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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 15.03.2005
Aktenzeichen: 5 K 2696/00
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 170 Abs. 2 Nr. 1
AO § 174 Abs. 4
AO § 197 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

5 K 2696/00

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die am 04.12.1998 aufgrund einer Betriebsprüfung ergangenen Umsatzsteueränderungsbescheide für die Streitjahre 1984 bis 1987 wegen Ablaufs der Festsetzungsverjährung rechtswidrig sind.

Der Kläger betrieb in den Streitjahren einen Konzern. Im Einzelunternehmen (Finanzberatung M. O.) hielt er Beteiligungen an diversen Kapital- und Personengesellschaften. Darüber hinaus unterhielt er einen gewerblichen Grundstückshandel. Das Einzelunternehmen betrieb der Kläger von seinem Wohnsitz in ....C..................... aus. Die konzernabhängigen Unternehmen hatten ihren Sitz in der ................ Straße .. in L. Aufgrund einer Zuständigkeitsvereinbarung wurde der Beklagte Anfang 1995 auch für die Besteuerung des Einzelunternehmens zuständig. Für das Einzelunternehmen gab der Kläger die Umsatzsteuererklärungen für 1984 im Februar 1986, für 1985 im März 1987, für 1986 im Juli 1987 und für 1987 im März 1989 ab.

Gegen den Kläger erließ das Finanzamt für Großbetriebsprüfung ......... II am 23.11.1989 eine Prüfungsanordnung, die unter anderem die Umsatzsteuer für die Streitjahre 1984 bis 1987 umfasste. Als voraussichtlicher Prüfungstermin war der 04.12.1989 angegeben. Dieser sollte zuvor am 16.11.1989 telefonisch abgestimmt worden sein. Mit Schreiben vom 28.11.1989 beantragte der damalige steuerliche Berater des Klägers, Steuerberater ..............., die Verlegung des Betriebsprüfungsbeginns auf den 08.01.1990 mit der Begründung, durch das Jahresendgeschäft sei der Prüfungsbeginn 04.12.1989 nicht einzuhalten. In welcher Form dieser Verlegungsantrag beschieden worden ist, lässt sich den Betriebsprüfungsakten nicht entnehmen. Zu dem beabsichtigten Prüfungstermin am 04.12.1989 ist es jedenfalls nicht gekommen. Auf dem Verfügungsteil der Betriebsprüfungsanordnung (vgl. BP-Handakten Bd. I) befindet sich mit rotem Kugelschreiber der Vermerk "Antrag 08.01.1990". Dem Verlegungsantrag des Klägers nachgeheftet befindet sich in den BP-Handakten der Hinweis auf den Eingang der Steuererklärungen für 1984 und 1985. Das Eingangsdatum der Steuererklärung für 1984 ist mit dem 25.02.1986 angegeben und rot unterstrichen. Darüber hinaus ist durch den Prüfer festgehalten: "Damit zum 31.12.1989 für 1984 keine Verjährung!". Ausweislich des Laufzettels wurde mit der Prüfung des Einzelunternehmens am 19.12.1990 um 8.30 Uhr begonnen. Der 19.12.1990 ist auch im Betriebsprüfungsbericht vom 24.01.1994 als Prüfungsbeginn festgehalten. Ferner ist auf dem Laufzettel festgehalten, dass das Einzelunternehmen im Jahre 1990 am 19.12., 20.12. und 27.12.1990 geprüft worden ist. Es sollen geprüft worden sein das Anlagevermögen, die Erlöskonten 8300 und 8100, das Provisionskonto 4760, das Konto 1802, Verbindlichkeiten .......... sowie die ................ GmbH. Ferner soll nach den Eintragungen auf dem Laufzettel am 20.12. und 27.12.1990 die Prüfung der Rückstellungen sowie der Erlöskonten 8000, 8010, 8020, 8030, 8040, 8050, 8150, 8200, 8250, 8260 und 8270 erfolgt sein. Die Betriebsprüfung zog sich geraume Zeit hin. In den Betriebsprüfungsakten befinden sich, soweit diese noch vorhanden sind -- Bd. III und IV der BP-Handakten sind zwischenzeitlich vernichtet --, für das erste Halbjahr 1991 keine Feststellungen des Prüfers. Unter dem 16.09.1991, 15.05. bzw. 24.09.1992 hat der Prüfer jedoch seine bisherigen Prüfungsfeststellungen zusammengestellt und noch vorzulegende Unterlagen bzw. zu erteilende Auskünfte aufgelistet. Der Betriebsprüfungsbericht, auf den wegen den Einzelheiten getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, datiert vom 24.01.1994. Zum Ablauf der Prüfung ist in einem weiteren Laufzettel festgehalten, dass die Prüfung des Einzelunternehmens M. O. im Rahmen der Konzernprüfung der gesamten Firmengruppe erfolgt sei. Die Prüfung des Einzelunternehmens sei dabei als letzte abgeschlossen worden. Der Prüfungsabschluss der gesamten Firmengruppe habe sich durch verschiedene Gründe verzögert: "Vielzahl der Fälle mit teilweise neuen Fallgestaltungen (...-Fonds etc.) sowie Vorbereitung und Prüfung neuer verjährungsbedrohter Fälle und Prüfung von Abschreibungsgesellschaften der Gruppe". Eine Schlussbesprechung fand nicht statt. Der Kläger hatte hierauf verzichtet, weil sich bereits im Verlauf der Prüfung unterschiedliche Rechtsauffassungen mit nicht unerheblichen steuerlichen Auswirkungen ergeben hatten.

