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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 04.07.2005
Aktenzeichen: 4 K 1005/02
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 22 Nr. 1 S. 3 a | |
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 2 |
Tatbestand
Streitig ist, ob Versorgungsbezüge des Klägers als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG oder als sonstige Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 a EStG zu versteuern sind.
Der Kläger mit dem Rang eines ... a. D. war im Anschluss an seine Tätigkeit als Berufsoffizier ab 1984 als Angehöriger des Internationalen Zivilpersonals der NATO beschäftigt. Während seiner aktiven Dienstzeit von 1984 bis 1999 bezog er steuerfreie Einkünfte nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des Protokolls über die Rechtsstellung der auf Grund des Nordatlantik-Vertrags errichteten internationalen militärischen Hauptquartiere vom 28.08.1952 (Protokoll über die NATO-Hauptquartiere; BGBl. II, 1969, 2000, 2004).
Der Kläger schloss am 12.12.1994 mit seinem Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag ( contract of employment). In dem Arbeitsvertrag ist bestimmt, dass Gegenstand des Anstellungsverhältnisses u.a. das NATO-Personalstatut ist ( the employment will be governed by the provisions of the NATO Civilian Personnel Regulations - NCPR -.).Das monatliche Grundgehalt ( basic salary) betrug zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses 9.945,50 DM. Weiter ist bestimmt, dass der Angestellte zwingend in die Systeme der NATO für Versorgung und Sozialhilfe aufgenommen ist (the employeeis mandatorily affiliated to the NATO Pension and Social Security Schemes). Wegen des Inhalts des Arbeitsvertrags im einzelnen wird auf die Anlage 3 zum Schriftsatz der Bevollmächtigten der Kläger vom 21.05.2002 (Bl. 48 GA) Bezug genommen.
Der von dem Kläger zu Beginn seiner Tätigkeit bei der NATO 1984 abgeschlossene Arbeitsvertrag entsprach, soweit er für das vorliegende Verfahren von Bedeutung ist, dem am 12.12.1994 abgeschlossenen Arbeitsvertrag (Grund der Vertragsänderung im Jahr 1994 war eine Beförderung des Klägers).
Anhang ( Annex) 4 des NATO-Personalstatuts regelt in Kapitel VIII die Höhe der Versorgungsleistungen (determination of the amounts of benefits) und in Kapitel IX die Finanzierung der Versorgungsbezüge (financing the pension scheme).
Kapitel VIII ist wie folgt untergliedert:
Abschnitt 1 Festsetzung der Berechtigung
(Section 1 assesment of entitlement)
Abschnitt 2 Anpassung der Leistungen
(Section 2 adjustement of benefits)
Abschnitt 3 Bezahlung der Leistungen
(Section 3 payment of benefits)
Kapitel IX enthält u. a. die Artikel 40 und 41. Diese haben auszugsweise folgenden Wortlaut:
Artikel ( Article) 40
Belastung des Etats
(charge on budgets)
1. Leistungen, die unter diesem Ruhestandsystem gezahlt werden, werden dem Etat der Organisation belastet, die für die Festsetzung der Leistungen nach Artikel 31 zuständig ist.
(Benefits paid under this Pension Scheme shall be charged to the budgets of the Organization responsible for the assessment of these benefits pursuant to Article 31.)
2. Die Mitgliederstaaten der Organisation garantieren gemeinsam die Bezahlung der Leistungen.
(The Member States of the Organisation jointly guarantee the payment of these benefits.)
Artikel ( Article) 41
Beiträge der Mitarbeiter - Kosten des Systems
(Staff members' contribution - costing the scheme)
1. Die Mitarbeiter haben Beiträge zu ihren Ruhestandbezügen zu leisten.
( Staff members shall contribute to the Pension.)
2. Der Beitrag der Mitarbeiter zu dem Versorgungssystem wird in einem Prozentsatz von deren Löhnen berechnet und monatlich einbehalten.
(The staff members' contribution to the pension scheme shall be calculated as a percentage of their salaries and shall be deducted monthly.)
3. Die Quote der Mitarbeiter soll langfristig ein Drittel der Kosten des Ruhestandssystems decken.
(The rate of the staff contribution shall be set so as to represent the cost, in the long term, of one-third of the benefits provided under these rules.)
4. Die Quote des Mitarbeiterbeitrags soll 8 % betragen.
(The rate of the staff contribution shall be 8 %.)
6. Zu Recht einbehaltene Beiträge werden nicht zurückbezahlt. Zu Unrecht einbehaltene Beiträge gewähren keine Rechte auf Pensionsüberschüsse; sie werden auf Wunsch an den betroffenen Mitarbeiter oder an seine Rechtsnachfolger ohne Zinsen zurückgezahlt.
(Contributions properly deducted shall not be recoverable. Contributions improperly deducted shall confer no rights to pension benefits; they shall be refunded at the request of the staff member concerned or those entiteld under him without interest.)
Wegen des Inhalts des Anhangs IV des NATO-Personalstatuts im einzelnen wird auf die Anlage zum Schriftsatz der Kläger vom 13.06.2005 Bezug genommen.
