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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 20.09.2007
Aktenzeichen: 2 K 938/07
Rechtsgebiete: AO, DBA-China


Vorschriften:

AO § 30 Abs. 1
AO § 30 Abs. 4
AO § 117 Abs. 2
AO § 117 Abs. 4 S. 3
DBA-China Art. 27 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

2 K 938/07

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit der Erteilung von Spontanauskünften an die chinesische Finanzverwaltung aufgrund einer sog. "kleinen Auskunftsklausel" im Doppelbesteuerungsabkommen.

I. Die Klägerin, eine juristische Person in Gestalt einer Aktiengesellschaft, ist als technische Sachverständigenorganisation u.a. für die Überwachung von ... sowie von Anlagen der ... tätig.

Die Klägerin unterhielt jedenfalls im Jahr 2003 eine Betriebsstätte in A, Volksrepublik China.

In dieser Betriebsstätte war Herr B.C. - von Beruf ... - als Arbeitnehmer der Antragstellerin vom 17.04.2002 bis 31.12.2003 beschäftigt. Der Arbeitnehmer behielt während dieser Zeit seinen Wohnsitz im Inland (00000 K.L., Nähe D) bei.

Am 06.08.2002 fertigte die Klägerin bezüglich des Arbeitnehmers einen "Antrag für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer auf Erteilung einer Bescheinigung über die Freistellung des Arbeitslohns vom Steuerabzug auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung", der bei dem zuständigen Betriebsstätten-Finanzamt D.x. am 08.08.2002 einging.

Mit Bescheid vom 15.08.2002 bescheinigte das Finanzamt die Freistellung des Arbeitslohns vom Steuerabzug unter Bezugnahme auf § 39b Einkommensteuergesetz (EStG - Durchführung des Lohnsteuerabzugs) und auf Art. 15 Abs. 1 (Unselbständige Arbeit) des Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 10. Juni 1985 (BGBl. Teil II 1986, S. 447 - DBA-China). Die Freistellung war auf den Zeitraum 17.04.2002 - 31.12.2003 - längstens bis zur Beendigung der Tätigkeit in China - befristet.

Daraufhin erstellte die Klägerin ihrem Arbeitnehmer eine Lohnsteuerkarte für das Dienstverhältnis vom 01.01. bis 31.12.2003.

In dieser Lohnsteuerkarte war in Ziff. 16 "Steuerfreier Arbeitslohn nach Doppelbesteuerungsabkommen / Auslandstätigkeitserlass" der Betrag von 92.638,28 EURO eingetragen. Der Betrag wurde nach Angaben der Klägerin in Deutschland an den Arbeitnehmer ausbezahlt.

Im Hinblick auf das bestehende Besteuerungsrecht in China behielt die Klägerin einen Steueranteil vom Arbeitslohn ein und führte diesen an die chinesische Finanzverwaltung ab.

Mit seiner Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2003 reichte der Arbeitnehmer am 21.05.2004 auch die Lohnsteuerkarte bei dem örtlich zuständigen Wohnsitzfinanzamt G ein. Auf der beigefügten Anlage N gab der Arbeitnehmer als "Bruttoarbeitslohn / Lohnsteuer / Solidaritätszuschlag" in den Feldern 10, 40, und 50 jeweils "0" an.

In Zeile 14 - 16 der Anlage N zur Einkommensteuererklärung hieß es auf dem Vordruck:

"Steuerfreier Arbeitslohn nach Doppelbesteuerungsabkommen / nach Auslandstätigkeitserlass ...

Zu Zeile 14: Unter bestimmten Voraussetzungen erfolgt eine Mitteilung über die Höhe des in Deutschland steuerfreien Arbeitslohnes an den anderen Staat. Einwendungen gegen eine solche Weiterleitung bitte als Anlage beifügen."

Die zugehörigen Felder 39 und 36 ließ der Arbeitnehmer frei.

Dagegen trug der Arbeitnehmer in Feld 122 des Mantelbogens der Einkommensteuererklärung den Betrag von 92.638 EUR ein. Dieses Feld bezog sich auf Zeile 52 des Vordrucks, in welcher es hieß:

"Ausländische Einkünfte, die außerhalb des in Zeile 51 [Nur bei zeitweiser unbeschränkter Steuerpflicht im Kalenderjahr 2003: Im Inland ansässig ...] genannten Zeitraums bezogen wurden und nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben ..."

Das Wohnsitzfinanzamt G legte in einem Vermerk vom 08.09.2004 seine Auffassung nieder, wonach gemäß Art. 15 Abs. 1 und 2 des DBA-China das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bei der Volksrepublik China lag und die Einkünfte in Deutschland lediglich dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen waren.

Mit gleichem Datum, dem 08.09.2004, fertigte das Finanzamt eine Mitteilung im steuerlichen Auskunftsaustausch über Vergütungen aus unselbständiger Arbeit an die Finanzverwaltung der Volksrepublik China.

Die Mitteilung war gestützt auf Art. 27 des DBA-China (Informationsaustausch). Die Mitteilung bezeichnete den Arbeitnehmer - Herrn B.C. - und den Arbeitgeber - die Klägerin. Bezüglich der Klägerin wurden deren Namen und Anschrift sowie die Anschrift der Betriebsstätte in China mitgeteilt.

Des Weiteren war folgende Angaben zur ausgeübten Tätigkeit des Arbeitnehmers enthalten:

 Zeitraum des Aufenthalts im TätigkeitsstaatTätigkeitsortAnteilige Vergütungen
01.01. - 31.12.2003...92.638,00 EUR

Die Mitteilung übersandte das Finanzamt ebenfalls noch unter dem 08.09.2004 an den Beklagten zur Weiterleitung.