Der Beklagte erließ aufgrund der Feststellungen der durchgeführten Betriebsprüfung am 04.12.1998 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre, mit denen er die Umsatzsteuer für 1984 von bislang 28.167,00 DM auf 123.445,00 DM, für 1985 von bislang 169.022,00 DM auf 213.303,00 DM, für 1986 von bislang 115.584,00 DM auf 259.423,00 DM und für 1987 von bislang 19.551,00 DM auf 22.465,00 DM heraufsetzte. Die hiergegen eingelegten Einsprüche des Klägers vom 14.12.1998 hatten teilweise Erfolg. Mit dem damaligen Steuerberater ............ konnten umfangreiche Streitpunkte der Betriebsprüfung ausgeräumt werden (vgl. Schreiben des Beraters vom 30.09. und 19.10.1999). In der Folge kam es jedoch zu einem Beraterwechsel. Die Prozessbevollmächtigte im vorliegenden Verfahren erhielt das Mandat und berief sich erstmals auf den Einwand der Festsetzungsverjährung. Daraufhin erließ der Beklagte für die Streitjahre am 15.02.2000 geänderte Umsatzsteuerbescheide, mit denen er die Umsatzsteuer für 1984 auf 107.352,00 DM, für 1985 auf 174.089,00 DM, für 1986 auf 124.997,00 und 1987 auf 21.142,00 DM herabsetzte. Hierdurch reduzierte sich die Summe der Unterschiedsbeträge für die Streitjahre von bislang 286.312,00 DM auf nunmehr 95.256,00 DM. Im Übrigen wies der Beklagte die Einsprüche des Klägers mit Einspruchsentscheidung vom ......2000 als unbegründet zurück mit der Begründung, zum Zeitpunkt des Erlasses der Änderungsbescheide im Jahre 1998 sei die Festsetzungsverjährung noch nicht abgelaufen gewesen.

Hiergegen hat der Kläger mit Telefaxschreiben vom ......2000 die vorliegende Klage erhoben, mit der er den Einwand der Festsetzungsverjährung weiter verfolgt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor: Im Streitfall sei davon auszugehen, dass der Beklagte mit der Betriebsprüfung bereits im Jahre 1989 begonnen habe. Zwar werde der Prüfungsbeginn vom Beklagten mit dem Monat Dezember 1990 angegeben. Tatsächlich habe der Beklagte mit der Betriebsprüfung jedoch bereits im November 1989 begonnen. Zu den Prüfungshandlungen gehöre bereits das konkrete Aktenstudium des Prüfers. Da am 23.11.1989 die Prüfungsanordnung erlassen worden sei und als voraussichtlicher Prüfungsbeginn der 04.12.1989 vorgesehen gewesen sei, müsse davon ausgegangen werden, dass sich der Prüfer im Zeitraum 23.11. bis 04.12.1989 mit dem Studium der Akten beschäftigt habe. Sei mit der Betriebsprüfung jedoch bereits Ende 1989 begonnen worden, so sei diese unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten unterbrochen worden. Denn die Prüfung sei frühestens am 19.12.1990 wieder aufgenommen worden. Hieraus folge, dass nach § 171 Abs. 4 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) keine Ablaufhemmung eingetreten sei mit der Folge, dass bei Erlass der Änderungsbescheide am 04.12.1998 die Festsetzungsfrist bereits seit langem abgelaufen gewesen sei. Dass er, der Kläger, einen Verlegungsantrag gestellt habe, sei in diesem Zusammenhang ohne Belang. Zum einen sei der Verlegungsantrag konkret auf den 08.01.1990 gerichtet gewesen. Zum anderen sei zu berücksichtigen, dass eine bereits begonnene Betriebsprüfung nicht mehr verlegt, sondern nur noch unterbrochen werden könne. Damit sei der Verlegungsantrag im Ergebnis ins Leere gelaufen. -- Vom Vorliegen der Festsetzungsverjährung sei aber auch dann auszugehen, wenn man einen Betriebsprüfungsbeginn bereits im Jahre 1989 verneine. Denn bei den vom Beklagten im Dezember 1990 angeblich vorgenommenen Prüfungshandlungen handele es sich um Scheinhandlungen. Liege, wie im Streitfall, ein Konzern vor, so müsse die Finanzbehörde für jedes Unternehmen des Konzerns konkrete Prüfungshandlungen vornehmen, um die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 Satz 1 AO auszulösen. Tatsächlich habe der Prüfer nur Scheinhandlungen vorgenommen. Hierfür sprächen die Eintragungen auf dem sog. Laufzettel. Dieser enthalte für die Tage 19.12., 20.12. und 27.12.1990 die Prüfung diverser Konten wie Anlagevermögen, Erlöse, Rückstellungen usw., die die Frage aufwerfen würden, was angesichts dieser umfänglichen Prüfungspunkte noch zur weiteren Prüfung verblieben sein sollte. Auch der Prüfungsschwerpunkt (zutreffende Erfassung der Einnahmen bzw. Betriebsausgaben bei den jeweiligen Gesellschaften) lasse nur den Schluss zu, dass konkrete Prüfungshandlungen beim Einzelunternehmen des Klägers nicht vorgenommen worden seien. Jedenfalls hätten weder der Prüfer noch der Beklagte bislang trotz mehrfacher Aufforderung Ausführungen dazu gemacht, welche konkreten Prüfungshandlungen im Dezember 1990 betreffend das Einzelunternehmen Finanzberatung M. O. unternommen worden seien. Insoweit könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Prüfer im streitigen Zeitraum im Hinblick auf den sog. Weihnachtsfrieden an der Durchführung der Betriebsprüfung gehindert gewesen sei. Danach habe durch die angeblichen Prüfungshandlungen des Prüfers im Jahre 1990 keine Ablaufhemmung eintreten können. Selbst wenn man die Vornahme konkreter Prüfungshandlungen im Dezember 1990 bejahte, wäre hierdurch keine Ablaufhemmung eingetreten. Denn auch in diesem Fall wäre die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten unterbrochen worden, weil sich für das erste Halbjahr 1991 keine Prüfungshandlungen nachweisen ließen. -- Schließlich sei bei Erlass der Änderungsbescheide am 04.12.1998 die Festsetzungsfrist zumindest nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO abgelaufen gewesen, weil weder eine Schlussbesprechung stattgefunden habe noch - wie der Beklagte meine - am 16.01.1996 eine letzte Ermittlungshandlung vorgenommen worden sei. Als letzte Ermittlungshandlung komme auch nicht die Fertigung des Betriebsprüfungsberichts im Januar 1994 in Betracht. Der Betriebsprüfungsbericht sei keine Ermittlungshandlung, vielmehr das Ergebnis der Ermittlungen des Prüfers. In der Fertigung des Betriebsprüfungsberichts könne damit möglicherweise noch eine Prüfungshandlung, jedoch keine Ermittlungshandlung des Prüfers gesehen werden. Für das Ende der Ablaufhemmung komme es nach dem eindeutigen Wortlaut des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO, der auch dem Gesetzeszweck entspreche, auf den Zeitpunkt der letzten tatsächlichen Ermittlung des Prüfers an. Nur so könne auch einer missbräuchlichen Ausnutzung der Ablaufhemmung durch die Finanzbehörde entgegengewirkt werden. Andernfalls hätte es der Prüfer in der Hand, die Ablaufhemmung hinauszuschieben, indem er nach der letzten Ermittlungshandlung den Betriebsprüfungsbericht z. B erst zwei Jahre später fertigte.