Die oben zitierten Bestimmungen des Anhang IV des NATO-Personalstatuts sind Ausfluss des mit Wirkung vom 1.7.1974 von den koordinierten Organisationen eingeführten einheitlichen Pensionssystems für ihre in den Ruhestand getretenen Bediensteten. Nach diesem System werden die Ruhegehälter aus dem laufenden Haushalt der einzelnen Organisationen gezahlt. Vor diesem Zeitpunkt wurden die Ruhegehälter aus einem Versorgungsfonds (Kapitalansammlungsfonds) finanziert. Zum (teilweisen) Ausgleich der Besteuerung der Ruhegehälter durch die Wohnsitzstaaten und der sich aus verschiedenartigen Besteuerungssystemen ergebenden Unterschiede wird den Pensionären bei dem neuen System eine sog. "Steuerausgleichszahlung" (tax adjustment) gewährt. Die Grundpension wird zu diesem Zweck um einen Betrag erhöht, der der Hälfte des Steuerbetrags entspricht, um den die Pension erhöht werden müsste, damit dem Pensionär nach Bezahlung der nationalen Steuern die Grundpension verbliebe. Bedienstete der koordinierten Organisationen, die bei ihrem Ausscheiden aus der Organisation noch keine Pensionsrechte erworben haben, erhalten eine Abfindung (leaving allowance) in Höhe des Eineinhalbfachen des letzten Monatsgehalts multipliziert mit der Zahl der anrechenbaren Dienstjahre sowie dem Betrag, um den das Gehalt für das Pensionssystem gekürzt wurde zuzüglich 4 % Zinsen p.a.
Um die Art der ihm während seiner aktiven Tätigkeit gewährten Gehaltsbezüge zu verdeutlichen, hat der Kläger beispielhaft die Monatsabrechnung für Juli 1999 und die Jahresabrechnung für 1998 beigefügt. Die Monatsabrechnung für Juli 1999 hat auszugsweise folgenden Inhalt:
normaler Monat | Monat Juli 1999 | |
(Normal Month) | (Month July 1999) | |
Grundgehalt (Basic salary) | 12.133,20 | 12.133,20 |
Haushaltszuschuss (Household allowance) | 727,99 | 727,99 |
Bruttogehalt (Gross salary) | 12.861,19 | 12.861,19 |
Abzüge (Deductions) | ||
Pensionsbeitrag (Pension contribution) (8.0) | 970,66 | 970,66 |
NATO Gruppen Vers. (Group insurance) (5.335) 686,14 | 686,14 | |
Gesamtabzüge (Total deductions) | 1.656,80 | 1.656,80 |
Arbeitgeberbeitrag (Employers contribution) | ||
NATO Gruppen Vers. (Group insurance)(11.115) | 1.429,52 | 1.429,52 |
Sozialhilfe (Social security) | 276,25 | 276,25 |
Andere Abzüge (Other deductions) | ||
Zusatzversicherung v.BREDA | 218,38 | 218,38 |
(Additional v.BREDA insurances) | ||
Arbeitslosenvers. (Unemployment insurance) | 276,25 | 276,25 |
Örtliche Abzüge (Local deductions) | 3,00 | 3,00 |
gesamte and. Abzüge (Total other deductions) | 497,63 | 497,63 |
Auszuzahlender Lohn (Salary payable) | 10.706,76 | 10.706,76 |
Wegen des Inhalts der Jahresabrechnung für 1998 wird auf die Anlage 2 zum Schriftsatz der Kläger vom 21.05.2002 Bezug genommen.
Im Streitjahr 2000 befand sich der Kläger bereits im Ruhestand.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 erklärte er neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, die von der Wehrbereichsverwaltung III bezogen wurden (Bruttoarbeitslohn 46.912.- DM), Versorgungsbezüge der NATO als Leibrenten. Den Rentenbeginn gab er mit 01.01.2000 und den Ertragsanteil der Rente mit 32 % an.
Beigefügt war eine Bescheinigung mit auszugsweise folgendem Inhalt:
Steuerjahr 2000 ( TAX YEAR: 2000) von der NATO während des Steuerjahres gezahlte Versorgungsbezüge| (PENSION PAID BY NATO DURING THE TAX YEAR)|48.597,72 DM während des Steuerjahres gezahlter Steuerausgleich| (TAX ADJUSTMENT PAID DURING THE TAX YEAR)|1.455,00 DM endgültige Klärung des Steuerausgleichs im Steuerjahr bezogen auf geprüfte Jahre| (FINAL SETTLEMENT IN THE TAX YEAR OF TAX ADJUSTMENT RELATING TO PREVIOUS YEARS (S))|0,00 DM Gesamtzahlung der Organisation im Steuerjahr| (TOTAL PAID BY THE ORGANIZATION IN THE TAX YEAR)|50.052,72 DM
Der Beklagte folgte dieser Beurteilung im Einkommensteuerbescheid 2000 und im Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid 2001, beide vom 14.05.2001, nicht. Vielmehr stufte er die Versorgungsbezüge der NATO als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit ein. Hierbei berief sich der Beklagte auf das Schreiben des Bundesminister der Finanzen (BMF) vom 03.08.1998, IV C 6-S1311-97/98, BStBl I 1998, 1042. Dieses BMF-Schreiben hat auszugsweise den folgenden Inhalt:
2. Steuerpflicht
Die Ruhegehälter der Pensionäre fallen nicht unter die Bestimmungen über die Freistellung der Gehälter und Bezüge der aktiven Bediensteten nach den jeweils in Betracht kommenden Regelungen über die Vorrechte und Befreiungen. Sie unterliegen damit der nationalen Besteuerung.
5. Einkunftsart
Die Pensionen einschl. der Zulagen (Steuerausgleichszahlung, Familienzulagen und andere) sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG), auf die § 19 Abs. 2 EStG anwendbar ist.