Der Vorlagebericht war mit dem Hinweis versehen, dass "der inländische Beteiligte ... nicht angehört worden" sei, "weil er lt. Anlage N keine Einwendungen gegen die Weitergabe erhoben" habe.

Der Beklagte sandte die Mitteilung durch Übersendungsschreiben vom 26.01.2006 an die Finanzverwaltung der Volksrepublik China.

II. Unter dem 24.07.2006 teilte die chinesische Finanzverwaltung dem Beklagten folgende, aus der Sicht des chinesischen Fiskus bestehenden Besteuerungsansprüche mit:

 Period ConcernedPayment derived form China Paid by ... in ChinaTax PaymentDelay Charge
200392.638,28 EUR150.801,77 RMB [~ 14.708,00 EUR]75.068,35 RMB [~ 7.233,00 EUR]

Mit diesen Steueransprüchen wandte sich die chinesische Finanzverwaltung an den Arbeitnehmer, Herrn B.C., und insbesondere auch die Klägerin.

Die chinesische Finanzverwaltung hatte unstreitig ein Erörterungsschreiben an die Klägerin gerichtet, in welchen die Finanzverwaltung Erklärungen über das Einkommen des Arbeitnehmers B.C. und entsprechende steuerliche Deklarationen verlangte. Der Klägerin hielt die chinesische Finanzverwaltung zudem vor, zuwenig Lohnsteuer einbehalten zu haben und drohte ihr - der Klägerin - Strafzahlungen an. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Klägerin dann Zahlungen an die chinesische Finanzbehörde leistete.

III. Die Klägerin wandte sich daraufhin mit Schriftsatz vom 17.05.2006 an den Beklagten und forderte diesen auf, sich an die chinesische Finanzverwaltung zu wenden und dieser mitzuteilen, es habe sich "um einen Irrtum" gehandelt und die Auskunft werde "widerrufen". Sollten bereits weitere konkrete Auskünfte über andere Arbeitnehmer an die chinesischen Steuerbehörden erteilt worden sein, so seien diese - so die Klägerin - ebenfalls zu widerrufen.

Darüber hinaus verlangte die Klägerin von dem Beklagten sich allgemein zu verpflichten, in Zukunft vergleichbare Auskünfte an die chinesische Finanzverwaltung oder an die Finanzverwaltung eines anderen Landes, mit dem keine "große Auskunftsklausel" in einem Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart sei, zu unterlassen. Dazu behielt sich die Klägerin die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vor.

Die Klägerin rechtfertigte ihren Standpunkt mit dem Hinweis, dass die Auskunftserteilung rechtswidrig gewesen sei. Die im DBA-China vereinbarte "kleine Auskunftsklausel" rechtfertige die Auskunftserteilung nicht. Durch die Auskunft sei ein erheblicher Reputationsschaden für die Klägerin zu befürchten: Wie allgemein bekannt sei, handele die chinesische Finanzverwaltung oftmals noch sehr willkürlich und autoritär, ohne sich an rechtsstaatliche Prinzipien zu halten. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass weitergehende Strafmaßnahmen erlassen würden, die den wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin in China spürbar beeinträchtigen würden.

IV. Der Beklagte hat sich nicht bereit gefunden hatte, den Begehren der Klägerin stattzugeben; nach Auffassung des Beklagten war sein Vorgehen rechtmäßig. Im Schreiben vom 26.05.2006 hat der Beklagte demgemäss nicht nur die Forderungen der Klägerin zurückgewiesen, sondern darüber hinaus auch angekündigt, auch künftig Auskünfte an Staaten zu versenden, mit denen lediglich eine "kleine" Auskunftsklausel im Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart ist.

Infolgedessen hat sich die Klägerin mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an den erkennenden Senat gewandt.

Die Klägerin hat im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes beantragt, dem Beklagten die Erteilung von Spontanauskünften an die chinesische Steuerverwaltung oder die Steuerverwaltung eines anderen nicht europäischen Landes, mit dem Deutschland abkommensrechtlich nicht die große Auskunftsklausel vereinbart hat, zu untersagen, um die Verletzung des Steuergeheimnisses zu verhindern.

Durch Beschlüsse vom 07.09.2006 und vom 28.09.2006 im Verfahren 2 V 3018/06 hat der erkennende Senat den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, Gegenstand des Verfahrens sei letztlich eine (vorbeugende) Unterlassungsklage gegenüber dem Beklagten, gerichtet auf die Verpflichtung, Spontanauskünfte der vorliegenden Art zu unterlassen. Eine vorbeugende Unterlassungsklage sei jedoch mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig: Die Klägerin könne hinlänglich Rechtsschutz erlangen, indem sie eine Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der erteilten Spontanauskunft erhebe

V. Dementsprechend hat die Klägerin am 07.03.2007 die vorliegende Klage erhoben, mit welcher sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit der erteilten Auskunft an die chinesische Finanzverwaltung begehrt.

Zum erforderlichen Feststellungsinteresse verweist die Klägerin zunächst auf das Schreiben des Beklagten vom 26.05.2006. Darin werde angekündigt, dass die Klägerin jederzeit damit rechnen müsse, dass weitere Spontanauskünfte nach China oder an andere Staaten versandt würden. Weiterhin müsse damit gerechnet werden, dass sie - die Klägerin - vor Erteilung einer weiteren Spontanauskunft - wie bisher auch - nicht angehört werde, so dass ihr die Möglichkeit genommen sei, geeignete Rechtsmittel gegen die Erteilung der Spontanauskunft einzulegen.