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide 1984, 1985, 1986 und 1987 vom 04.12.1998 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom ......2000 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom .......2000 aufzuheben, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält daran fest, dass im Streitfall bei Erlass der Änderungsbescheide die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei, weil die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 AO eingreife. Ob mit der Prüfung bereits im Jahre 1989 begonnen worden sei, darauf komme es nicht an. Die regelmäßige Festsetzungsfrist hätte für das erste Prüfungsjahr - für die Umsatzsteuer 1984 - erst mit Ablauf des 31.12.1990 geendet, weil der Kläger die Steuererklärung im Verlauf des Jahres 1986 abgegeben habe. Dementsprechend sei die Aufnahme der Prüfungshandlungen im Dezember 1990 noch rechtzeitig gewesen. Insoweit enthielten die BP-Handakten eindeutige Aufzeichnungen, die bestätigten, dass der Prüfer am 19.12.1990 mit der Prüfung des Einzelunternehmens M. O. begonnen habe. Es komme hinzu, dass damals weitere Prüfungsanordnungen betreffend die Firmengruppe ergangen seien, und zwar betreffend die Firmen ............. AG, ............ GmbH, ............ GmbH, ......... GmbH und ......... GmbH. Da der Firmenkomplex vom damaligen steuerlichen Berater des Klägers immer wieder als ganzes angesehen worden und dies aufgrund der Zusammenhänge zwischen den Firmen auch nach seiner, des Beklagten, Auffassung zutreffend sei, sei zu berücksichtigen, dass im streitigen Zeitraum Prüfungshandlungen betreffend die verbundenen Unternehmen nachweislich vorgenommen worden seien, die korrespondierend auch das Einzelunternehmen betroffen hätten. Im Übrigen aber hätte der Prüfer im Jahre 1991 sehr wohl beim Einzelunternehmen M. O. Prüfungshandlungen vorgenommen. Allerdings seien die BP-Handakten, was den zeitlichen Nachweis der Prüfungshandlungen anlange, wenig aussagekräftig. Dies habe seinen Grund darin, dass die BP-Handakten nicht in der zeitlichen Reihenfolge, sondern nach den einzelnen Prüffeldern (vgl. Textziffern des Prüfungsberichts) abgelegt seien. Schließlich könne im Streitfall ein Ablauf der Festsetzungsfrist auch nicht damit begründet werden, dass zwischen der letzten Prüfungshandlung und dem Erlass der streitigen Änderungsbescheide ein Zeitraum von mehr als vier Jahren liege. Denn die Betriebsprüfung könne auch mit der Bekanntgabe des Betriebsprüfungsberichts vom 24.01.1994 nicht als beendet angesehen werden. Der Prüfer habe ausweislich des Betriebsprüfungsberichts aus der Nichtvorlage angeforderter Unterlagen für den Kläger nachteilige Folgerungen gezogen. Der Kläger habe sich - was sich ebenfalls aus dem Betriebsprüfungsbericht ergebe - die Vorlage weiterer Unterlagen und den Vortrag weiterer Einwendungen ausdrücklich vorbehalten. Die Vorlage der weiteren Unterlagen und der Vortrag weiterer Einwendungen sollte noch vor Erlass der streitigen Änderungsbescheide erfolgen. Dementsprechend habe der Kläger seine Stellungnahme zu den Prüfungsfeststellungen am 12.08.1994 direkt an das Finanzamt für Großbetriebsprüfung gerichtet. Er, der Beklagte, habe die Stellungnahme lediglich zur Kenntnisnahme erhalten. Der Prüfer habe sodann angesichts der nachträglich eingereichten Unterlagen die erforderlichen Ermittlungen aufgenommen und aus seiner Sicht abschließend mit Schreiben vom 16.01.1996 Stellung genommen. Unter Berücksichtigung des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO sei die Ablaufhemmung damit erst am 31.12.2000 weggefallen.