Es ist jedoch zu beachten, dass Bedienstete, die am 1.7.1974 bereits bei den koordinierten Organisationen tätig waren und vor diesem Zeitpunkt Beiträge in den Versorgungsfonds (siehe oben unter Tz. 1) eingezahlt hatten, im Rahmen einer Übergangsregelung für die neu eingeführte Pensionsregelung optieren konnten. Die Ausübung der Option setzte voraus, dass der Betreffende sein Guthaben bei dem Versorgungsfonds an die koordinierte Organisation abtrat.
Die Versorgungsbezüge der ehemaligen Bediensteten, die von der Übergangsregelung Gebrauch gemacht haben, setzen sich mithin sowohl aus Ruhegehaltszahlungen im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG als auch aus der Rückzahlung des verrenteten Guthabens zusammen. Der Anteil der Gesamtbezüge, der auf das verrentete Guthaben entfällt, unterliegt als Leibrente im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG nur mit dem Ertragsanteil der Besteuerung ( BFH-Urteil vom 7.2.1990, X R 36/86, BStBl 1990 II S. 1062).
8. Abfindungen
Diese Zahlungen fallen unter die Bestimmungen über die Freistellung der Gehälter und Bezüge der aktiven Bediensteten von der nationalen Besteuerung nach den jeweils in Betracht kommenden Regelungen über die Vorrechte und Befreiungen. Sie sind deshalb von der deutschen Einkommensteuer befreit.
Ein gegen die Bescheide vom 14.05.2001 geführtes Einspruchsverfahren, mit dem die Kläger eine Besteuerung der von der NATO bezogenen Einkünfte als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 a EStG begehrten, war ohne Erfolg.
Mit ihrer Klage machen die Kläger geltend, entgegen der Ansicht des Beklagten gehörten die von der NATO gezahlten Versorgungsbezüge nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Es handele sich um sonstige Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 a EStG, da sie zumindest teilweise auf eigenen Beiträgen des Klägers beruhten.
Zwar gehörten gemäß §§ 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG, 2 Abs. 1 und 2 Nr. 2 LStDV zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit grundsätzlich auch Bezüge aus früheren Dienstleistungen. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 LStDV gelte jedoch für solche Bezüge eine Ausnahme, die ganz oder teilweise auf eigenen früheren Beitragsleistungen des Bezugsberechtigten beruhten.
Die NATO verstehe die Leistungen ihrer Bediensteten zum Altersversorgungssystem eindeutig als Beiträge und nicht als verzichteten oder abgekürzten Arbeitslohn. Dies werde aus der durchgängigen Verwendung des englischen Wortes "contribution" bzw. des französischen Wortes "cotisation" in Anhang IV Art. 41 des NATO-Personalstatuts deutlich.
Auf Grund der Beitragszahlungen des Klägers werde bei der unzutreffenden Besteuerung nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG der vom Kläger angesparte Kapitalstock angegriffen. Diese Besteuerung berücksichtige nicht, dass der Kläger durch eigenes Vermögen zu den Versorgungsbezügen beigetragen habe. Sie führe zu einer rechtswidrigen Besteuerung der Kapitalrückzahlung. Die Nutzung eigenen Vermögens könne nicht den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugeordnet werden (vgl. BFH-Urteil vom 07.02.1990 X R 36/86, BFHE 161, 16, BStBl II 1990, 1062, 1064).
Zu Unrecht trage das FA vor, dass die geleisteten Beiträge kein zugeflossener Arbeitslohn seien, da die Beiträge lediglich auf Grund einer Versorgungszusage abgeführt worden seien. Die NATO habe eine Versorgung aus eigenen, erst im Zeitpunkt der Zahlung bereit zu stellenden Mitteln zugesagt.
Zwar sei nach Anhang IV Art. 40 Ziffer 1 i. V. m. Art. 32 NATO-Personalstatut festgelegt, dass die Versorgungsbezüge aus dem (laufenden) Haushalt derjenigen Organisation zu leisten seien, die den Bediensteten beschäftigt habe und bei seinem Ausscheiden die Versorgungsbezüge festgesetzt habe. Mit dieser Neuregelung im Jahr 1974 habe aber der bis dahin geltende Grundsatz eines beitragsfinanzierten Systems nicht aufgegeben werden sollen.
Die neue Gestaltung der Finanzierung unterscheide sich nicht von dem bis dahin bestehenden Versorgungsfonds der NATO. Auch bei der neuem Gestaltung liege vom Vermögen der Organisation getrenntes Kapital vor, dem die Beiträge der aktiv Bediensteten und der Organisation laufend zuflössen. Jedem Mitarbeiter werde der zustehende Anteil an diesem Kapital gutgeschrieben. Die NATO-Bediensteten erwürben einen gesicherten und unentziehbaren Rentenanspruch. Die Situation sei insoweit vergleichbar zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Es sei dabei entgegen der Ansicht des Finanzamts nicht von Bedeutung, ob die Versorgungsbezüge aus eigenen Mitteln der NATO gezahlt würden. Dies wäre nämlich auch der Fall, wenn ein vollfinanzierter Versorgungsfonds gebildet und das dort angesparte Kapital verrentet würde.