Die Betroffenheit der Klägerin ergebe sich alleine daraus, dass sie von der chinesischen Finanzverwaltung zur Stellungnahme aufgefordert worden sei und letztlich auch die Zahlung der Steuern habe übernehmen müssen.

Zu der Nachzahlung sei es letztlich durch ein "overruling" der örtlichen Finanzbehörden durch die Zentralbehörde (vorgesetzte Dienststelle) gekommen: Der Einbehalt und die Abführung von Lohnsteuer sei in A zunächst in Übereinstimmung mit der örtlichen Finanzbehörde erfolgt. Erst auf die Mitteilung des Beklagten hin sei die vorgesetzte Dienststelle in das Verfahren eingetreten. Auf deren Betreiben sei die Zahllast nachträglich erhöht worden, da das chinesische Steuerrecht zahlreiche Spielräume eröffne und die vorgesetzte Behörde Entscheidungskompetenz habe demonstrieren wollen.

Die Klägerin weist nochmals auf den für sie durch die Einschaltung der Zentralbehörde eintretenden Reputationsschaden hin.

In materiell-rechtlicher Hinsicht ist die Klägerin weiterhin der Auffassung, dass die erteilte Auskunft nicht habe ergehen dürfen, da es am Vorliegen einer Ermächtigungsgrundlage gefehlt habe.

Eine Spontanauskunft dürfe - und dies ist unstreitig - im Hinblick auf das Steuergeheimnis nur dann erteilt werden, wenn sie durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist.

Fraglich sei, ob gemäß der "kleinen" Auskunftsklausel, wie sie insbesondere in Artikel 27 DBA-China vereinbart sei, eine Spontanauskunft an einen anderen Staat über die Höhe der Einkünfte eines in dem anderen Staat steuerpflichtigen Mitarbeiters - hier der Klägerin - zulässig sei.

Nach einer "kleinen" Auskunftsklausel dürften nur Informationen ausgetauscht werden, die zur Durchführung des betreffenden Abkommens erforderlich seien. Im Streitfall sei problematisch, ob Informationen über die Höhe der im anderen Staat steuerpflichtigen Einkünfte der Durchführung des Abkommens oder der Durchführung des innerstaatlichen Rechts dienten. Die Klägerin geht davon aus, dass Mitteilungen über die Höhe von Einkünften an einen ausländischen Staat nicht durch die kleine Auskunftsklausel gedeckt sind. Aus der Sicht des ausländischen Staates spiele es überhaupt keine Rolle, ob ein Doppelbesteuerungsabkommen existiere oder nicht. Alle Einkünfte des Mitarbeiters seien ungeachtet des Doppelbesteuerungsabkommens im ausländischen Staat steuerpflichtig und hätten dem Lohnsteuereinbehalt unterlegen. Bei der Auskunft habe es sich um eine "internationale Kontrollmitteilung" gehandelt.

Das Doppelbesteuerungsabkommen sei aber im Ergebnis aus der Sicht des ausländischen Staates überhaupt nicht zur Anwendung gekommen, weil es keine Wirkung entfaltet habe. Von daher könnten Informationen, die dem ausländischen Staat überlassen werden, auch nicht der Durchführung des Doppelbesteuerungsabkommens dienen.

Diese Auffassung werde auch durch einen jüngeren Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH-Beschluss vom 13.01.2006, I B 35/05, BFH/NV 2006, 922) bestätigt. Der Bundesfinanzhof habe die Zulässigkeit der Spontanauskunft bejaht, jedoch mit der Begründung, dass eine "große" Auskunftsklausel vereinbart sei und die Mitteilung über die Höhe von Einkünften die "Durchführung des innerstaatlichen Rechts" (im Entscheidungsfall der Russischen Föderation) betreffe. Im Umkehrschluss könne daher gefolgert werden, dass Mitteilungen über die Höhe von Einkünften nicht zulässig seien, sofern lediglich die kleine Auskunftsklausel im Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart sei.

Aber auch für den Fall, dass man die Auffassung vertrete, dass die fragliche Mitteilung über die Höhe der Einkünfte der "Durchführung des Doppelbesteuerungsabkommens" i.S. einer kleinen Auskunftsklausel diene, sei die Mitteilung nicht "erforderlich".

Für die "Kontrollmitteilung" habe keinerlei Anlass bestanden; der Beklagte habe nicht ermessen können, ob in China ein Besteuerungsanspruch entstanden und ob dieser Anspruch möglicherweise unerfüllt geblieben sei.

Darüber hinaus stehe - so die Klägerin weiter - in Frage, ob die Gegenseitigkeit gemäß § 117 Abs. 3 Nr. 1 AO gewahrt sei, was ebenfalls die Unzulässigkeit der Spontanauskunft zur Folge haben könne.

Damit sei, so die Klägerin abschließend, die erteilte Auskunft letztlich sogar dann rechtswidrig, wenn sie einer zutreffenden Besteuerung des Arbeitnehmers B.C. in China dienen würde.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die vom Beklagten in 2006 an die chinesische Finanzverwaltung erteilte Spontanauskunft rechtswidrig war.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist zunächst der Auffassung, die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage sei unzulässig, weil der Klägerin kein entsprechendes Feststellungsinteresse zukomme.