Am 29.11.2004 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten vor dem Berichterstatter, insbesondere im Hinblick auf die Beweislage, ausführlich erörtert. Mit Beschluss vom 01.12.2004 hat der Senat daraufhin angeordnet, Beweis zu erheben über die Fragen, ob bzw. wenn ja, in welcher Form dem Antrag des Klägers vom 28.11.1989 auf Verlegung der Betriebsprüfung stattgegeben worden ist und welche konkreten Prüfungshandlungen noch im Dezember 1990 und im ersten Halbjahr 1991 betreffend das Einzelunternehmen M. O. vorgenommen worden sind, durch Vernehmung des Prüfers Steueroberamtsrat ......... .......... sowie des Steuerberaters ........... .............. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 14.01.2005 verwiesen. Auf die vom Prüfer (unaufgefordert) vorgelegten persönlichen Terminkalender für die Jahre 1989 bis 1992, die Gegenstand der durchgeführten Beweisaufnahme waren, wird ebenfalls Bezug genommen.

Zum Ergebnis der Beweisaufnahme und den vom Senat herangezogenen Beweismitteln hat der Kläger wie folgt Stellung genommen: Mit Ausnahme eines schriftlichen Vermerks des Prüfers vom 16.09.1991 lasse sich aus den Akten keine konkrete Prüfungshandlung in dem Zeitraum 1989 bis September 1991 feststellen. Dies entspreche auch dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme. Denn der Zeuge ......... habe ausgesagt, dass konkrete Fragen zum Einzelunternehmen M. O. erst Mitte 1991 an ihn herangetragen worden seien. Weitere Beweismittel würden nicht zur Verfügung stehen, nachdem die Bände III und IV der BP-Handakten angeblich vernichtet worden seien. Die vom Prüfer vorgelegten persönlichen Terminkalender seien als Beweismittel untauglich und deren Verwertung aus Gründen des Steuergeheimnisses darüber hinaus unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) müssten sich die Feststellungen des Prüfers aus der Prüferhandakte selbst ergeben. Persönliche Terminkalender des Prüfers seien keine Prüferhandakten. Aus den vorgelegten Terminkalendern lasse sich auch nicht entnehmen, dass 1989 mit der Prüfung begonnen worden sei. Ohnehin lasse die Angabe der täglichen Prüfungszeit in diesen Kalendern keine nachvollziehbaren Schlüsse auf konkrete Prüfungshandlungen zu. Die Beweisaufnahme habe auch nicht ergeben, dass seinem, des Klägers, Antrag auf Prüfungsverlegung stattgegeben worden sei. Der Zeuge V... habe sich nicht mehr daran erinnern können, ob er eine schriftliche oder mündliche Nachricht über die beantragte Prüfungsverlegung erhalten habe. Er habe sich nur daran erinnern können, dass der Prüfer - wie beantragt - am 08.01.1990 erschienen sei. An diesem Tage sei jedoch ausweislich des Betriebsprüfungsberichts vom 03.03.1994 nicht mit der Prüfung des Einzelunternehmens M. O., sondern mit der Prüfung der .......... AG begonnen worden. Auch die Vernehmung des Prüfers habe keine Gewissheit über eine Bescheidung des Verlegungsantrages gebracht. Denn er habe nicht sagen können, ob bzw. wann er mit dem Zeugen ............. über die Stattgabe des Verlegungsantrages gesprochen habe. Andererseits habe die Vernehmung jedoch ergeben, dass der Prüfer den Zeugen ........... gedrängt habe, den Verlegungsantrag zu stellen. Damit sollte der Verlegungsantrag dem Prüfer offensichtlich dazu dienen, Beweisvorsorge zu treffen für den Fall, dass die Verjährungfrist ablaufen sollte.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist abzuweisen. Die angefochtenen Umsatzsteueränderungsbescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung [FGO]). Zum Zeitpunkt des Erlasses der Änderungsbescheide am 04.12.1998 war die Festsetzungsfrist entgegen der Auffassung des Klägers noch nicht abgelaufen. Denn im Streitfall war der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 174 Abs. 4 AO gehemmt.

Im Streitfall war die regelmäßige Festsetzungsfrist bereits für alle Streitjahre abgelaufen, als die streitigen Änderungsbescheide am 04.12.1998 erlassen worden sind. Unter Berücksichtigung der Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO endete die regelmäßige vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO) für das Streitjahr 1984 mit Ablauf des 31.12.1990, für die Streitjahre 1985 und 1986 mit Ablauf des 31.12.1991 und für das Streitjahr 1987 mit Ablauf des 31.12.1993. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht weiter streitig. Dementsprechend sind die streitigen Umsatzsteueränderungsbescheide nur dann vor Ablauf der Festsetzungsfrist ergangen, wenn der Ablauf dieser Fristen nach § 171 Abs. 4 AO gehemmt war.

Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Falle der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Nach Satz 3 der Vorschrift endet die Festsetzungsfrist spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat, oder, wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen sind; eine Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Die vorgenannten Voraussetzungen der Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 AO sind im Streitfall gegeben.