Entgegen der Ansicht des Beklagten gehe der Charakter dieser Ausgabe als Beitragsleistung nicht deshalb verloren, weil der einbehaltene Gehaltsanteil nicht als Arbeitslohn versteuert worden sei. Hierzu könne sich das Finanzamt insbesondere nicht auf die von ihm zitierte Rechtsprechung stützen. Die angeführten Entscheidungen des BFH (Urteile vom 15.10.1964, VI R 72/64 U, BFHE 81, 117, BStBl III 1965, 42; vom 25.10.1968, VI R 33/66, BFHE 94, 445, BStBl II 1969, 187 und vom 15.07.1977, VI R 109/74, BFHE 123, 37, BStBl II 1977, 761) seien sämtlich zu Sachverhalten ohne Auslandsberührung ergangen. Vor diesem Hintergrund habe der BFH bereits in seinem Urteil vom 07.02.1990 (X R 36/86, BFHE 161, 16, BStBl II 1990, 1062, 1064) entschieden, dass aus der lohnsteuerrechtlichen Behandlung nicht auf eine "unversteuerte Gehaltskürzung" geschlossen werden könne, wenn der Lohn nicht steuerbar oder von der Steuer befreit sei.
Eine Steuerbefreiung stehe einer Anwendung des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LStDV nicht entgegen (vgl. Hessisches FG, Urteil vom 15.10.1987 X 180/81, EFG 1988, 75, 76). Die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LStDV solle lediglich klar stellen, dass Versorgungsbezüge dann nicht mehr Ausfluss des früheren Arbeitsverhältnisses seien, wenn sich der Steuerpflichtige mit eigenen Beiträgen an ihnen beteiligt habe. Dies treffe im Streitfall zu.
Die streitigen Versorgungsbezüge beruhten auch i. S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 LStDV auf den Beitragsleistungen. Hierzu sei es nach dem Wortlaut ausreichend, wenn die Versorgungsbezüge jedenfalls "teilweise auf früheren Beitragsleistungen des Bezugsberechtigten beruhten".
Wenn man - unzutreffend - die Versorgungsbezüge als aufgeschobenen Arbeitslohn i. S. des § 19 EStG ansähe, wäre die Unterwerfung unter die Besteuerung rechtswidrig. Denn in diesem Fall teilten die Versorgungsbezüge das steuerliche Schicksal des Arbeitslohns, der steuerfrei gezahlt worden sei.
Im Übrigen seien die Abfindungen (leaving allowances) für Bedienstete, die bei ihrem Ausscheiden zwar Beiträge geleistet, aber noch keine Versorgungsansprüche erworben hätten, von der deutschen Einkommensteuer befreit (vgl. BMF-Schreiben vom 03.08.1998, IV C6-21311-97/98 a. a. O.). Dies sei vor dem Hintergrund der Argumentation des FA nicht nachvollziehbar. Die Abfindung werde auf Grund des vorherigen Arbeitsverhältnisses gezahlt und sei, ebenso wie die Versorgungsbezüge, erst bei Beendigung des aktiven Dienstes fällig.
Als weiterer Aspekt sei zu berücksichtigen, dass das Beitragssystem der NATO u. a. dem Beitragssystem der Vereinten Nationen oder der Europäischen Organisation für Kernforschung CERN entspreche. Wiederkehrende Altersversorgungsbezüge dieser Einrichtungen würden - ohne dass erkennbare Unterschiede zum Beitragssystem der NATO vorliegen würden - den Leibrenten i. S. des § 22 EStG zugeordnet (vgl. für UN: OFD Düsseldorf 1994-01-11 vom 11.01.1994, JURIS; vgl. für CERN: OFD Frankfurt am Main, S2255-A-11-STII 22 vom 25.01.1996, JURIS).
Ferner sprächen auch die Regelungen zur Übertragbarkeit von Versorgungsansprüchen dafür, dass die Versorgungsbezüge nach § 22 EStG zu besteuern seien.
Der Beklage erließ am 05.06.2002 den Einkommensteuerbescheid 2001. In diesem Bescheid wurden die von der NATO bezogenen Ruhegehälter als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit versteuert.
Die Kläger beantragen,
die Bescheide über Einkommensteuer 2000 vom 14.05.2001, in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.01.2002, und Einkommensteuer 2001 vom 05.06.2002 dahingehend abzuändern, dass die von der NATO bezogenen Ruhegehälter einschließlich der Steuerausgleichszahlung (tax adjustment) als sonstige Bezüge gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 a EStG besteuert werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte macht geltend, die Zuordnung von Einnahmen entweder zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder zu den sonstigen Einkünften sei abhängig von dem Rechtsgrund, auf dem sie beruhten. Leistungen aus einer Versorgungseinrichtung seien dann kein Arbeitslohn, wenn die Beiträge als Arbeitslohn versteuert worden seien. Dies sei in Rechtsprechung und Literatur anerkannt für Aufwendungen und Bezüge im Zusammenhang mit der Zukunftssicherung von Arbeitnehmern. Seien die Zuführungen des Arbeitgebers an eine Versorgungseinrichtung (Zukunftssicherungsleistungen) gegenwärtig zufließender Arbeitslohn der Arbeitnehmer (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 15.07.19777 VI R 109/74, BFHE 123, 37, BStBl II 1977, 761), erhalte der Arbeitnehmer die späteren Leistungen im steuerrechtlichen Sinne nicht mehr auf Grund des Dienstverhältnisses. Kein gegenwärtig zufließender Arbeitslohn, sondern eine Versorgungszusage liege vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Versorgung aus eigenen erst im Zeitpunkt der Zahlung bereit zu stellenden Mitteln zusage. In diesem Fall unterlägen nur die späteren auf Grund der Zusage geleisteten Versorgungsbezüge der Lohnsteuer. Handele es sich bei den Beitragsanteilen um Gehaltskürzungen, die nicht der Lohnsteuer unterlägen, schließe dies nicht aus, dass die späteren Leistungen Arbeitslohn seien (vgl. BFH-Urteile vom 15.10.1964 VI R 72/64 U, BFHE 81, 117, BStBl III 1965, 42 und vom 25.10.1968, VI R 33/66, BFHE 94, 445, BStBl II 1969, 187).
