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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 02.12.2009
Aktenzeichen: 5 K 1023/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 1 Abs. 2
EStG § 32 Abs. 1
EStG § 49
EStG § 72 Abs. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Haftungsbescheid vom 06.02.2006 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens bis zur mündlichen Verhandlung werden der Klägerin und dem Beklagten je zur Hälfte auferlegt; die Kosten ab der mündlichen Verhandlung trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der im Anschluss an eine Lohnsteueraußenprüfung (BP) gegen die Klägerin ergangene Haftungsbescheid vom 06.02.2006 rechtmäßig ist.

Soweit die Klägerin zunächst mit ihrer Klage auch die Änderung von Lohnsteuervoranmeldungen sowie die Erstattung zu viel gezahlter Beträge beantragt hatte, hat sie diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung nicht mehr gestellt.

Die Klägerin ist eine ... Stiftung des öffentlichen Rechts, die durch ... vom 00.00.0000 errichtet wurde. Im Gesetz war unter § 3 Abs. 2 Nr. 2 vorgesehen, dass die Möglichkeit bestehe, dass das P Institut C der E e.V. übernommen werde. Die Übernahme erfolgte durch Vertrag vom 00.00.0000. Die Klägerin wird nach den Feststellungen der BP zu 100% vom ...ministerium für ... finanziert. Gemäß § 11 des Errichtungsgesetzes untersteht die Klägerin der Rechtsaufsicht des ...ministeriums für ... . Die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Klägerin unterliegt der Prüfung durch den ...rechnungshof. Die jährlichen Zuwendungen des Bundes an die Klägerin werden im ...haushalt ausgewiesen. Nach § 12 des Errichtungsgesetzes werden auf die Beschäftigten der Klägerin die Tarifverträge und sonstigen Bestimmungen für Arbeitnehmer des Bundes angewandt.

Die Klägerin hatte in den Streitjahren den am P Institut in C tätigen Arbeitnehmern, Frau H und Herrn S, Kindergeld ausgezahlt. H und S sind beide deutsche Staatsbürger. Sie lebten in den Jahren 2003 bis 2005 mit ihren Familien in C. Einen Wohnsitz in Deutschland hatten sie in diesem Zeitraum nicht. H ist alleinerziehend und hat vier Kinder, S ist verheiratet und hat drei Kinder. Die Ehefrau von S erzielte in den Streitjahren keine Einkünfte. Die von der Klägerin zu zahlenden Gehälter wurden für H auf ein Konto bei der Bank D überwiesen, die für S auf ein Konto bei der F Bank in L.

Sowohl H als auch S wurden vom beklagten Finanzamt nach § 1 Abs. 3 des Einkommen-steuergesetzes (EStG) zur Einkommensteuer veranlagt. Einsprüche dagegen mit dem Ziel, nach § 1 Abs. 2 EStG veranlagt zu werden, waren unter Hinweis auf die nicht differierende Steuerhöhe erfolglos.

Die Klägerin war in den Streitjahren davon ausgegangen, dass H und S kindergeldberechtigt waren, sodass sie als gemäß § 72 Abs.1 Nr. 3 EStG berechtigte Kindergeldkasse beiden Arbeitnehmern Kindergeld ausgezahlt und im Jahr 2003 bei ihren Lohnsteueranmeldungen einbehalten hatte.

Der Lohnsteueraußenprüfer hatte demgegenüber die Rechtmäßigkeit der Zahlungen seitens der Klägerin laut Tz. 1 seines Berichtes vom 20.12.2005 verneint und wie folgt begründet: Nach § 62 Abs. 1 EStG könne Kindergeld nur gezahlt werden, wenn ein inländischer Wohnsitz oder ein Wohnsitz in einem EU/EWR Mitgliedstaat vorliege. Sofern der Wohnsitz in einem Nicht-EU/EWR Mitgliedsstaat liege, könne Kindergeld nur gezahlt werden, wenn die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 2 EStG gegeben sei. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien bei den Beschäftigten des P Instituts nicht erfüllt, da die beschränkte Einkommensteuerpflicht im ... nicht nachgewiesen worden sei. Trotz mehrfacher Aufforderungen sei keine Bescheinigung der ... Steuerbehörde über die Einkommensteuerpflicht der Beschäftigten des P Institutes im ... eingereicht worden. - Wegen weiterer Ausführungen des Prüfers wird auf den bei den Akten befindlichen BP-Bericht verwiesen.