1. Im Streitfall war der Ablauf der Festsetzungsfrist bis zur Unanfechtbarkeit der Änderungsbescheide nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO bereits deshalb gehemmt, weil der Beginn der Betriebsprüfung auf Antrag des Klägers hinausgeschoben worden ist. Dass es aufgrund des Antrages des Klägers vom 28.11.1989 zur einer Verlegung des ursprünglich vorgesehenen Prüfungstermins (04.12.1989) gekommen ist, davon ist der erkennende Senat unter Berücksichtigung aller Umstände im Streitfall und dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme überzeugt. Zwar existiert ausweislich der BP-Handakten kein schriftlicher Bescheid des Beklagten über die Stattgabe des Verlegungsantrages. Dies ist jedoch unschädlich; denn die Entscheidung über die Verlegung bedarf ebenso wenig wie der Antrag auf Verlegung einer bestimmten Form (vgl. BFH-Urteile vom 11.10.1983 VIII R 11/82, BStBl II 1984, 125 und vom 18.10.1988 VII R 123/85, BStBl II 1989, 76 sowie Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 197 AO Tz. 14). Dass der Prüfer über den Verlegungsantrag positiv entschieden hat, ergibt sich bereits daraus, dass es bei dem ursprünglich geplanten Termin für den Beginn der Betriebsprüfung nicht geblieben ist. Denn am 04.12.1989 wurde die Prüfung - zwischen den Beteiligten unstreitig - nicht aufgenommen. Ferner lässt sich den BP-Handakten entnehmen, dass der Verlegungsantrag vom Prüfer zur Kenntnis genommen und einer Prüfung unterzogen worden ist. In den PB-Handakten befindet sich - abgeheftet im Anschluss an den streitigen Verlegungsantrag - eine kurze Zusammenfassung des Prüfers über den Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist für die Prüfungsjahre 1984 und 1985 mit dem Ergebnis, dass für das Streitjahr 1984 angesichts der Abgabe der Steuererklärung im Februar 1986 zum 31.12.1989 keine Verjährung drohe. Dementsprechend bestanden aus der Sicht des Prüfers keine Gründe, dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen. Dies hat der Prüfer bei seiner Vernehmung als Zeuge ausdrücklich so bestätigt. Dass sich der Prüfer nicht mehr genau daran erinnern konnte, wie er den Kläger oder aber seinen Berater über die erfolgte Verlegung der Prüfung informiert hat, ist insoweit ohne Belang. Zwischen der Beantragung der Prüfungsverlegung im November 1989 und der durchgeführten Beweisaufnahme im Januar 2005 liegt ein Zeitraum von mehr als 15 Jahren. Angesichts eines solch langen Zeitraums wäre es mehr als verwunderlich, hätte sich der Prüfer an den Vorgang noch genau erinnern können. Andererseits hat der Prüfer in diesem Zusammenhang nachvollziehbar geschildert, dass Anträge auf Verlegung von Betriebsprüfungen grundsätzlich nicht schriftlich beschieden würden. Vielmehr werde ein neuer Termin regelmäßig persönlich oder aber telefonisch vereinbart. Auch im Streitfall müsse daher davon ausgegangen werden, dass er, der Prüfer, die Verlegung des Prüfungstermins mit dem steuerlichen Berater des Klägers im Einzelnen besprochen habe, zumal zum damaligen Zeitpunkt angesichts der Vielzahl der zu prüfenden, konzernabhängigen Unternehmen des Klägers regelmäßiger Kontakt zum steuerlichen Berater bestanden habe. Dieses Ergebnis stimmt auch mit der Aussage des Steuerberaters ............... überein. Denn der Zeuge ........... hat ausgesagt, dass der Prüfer - wie beantragt - am 08.01.1990 erschienen sei. Zwar bestehen - worauf der Kläger zutreffend hinweist - insoweit erhebliche Zweifel, ob der Prüfer am 08.01.1990 tatsächlich zur Aufnahme der Prüfung des Einzelunternehmens M. O. erschienen ist. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass der Prüfer an diesem Tage - wie in seinem persönlichen Terminkalender vermerkt - mit der Prüfung konzernabhängiger Unternehmen, nämlich der ... I. und II. KG, begonnen hat. Jedenfalls folgt hieraus, dass der Prüfer und der Steuerberater ............. die Verlegung des ursprünglich geplanten Prüfungstermins vereinbart haben müssen. Einwendungen gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen hat auch der Kläger nicht vorgebracht. Entgegen der Auffassung des Klägers kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Verlegungsantrag nach § 197 Abs. 2 AO ins Leere gegangen ist, weil der Prüfer zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits mit der Betriebsprüfung begonnen hatte. Denn das bloße Aktenstudium durch den Prüfer kann für die Annahme des Beginns einer Außenprüfung nicht genügen. Nach § 198 Satz 2 AO ist der Beginn der Außenprüfung aktenkundig zu machen. Im Streitfall befindet sich auf dem Laufzettel der Hinweis "Prüfungsbeginn 19.12.1990, 8.30 Uhr". Auch im Betriebsprüfungsbericht ist als Prüfungsbeginn der 19.12.1990 angegeben. Nach herrschender Meinung kann von einem Beginn der Außenprüfung erst gesprochen werden, wenn der Prüfer ernsthaft mit Prüfungshandlungen begonnen hat. Hierzu kann anerkannter Maßen auch das bloße Aktenstudium genügen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn das Aktenstudium am Ort der Außenprüfung erfolgt (vgl. Tipke in Tipke/Kruse, § 198 AO Tz. 3; Schick in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO/FGO, § 198 AO Tz. 64; Klein/Rüsken, AO-Kommentar, 8. Aufl., § 198 Tz. 2 und Pahlke/Intermann, Kommentar zur AO, § 198 Tz. 6). Dem steht nicht das BFH-Urteil vom 07.08.1980 II R 119/77, BStBl II 1981, 409 entgegen. Die dortigen Ausführungen, dass es für den Beginn der Betriebsprüfung genügen soll, wenn der Prüfer mit dem Studium der den Steuerfall betreffenden Akten beginnt, können nur dahingehend verstanden werden, dass der Prüfer zuvor beim Steuerpflichtigen erschienen sein muss. Nur so lässt sich erklären, dass der BFH in seinem Urteil vom 10.03.2003 IV R 30/01, BStBl II 2003, 827 zu dem Ergebnis gelangt ist, dass "das beklagte Finanzamt bis zum Ablauf des Jahres 1996 das Finanzamt noch nicht mit einer Außenprüfung begonnen habe. Der Prüfer sei nicht beim Kläger erschienen. Die vom Finanzamt im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragenen Prüfungsarbeiten des Prüfers habe das FG ohne Verstoß gegen die Denkgesetze nicht als Prüfungsbeginn gewertet." Damit muss das Aktenstudium des Prüfers im Finanzamt den Vorbereitungshandlungen zugeordnet bleiben.