Der Kläger gehöre zu jenen Personen, die Mitglied des am 01.07.1974 eingerichteten Pensionssystems der koordinierten Organisationen seien. Beiträge zu einem Rentenfonds (provident fund) habe der Kläger nicht geleistet.
Nach den obigen Grundsätzen seien die von der NATO gezahlten Versorgungsbezüge des Klägers den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zuzurechnen. Diese Ruhegehälter würden aus dem laufenden Haushalt der Organisation gezahlt. Die NATO erbringe für ihre Bediensteten keine Beiträge an eine externe, selbständige Versorgungseinrichtung. Die Arbeitgeberin zahle ihren anteiligen Beitrag nicht monatlich in die Pensionskasse ein, sondern sie übernehme die Verpflichtung zur Zahlung einer Pension erst im Ereignisfall.
In der von den Klägern vorgelegten Gehaltsabrechnung aus 1999 werde zwar unter der Position Abzüge (deductions) ein Beitrag i. H. v. 8 % des Gehaltes mit der Bezeichnung "pension contribution" ausgewiesen. Dies möge zu dem Schluss verleiten, dass die Bediensteten eigene (versteuerte) Beiträge für ihre eigene Altersversorgung leisteten. Auf Grund der Informationen zum Pensionssystem sei jedoch davon auszugehen, dass diese Abzüge keiner Besteuerung unterlägen, der Arbeitslohn der Bediensteten vielmehr insoweit vorab gekürzt werde und diese Beiträge nur nachrichtlich genannt würden. In Höhe der eigenen Beiträge der Bediensteten liege ein Zufluss von Arbeitslohn nicht vor. Die von der NATO einbehaltenen Beiträge hätten den Vermögensbereich der Arbeitgeberin nicht verlassen, weil die Berechtigten vor Zufluss auf sie verzichtet hätten. Es seien auch keine Gründe ersichtlich, wonach der Verzicht als Verwendung zugeflossenen Einkommens zu beurteilen wäre. Erst bei der späteren Zahlung der Versorgungsbezüge komme es zu einem Zufluss als Arbeitslohn.
Ein Vergleich mit den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung, wie vom Kläger vorgenommen, könne nicht erfolgen. Insoweit liege eine Verwendung von zugeflossenem Arbeitslohn vor. Diese Beiträge würden an einen Dritten abgeführt.
Auch die Ansicht des Klägers, dass er die Möglichkeit gehabt habe, nach 10-jähriger Tätigkeit für die NATO Abfindungen steuerfrei zu erhalten, führe zu keiner anderen Beurteilung der im Streitfall zu beurteilenden Einkünfte.
Auf Grund einer Anfrage des BMF bei der für das Pensionssystem der koordinierten Organisationen (KO) zuständigen Stelle, der "Inter-Organisations Study Section On Saleries And Prices" (SIO) habe diese bestätigt, dass alle aktiven NATO-Bediensteten in einem einheitlichen Pensionssystem erfasst seien und damit seit dem 01.07.1974 keine eigenen, versteuerten Beiträge für ihre betriebliche Altersversorgung erbrächten.
Wegen der Antwort des SIO an das BMF wird auf das Schreiben des BMF vom 16.4.2002, IV B 3 - S 1311 - 90/02 Bezug genommen (vgl. Rechtsbehelfsakte des FA).
Gründe
Die Klage richtet sich gegen die Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001. Zwar war Gegenstand des Einspruchsverfahrens neben dem Einkommensteuerbescheid 2000 lediglich der Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2001. Auch die Klage bezog sich für das Jahr 2001 zunächst lediglich auf den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid. Mit Ergehen des Einkommensteuerjahresbescheids 2001 vom 05.06.2002 wurde dieser aber gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens. Zu Recht haben die Kläger deswegen mit ihrem, in der mündlichen Verhandlung gestellten, Antrag den Einkommensteuerjahresbescheid 2001 angegriffen. Gegenstand des Klageverfahrens ist hingegen nicht der Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2002 und nach dessen Ergehen der Einkommensteuerjahresbescheid 2002. Denn dieser war nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens. Er wurde, obwohl er in der Klageschrift vom 26.02.2002 aufgeführt ist, auch nicht mit der Klage angegriffen. Dies ergibt sich sowohl aus der Bezugnahme in diesem Schriftsatz ("wegen") als auch aus dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag.
Die Klage ist begründet. Die von der NATO bezogenen Versorgungsbezüge des Klägers sind nicht als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG, sondern als sonstige Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 a EStG zu versteuern. Die Einführung eines einheitlichen Pensionssystem zum 1.7.1974 für die in den Ruhestand getretenen Bediensteten der koordinierten Organisationen führte gegenüber dem davor geltenden System (Finanzierung der Ruhegehälter aus einem Versorgungsfonds - Kapitalansammlungsfonds -) nicht zu einer anderen steuerlichen Qualifizierung der Versorgungsbezüge.
