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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 16.08.2007
Aktenzeichen: 3 K 3231/07
Rechtsgebiete: GVG, EStG, FGO


Vorschriften:

GVG § 17 Abs. 1
EStG § 10e Abs. 6
EStG § 19
FGO § 38 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Steuer auf 17430,- DM festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Tatbestand:

Die Kläger sind Ehegatten und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt.

Mit Einspruch vom ......1996 wandten sich die Kläger gegen die Einkommensteuerfestsetzung vom .....1996 und die dort vorgenommene Kürzung der Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbständiger Tätigkeit. Darüber hinaus beantragten sie die Berücksichtigung von Abzugsbeträgen im Sinne des § 10 e Einkommensteuergesetz (EStG) als Sonderausgaben, den Abzug der Steuerermäßigungen nach 34 f EStG sowie die Berücksichtigung eines noch nicht ermittelten Verlustes als vorweg genommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für einen nicht selbst genutzten Teil des Hauses ............. .. in M...........

Mit Einspruchsentscheidung vom .....1999 wies der Beklagte den Einspruch als teilweise unbegründet zurück. (Auf die Einspruchsentscheidung wird insoweit Bezug genommen). Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage.

Die Kläger sind der Ansicht, nach ihrem Umzug 2003 nach ............../Bayern sei für das vorliegende Klageverfahren nicht mehr das Finanzamt .................. sondern das bayerische Finanzamt ............ zuständig. Nur das Finanzamt .......... könne einen Änderungsbescheid erlassen. Deshalb sei das Klageverfahren an das zuständige Finanzgericht in München abzugeben, auch sei das Finanzamt .......... dem vorliegenden Verfahren beizuladen, vgl. Bl 1393 ff dGA.

In der Sache begehren die Kläger, weitere Werbungskosten wie Fahrkosten, Post und Telefongebühren (vgl. Bl. 489 der Gerichtsakte), weitere Kosten des Arbeitszimmers und Reisekosten (vgl. Bl. 491, 492) zu berücksichtigen.

Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung macht der Kläger vorweggenommene Werbungskosten geltend. Die Kläger tragen vor, die Herstellungskosten des Gebäudes seien zu 9,81% dem für eine Vermietung vorgesehenen Appartement zuzurechnen, zu 2,97% entfielen sie auf das Arbeitszimmer, die restlichen 87,22% entfielen auf die selbstgenutzten Wohnräume (vgl. Bl. 496-498).

Im Rahmen des § 10 e Abs. 6 EStG machen die Kläger Aufwendungen vor der erstmaligen Nutzung für das Gebäude "................." geltend (vgl. Bl. 499, 500).

Hinsichtlich des Schuldzinsenabzuges nach § 10 e Abs. 6 a EStG machen die Kläger 12000,- DM geltend.

Bei den Sonderausgaben machen sie 60,- DM für Spenden an die ................. geltend und legten im Klageverfahren eine Spendenbescheinigung vor.

Bei § 33 a EStG machen die Kläger einen Ausbildungsbetrag für die Kinder ........ und .............. in Höhe von je 2.400 DM geltend.

Die Kläger erklären,

sie stellten die Anträge

aus dem Schriftsatz vom .....2007,

hilfsweise

werde Herabsetzung der Steuer unter Berücksichtigung der schriftsätzlich geltend gemachten, vom Finanzamt bisher nicht als Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen, Abzugsbeträgen nach § 10 e EStG begehrt, allerdings werde für 1993 die Grundförderung nach § 10 e EStG nicht mehr in Anspruch genommen.

Der Beklagte beantragt,

Ausbildungsfreibeträge i.H.v. 3200,- DM sowie Spenden (.............)i.H.v. 60,- DM abzuziehen, im Übrigen die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, weitere Aufwendungen seien nicht nachgewiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Klage muss der Erfolg weitgehend versagt bleiben.