Dementsprechend erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin am 06.02.2006 einen Haftungsbescheid, der zum einen die Rückforderung von Kindergeld enthält, das in 2003 an die Arbeitnehmer H und S i.H.v. insgesamt ... € (an H für drei Kinder sechs Monate lang = ... €, an S für drei Kinder sechs Monate lang = ... €) ausgezahlt und bei den Lohnsteueranmeldungen abgezogen worden war. Zudem enthält der Haftungsbescheid Lohnsteuern sowie Solidaritätszuschlag auf sämtliche in 2003 bis 2005 - nach Auffassung des Beklagten zu Unrecht - geleistete Kindergeldzahlungen, die den Arbeitnehmern H und S zugeflossen sind und vom Beklagten als unversteuerter Lohn behandelt wurden. Kindergeldzahlungen an H und S erfolgten nach den Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung im Jahr 2003 jeweils sechs Monate mit insgesamt ... €, im Jahr 2004 jeweils zwölf Monate mit insgesamt ... €, in 2005 jeweils zehn Monate mit insgesamt ... €. Die Zahlungen in 2003 bis 2005 führten bei H zu einem Bruttobezug von insgesamt ... € (... €, ... €, ... €), bei S von insgesamt ... € (... €, ... €, ... €), was zu einer Nachforderung des Beklagten von Lohnsteuern und Solidaritätszuschlag von insgesamt ... € und ... € führte.

Die Klägerin hat gegen den Haftungsbescheid im Anschluss an die BP am 06.02.2006 Sprungklage erhoben, der der Beklagte zugestimmt hat.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Arbeitnehmer H und S seien erweitert unbeschränkt einkommensteuerpflichtig im Sinne des § 1 Abs. 2 EStG. Soweit der Beklagte dies verneine unter Hinweis auf das Fehlen einer schriftlichen Bestätigung der libanesischen Steuerbehörden darüber, ob die deutschen Beschäftigten des P Institutes im ... zu einer der deutschen beschränkten Einkommensteuerpflicht vergleichbaren Einkommensteuer herangezogen werden, könne dem nicht gefolgt werden. Die Vorlage einer Bescheinigung der zuständigen Behörde sei in § 1 Abs. 2 EStG, anders als in § 1 Abs. 3 EStG, nicht vorgesehen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei die Frage vielmehr anhand der Vorschriften des maßgebenden ausländischen Steuerrechts zu beantworten. Bei einer typologischen Betrachtungsweise komme es darauf an, ob die die deutsche beschränkte Einkommensteuerpflicht charakterisierenden Merkmale vorlägen. Entscheidend sei daher nur, ob nur inländische Einkünfte und die Nichtberücksichtigung persönlicher Verhältnisse erfolge. Aus der dem Beklagten vorgelegten Übersetzung des ... Einkommensteuergesetzes ergebe sich, dass im ... nicht das Welteinkommensprinzip gelte, sondern lediglich inländische Einkünfte der Besteuerung unterlägen. Außerdem sei die Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse mit Ausnahme einer pauschalen Berücksichtigung der Kinder nicht vorgesehen. Diese Rechtsauffassung werde auch von der ... Rechtsanwältin T in ihrem Schreiben vom 23.07.2003 bestätigt. Das Ziel der Einschränkung des § 1 Abs. 2 Satz 2 EStG, nämlich die Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse in doppelter Form zu vermeiden, sei somit für die im ... tätigen Beschäftigten des P Instituts in C gewährleistet. Diese Einschätzung werde auch von der deutschen Botschaft in C geteilt. Diese habe am 08.10.2004 zur Vorlage bei den zuständigen Steuerbehörden und nach Rücksprache mit dem Vertrauensanwalt der Botschaft bestätigt, dass die beim P Institut in C nach BAT beschäftigten Kräfte im ... einer der deutschen beschränkten Einkommensteuerpflicht vergleichbaren Besteuerung unterlägen. Im Übrigen gelte für den Mitarbeiter S, dass er Diplomatenstatus habe. Diplomaten und Kosularangehörige seien nach dem Völkerrecht grundsätzlich von der Einkommensteuerpflicht befreit, sofern sie nicht im Empfangsstaat ansässig seien. Dies ergebe sich aus der Wiener Übereinkunft über diplomatische und konsularische Beziehungen vom 18.04.1961 (WÜD). Dort sei in Artikel 34 eine weitgehende Steuerbefreiung von der Einkommensteuer angeordnet. Gemäß Artikel 37 Abs. 2 WÜD genießen auch die Mitglieder des technischen Personals die für Diplomaten geltenden Privilegien, einschließlich der in Artikel 34 angeordneten Einkommensteuerbefreiung. Der Status als Mitglied des technischen Personals der Botschaft sei durch die deutsche Botschaft mit Schreiben vom 08.10.2004 ausdrücklich bestätigt worden. Dementsprechend habe die Klägerin an H und S Kindergeld auszahlen müssen. Die Klägerin habe gemäß § 72 Abs. 7 Satz 2 EStG zutreffend das ausgezahlte Kindergeld von der abzuführenden Lohnsteuer einbehalten. Soweit die Klägerin es in den Jahren 2004 und 2005 unterlassen habe, das Kindergeld wegen der Streitigkeiten mit dem Beklagten einzubehalten, habe sie gegenüber dem Beklagten nunmehr einen Anspruch auf Erstattung gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO). Im Übrigen habe sie, die Klägerin, an Frau H im Jahre 2005 lediglich für drei Monate Kindergeld gezahlt, insgesamt also nur ... € und nicht, wie von der Lohnsteueraußenprüfung festgestellt und vom Beklagten im Haftungsbescheid erfasst, ... €. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Prüfer, obwohl ihm seinerzeit die Fehlerhaftigkeit seiner Feststellung insoweit mitgeteilt worden sei, dies nicht umgesetzt habe.

