich der Verfassung ein solcher Halbteilungsgrundsatz nicht entnehmen.

In seiner Entscheidung zur Vermögensteuer vom 22.06.1995 (2 BvL 37/91 BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655) hat das BVerfG in Leitsatz 3 ausgeführt, dass die Vermögensteuer zu den übrigen Steuern auf den Ertrag nur hinzutreten darf, soweit die steuerliche Gesamtbelastung des Sollertrages bei typisierender Betrachtung von Einnahmen, abziehbaren Aufwendungen und sonstigen Entlastungen in der Nähe einer hälftigen Teilung zwischen privater und öffentlicher Hand verbleibt.

Da Streitgegenstand des Beschlusses des BVerfG die Verfassungsmäßigkeit der Vermögensteuer war, binden die Ausführungen des BVerfG zur Steuerbelastung nicht für die Beurteilung der Einkommensteuer. Eine derartige Bindung folgt weder aus § 31 Abs.1 BVerfGG noch aus § 31 Abs. 2 BVerfGG. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat vollumfänglich auf die Entscheidung des BFH vom 11.08.1999 (Urteil XI R 77/97, BFHE 189, 413, BStBl II 1999, 771; ebenso FG Münster, Urteil vom 20.09.1999 11 K 7976/97 E,EFG 2000, 130).

6. Da die Klage keinen Erfolg haben kann, ist es auch nicht erforderlich, das Verfahren nach § 74 FGO auszusetzen bzw. nach § 155 FGO i.V. mit § 251 ZPO zum Ruhen zu bringen.

Das FG Münster hat mit Beschluss vom 05.04.2005 (8 K 4710/01 E, EFG 2005, 1117) dem BVerfG nach Art. 100 GG u.a. die Frage vorgelegt, ob § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG jeweils in der für den Veranlagungszeitraum 1996 maßgeblichen Fassung des Einkommensteuergesetzes vom 7.9.1990 (BGBl I 1990, 1898) insoweit mit Art. 3 GG unvereinbar und nichtig ist, als im Veranlagungszeitraum 1996 die Durchsetzung des Steueranspruchs bei der Veräußerung von Wertpapieren und bei der Durchführung von Optionsgeschäften wegen struktureller Vollzugshindernisse weitgehend vereitelt wird (Aktenzeichen beim BVerfG 2 BvL 8/05). Da die für den Streitfall maßgebliche Gesetzesfassung des § 22 Nr. 3 EStG mit der des Jahres 1996 identisch ist, stellt sich diese Frage dem Grunde nach auch im Falle des Klägers.

Allerdings könnte der Kläger aus einer eventuellen Verfassungswidrigkeit der Vorschrift keinen Vorteil haben. Denn selbst wenn das BVerfG die Regelung für nichtig erklären sollte, könnten die Verluste des Klägers wegen der dann weg gefallenen steuerrechtlichen Rechtsgrundlage nicht mehr berücksichtigt werden (zur rechtsähnlichen Situation nach Wegfall des früheren § 23 EStG für die Veranlagungszeiträume 1997 und 1998 BFH-Urteil vom 14.07.2004 IX R 13/01, BStBl II 2005, 125).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.

Ende der Entscheidung

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