Im Streitfall kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Verlegungsantrag des Klägers - was schädlich für die Ablaufhemmung wäre - nicht ursächlich für die Verlegung der Betriebsprüfung gewesen ist. Denn die handschriftlichen Aufzeichnungen des Prüfers und seine Zeugenaussage lassen allein den Schluss zu, dass die Verlegung im Interesse des Klägers erfolgt ist, da der Beklagte im Dezember 1989 angesichts des Umstandes, dass der Ablauf der Verjährung zum Jahresende nicht drohte, noch ein weiteres Jahr zuwarten konnte. Hiergegen kann der Kläger auch nicht mit Erfolg einwenden, die Zeugenvernehmung des Steuerberaters ......... habe ergeben, dass dieser vom Prüfer gedrängt worden sei, einen Verlegungsantrag zu stellen. Eine solche Aussage hat der Zeuge ............ nicht getroffen. Vielmehr hat er lediglich ausgesagt, dass der Prüfer ihn gedrängt habe, seinen Verlegungsantrag schriftlich zu fassen. Angesichts der erheblichen Bedeutung des Prüfungsbeginns für die Frage der Festsetzungsverjährung ist dieses Ansinnen des Prüfers auf schriftliche Abfassung des Verlegungsantrages auch nachvollziehbar. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass nach Aussage des Prüfers in seiner Vernehmung als Zeuge die Konzernspitze regelmäßig als letztes Unternehmen eines Konzerns geprüft wird. Auch wenn sich danach nicht ausschließen lässt, dass es möglicherweise aus Sicht der Finanzbehörde sinnvoller gewesen sein könnte, mit der Prüfung des Einzelunternehmens M. O. im Dezember 1989 noch etwas zuzuwarten, verbleibt jedoch der Umstand, dass der Prüfungsbeginn auf den 04.12.1989 bestimmt war und die Prüfung auch aufgenommen worden wäre, hätte der Kläger keinen Verlegungsantrag gestellt. Ist danach der Prüfungsbeginn auf Antrag des Klägers hinausgeschoben worden, so lief im Streitfall die Festsetzungsfrist nicht vor Unanfechtbarkeit der aufgrund der Außenprüfung ergangen Änderungsbescheide ab. Der Wortlaut des § 171 Abs. 4 Satz 1 AO gibt insofern keinen Anlass zu Zweifeln. Es ist Sache des Steuerpflichtigen, nach Wegfall des Grundes, aus dem die Prüfung hinausgeschoben worden ist, auf Aufnahme und Durchführung der Prüfung zu dringen (vgl. Kruse in Tipke/Kruse, § 171 AO Tz. 43). Dementsprechend ist es auch unerheblich, dass der Beklagte mit der Prüfung nicht - wie vom Kläger beantragt - am 08.01.1990, sondern vielmehr erst im Dezember 1990 begonnen hat. Insofern kann offen bleiben, ob der Eintritt der Ablaufhemmung bei derartigen Fallgestaltungen auch bejaht werden könnte, wenn das Finanzamt nach Stattgabe eines Verlegungsantrages unangemessen lange untätig bleibt (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 30.03.1999 I B 139/98, BFH/NV 1999, 1145). Im Streitfall ist das beklagte Finanzamt weniger als 12 Monate untätig geblieben. Dieser Zeitraum kann nicht ausreichen, um eine Einschränkung einer klaren gesetzlichen Regelung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu begründen. Ebenso wenig ist es zulässig, insoweit die 6-Monatsfrist des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO entsprechend anzuwenden (Schwarz, Kommentar zur AO, § 171 Tz. 39).