Die Klägerin beantragt,

den Haftungsbescheid vom 06.02.2006 aufzuheben,

Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

Unter Berücksichtigung der vorgelegten Gehaltsabrechnung reduziere sich die Haftungsschuld nach "kursorischer" Berechnung auf ... € und der Soli-Zuschlag auf ... €. Im Übrigen bleibe er bei seiner Rechtsauffassung, dass eine Kindergeldberechtigung unter Berücksichtigung des § 1 Abs. 2 EStG nicht bestehe. Aus den vorgelegten Auszügen des libanesischen Einkommensteuergesetzes ergebe sich, dass jede im ... ansässige Person dort unbeschränkt steuerpflichtig sei. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstrecke sich jedoch nur auf inländische Einkünfte, was aber für die Anwendung des § 1 Abs. 2 EStG nicht ausreiche. Insoweit werde auf den Kommentar zum EStG von Schmidt zu § 1 Anm. 36 verwiesen.

Dem Gericht wurde von der Klägerin ein Auszug aus dem ... Einkommensteuergesetz vorgelegt, übersetzt durch den vereidigten Übersetzer K, bei ... Gerichten und dem ... Finanzministerium zugelassener vereidigter absolventer Rechnungsprüfer. Die Übersetzung lautet wie folgt:

Teil 1,

§ 10:

Laut Bestimmungen des § 3 dieses Gesetzes wird jede natürliche oder moralische Person, egal ob sie ... oder ausländisch ist, als ansässig im ... erklärt, die im ... einen Wohnsitz einen Sitz oder einen Betrieb oder ein Geschäft besitzt, in dem er seinen Beruf ausübt.

§ 11:

Die Steuerzahler, die im Ausland Betriebe oder Vertretungen oder Zweigstellen etc. besitzen, deren Buchführung mit der Buchführung im ... zusammengeschlossen sind, müssen durch ihre Erklärung über den realen Gewinn oder die gesamten Einkünfte den erzielten Gewinn oder die gesamten im ... erzielten Einkünfte - abgesehen vom Ausland - aufweisen und alle nötigen Beweismittel an diese Erklärung zusammenlegen. Hat ein Betrieb mit dem Sitz im Ausland Vertretungen und Zweigstellen in ..., so muss er eine getrennte Buchführung ausführen, in die Ergebnisse all seiner Geschäfte in ... eingetragen werden.

Kapitel 1: Die steuerpflichtigen Geschäfte und Berufe

§ 3:

Einkommensteuer werden im Namen der natürlichen oder moralischen auf dem ... Territorium oder im Ausland wohnhaften Personen über die gesamten im ... erzielten Gewinne erhoben.