Die Klägerin habe weder substantiiert dargelegt, in welches "eigene" Recht der Klägerin eingegriffen worden sei noch seien etwaige Rechtsverletzungen sonst ersichtlich. Die Auskunft habe der Durchführung der Einkommensbesteuerung des Herrn B.C. durch die chinesische Steuerbehörde gedient. Herr B.C. habe gegen die Weiterleitung einer Spontanauskunft keine Einwendungen erhoben.

Die Klägerin könne auch nicht geltend machen, die Weiterleitung der Auskunft sei rechtswidrig gewesen, weil die Klägerin bereits einen beachtlichen Reputationsschaden erlitten habe oder weil ihr erhebliche Strafzahlungen angedroht worden seien. Abgesehen davon, dass ein etwaiger Reputationsschaden oder etwaige Strafzahlungen bisher weder beziffert noch anhand nachprüfbarer Unterlagen hinreichend dargelegt worden seien, könnten diese Ausführungen der Klägerin für sich allein genommen nicht zu einer Rechtswidrigkeit der Spontanauskunft führen. Es sei nämlich nicht ersichtlich, dass hierdurch die wirtschaftliche oder persönliche Existenz der Klägerin unmittelbar und ausschließlich bedroht sei.

Auch könne eine zutreffende Besteuerung der Klägerin bzw. ihrer Arbeitnehmer keinen Schaden darstellen.

In materiell-rechtlicher Hinsicht ist der Beklagte der Meinung, die Auskunftserteilung sei rechtmäßig erfolgt.

Die Offenbarung der Information sei nach § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO zulässig gewesen: Eine ausdrückliche gesetzliche Zulassung in diesem Sinne enthalte § 117 Abs. 2 AO, wonach der Beklagte nach Maßgabe innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Vereinbarungen Amtshilfe leisten könne. Im vorliegenden Fall sei Art. 27 DBA-China anwendbar. Die Vorschrift enthalte eine innerstaatlich anwendbare völkerrechtliche Vereinbarung im Sinne des § 117 Abs. 2 AO und erlaube es, auch "spontan" Informationen an die chinesische Finanzverwaltung mitzuteilen, die zur Durchführung des DBA-China erforderlich seien.

Die kleine Auskunftsklausel erlaube insbesondere die Mitteilung an die chinesische Finanzverwaltung, in welcher Höhe Arbeitslohn in Deutschland von der Besteuerung freigestellt wurde. Diese Information sei nämlich zur Durchführung des DBA China erforderlich: In Artikel 15 des DBA sei unstreitig die Besteuerung von Einkünften aus unselbständiger Arbeit geregelt. Aufgrund der 183-Tage-Regelung könne ggfls. das auf Grund inländischer Regelungen begründete Besteuerungsrecht sowohl von Deutschland als auch von China ausgeübt werden. Es liege mithin auf alle Fälle ein Anwendungsfall des DBA China vor.

In Artikel 24 des DBA-China seien die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung geregelt. Zur korrekten Anwendung dieser Methoden seien Informationen über die Höhe der Besteuerungsgrundlagen in dem jeweils anderen Staat erforderlich. Dies ergebe sich eindeutig aus der Formulierung des Abkommenstextes, wenn es dort heißt, dass von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer nur die Einkünfte ausgenommen sind, die nach dem Abkommen in China besteuert werden können. Die Erfüllung dieser Voraussetzung könne nämlich überhaupt nur dadurch sichergestellt werden, dass die Höhe der Einkünfte dem ausländischen Staat mitgeteilt werde.

Dementsprechend sei der Auffassung der Klägerin entgegenzutreten, dass die kleine Auskunftsklausel nicht Mitteilungen über Einkünfte aus unselbständiger Arbeit abdecke. Die Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesfinanzhofes vom 13.01.2006 durch die Klägerin und der daraus gezogene Umkehrschluss ändere an der Rechtmäßigkeit der Weiterleitung der streitgegenständlichen Spontanauskunft nichts: Denn im Sachverhalt des Bundesfinanzhofes sei es um Provisionszahlungen an ausländische Geschäftspartner gegangen, d.h. um qualitativ ganz andere Einkünfte, für die schon dem Grunde nach andere Regelungen zur Anwendung gelangten. Für die Weitergabe von Informationen über solche Zahlungen sei lediglich festgestellt worden, dass sie von der großen Auskunftsklausel gedeckt sei, und zwar (zwingender Weise) auch hinsichtlich der Höhe der Zahlungen. Daraus könne aber keinesfalls der Rückschluss gezogen werden, dass die Mitteilung über die Höhe von der kleinen Auskunftsklausel nicht gedeckt sei.

Schließlich stehe § 117 Abs. 3 AO (Gegenseitigkeitserfordernis) der Erteilung einer Spontanauskunft an die chinesische Steuerverwaltung nicht entgegen. Diese Regelung sei für andere als die in § 117 Abs. 1 und 2 genannten Fälle getroffen worden und finde z. B. Anwendung, wenn Auskünfte an Länder erteilt werden, mit denen Deutschland kein DBA abgeschlossen hat. Da die Auskunftserteilung an die chinesische Finanzverwaltung bereits in § 117 Abs. 2 AO i. V. m. Art. 27 DBA China geregelt ist, bleibt hier für eine Anwendung des § 117 Abs. 3 AO kein Raum.

Entscheidungsgründe:

Die von der Klägerin erhobene Klage ist als Feststellungsklage zulässig; die Klage ist aber unbegründet.