1. a) Nach § 19 Abs.1 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Gehälter, Löhne und andere Bezüge, die "für eine Beschäftigung" im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden (Nr.1); ferner Ruhegelder und andere Bezüge und Vorteile "aus früheren Dienstleistungen" (Nr.2). Die Einnahmen müssen durch das -gegenwärtige oder frühere- Arbeitsverhältnis veranlasst sein (BFH-Urteil vom 17.September 1982, VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39 unter 4.). Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer die Bezüge als Gegenleistung dafür erhält, dass er seine individuelle Arbeitskraft zur Verfügung stellt bzw. gestellt hat (BFH-Urteil vom 7. Februar 1990, Az: X R 36/86, BFHE 161, 16, BStBl II 1990, 1062).
Leibrenten sind wiederkehrende Bezüge, die nur mit ihrem Ertragsanteil steuerbar sind (§ 22 Nr.1 Satz 3 a EStG). Der Ertragsanteil ist ein nach biometrischen Durchschnittswerten unter Berücksichtigung eines Rechnungszinsfußes pauschalierter Zinsanteil. Er ist nach seiner Rechtsnatur Entgelt für die Überlassung eines auf die Lebenszeit einer oder mehrerer Bezugspersonen zeitlich gestreckt auszuzahlenden Kapitals (BFH-Urteil vom 8.März 1989 X R 16/85, BFHE 156, 432, 434, BStBl II 1989, 551 unter 1.). Die Zuordnung von Bezügen zu den sonstigen Einkünften setzt voraus, dass der Steuerpflichtige eigenes Vermögen einsetzt (BFH-Urteil vom 7. Februar 1990, Az: X R 36/86, BFHE 161, 16, BStBl II 1990, 1062).
Die Zuordnung von Einnahmen entweder zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs.1 EStG) oder zu den sonstigen Einkünften (§ 22 Nr.1 EStG) ist abhängig von dem Rechtsgrund, auf dem sie beruhen. Der Einkünftekatalog der § 2 Abs.1 EStG, §§ 13 ff. EStG fordert die Zuordnung zu bestimmten Erwerbsgrundlagen "Einkunftsquellen"). Ungeachtet dessen, dass der Tatbestand der "sonstigen" Einkünfte gegenüber den in § 2 Abs.1 Nr.1 bis 6 EStG bezeichneten Einkunftsarten subsidiär ist (§ 22 Nr.1 Satz 1 EStG), liegen Einkünfte "für" eine Beschäftigung bzw. "aus" einem früheren Dienstverhältnis nur dann vor, wenn sie dem Steuerpflichtigen aus eben diesem Rechtsgrund zufließen. Die Nutzung eigenen Vermögens kann dagegen nicht den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugeordnet werden. (BFH-Urteil vom 7. Februar 1990, Az: X R 36/86, BFHE 161, 16, BStBl II 1990, 1062).
Hierzu bestimmt § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 LStDV, dass Bezüge aus einem früheren Dienstverhältnis, die ganz oder teilweise auf früheren Beitragsleistungen des Bezugsberechtigten beruhen, nicht zum Arbeitslohn gehören.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs.1 EStG) liegen demgegenüber vor, wenn der Steuerpflichtige sie -abgesehen von der zu erbringenden oder erbrachten Dienstleistung- ohne rechtlich ins Gewicht fallenden Eigenbeitrag (Leistung aus seinem Vermögen oder für seine Rechnung) erhält (vgl. BFH-Urteil vom 25.10.1968, VI R 33/66, BFHE 94, 445, BStBl II 1969, 187).
b) Im Streitfall handelt es sich bei den von der NATO gezahlten Versorgungsbezügen um sonstige Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 a EStG. Denn der Kläger setzte zu ihrem Erwerb eigenes Vermögen ein, weil der ihm zustehende Arbeitslohn um Beiträge für seine spätere Versorgung gekürzt wurde. Diese Beiträge wurden aus dem Vermögen des Klägers und nicht aus dem Vermögen seines Arbeitgebers erbracht.
Dies ergibt sich aus dem vom Kläger vorgelegten Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1994, welcher bezüglich der hier streitigen Fragen mit dem vorherigen Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1984 übereinstimmt. Nach diesem Arbeitsvertrag hatte der Kläger Anspruch auf sein Grundgehalt. Erhöhungen und Abzüge waren in diesem Vertrag geregelt. Für die im Streitfall zu beurteilenden Fragen ist von Bedeutung, dass in dem Arbeitsvertrag bestimmt war, dass Gegenstand des Anstellungsverhältnisses u.a. das NATO-Personalstatut ist ( the employment will be governed by the provisions of the NATO Civilian Personnel Regulations - NCPR - ...). Dieses Statut enthält in Anhang IV, Kapitel IX, Artikel 41 ausführliche Bestimmungen darüber, wie sich die Mitarbeiter an dem Versorgungssystem ihres Arbeitgebers zu beteiligen haben. Danach haben die Mitarbeiter Beiträge zu ihren Ruhestandsbezügen zu leisten. Diese betragen 8 % ihres Gehaltes und werden monatlich einbehalten. Die Quote der Mitarbeiter soll ein Drittel der Kosten des Ruhestandssystems decken. Zu Recht einbehaltene Beiträge werden nicht zurück gezahlt. Zu Unrecht einbehaltene Beiträge gewähren keine Rechte auf Pensionsüberschüsse. Sie werden stattdessen zinslos zurückgezahlt. Diese Bestimmungen zeigen deutlich, dass es sei bei den Beiträgen der Mitarbeiter an dem Versorgungssystem um eigene Aufwendungen der Mitarbeiter handelt.