Kapitel 4: Steuerrechnung

§ 31:

Er wurde abgeändert und am 23.07.1999 durch den folgenden Text ersetzt:

Die Steuer über den realen oder pauschal bestimmten Gewinn werden erhoben, nachdem ein Betrag i.H.v. 7.500.000,00 ... Pfund für jede natürliche Person abgezogen wird und davon abgezogen werden zusätzlich auch ein Betrag i.H.v. 2.500.000,00 ... Pfund für den verheirateten Steuerzahler und von 500.000,00 ... Pfund für jedes legale unter seiner Sorge noch stehende Kind unter folgenden Bedingungen ......

§ 58 .....

Der Steuersatz wurde auf folgende Weise bestimmt: .......

§ 59 .....

Die Einkommensteile, die der Steuer und der Herabsetzung aus dem Grundbetrag unterliegen, werden entsprechend der Arbeitsdauer geteilt und zwar für die Zeit, für die ein Entgelt einkassiert wurde, wobei der Monat mit dreißig Tagen gerechnet werden muss.

Teil 2: Steuer über Gehälter, Löhne und Pensionierungsgehälter

Kapitel 1 Steuerpflichtige Personen und Einkünfte

§ 46:

Die Steuer umfasst die öffentlichen und privaten Gehälter, Löhne, Vergütungen, Pensionierungsgehälter und lebenslange Renten, die auf dem ... Territorium zu zahlen sind durch:

1. eine allgemeine Kasse an jede Person, die sich im ... oder im Ausland aufhält,

2. eine private Kasse an jede Peron, die sich im Ausland aufhält, für eine im ... durchgeführte Dienstleistung.

Das Gericht hatte eine übersetzte Fassung des ... Einkommensteuergesetzes beim Bundesfinanzministerium und beim auswärtigen Amt in Berlin angefordert. Daraufhin wurde dem Gericht durch die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in C die Kopie des ... Einkommensteuergesetzes in arabischer Sprachfassung vorgelegt. Ein vollständig übersetztes Exemplar konnte nicht übersandt werden, da die angeschriebenen staatlichen Einrichtungen unter Berücksichtigung fehlender bilateraler Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik und dem ..., insbesondere mangels eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA), keinen Bedarf insoweit haben.

Der Beklagte hat auf die vollständige Übersetzung der arabischen Fassung ausdrücklich verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die auf Aufhebung des Haftungsbescheides vom 06.02.2006 gerichtete Anfechtungsklage ist ohne Vorverfahren im Sinne des § 44 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als Sprungklage zulässig, da der Beklagte gemäß § 45 Abs. 1 FGO zugestimmt hat.

Die Klage auf Aufhebung des Haftungsbescheides ist auch begründet.

Da H und S das an sie gezahlte Kindergeld zu Recht erhalten haben, ist sowohl die Rückforderung des von der Klägerin in 2003 gezahlten und bei der Lohnsteueranmeldung gemäß § 72 Abs. 7 Satz 2 EStG verrechneten Kindergeldes als auch die Versteuerung des gezahlten Kindergeldes für 2003 bis 2005 als Arbeitslohn rechtswidrig.

Ein Anspruch der H und des S auf Kindergeld bestand in den Jahren 2003 bis 2005 gemäß §§ 62 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, § 32 Abs. 1 Nr. 1 ,§ 1 Abs. 2 Nr. 2a EStG. H und S sind deutsche Staatsangehörige ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Beide haben Kinder, die unstreitig die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfüllen. Obwohl die Kinder - ebenso wie ihre Eltern H und S - in den Streitjahren im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, besteht für diesen Zeitraum ein Anspruch der Eltern auf Kindergeld, da diese gemäß § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig waren.

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 EStG ist, bis auf die Frage der beschränkten Steuerpflicht von H und S im ..., unstreitig. H und S standen im streitigen Zeitraum zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis und erhielten hierfür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse. Zwar bestand zunächst ein Dienstverhältnis zwischen H und S und dem P Institut C. Durch Vertrag vom 00.00.000 hat jedoch die Klägerin das Institut übernommen und ist damit auch in die bestehenden Arbeitsverhältnisse mit H und S eingetreten. Die Klägerin ist eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, die durch ...gesetz vom 00.00.0000 gegründet wurde. Sie erhält gemäß § 3 Abs. 4 des Errichtungsgesetzes zur Erfüllung des Stiftungszwecks Zuwendungen des Bundes nach Maßgabe des jeweiligen Haushaltsgesetzes, sodass deren Arbeitnehmer H und S ihre Gehälter aus einer inländischen öffentlichen Kasse bezogen haben. Dementsprechend sind die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Steuerpflicht im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 EStG grundsätzlich erfüllt.