I. Das Klageverfahren ist weder an das Finanzgericht München zu verweisen, noch war das Finanzamt ............ notwendig beizuladen.

1. Der erkennende Senat des Finanzgerichts Köln ist zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits berufen.

Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 38 Abs. 1 FGO. Danach ist das Finanzgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde, gegen welche die Klage gerichtet ist, ihren Sitz hat. Das Finanzamt ........ als Beklagter hat seinen Sitz im Bezirk des Finanzgerichts Köln. Klagen gegen das Finanzamt ........... sind nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichtes dem 3. Senat zugewiesen.

Durch die Wohnsitzänderung der Kläger hat sich kein Beklagtenwechsel und damit keine Änderung der Gerichtszuständigkeit ergeben.

Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) wird die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Entsprechend gilt für die sachliche und örtliche Zuständigkeit (§ 70 Satz 1 FGO). Demnach wird die Zuständigkeit des Gerichts durch eine Änderung der sie begründenden Umstände nach Eintritt der Rechtshängigkeit nicht berührt (so ausdrücklich § 66 Abs. 3 FGO; vgl. auch BFH-Beschluss vom 09.11.2004 V S 21/04, BStBl II 2005, 101).

2. Die Kläger irren, soweit sie meinen, dass Finanzamt ....... sei notwendig am Verfahren zu beteiligen, da eine geänderte Steuerfestsetzung dort zu erfolgen habe.

Wie oben gezeigt, führt eine Wohnsitzänderung nach Klageerhebung nicht zu einem Beklagtenwechsel. Soweit im Klageverfahren eine Steuer neu festgesetzt wird, ergibt sich auch hieraus keine Notwendigkeit zur Beiladung des Finanzamtes .......... Nach § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO kann das Gericht bei einer Klage, die die Änderung eines Verwaltungsaktes, der einen Geldbetrag festsetzt, den Betrag -wie vorliegend geschehen- in anderer Höhe festsetzen. Eine Festsetzung durch ein Finanzamt erfolgt nicht. Dem Finanzamt obliegt lediglich die Abrechnung der vom Gericht festgesetzten Steuer.

3. Die Klage ist zulässig, auch wenn das Begehren des Klägers, im Streitjahr nunmehr keine Grundförderung nach § 10 e Einkommensteuergesetz (EStG) mehr zu beantragen, zu einer höheren Steuerfestsetzung (siehe unten) führt. Der Abzugsbetrag nach § 10 e EStG kann spätestens bis zum Ende der mündlichen Verhandlung beantragt werden (vgl. Ludwig Schmidt, Einkommensteuergesetzkommentar 11. Auflage § 10 e Rd. 8 a), damit auch ist die Rücknahme eines einmal gestellten Antrages bis zum Ende der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht möglich (argumento e contrario) und muss vom Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden, auch wenn dies zu einer höheren Steuerfestsetzung führt.