I. 1. Die Klage erfüllt die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 41 Finanzgerichtsordnung - FGO -.

a) Der Antrag der Klägerin zielt auf ein konkretes "Rechtsverhältnis" i.S.d. § 41 Abs. 1 FGO zwischen ihr und dem Beklagten ab: Eine Beziehung abgabenrechtliche Beziehung zwischen ihr und dem Beklagten ist dadurch entstanden, dass der Beklagte Daten der Klägerin - Name, Anschrift, Betriebsstätte in China, Arbeitgeberstellung, Name des Arbeitnehmers, Beschäftigungsdauer, Gehalt - der chinesischen Finanzverwaltung mitgeteilt hat und sich die Frage nach der Befugnis zur Erteilung dieser Spontanauskunft stellt.

b) Auch das erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor.

(1) Die Feststellungsklage setzt nach § 41 Abs.1 FGO ein berechtigtes Interesse des Klägers an der baldigen Feststellung voraus. Dieses Interesse braucht kein rechtliches zu sein. Es genügt nach der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10. Februar 1987 - VII R 77/84, BFHE 149, 387; BStBl II 1987, 545) welcher sich der erkennende Senat anschließt, jedes durch die Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigtes Interesse, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein kann. Das Feststellungsinteresse ist eine besondere Erscheinungsform des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses. Daraus folgt, dass die Feststellungsklage nicht gegeben ist, wenn der Kläger sein Prozessziel auf anderem Wege schneller, einfacher und billiger erreichen kann.

(2) Die genannten Voraussetzungen für ein Feststellungsinteresse liegen im Streitfall vor. Denn die Klägerin kann die - mögliche - Verletzung des Steuergeheimnisses geltend machen (nachfolgend (a)) und sich auf allgemeine Voraussetzungen der Feststellungsklage stützen (nachfolgend (b)).

(a) Die Klägerin kann ihr Feststellungsinteresse zunächst aus einer - behaupteten - Verletzung der Steuergeheimnisses nach § 30 Abgabenordnung - AO - herleiten (vgl. hierzu grundlegend BFH-Urteil vom 29. Juli 2003 - VII R 39, 43/02, BStBl II 2003, 828).

(aa) Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage letztlich die Feststellung, dass der Beklagte das Steuergeheimnis verletzt habe. Die Klägerin begehrt damit die Feststellung eines Rechtsverhältnisses. Zwischen dem Beklagten und der Klägerin besteht ein (Steuerrechts-)Verhältnis, welches allein dadurch begründet wird, dass die Klägerin der Finanzverwaltung im weiteren Sinne und damit auch dem Beklagten als Steuerpflichtiger - jedenfalls im Verfahren auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung - seine wirtschaftlichen Verhältnisse offenbart hat und der Beklagte verpflichtet ist, die ihm dadurch oder im Wege der Amtsermittlung über den Kläger bekannt gewordenen Tatsachen geheim zu halten.

(bb) Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Beklagte diese aufgrund jenes Rechtsverhältnisses bestehende Verpflichtung, das Steuergeheimnis zu wahren (§ 30 Abs. 1 AO), ohne einen nach § 30 Abs. 4 AO rechtfertigenden Grund dafür zu haben, verletzt hat. Das festzustellen, kann nach § 41 Abs. 1 FGO durch Klage begehrt werden. Denn eine Feststellungsklage kann sich auf eine solche aus einem Rechtsverhältnis entstehende Rechtsfrage zulässigerweise beziehen.

Die Klägerin sieht sich in ihrem subjektiven Recht auf Wahrung ihrer steuerlichen Geheimnisse durch den Beklagten verletzt. Ein Steuerpflichtiger in dieser Lage wäre in weitem Umfang rechtsschutzlos gestellt, wenn er diese angebliche Rechtsverletzung ohne die Möglichkeit einer gerichtlichen Prüfung des Vorgehens der Finanzverwaltung hinnehmen müsste. Eine solche anderweitige Rechtsschutzmöglichkeit wird sich für ihn beim Bruch des Steuergeheimnisses zumeist nicht ergeben und dürfte insbesondere für die Klägerin nicht bestehen, da sie - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - über weitere Auskünfte nicht im vorhinein informiert werden wird.

Zudem kann die Verletzung des Steuergeheimnisses ihrer Natur nach nicht rückgängig gemacht werden.

(b) Darüber hinaus kann sich die Klägerin auf allgemeine Gesichtspunkte wie ein Rehabilitationsinteresse und eine Wiederholungsgefahr im Zusammenhang mit der behaupteten Rechtswidrigkeit der Informationsweitergabe stützen.

(aa) Für ein berechtigtes Interesse im Sinne der vorgenannten Vorschrift genügt nach ständiger Rechtsprechung, welcher der Senat folgt, jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, sofern die begehrte Feststellung geeignet ist, in einem der genannten Bereiche zu einer Verbesserung der Position des Klägers zu führen (vgl. BFH-Urteil vom 02. Juni 1992 VII R 35/90, BFH/NV 1993, 46), wobei dies vom Rechtsschutzsuchenden substantiiert darzulegen ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 11. April 2000 VII B 221/99, BFH/NV 2000, 1229 undvom 20. September 2000 VII B 33/00, BFH/NV 2001, 458).

Insbesondere Wiederholungsgefahr und Rehabilitationsinteresse können ein Feststellungsinteresse begründen (vgl. von Groll in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl. 2006, § 41 Rz. . 29).

(bb) Ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art besteht damit.