Zu Recht weisen die Kläger in diesem Zusammenhang darauf hin, dass für die Frage, ob die einbehaltenen Gehaltsanteile Teil des vereinbarten Arbeitslohns sind, die Vereinbarungen und damit der Wille der Vertragspartei entscheidend sind (vgl. BFH-Urteil vom 14.02.1964, VI 179/62 U, BFHE 79, 28BStBl III 1964, 243 und vom 15.10.1964 VI 72/64 U, BFHE 81, 117, BStBl III 1965, 42, 43). Eine Gehaltskürzung oder ein Verzicht war im Streitfall nicht gewollt. Die NATO versteht die Leistungen ihrer Bediensteten zum Altersversorgungssystem eindeutig als Beiträge und nicht als verzichteten oder abgekürzten Arbeitslohn. Dies wird aus der durchgängigen Verwendung des englischen Wortes "contribution" bzw. des französischen Wortes "cotisation" in Anhang IV Art. 41 des NATO-Personalstatuts deutlich.
Auch aus den vom Kläger vorgelegten Gehaltsabrechnungen ergibt sich eindeutig, dass die Beiträge für seine spätere Versorgung von dem ihm zustehenden Arbeitslohn einbehalten wurden. Zu Recht weisen die Kläger auch darauf hin, dass die Beiträge zu den Ruhestandsleistungen genauso geregelt und behandelt werden wie sonstige Abzüge (NATO-Gruppenversicherung und Arbeitslosenversicherung). Auch diese wurden vom Kläger aus seinem Arbeitslohn bestritten.
2. Es ist im Streitfall ohne Bedeutung, dass die Bezüge des Klägers während seiner aktiven Dienstzeit steuerfrei waren.
Aus den BFH-Urteilen vom 15.10.1964, VI R 72/64 U, BStBl III 1965, 42, BFHE 81, 117, vom 25.10.1968, VI R 33/66, BFHE 94, 445, BStBl II 1969, 187 und vom 15.07.1977, VI R 109/74, BFHE 123, 37BStBl II 1977, 761, folgt nichts Gegenteiliges, weil diese Urteile zu Sachverhalten ohne Auslandsberührung ergangen sind. In seinem Urteil vom 07.02.1990 (X R 36/86, BFHE 161, 16BStBl II 1990, 1062, 1064) führt der BFH hierzu aus, dass aus der lohnsteuerrechtlichen Behandlung nicht auf eine "unversteuerte Gehaltskürzung" geschlossen werden könne, wenn der Lohn nicht steuerbar oder von der Steuer befreit sei. Im Streitfall waren die Bezüge des Klägers nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des Protokolls über die NATO-Hauptquartiere von der deutschen Einkommensteuer befreit.
Zu Unrecht wendet der Beklagte deshalb ein, auf Grund einer Anfrage des BMF bei der für das Pensionssystem der KO zuständigen Stelle, der SIO, habe diese bestätigt, dass alle aktiven NATO-Bediensteten in einem einheitlichen Pensionssystem erfasst seien und damit seit dem 01.07.1974 keine eigenen, versteuerten Beiträge für ihre betriebliche Altersversorgung erbrächten.
Weder lässt sich aus dem genannten Antwortschreiben der SIO entnehmen, ob die Mitarbeiter eigene Beiträge für ihre betriebliche Altersversorgung erbringen, noch ist es von Bedeutung, ob diese Beiträge von den Mitarbeitern versteuert werden.
Die Steuerbefreiung steht auch einer Anwendung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 LStDV nicht entgegen (vgl. Hessisches FG, Urteil vom 15.10. 1987, X R 1801/81, EFG 1988, 75). Die Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 LStDV soll lediglich klar stellen, dass Versorgungsbezüge dann nicht mehr Ausfluss des früheren Arbeitsverhältnisses sind, wenn sich der Steuerpflichtige mit eigenen Beiträgen an ihnen beteiligt hat. Dies trifft im Streitfall zu. Der Kläger hat aus dem vereinbarten Arbeitslohn, also mit eigenen Mitteln, zu seiner Altersversorgung beigetragen. Auch durch seine Beiträge hat der Kläger einen Versorgungsanspruch erworben und erhält deshalb die Versorgungsbezüge. Diese späteren Bezüge haben nicht mehr die Eigenschaft von Arbeitslohn.
3. Es steht der Beurteilung der streitigen Versorgungsbezüge in vollem Umfang als Einkünfte gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 a EStG nicht entgegen, dass die zu ihrer Finanzierung erforderlichen Mittel lediglich zu 1/3 von den Arbeitnehmern und zu 2/3 von dem Arbeitgeber stammten. Es ist deswegen keine verhältnismäßige Aufteilung der Einkünfte auf zwei Einkunftsarten (§ 19 EStG und § 22 EStG) vorzunehmen. Denn es ist nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 LStDV ausreichend, dass die Versorgungsbezüge teilweise auf früheren Beitragsleistungen des Bezugsberechtigten beruhen. Von einem teilweisen auf eigenen Beitragsleistungen Beruhen ist zumindest dann auszugehen, wenn die Beitragsleistungen im Verhältnis zu den späteren Versorgungsbezügen keinen verschwindend geringen Umfang einnehmen. Dies hat der BFH in seinem Urteil vom 07.02.1990, X R 36/86, BFHE 161, 16, BStBl II 1990, 1062 für das frühere Pensionssystem der NATO bejaht. Auch nach diesem wurden die Versorgungsbezüge der Arbeitnehmer aber von diesen selbst lediglich zu 1/3 und zu 2/3 von dem Arbeitgeber finanziert.
