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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 16.10.2008
Aktenzeichen: 2 K 814/08
Rechtsgebiete: StBerG


Vorschriften:

StBerG § 46 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand:

Der Kläger ist zum Steuerberater bestellt.

Im März 2007 wurde die Beklagte durch die Staatsanwaltschaft A-Stadt darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Kläger wegen Betruges durch weisungswidriges Ausfüllen von Blankoschecks, die er im Zusammenhang mit der steuerlichen Betreuung des Opfers erhalten habe, angeklagt sei.

Eine Anfrage der Beklagten beim Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts G-Stadt ergab im April 2007, dass der Kläger dort mit einem Haftbefehl vom 12. April 2007 eingetragen war.

Mit Schriftsatz vom 23. April 2007 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Vermutung bestehe, dass er in Vermögensverfall geraten sei und dass seine Bestellung zum Steuerberater widerrufen werde, wenn er die Vermutung nicht widerlege.

Daraufhin teilte der Kläger mit, dass sämtliche Eintragungen gelöscht worden seien. Auf entsprechende Aufforderung der Beklagten legte er eine Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts G-Stadt vom 26. April 2007 vor, in der die Löschung bestätigt wird.

Im Oktober 2007 teilte das Amtsgericht G-Stadt, Schuldnerverzeichnis, mit, dass der Kläger mit einem Haftbefehl vom 3. September 2007 eingetragen sei.

Daraufhin wies die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 29. Oktober 2007 erneut darauf hin, dass die Vermutung bestehe, dass er in Vermögensverfall geraten sei und dass seine Bestellung zum Steuerberater widerrufen werde, wenn er die Vermutung nicht widerlege.

Gemäß einer Auskunft aus dem beim Amtsgericht G-Stadt geführten Schuldnerverzeichnis vom 16. Januar 2008 war der Kläger mit insgesamt drei Haftbefehlen jeweils vom 3. September 2007 eingetragen.

Anlässlich seiner persönlichen Stellungnahme vor der zuständigen Abteilung des Vorstands der Beklagten trug der Kläger u.a. vor, dass mit einem Gläubiger eine schriftliche Rückzahlungsverpflichtung getroffen worden sei. Die den anderen beiden Haftbefehlen zugrunde liegenden Forderungen seien bereits beglichen worden. Die entsprechenden Nachweise legte der Kläger trotz Aufforderung nicht vor.

Mit Bescheid vom 6. Februar 2008 widerrief die Beklagte die Bestellung des Klägers zum Steuerberater wegen der Vermutung des Vermögensverfalls nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG im Hinblick auf die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis.

Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage trägt der Kläger vor, dass die Haftbefehle durch die Gläubiger zurückgenommen worden seien.

Im Laufe des Klageverfahrens hat der Kläger vor dem Amtsgericht G-Stadt am 15. April 2008 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Laut Vermögensverzeichnis vom gleichen Tage sind keinerlei nennenswerte Vermögens- oder Wertgegenstände vorhanden. Er verfügt hiernach über ein Nettoeinkommen aus seiner Tätigkeit als selbständiger Steuerberater i.H.v. monatlich ca. 600 €.

Gemäß der Auskunft aus dem beim Amtsgericht G-Stadt geführten Schuldnerverzeichnis vom 11. Juni 2008 sind drei Haftbefehle vom 3. September 2007 und vier eidesstattliche Versicherungen vom 15. April 2008 eingetragen.

Der Kläger beantragt,

den Widerrufsbescheid vom 6. Februar 2008 ersatzlos aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass der Kläger weder den Nachweis über die Löschung erbracht noch die Rückzahlungsvereinbarung oder einen Zahlungsnachweis eingereicht habe. Soweit der Kläger zur Begründung seiner Klage vortrage, dass die Haftbefehle zurückgenommen worden seien, sei dies unzutreffend. Im Laufe des Klageverfahren seien sogar noch weitere Eintragung hinzugekommen. Dies spreche für die desolate Vermögenslage des Klägers.

Auch habe der Kläger nicht nachgewiesen, dass Auftraggeberinteressen durch den Vermögensverfall nicht gefährdet seien.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Widerrufsbescheid vom 6. Februar 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).

Die Bestellung des Klägers als Steuerberater ist zu Recht nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG widerrufen worden. Nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ist die Bestellung als Steuerberater zu widerrufen, wenn der Steuerberater in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall wird dabei ausweislich des Halbsatzes 2 der Vorschrift vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten eröffnet oder der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 InsO, § 915 ZPO) eingetragen ist.