Denn zum einen ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Klägerin bereits auf Zahlung seitens der chinesischen Finanzverwaltung in Anspruch genommen worden ist. Zum anderen kann die Klägerin zumindest glaubhaft vortragen, dass ihr ein Reputationsschaden in China droht: Der Senat folgt der Meinung der Klägerin, wonach nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass für die Steuerbehörden in China rechtsstaatliche Grundsätze vergleichbar mit denen im Inland gelten.

c) Der Zulässigkeit der Klage steht § 41 FGO auch sonst nicht entgegen. Der Vorbehalt des Absatzes 2 dieser Vorschrift, dass die Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, ist hier nicht einschlägig.

Denn zum einen ist die von dem Beklagten erteilte, von der Klägerin beanstandete Auskunft gegenüber der chinesischen Finanzverwaltung kein Verwaltungsakt, gegen den sich die Klägerin mit der Anfechtungsklage hätte wenden können.

Zum anderen kommt auch eine vorbeugende Unterlassungsklage vorliegend nicht in Betracht (vgl. bereits Beschluss des Senates vom 15.01.2007 im Verfahren 2 V 3018/06): Eine Unterlassungsklage ist nur zulässig, wenn die im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten zum wirkungsvollen Schutz der Rechte des betreffenden Beteiligten nicht ausreichen, insbesondere ein Abwarten einer diese Rechtsschutzmöglichkeiten eröffnenden tatsächlichen Rechtsverletzung unzumutbar ist, weil die Rechtsverletzung dann nicht oder nur schwer wiedergutzumachen ist (BFH-Urteil vom 27. Oktober 1993 I R 25/92, BStBl II 1994, 210).

Die Klägerin kann jedoch in von der Finanzgerichtsordnung vorgesehener, in die hier zu berücksichtigende Eigenständigkeit der vollziehenden Gewalt weniger stark eingreifender Weise hinlänglich Rechtsschutz erlangen, indem sie eine Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der erteilten Spontanauskunft erhebt (zum vergleichbaren Verhältnis "Unterlassungsklage" / "Fortsetzungsfeststellungsklage" vgl. BFH-Urteil vom 19. März 1998 - VII R 73/97, BFH/NV 1999, 86).

II. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil die - formell nicht zu beanstandende (nachfolgend 1.) - Erteilung der Information durch eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung gedeckt ist; damit liegt auch eine Befugnis i.S.d. § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO vor.

Rechtsgrundlage der beabsichtigten Spontanauskunft ist § 117 Abs.2 AO i.V.m. dem Zustimmungsgesetz zu dem Abkommen vom 10. Juni 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 6. Februar 1986 (BGBl. Teil II 1986, S. 446) und Art. 27 Abs. 1 Satz 1 DBA-China (nachfolgend 2.)

Auch § 117 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AO stand der Auskunftserteilung nicht entgegen (nachfolgend 3.).

1. Die Auskunftserteilung ist formell rechtmäßig erfolgt. Das einzig in Frage kommende Bedenken der unterlassenen Anhörung der Klägerin greift nicht durch; die insoweit einschlägigen Erfordernisse des § 117 Abs. 4 Satz 3 AO sind gewahrt.

a) Die Klägerin kommt als inländische Beteiligte i.S. der genannten Vorschrift in Betracht. Denn inländischer Beteiligter im Sinne des § 117 Abs. 4 Satz 3 AO ist derjenige, der seine Geschäftsleitung oder seinen Sitz im Inland hat und in dessen Rechte die Auskunftserteilung eingreift (d.h. ein von der Auskunftserteilung Betroffener). Das ist in der Regel derjenige, welcher einen Anspruch auf Schutz vor der unbefugten Weitergabe von Daten hat.

b) Die Klägerin musste aber auch als inländische Beteiligte nicht angehört werden.

Bei der Übermittlung von Auskünften und Unterlagen an ausländische Finanzbehörden gilt für inländische Beteiligte § 91 AO entsprechend mit der Maßgabe, dass eine Anhörung stets stattzufinden hat, wenn nicht eine Ausnahme nach § 91 Abs. 2 oder Abs. 3 AO eingreift. Im Streitfall liegt eine Ausnahme nach § 91 Abs. 2 Nr. 3 AO vor.

(1) Nach der genannten Vorschrift kann eine Anhörung unterbleiben bei Weitergabe von Informationen, die auf tatsächlichen Angaben eines Steuerpflichtigen beruhen, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat. Nach Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. BMF-Schreiben vom 25. Januar 2006 - IV B 1 - S 1320 - 11/06, BStBl I 2006, 26 "Zwischenstaatliche Amtshilfe" Tz. 5.1), welcher der erkennende Senat folgt, gilt dies bei unbeschränkt Steuerpflichtigen nur, soweit auf die Möglichkeit einer entsprechenden Informationsweitergabe an den anderen Staat bereits im entsprechenden Steuererklärungs- oder Antragsvordruck hingewiesen worden ist.

(2) Der besagte Hinweis ist im Entscheidungsfall erfolgt.

Ein entsprechender Hinweis war zu Zeilen 14 - 16 in der vom Arbeitnehmer B.C. ausgefüllten Anlage N enthalten. Dass der Arbeitnehmer die Eintragung seiner Einkünfte an anderer Stelle vorgenommen hat, ist unschädlich, da es der Steuerpflichtige andernfalls selbst in der Hand hätte, die Rechtswidrigkeit von Auskünften ohne Vorliegen materiell-rechtlicher Einwendungen herbeizuführen. Im Übrigen muss davon ausgegangen werden, dass dem Steuerpflichtigen der Inhalt der Erklärungsvordrucke bekannt ist.