2. Die Voraussetzungen der Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 Satz 1 AO liegen im Streitfall aber auch deshalb vor, weil der erkennende Senat nach dem Vorbringen der Beteiligten, dem gesamten Akteninhalt und dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt ist, dass der Prüfer die Prüfung des Einzelunternehmens M. O. noch im Dezember 1990 aufgenommen hat und diese nicht unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten unterbrochen worden ist. Entgegen der Auffassung des Klägers kann im Streitfall nicht davon ausgegangen werden, dass mit der Prüfung im Dezember 1990 nicht begonnen worden ist, weil der Prüfer lediglich Scheinhandlungen vorgenommen hat. Hiergegen spricht bereits der Umstand, dass der Prüfer die Verjährungsproblematik kannte und damit wusste, dass nur durch die Aufnahme von konkreten Prüfungshandlungen noch im Verlauf des Monats Dezember 1990 der Ablauf der drohenden Verjährung verhindert werden konnte. Dementsprechend hat der Prüfer die Prüfungspunkte der drei Prüfungstage im Monat Dezember auch gewissenhaft auf dem sog. Laufzettel vermerkt. Hiergegen kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, die dort vermerkten Prüfungspunkte seien so umfassend, dass für eine Prüfung in den folgenden Monaten kein Raum mehr verblieben sei. Der Kläger verkennt insoweit, dass das Abarbeiten festgelegter Prüfungspunkte an einem Prüfungstag nicht zwingend auch zu einer abschließenden Prüfung dieser Prüfungspunkte führen muss, zumal wenn - wie im Streitfall - eine Vielzahl von Prüfungsfeststellungen mit erheblicher steuerlicher Auswirkung getroffen werden. Entgegen der Auffassung des Klägers kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Prüfer im fraglichen Monat Dezember 1990 möglicherweise Prüfungshandlungen den Konzern betreffend, nicht jedoch das Einzelunternehmen M. O. betreffend vorgenommen hat. Der Prüfer hat in seiner Vernehmung umfassend und nachvollziehbar geschildert, dass er im Verlauf des Jahres 1990 in erster Linie die konzernabhängigen Unternehmen des Klägers geprüft habe. Insoweit sei es zwar stets auch zu Feststellungen gekommen, die Auswirkungen auf das Einzelunternehmen M. O. gehabt hätten. Hiervon zu differenzieren sei jedoch die Prüfung des Einzelunternehmens M. O.. Hiermit habe er erst im Dezember 1990 begonnen. Bestätigt wird diese Aussage durch die vom Prüfer vorgelegten persönlichen Terminkalender. Dort ist unter dem 19.12., 20.12. und 27.12.1990 die Prüfung des Einzelunternehmens M. O. festgehalten. Demgegenüber ist in den Terminkalendern streng unterschieden zwischen der Prüfung des Einzelunternehmens und der konzernabhängigen Unternehmen (z. B. ........... AG, ......... GmbH & Co. KG, ......... GmbH,..... I. und II KG usw.). Hiergegen kann der Kläger auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Verwertung der persönlichen Terminkalender des Prüfers durch das Gericht verstoße gegen das Steuergeheimnis. Nach der Regelung des § 30 Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 a AO ist die Durchbrechung des Steuergeheimnisses zur Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens in Steuersachen - wie im Streitfall - ausdrücklich zugelassen. Die mit der Verwertung der Terminkalender verbundene Offenbarung fremder Steuerdaten wäre demnach gerechtfertigt (vgl. BFH-Urteil vom 02.11.2000 X R 17/00, BFH/NV 2001, 611). Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass die Terminkalender überhaupt schützenswerte Angaben zu steuerlichen Verhältnissen Dritter enthielten. Zwar finden sich in den Terminkalendern Angaben zu weiteren vom Prüfer in den Jahren 1989 - 1992 geprüften Steuerpflichtigen. Diese Angaben bestehen jedoch nur aus Namen bzw. Kurzbezeichnungen, die es ohne weitere Angaben einem Dritten nicht ermöglichen festzustellen, in welchen weiteren Fällen Steuerpflichtige geprüft worden sind. Schließlich hatte der Kläger auch Gelegenheit, Einsicht in die streitigen Terminkalender des Prüfers zu nehmen. Über die Beiziehung der Terminkalender ist der Kläger durch Schreiben des Berichterstatters vom 10.12.2004 bzw. 19.01.2005 ausdrücklich in Kenntnis gesetzt worden. Dennoch hat er von der Möglichkeit der Akteneinsicht - aus welchen Gründen auch immer - keinen Gebrauch gemacht. Im Übrigen waren die Terminkalender auch Gegenstand der durchgeführten Beweisaufnahme.

Der Kläger kann in diesem Zusammenhang auch nicht mit seinem Einwand durchdringen, der Beklagte sei den Nachweis schuldig geblieben, dass die Prüfung nach ihrer Aufnahme nicht für die Dauer von mehr als sechs Monaten unterbrochen worden sei. Der Prüfer hat in seiner Vernehmung zur Überzeugung des Senates ausgeführt, er habe kontinuierlich auch im ersten Halbjahr 1991 an der Prüfung des Einzelunternehmens M. O. gearbeitet. Dies findet seine Bestätigung in den entsprechenden Eintragungen des Prüfers in dem vorgelegten Terminkalender für das erste Halbjahr 1991. Dort finden sich immer wieder Eintragungen über die Betriebsprüfung des Einzelunternehmens "Bp M. O.". Entsprechende Eintragungen enthält der Terminkalender insbesondere unter den Daten 22.01., 23.01., 13.02., 14.02., 15.02., 19.04., 07.05., 23.05. und 04.06.1991. Unter dem 23.05.1991 findet sich sogar ein Hinweis auf einen konkreten Prüfungspunkt, nämlich "§ 82 i (EStDV)". Der Prüfungspunkt "denkmalgeschützte Aufwendungen" nimmt auch in den PB-Handakten einen nicht unerheblichen Umfang ein. Der erkennende Senat hat auch keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der überlassenen Terminkalender. Der Prüfer hat in der Vernehmung nachvollziehbar ausgeführt, dass er aus dienstlichen Gründen angehalten sei, persönliche Terminkalender als Arbeitsnachweis zu führen. Die Arbeitsnachweise seien allmonatlich zu erbringen und müssten damit zeitnah erstellt werden. Etwas anderes folgt im Streitfall auch nicht daraus, dass sich heute - mit Ausnahme des 23.05.1991 - nicht mehr feststellen lässt, welche konkrete Prüfungshandlung der Prüfer an einem konkreten Tag des Jahres 1991 vorgenommen hat. Dies liegt unter anderem darin begründet, dass die BP-Handakten nicht chronologisch, sondern nach Sachgesichtspunkten abgelegt sind. Wie der Prüfer glaubhaft in der Beweisaufnahme geschildert hat, ist es nicht üblich, die Aufzeichnungen zu einem bestimmten Prüfungspunkt nach dessen Erledigung mit Datum und Namenszeichen zu versehen. Dementsprechend befinden sich in den BP-Handakten auch nur rudimentäre Hinweise auf bestimmte Daten von Prüfungshandlungen. Dies kann dem Beklagten im Streitfall jedoch nicht zum Nachteil gereichen. Denn für die Frage, ob im Streitfall die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 Satz 1 AO eingetreten ist, kommt es nicht darauf an, welche konkrete Prüfungshandlung der Prüfer im ersten Halbjahr 1991 vorgenommen hat. Entscheidend ist vielmehr, ob er im ersten Halbjahr 1991 überhaupt Prüfungshandlungen vorgenommen hat. Hiervon ist der erkennende Senat unter Würdigung aller Umstände im Streitfall überzeugt. Auch der steuerliche Berater des Klägers hat in seiner Zeugenvernehmung bekundet, dass der Prüfer kontinuierlich an der Prüfung des Einzelunternehmens M. O. gearbeitet hat. Ihm war nicht erinnerlich, dass der Prüfer über einen längeren Zeitraum hinweg nicht mehr mit der Prüfung des Einzelunternehmens beschäftigt gewesen sein sollte. Hiergegen kann der Kläger nicht unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 24.04.2003 VII R 3/02, BStBl II 2003, 739 einwenden, die Prüfungshandlungen müssten sich aus den BP-Handakten selbst und nicht aus sonstigen Nebenakten ergeben. Auch im Streitfall ergeben sich die Prüfungshandlungen aus den BP-Handakten selbst. Bei den BP-Handakten handelt es sich um zwei Leitzordner, die prall gefüllt sind mit Feststellungen des Prüfers. Dies wird auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt. Die Verwertung der streitigen Terminkalender erlaubte dem erkennenden Senat lediglich die Überzeugungsbildung, dass die Feststellungen des Prüfers zumindest teilweise auch im fraglichen Zeitraum (erstes Halbjahr 1991) getroffen worden sind.