I. Die Voraussetzungen der in § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG verankerten gesetzlichen Vermutung für den Vermögensverfall sind erfüllt.

1. Denn der Kläger ist in das vom Amtsgericht G-Stadt geführte Schuldnerverzeichnis (§ 26 Abs. 2 InsO, § 915 ZPO) mit drei Haftbefehlen vom 3. September 2007 und vier eidesstattlichen Versicherungen vom 15. April 2008 eingetragen.

2. Der Kläger hat die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls auch nicht entkräftet. Er hat nicht hinreichend dargelegt und bewiesen, dass die Eintragungen in das Schuldnerverzeichnis in absehbarer Zeit in ihrer Gesamtheit gelöscht würden bzw. dass er seine Schulden in absehbarer Zeit wird tilgen können.

a. Ein Steuerberater kann die gesetzliche Vermutung für den Vermögensverfall trotz des Fortbestehens der Eintragung im Schuldnerverzeichnis dadurch entkräften, dass er nachweist, dass seine wirtschaftlichen Verhältnisse gleichwohl geordnet sind und er in der Lage ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen (BFH, Urt. v. 22.08.1995, VII R 63/94, BStBl II 1995, 909). Die gesetzlich bestehende Vermutung für einen Vermögensverfall kann auch beseitigt werden, indem der Schuldner mit den Gläubigern der titulierten Forderungen Vereinbarungen getroffen hat, die erwarten lassen, dass es zu keinen Vollstreckungsmaßnahmen mehr kommen wird (BFH, Beschl. v. 11.02.2002, VII B 193/01, BFH/NV 2002, 818).

b. Eine solche Entkräftung der gesetzlichen Vermutung ist dem Kläger nicht gelungen.

Er hat lediglich vorgetragen, dass die Eintragungen gelöscht worden seien. Einen entsprechenden Nachweis legte er indes nicht vor. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger vorgetragen hat, mit einem Gläubiger eine schriftliche Rückzahlungsverpflichtung getroffen zu haben.

Eine später, im Juni 2008, eingeholte Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis hat gezeigt, dass nicht nur die Haftbefehle nicht gelöscht waren, sondern dass weitere Eintragungen hinzugekommen sind, nämlich die der eidesstattlichen Versicherungen.

Der Kläger hat nicht dargelegt, dass seine Vermögensverhältnisse trotz der Eintragungen im Schuldnerverzeichnis geordnet sind. Im Gegenteil, aus dem Vermögensverzeichnis vom 15. April 2008 ergibt sich, dass den Schulden des Klägers keinerlei nennenswerte Vermögens- oder Wertgegenstände gegenüberstehen. Er verfügt lediglich über ein Nettoeinkommen aus seiner Tätigkeit als selbständiger Steuerberater i.H.v. monatlich ca. 600 €.

II. Der Kläger hat auch nicht darlegen und nachweisen können, dass trotz des vermuteten Vermögensverfalls die Interessen seiner Auftraggeber nicht gefährdet seien. Diesbezüglich mangelt es an jeglichem Sachvortrag.

Dies wirkt sich zu Lasten des Klägers aus, da auf Grund des vom Gesetzgeber in § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG vorgegebenen Regel-Ausnahme-Verhältnisses insoweit die Darlegungs- und Feststellungslast für den gesetzlichen Ausnahmetatbestand dem betreffenden Berufsangehörigen obliegt (BFH, Beschl. v. 26.07.2007, VII B 27/07, BFH/NV 2007, 2150; Urt. v. 04.12.2007, VII R 64/06, BStBl II 2008, 401; v. 22.09.1992, VII R 43/92, BStBl II 1993, 203). Es ist zwar einzuräumen, dass dieser Ausnahmetatbestand, der vom Vorliegen einer negativen Tatsache - nämlich der Nichtgefährdung von Auftraggeberinteressen durch den Vermögensverfall - abhängt, nur schwer substantiiert darzulegen und zu beweisen ist. Das ändert aber nichts daran, dass der Gesetzgeber im Falle von § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG von dem betroffenen Berufsangehörigen diesen Nachweis ausdrücklich verlangt, wenn er bei einem vermuteten Vermögensverfall den Widerruf seiner Bestellung zum Steuerberater vermeiden will (vgl. BFH, Urt. v. 15.11.1994, VII R 48/94, BFH/NV 1995, 736).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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