II. Die Klage ist auch mit dem Hilfsantrag weitgehend unbegründet.

1. Kosten vor Bezug nach § 10 e Abs. 6 EStG

Aufwendungen des Steuerpflichtigen, die bis zum Beginn der erstmaligen Nutzung einer Wohnung im Sinne des Abs. 1 zu eigenen Wohnzwecken entstehen, können wie Sonderausgaben abgezogen werden (§ 10 e Abs. 6 Satz 1 EStG). Ein Vorkostenabzug ist nur bis zum Beginn der erstmaligen Nutzung möglich. Diese hatte vorliegend aber vor dem 01.01.1993 begonnen, sodass Vorkosten nicht mehr berücksichtigt werden können. Die Kläger hatten ihr bisheriges Wohnhaus .............. verkauft und bereits Ende 1992 geräumt und haben noch im Dezember des Jahres 1992 das Haus ................ als Familienwohnsitz genommen. Dies ergibt sich aus dem eigenen Vorbringen der Kläger im Klageverfahren und aus den Steuerakten. In der am ......1993 unterschriebenen Einkommensteuererklärung für das Jahr 1991 gaben die Kläger bereits als Anschrift ........... an. In einem Beschwerdeschreiben vom .......1996 zum Einkommensteuerverfahren 1993 geben die Kläger als Bezugstermin den 31.12.1992 an. Die Kläger haben damit auch ausgedrückt, dass sie das Haus ........... als Wohnsitz genommen haben ohne eine Einschränkung wegen der Zumutbarkeit des Bewohnens zu machen. Diese frühen Erklärungen der Kläger haben die Vermutung der Richtigkeit für sich, da sie zeitnah zum Umzug erfolgten und noch nicht durch den weiteren Verlauf des Verfahrens beeinflusst worden waren. Der Senat ist davon überzeugt, dass das Gebäude .......... am 01.01.1993 im Wesentlichen fertiggestellt und zumutbar zu bewohnen war. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der der erkennende Senat folgt, ist die Frage wann ein Gebäude fertiggestellt ist anhand objektiver Kriterien unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu entscheiden. Danach sind Wohngebäude fertiggestellt, wenn sie bezugsfertig sind. Bezugsfertigkeit ist gegeben, wenn die wesentlichen Bauarbeiten ausgeführt sind und nur noch unwesentliche Restarbeiten verbleiben. Wohnungen können im Allgemeinen als fertiggestellt/bezugsfertig angesehen werden, wenn die Türen und Fenster eingebaut, Anschlüsse für Strom und Wasserversorgung, die Heizung sowie sanitäre Einrichtungen vorhanden sind und die Möglichkeit zur Einrichtung einer Küche besteht (vgl. BFH-Beschluss vom 09.12.1997 X B 213/96, BFH/NV 1998, 698 m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Zwar standen nach den Angaben des Klägers Restarbeiten der Bewohnbarkeit entgegen. Ausreichend ist jedoch, dass die Möglichkeit eine Kochgelegenheit einzurichten bestand und ein benutzbares Bad vorhanden war. Lediglich in einem weiteren Bad mussten noch Arbeiten durchgeführt werden. Die oberen Räume waren über eine Bautreppe verkehrssicher zu erreichen. Das Haus war beheizbar. Hier bestanden, wie sich aus dem vom Kläger vorgelegten Gutachten ergibt, Mängel in der Heizleistung, die das Haus aber nicht unbewohnbar machten. Die Kläger haben zudem nicht nachgewiesen, dass Fehler bei der Dacheindeckung das Haus unbewohnbar gemacht hätten. Die angeführten Mängel sind nicht so gravierend, dass sie zur Unbewohnbarkeit geführt hätten. Insbesondere hat der Kläger trotz intensiver Nachfrage im Termin keine Stelle im Haus benannt, an der es hereingeregnet hätte. Er hat auch nicht dargelegt, dass die nachbestellten Ziegel für das Wohnhaus benötigt worden wären, sondern, dass die Garage noch nicht fertig eingedeckt war. Die unfertige Garage führt aber nicht zur Unzumutbarkeit der wohnlichen Nutzung des Hauses.

2. Ein Schuldzinsenabzug nach § 10 e Abs. 6a EStG entfällt ebenso wie die Kind bezogene Förderung nach § 34 f EStG, da die Kläger für das Streitjahr auf die Grundförderung nach § 10 e Abs. 1 EStG verzichtet haben.

3. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung § 21 EStG.

Der Beklagte hat zurecht keine Kosten als vorweg genommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG berücksichtigt.

Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind, § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG. Vorab entstandene Werbungskosten sind zu berücksichtigen, wenn die Aufwendungen in einem hinreichend klaren (wirtschaftlichen) Zusammenhang mit einer bestimmten Einkunftsart stehen (vgl. Ludwig Schmidt Einkommensteuergesetz Kommentar § 9 Rd. 35 m. w. N. aus der Rechtsprechung). Für das Streitjahr ist ein solcher Veranlassungszusammenhang nicht gegeben, da nicht fest steht, dass die Kläger Räume vermieten wollten. In den Planungsunterlagen werden die angeblich zur Vermietung anstehenden Räume mit "au pair" bezeichnet. Der Kläger hat dazu ausgeführt, durch einen längeren Aufenthalt in ........... habe man die Annehmlichkeiten einer Haushilfe kennen gelernt. Zur Aufnahme eines "au pairs" sei es dann aber nicht gekommen, da seine Familie die Voraussetzungen, Kinder bis zu einem bestimmten Alter, nicht mehr erfüllt habe.

Zu den typischen Voraussetzungen eines "au pair (auf Gegenseitigkeit) Verhältnisses" gehört es, als "Familienmitglied auf Zeit" eine freie Unterkunft in der Gastfamilie zu erhalten (nach au pair Societiy e.V.). Damit stand im Streitjahr eine Vermietungsabsicht gerade noch nicht fest. Tatsächlich ist es weder im Streitjahr noch bis zum Jahr 1998 zu Einnahmen aus Vermietungen gekommen. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, dass die Räume später zum Unterstellen von Möbeln genutzt und auch zu Wohnzwecken vermietet worden seien. Hieraus lässt sich aber auf eine konkrete Vermietungsabsicht des Streitjahres noch nicht schließen.

4. Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit § 19 EStG

Der Beklagte hat zurecht den Abzug weiterer Werbungskosten abgelehnt.

Es sind keine weiteren Kosten eines Arbeitszimmers zu berücksichtigen. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können nur dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn dieses Zimmer nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird (Ludwig Schmidt Einkommensteuergesetzkommentar, 26. Auflage § 19 Rd 16 Arbeitszimmer Nr. 14 m. w. N.). Der Kläger hat, trotz des Hinweises im Erörterungstermin, eine nahezu ausschließliche berufliche Nutzung des Arbeitszimmers weder dargelegt noch glaubhaft gemacht.

Weitere Werbungskosten für einen Kalender, Postgebühren, Abschreibung für eine Kommode und einen Schrank konnten, da sie nicht nachgewiesen sind, nicht berücksichtigt werden. Dies gilt nach Veranlassung und Höhe auch für die Telefonkosten.

Auch weitere Kfz-Kosten konnten nicht berücksichtigt werden, da sie nicht nachgewiesen sind. Der Kläger weder einen Nachweis über die ihm tatsächlich entstandenen KFZ-Kosten geführt, noch die angeblich dienstlich gefahrenen Kilometer nachgewiesen. Dieser Nachweis kann auch nicht aus angeblichen Aufwendungen der Jahre 1996 und 1997 für das Jahre 1993 geschlossen werden.

Die gilt ebenso für die Reisekosten, die weder dem Grunde noch der Höhe nach nachgewiesen wurden.

5. Die geltend gemachte Spende in Höhe von 60,- DM ist nun nachgewiesen und ebenso anzuerkennen wie, zeitanteilig für die Tochter, die Ausbildungsfreibeträge für die Kinder in Höhe weiterer 3200,-DM, was nunmehr zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist.

III. Damit ergibt sich folgende Steuerfestsetzung:

 Zu versteuerndes Einkommen bisher56523,-
Ausbildungsfreibeträge- 3200,-
Spende- 60,-
Steuerbegünstigung für die eigengenutzte Wohnung+ 19800,-
Schuldzinsenabzug für die eigengenutzte Wohnung+ 12000,-
Zu versteuerndes Einkommen neu85063,-
Steuer nach der Splittingtabelle17610,-
Spende nach §34g Nr. 1 EStG180,-
Festzusetzende Einkommensteuer17430,-DM

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Den Klägern waren die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen obwohl sie teilweise obsiegt haben. Die Spendenbescheinigung und die Ausbildungsnachweise wurden erst im Klageverfahren eingereicht § 137 FGO.

Ende der Entscheidung

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