3. Entgegen der Auffassung des Klägers kann im Streitfall auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Festsetzungsfrist bei Erlass der streitigen Änderungsbescheide bereits abgelaufen war, weil seit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzte Ermittlungshandlung erfolgt ist, wiederum die vierjährige Festsetzungsrist des § 169 Abs. 2 AO verstrichen sei. Insoweit kann offen bleiben, ob - wie der Beklagte meint - in der schriftlichen Stellungnahme des Prüfers auf die Einwendungen des Klägers und die nachgereichten Unterlagen im Jahre 1996 eine Ermittlungshandlung gesehen werden kann. Nach Auffassung des Senats ist eine (letzte) Ermittlungshandlung jedenfalls in der Zusammenstellung der umfangreichen Prüfungsfeststellungen im Rahmen des Betriebsprüfungsberichts zu sehen. Hiergegen lässt sich nicht einwenden, dass die Zusammenstellung von Prüfungsfeststellungen möglicherweise noch als Prüfungshandlung, nicht jedoch als Ermittlungshandlung im Sinne des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO qualifiziert werden könne. Zwischen einer Ermittlungshandlung und einer Prüfungshandlung besteht insoweit kein Unterschied. Denn jede Handlung eines Prüfers im Rahmen einer Außenprüfung, die darauf gerichtet ist, den für die richtige Anwendung der Steuergesetze wesentlichen Sachverhalt zu ermitteln oder zu überprüfen, ist eine Ermittlungshandlung (vgl. BFH-Urteil vom 06.07.1999 VIII R 17/97, BStBl II 2000, 306). Hierzu gehört auch die Erstellung des Betriebsprüfungsberichts, mit dem der Prüfer unter anderem entscheidet, welchen Sachverhalt er unter Berücksichtigung der ermittelten Umstände der Besteuerung zu unterwerfen gedenkt. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Gesetzeszweck des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO, einer missbräuchlichen Ausnutzung der Möglichkeit der Ablaufhemmung durch die Finanzbehörde entgegenzutreten (vgl. Klein/Rüsken, § 171 AO Tz. 68). Denn maßgebend ist allein, dass aus der Sicht des Steuerpflichtigen die Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung noch nicht als beendet angesehen werden können. Findet - wie im Streitfall - keine Schlussbesprechung statt, so enden die Ermittlungen des Prüfers regelmäßig erst mit der Zusammenstellung der Prüfungsfeststellungen im Betriebsprüfungsbericht. Dementsprechend hat der BFH mit Urteil vom 24.04.2003 VII R 3/02, BStBl II 2003, 739 entschieden, dass das bloße Zusammenstellen bisheriger Prüfungsfeststellungen durchaus geeignet sein könne, die Unterbrechung der Prüfung zu beenden, sofern dies anhand der Prüfungsakten nachvollzogen werden könne. Ausweislich des Laufzettels hat der Prüfer den Betriebsprüfungsbericht vom 24.01.1994 in der Zeit vom 27.12.1993 bis 13.01.1994 gefertigt. Diese Arbeiten haben insgesamt fünf Berichtstage in Anspruch genommen. Dieser ist abschließend am 24.01.1994 gefertigt worden. Haben damit Anfang 1994 noch Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden, so hatte der Beklagte bis zum Ablauf des 31.12.1998 Zeit, um die Prüfungsfeststellungen umzusetzen. Diese Frist hat er gewahrt, denn die streitigen Umsatzsteueränderungsbescheide sind noch im Verlauf des Monats Dezember 1998 erlassen und dem Kläger bekannt gegeben worden. Insoweit kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Zurückstellen der Auswertung der Prüfungsfeststellungen offensichtlich auf die Anregung des Klägers zurückzuführen ist.

4. Andere Gründe, aus denen sich die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Umsatzsteueränderungsbescheide ergeben könnten, sind weder vom Kläger vorgetragen noch aus dem Akteninhalt ersichtlich. Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, denn die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.



Ende der Entscheidung

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