Diesen Hinweis muss sich die Klägerin als Arbeitgeberin des Herrn B.C. zurechnen lassen. Denn durch die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des Lohnsteueranmeldungs- und Abzugsverfahrens wird eine "Einschaltung" des Arbeitgebers in das "Vorauszahlungsverfahren" des Arbeitnehmers bewirkt (BFH-Beschluss vom 29. April 1992 - VI B 152/91, BFHE 167, 152; BStBl II 1992, 752); der Arbeitgeber ist in das Besteuerungsverfahrens des Arbeitnehmers "einbezogen" (Drenseck in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 26. Aufl. 2007, § 38 Rz. 1).

2. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der zitierten Ermächtigungsgrundlage liegen vor. Gemäß § 117 Abs.2 AO dürfen die Finanzbehörden zwischenstaatliche Amtshilfe u.a. aufgrund innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Verträge leisten. Ein derartiger Vertrag ist das DBA-China, weil es aufgrund des Zustimmungsgesetzes innerstaatlich anwendbares Recht ist.

Nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 DBA-China sind die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten berechtigt, die Informationen auszutauschen, die zur Durchführung dieses Abkommens erforderlich sind. Bei der Ermächtigung in Art. 27 Abs. 1 Satz 1 DBA-China handelt es sich um eine sog. "kleine Auskunftsklausel": Als kleine Auskunftsklausel werden Amtshilfevereinbarungen bezeichnet, wenn sie sich nur auf solche Auskünfte beziehen, die zur Durchführung des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens selbst erforderlich sind.

Bei den weitergeleiteten Daten handelt es sich um im Wege einer Spontanauskunft (nachfolgend a)) zulässige Informationen zur Durchführung des Abkommens (nachfolgend b)), die auch erforderlich waren (nachfolgend c)).

a) Die kleine Auskunftsklausel gestattet - wie auch die Finanzverwaltung (vgl. FinBeh. Bremen Anweisung vom 21. März 2000 - S 1320 - 121, StEd 2000, 425 - Tz. II. 2.) zutreffend annimmt - Spontanauskünfte: Solche Mitteilungen sind auch gegenüber Staaten zulässig, mit denen eine kleine Auskunftsklausel vereinbart ist, soweit sie zur Durchführung des Doppelbesteuerungsabkommens erforderlich sind, z.B. in den Fällen der Freistellung des Arbeitslohnes vom Steuerabzug aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommen (BMF-Schreiben vom 25. Januar 2006 a.a.O. Tz. 4.1.).

Dies folgt bereits aus einer Auslegung der Vorschrift nach dem Wortlaut. Denn die Erteilung einer Auskunft setzt nicht ein Auskunftsersuchen des anderen Vertragsstaates voraus.

Dieses Auslegungsergebnis wird auch durch den Zweck der Auskunftsklausel bestätigt (ähnlich Schwarz in Dumke, Kommentar zur Abgabenordnung, § 117 AO Rz. 28 für das Zusammenwirken von § 177 Abs. 2 und Abs. 3 AO): Die Vorschrift soll den Auskunftsverkehr fördern und nicht vom Zufall abhängig machen.

b) Die erteilten Informationen dienen zur Durchführung des Doppelbesteuerungsabkommens.

Die genannten Informationen sind insbesondere Auskünfte, die für die Abgrenzung der Besteuerungsrechte der beiden betroffenen Staaten dienen (vgl. Schwarz a.a.O., § 117 AO Rz. 17). Demgegenüber beziehen sich die "großen Auskunftsklauseln" auch auf alle Informationen, die allgemein zur Durchführung des innerstaatlichen Rechts des ersuchenden Vertragsstaates erforderlich sind (Eilers in Debatin/Wassermeyer, Art. 26 MA Rz. 5; Wolffgang/Hendricks in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, AO § 117 Rz. 157).

Bei den streitgegenständlichen Informationen handelt es sich jedoch nicht um solche zur Durchführung innerstaatlichen Rechts, sondern zur Durchführung des Abkommens.

(1) Für die Auslegung des Begriffs "zur Durchführung des Doppelbesteuerungsabkommens" gilt folgendes: Eine Auskunft wird dann zur Durchführung des Abkommens benötigt, wenn die abkommensrechtliche Rechtsfolge je nach dem Ergebnis der Auskunft eine andere ist (vgl. Engelschalk in Vogel, Doppelbesteuerungsabkommen, 4. Aufl. 2003, Art. 26 Rz. 41 ff.; Eilers a.a.O. Art. 26 MA Rz. . 24).

Der entsprechende Merksatz lautet dementsprechend: "Die kleine Klausel ist anwendbar, wenn sich die Rechtslage nach dem Abkommen anders darstellt als ohne das Abkommen" (Tipke/Kruse, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 117 AO, Rz. 17).

(2) Die genannten Erfordernisse liegen im Streitfall vor.

Zunächst dient die Spontanauskunft der "Abgrenzung" der Besteuerungsrechte der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China: Angesichts der Tatsache, dass der Arbeitnehmer B.C. in der Bundesrepublik Deutschland nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG wegen seines Wohnsitzes im Streitjahr unbeschränkt steuerpflichtig war, andererseits Herr B.C. aber im Tätigkeitsstaat ebenfalls zur Besteuerung herangezogen wurde, liegt eine Kollision fiskalischen Zugriffs vor, die der Abgrenzung bedarf.

Das Abkommen ist auch 'conditio sine qua non' für die tatsächlich vorgenommene Besteuerung: Ohne das DBA-China würde Herr B.C. sowohl im Wohnsitzstaat als auch im Tätigkeitsstaat zur Besteuerung herangezogen.