4. Es ist im Streitfall ohne Bedeutung, dass die Versorgungsbezüge nicht aus einem Versorgungsfonds sondern aus dem laufenden Haushalt der NATO gezahlt wurden (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 15.7.1977, VI R 109/74, BFHE 123, 37, BStBl II 1977, 761).
Dies ändert nichts daran, dass die Beiträge, welche die Mitarbeiter zur Finanzierung ihrer Versorgungsbezüge aufwandten wirtschaftlich bei der jeweiligen Gehaltszahlung zunächst den Mitarbeitern zuflossen und dann von diesen - im Wege der Gehaltseinbehaltung - an die NATO zurückflossen. Hierin lag eine Verfügung der Mitarbeiter über die Verwendung ihres Vermögens (vgl. hierzu FG Hamburg, Urteil vom 27.02.2003, V 272/98, EFG 2003, 1000). Es lag daher keine Versorgungszusage vor. Eine Versorgungszusage liegt vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Versorgung aus eigenen, erst im Zeitpunkt der Zahlung bereitzustellenden Mitteln zusagt. Nur in diesem Falle unterliegen die späteren, aufgrund der Zusage geleisteten Versorgungsbezüge der Lohnsteuer (BFH-Urteil vom 15.07.1977, VI R 109/74, BFHE 123, 37, BStBl II 1977, 761). Nach dem Rückfluss der Versorgungsbeiträge an den Arbeitgeber unterschieden sich diese Gelder auch von dem übrigen Vermögen der NATO. Es handelte es sich um vom Vermögen der Organisation getrenntes Kapital, das dem Haushaltsplan der NATO als Versicherungsträger zufloss. Jedem Mitarbeiter wurde der ihm zustehende Anteil an diesem Kapital gutgeschrieben. Nach Anhang IV Art. 40 Ziffer 1 i. V. m. Art. 31 NATO-Personalstatut sind die Versorgungsleistungen aus dem (laufenden) Haushalt derjenigen Organisation zu leisten, die den Bediensteten beschäftigt hatte und die bei seinem Ausscheiden die Versorgungsbezüge festgesetzt hat.
Im Ergebnis unterscheidet sich diese neue Gestaltung der Finanzierung damit nicht von dem bis dahin bestehenden Versorgungsfonds der NATO. Auch nach dem neuen Altersversorgungssystem wird für jeden Versorgungsberechtigten rechnerisch ein Kapitalstock aus seinen eigenen Beiträgen und aus denen des Arbeitgebers gebildet. Dieser wird im Versorgungsfall in Form einer Rente ausgezahlt.
5. Da die Klage nach dem oben Dargelegten in vollem Umfang begründet ist, mag es dahingestellt bleiben, ob die von der Finanzverwaltung angenommene Steuerfreiheit der Abfindungen - leaving allowances - (vgl. BMF-Schreiben vom 03.08.1998, IV C6-21311-97/98 a. a. O.) zusätzlich für die Rechtsansicht der Kläger sprechen könnte. Außerdem braucht der Senat aus diesem Grund nicht darüber zu entscheiden, ob auch die Regelungen zur Übertragbarkeit von Versorgungsansprüchen dafür sprechen, dass die von der NATO gezahlten Versorgungsbezüge des Klägers nach § 22 EStG zu besteuern sind.
6. Es mag ebenfalls dahingestellt bleiben, ob die Klage auch dann begründet wäre, wenn die Versorgungsbezüge der Mitarbeiter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wären, weil diese dann steuerbefreit wären. Hierauf kommt es nicht an. Die Klage ist bereits deswegen begründet, weil die streitigen Versorgungsbezüge Einkünfte aus § 22 Nr. 1 Satz 3a EStG darstellen.
7. Steuerberechnung und Nebenentscheidungen
Die Einkommensteuer laut Urteil berechnet sich wie folgt:
Einkommensteuer 2000 | ||
zu versteuerndes Einkommen | ||
laut angefochtenem Bescheid | 90.590,00 DM | |
abzüglich Einkünfte § 19 EStG | ./. | 50.052,72 DM |
zuzüglich Einkünfte § 22 EStG | + | 16.016,87 DM |
zu versteuerndes Einkommen | ||
laut Urteil | 56.554,15 DM | |
Einkommensteuer nach Splittingtabelle | 7.624,00 DM | |
Einkommensteuer 2001 | ||
zu versteuerndes Einkommen | ||
laut angefochtenem Bescheid | 87.879,00 DM | |
abzüglich Einkünfte § 19 EStG | ./. | 50.592,48 DM |
zuzüglich Einkünfte § 22 EStG | + | 16.189,59 DM |
zu versteuerndes Einkommen | ||
laut Urteil | 53.476,11 DM | |
Einkommensteuer nach Splittingtabelle | 6.788,00 DM |
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO analog.
Die Revision war zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Es ist von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Versorgungsbezüge der Mitarbeiter der koordinierten Organisationen Einkünfte aus § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG oder aus § 22 Nr. 1 Satz 3 a EStG darstellen. Mit seiner vorliegenden Entscheidung widerspricht der Senat der Erlasslage der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 03.08.1998, IV C 6-S1311-97/98, BStBl I 1998, 1042).
Ende der Entscheidung
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