Der Anwendung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 EStG steht Satz 2 der Vorschrift nicht entgegen. Danach ist unbeschränkte Steuerpflicht einer natürlichen Person auch anzunehmen, wenn diese in dem Staat, in dem sie einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt hat, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen wird. Bezogen auf den Streitfall bedeutet dies, dass H und S nur dann gemäß § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig waren, wenn sie in den Streitjahren im ... in dem Umfang zur Einkommensteuer herangezogen wurden, der dem der deutschen beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlich ist. Diese Voraussetzung ist im Streitfalle erfüllt.

Diese Entscheidung konnte das Gericht - entgegen der Auffassung des Beklagten - ohne Vorlage einer diesbezüglichen Bescheinigung ... Finanzbehörden treffen. Das Bestehen einer der deutschen beschränkten Steuerpflicht ähnlichen Einkommensteuer im ... war vielmehr vom Gericht unter Berücksichtigung des ... Einkommensteuergesetzes (EStG Li) und durch Vergleiche desselben mit der Vorschrift des § 49 EStG festzustellen. Nicht zu prüfen war dabei, ob H und S im ... - mit dem die Bundesrepublik kein DBA hat (vgl. Anlage zum Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 22.01.2009, Übersicht über den Stand der DBA und der Doppelbesteuerungsverhandlungen am 01.01.2009, BStBl I 2009, 357) - tatsächlich zur ... Einkommensteuer herangezogen wurden (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofes -BFH- vom 09.10.1985 I R 271, 81, BFHE 145, 44 und vom 22.02.2006 I R 60/05, BStBl II 2007, 106).

Dies berücksichtigend gilt im Streitfall Folgendes:

Im Unterschied zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht im Sinne des § 1 Abs. 1 bis Abs. 3 EStG deutschen Rechts, wonach in der Bundesrepublik Deutschland das Welteinkommen der Besteuerung unterliegt, soweit nicht ein zur Freistellung oder Anrechnung führendes Doppelbesteuerungsabkommen besteht (vgl. hierzu Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Auflage, 5.63, 5.98, 5.99; Schmidt, Kommentar zum EStG, 28. Auflage, § 2 Anm. 4; Gosch in Kirchhof, Kommentar zum EStG, 8. Auflage, § 1 Anm. 1), erfasst die beschränkte Einkommensteuerpflicht einer natürlichen Person gemäß § 1 Abs. 4 EStG nur die in § 49 EStG genannten Einkünfte. Da der deutschen beschränkten Einkommensteuerpflicht das Territorialprinzip zugrunde liegt, sind die Anknüpfungspunkte für die Besteuerung hier auf inländische Einkünfte beschränkt, wobei persönliche Verhältnisse des Steuerpflichtigen weitgehend unberücksichtigt bleiben (vgl. Schaumburg a.a.O., 5.116; Gosch a.a.O., § 1 Anm. 45; Stapperfend in Herrmann, Heuer, Raupach, Kommentar zum EStG, 1 Anm. 336, 345).

Dem EStG liegt das Territorialprinzip als allgemeiner Grundsatz zugrunde. So ergibt sich aus § 3 i.V.m. § 11 dieses Gesetzes, dass nur "im ... erzielte" und in der diesbezüglich getrennten Buchführung erfasste Gewinne der Einkommensteuer unterliegen, unabhängig davon, ob die Gewinne von einer auf ... Territorium oder im Ausland wohnhaften Person erzielt werden. Grundvoraussetzung für die Besteuerung der in § 46 EStG Li genannten Gehälter, Löhne etc., also von Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit, ist die "Zahlung auf ... Territorium", was nach der 1. Fallalternative immer dann ausreicht, wenn aus einer allgemeinen Kasse zu zahlen ist, während nach der 2. Fallalternative die - im Streitfalle nicht gegebene - Zahlung aus einer privaten Kasse, aber nur für eine "im ... durchgeführte Dienstleistung" erfolgen muss. Der in der 1. Alternative gebrauchte Begriff "allgemeine Kasse" ist in Abgrenzung zur 2. Alternative (private Kasse) als Kasse der Allgemeinheit oder öffentliche Kasse zu verstehen und zwar - aus Sicht des ... - als inländische, da nur diesbezügliche Gelder "auf ... Territorium" zu zahlen sind. Zahlungen von ausländischen öffentlichen Kassen - wie auch die der Klägerin - sind nicht unter § 46, 1. Alternative EStG zu subsumieren. Deren Zahlungsverpflichtungen bestehen in der Bundesrepublik Deutschland und sind dort "zu zahlen", wie es im Falle von H und S auch geschehen ist.