Dieses Ergebnis wird von der der Konzeption der Doppelbesteuerungsabkommen, deren Ziel es nicht ist, "weiße" - d.h. in keinem Staat besteuerte - Einkünfte zu schaffen, bestätigt. Denn es ist zu berücksichtigen, dass die Bundesrepublik Deutschland auf die Besteuerung der Einkünfte im Inland regelmäßig in der Erwartung verzichtet, dass diese dann im Tätigkeitsstaat einer Besteuerung zugeführt werden (vgl. nachfolgend c) (1)).

c) Die Spontanauskunft war auch erforderlich.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Mai 2005 - I B 218/04, BFH/NV 2005, 1503 zu Art. 26 Abs. 1 Satz 1 DBA-USA), welcher der erkennende Senat folgt, ist eine Auskunftserteilung dann "erforderlich", wenn die ernstliche Möglichkeit besteht, dass der andere Vertragsstaat abkommensrechtlich ein Besteuerungsrecht hat und ohne die Auskunft von dem Gegenstand dieses Besteuerungsrechts keine Kenntnis erlangt.

Darüber hinaus hat der Bundesfinanzhofes in einem 'obiter dictum' vertreten (Beschluss vom 08. Februar 1995 - I B 92/94, BFHE 177, 25; BStBl II 1995, 358 zum EG-Amtshilfe-Gesetz vom 19.12.1985 BGBl I 1985, 2436, 2441): Wenn die Bundesrepublik in einem Doppelbesteuerungsabkommen auf die Besteuerung ausländischer Einkünfte im Inland verzichtet, dann geschieht dies regelmäßig zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und in der Erwartung der Besteuerung der Einkünfte durch den anderen Vertragsstaat. Besteuert der andere Vertragsstaat die Einkünfte nur deshalb nicht, weil er von der Einkünfteerzielung keine Kenntnis erhält, so findet eine Ungleichbesteuerung statt, die sowohl die Steuergerechtigkeit berührt als auch wettbewerbsverzerrend wirken kann. Die deutsche Finanzverwaltung ist nicht zuletzt mit Rücksicht auf den Grundsatz der Besteuerung eines jeden nach seiner Leistungsfähigkeit gehalten, Informationen ins Ausland zu versenden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Versendung ohne besonderen Aufwand möglich ist und höhere Interessen der Steuerpflichtigen nicht tangiert werden.

(2) Der Senat legt das Tatbestandsmerkmal "erforderlich" im Sinne der letztgenannten Entscheidung des Bundesfinanzhofes aus und geht davon aus, dass eine internationale Information hinreichend für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "erforderlich" ist.

Zwar ist die zitierte Entscheidung zum EG-Amtshilfegesetz ergangen, welches einen weiter reichenden Informationsaustausch vorsieht als eine kleine Auskunftsklausel. Der Gesichtspunkt der der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, den der Bundesfinanzhof zur Rechtfertigung des Kontrollmitteilungsverfahrens anführt, ist jedoch ein allgemeiner Grundsatz, der nicht auf das EG-Amtshilfegesetz beschränkt ist. Deshalb ist dieser Grundsatz auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden.

Demzufolge ist das Erfordernis der Erforderlichkeit im Streitfall erfüllt: Ob es 'ex ante' Erkenntnisse darüber gegeben hat, dass die Volksrepublik China ohne die Auskunft von dem Gegenstand ihres Besteuerungsrechts keine Kenntnis erlangt hätte, ist unerheblich. Denn der Senat folgt der insoweit weiteren Auffassung des Bundesfinanzhofs in der zweiten Entscheidung, wonach die deutsche Finanzverwaltung schon grundsätzlich in Fällen der vorliegenden Art zur Versendung von internationalen Informationen berechtigt ist.

3. Schließlich steht auch die Vorschrift des § 117 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AO - Verbürgung der Gegenseitigkeit von Amtshilfe - der erteilten Spontanauskunft nicht entgegen. Die Vorschrift ist auf den Entscheidungsfall nicht anwendbar.

a) Die Regelung in § 117 Abs. 3 AO ermächtigt die deutsche Finanzverwaltung dazu, Kulanzauskünfte zu erteilen. Kulanzauskünfte sind Auskünfte, die der ersuchte Staat ohne rechtliche Verpflichtung dem ersuchenden Staat erteilt.

Der genaue Anwendungsbereich von § 117 Abs. 3 AO ist zwar umstritten (vgl. Wolffgang/Hendricks in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, AO § 117 Rz. 73 m.w.N.). Insbesondere das Verhältnis zu den in Abs. 2 genannten völkerrechtlichen Vereinbarungen wird unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird angenommen, eine Kulanzauskunft nach Abs. 3 scheide aus, wenn mit dem ersuchenden Staat eine völkerrechtliche Vereinbarung über den zwischenstaatlichen Informationsaustausch existiere. In diesem Falle habe sich der Auskunftsverkehr ausschließlich an dieser Vereinbarung zu orientieren.

b) Im Streitfall scheidet die Anwendung jedenfalls aus: In Gestalt des Art. 27 Abs. 1 Satz 1 DBA-China existiert eine völkerrechtliche Vereinbarung über den zwischenstaatlichen Informationsaustausch, deren Tatbestandsvoraussetzungen auch wie dargelegt vorliegen.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

III. Die Revision war zuzulassen, denn es ist ein Revisionsgrund gegeben: Der Rechtsstreit hat grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, denn die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "zur Durchführung des Abkommens" in sog. "kleinen Auskunftsklauseln" ist von allgemeinem Interesse.



Ende der Entscheidung

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