Hieraus folgt, dass im ... nur Einkünfte mit unmittelbarem Inlandsbezug der Einkommensteuer unterliegen. Es gilt also dort nicht das Welteinkommensprinzip, sondern das Territorialprinzip, dem die beschränkte Steuerpflicht nach deutschem Einkommensteuerrecht folgt. Der Umstand, dass das Territorialprinzip im ... nicht - wie in der Bundesrepublik Deutschland - als besondere Art der Besteuerung, sondern als allgemeines Besteuerungsprinzip gilt, steht der Feststellung, dass H und S in den Jahren 2003 bis 2005 im ... im Sinne des deutschen EStG nur beschränkt einkommensteuerpflichtig waren, nicht entgegen. Der Wortlaut des § 1 Abs. 2 Satz 2 EStG lässt eine entsprechende einschränkende Auslegung nicht zu.

Bestätigt wird die Rechtsauffassung des erkennenden Senats auch durch die Auskunft der deutschen Botschaft vom 08.10.2004, sowie der der ... Rechtsanwältin T.

Der Annahme einer im ... bestehenden Einkommensteuerpflicht, die der deutschen beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlich ist, steht nach den vorangegangenen Ausführungen nicht entgegen, dass die Besteuerung des "real oder pauschal bestimmten Gewinns" gemäß § 31 EStG einen Abzug vom gesamten "Gewinn" vorsieht, je nach Personenstand und Anzahl der Kinder in unterschiedlicher Höhe. Denn die hier maßgebliche Definition der deutschen beschränkten Steuerpflicht orientiert sich - wie dargestellt - an § 49 EStG, das heißt, lediglich daran, ob nur inländische Einkünfte besteuert werden. Nur dann, wenn Art und Umfang der bei der ... Besteuerung inländischer Einkünfte gewährter Freigrenzen oder Freibeträge den personenbezogenen Steuervorteilen eines in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen entsprächen, im Übrigen Abzüge für Sonderausgaben steuermindernd zu berücksichtigen wären, stellte sich die Frage, ob eine mögliche Besteuerung von H und S im ... noch im Sinne des § 1 Abs. 2 EStG der beschränkten Einkommensbesteuerung in Deutschland "ähnlich" ist. Die in § 3 EStG normierten, durch § 59 EStG Li auf die tatsächliche Arbeitszeit begrenzten, Besteuerungsvorteile erfüllen diese Anforderungen offensichtlich nicht.

Damit waren H und S als gemäß § 1 Abs. 2 EStG in Deutschland unbeschränkt einkommen-steuerpflichtige Personen kindergeldberechtigt.

Die Frage, ob S nach dem WÜD im ... einer Einkommensteuer unterlag, konnte mangels Entscheidungserheblichkeit unbeantwortet bleiben. Der Hinweis des Beklagten auf die Kommentierung von Schmidt ist unbeachtlich, da dort auf ein Urteil des BFH verwiesen wird, das unter Bezugnahme auf das DBA Frankreich, also zu einem mit dem Streitfall nicht vergleichbaren, Sachverhalt ergangen ist.

Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass die Zahlungen von Kindergeld an H und S zu Recht erfolgten. Soweit die Klägerin das Kindergeld bei ihren Lohnsteueranmeldungen in 2003 gemäß § 72 Abs. 7 EStG in Abzug gebracht hatte, war dies rechtmäßig, sodass diese Beträge nicht vom Beklagten zurückgefordert werden durften. Da die Zahlungen seitens der Klägerin in den Jahren 2003 bis 2005 als Kindergeldzahlungen zu behandeln waren, war deren Besteuerung als Arbeitslohn rechtswidrig, sodass die Nachforderung von Lohnsteuern und Solidaritätszuschlag hierauf rechtswidrig war.

Der Haftungsbescheid ist daher insgesamt rechtswidrig und war aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs.2 und § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr.10, 711 der Zivilprozessordnung.

Ende der Entscheidung

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