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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 17.08.2004
Aktenzeichen: 5 K 892/03
Rechtsgebiete: GrEStG 1997


Vorschriften:

GrEStG 1997 § 23 Abs. 4 Satz 1
GrEStG 1997 § 11 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Zwischen den Parteien ist die Höhe der Grunderwerbsteuer streitig, zum einen im Hinblick auf die Gegenleistung, zum anderen im Hinblick auf den anzuwendenden Grunderwerbsteuersatz.

Mit notariellem Vertrag vom 21.12.1996 kaufte die Klägerin ein Grundstück unter der UR-Nr. 123 zum Preis von 83.950.000,-DM (Bl. 110 ff. FG-Akte). Die Klägerin wurde bei Vertragsschluss von Herrn C vertreten. Im Vertrag wurde zu den Erschienenen ausgeführt:

"für die Fa. B Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ... Herr C, berufsansässig ..., von Person bekannt, handelnd als mündlich bevollmächtigter Vertreter, mit dem Versprechen, eine notarielle Vollmachtsbestätigung nachzureichen (der Notar bestätigt, dass der Geschäftsführer Dr. E telefonisch, von ihm mitgehört, die erteilte Vollmacht bestätigte)."

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Vertragsurkunde verwiesen, Bl. 42 ff. FG - Akte.

Die notariell beglaubigte Vollmachtserteilung wurde mit Datum vom 09.01.1997 nachgereicht.

Auf Grundlage dieses Vertrages wurde durch den Grunderwerbsteuerbescheid vom 15.08.1997 Grunderwerbsteuer in Höhe von 1.679.000,- DM festgesetzt, wobei ein Steuersatz von 2 % angewandt wurde. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs.1 der Abgabenordnung (AO) sowie vorläufig gemäß § 165 AO. Die festgesetzte Grunderwerbsteuer in Höhe von 1.679.000,- DM wurde von der Klägerin bezahlt.

Mit Datum vom 07.12.2000 erließ der Beklagte einen geänderten Bescheid, ausgehend von einer steuerpflichtigen Gegenleistung in Höhe von 89.157.678,- DM und einem Steuersatz von 2 %. Mit der Abänderung wurden hier nicht streitige weitere Gegenleistungen berücksichtigt.

Gegen diesen - weiterhin vorläufigen und unter dem Nachprüfungsvorbehalt stehenden - Änderungsbescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 15.12.2000 form- und fristgerecht Einspruch ein.

Mit Datum vom 06.12.2001 erging ein weiterer Änderungsbescheid, der gemäß § 365 Abs. 3 AO zum Gegenstand des anhängigen Einspruchsverfahrens wurde. In diesem Bescheid wurde der Wert der steuerpflichtigen Gegenleistung auf 122.431.720,- DM erhöht. Die Abänderung beruhte u.a auf der hier streitigen Berücksichtigung einer durch Vertrag vom 12.06.1997, UR-Nr. 345 vereinbarten Kaufpreiserhöhung um 2.300.000,- DM und dem Ansatz eines Steuersatzes von 3,5 %. Die Grunderwerbsteuer wurde nunmehr mit 4.285.110,- DM festgesetzt.

In dem Vertrag UR.-Nr. 345 heisst es unter Punkt 1 unter Bezugnahme auf den Kaufvertrag vom 21.12.1996 u.a.:

"Es wird weiter vereinbart: Im Hinblick darauf, dass die Gläubigerin ... AG die Lastenfreistellung von den in Abt. III Nr. 10 und 11 eingetragenen Sicherungshypotheken nur gegen Zahlung von 2.000.000,- DM erteilt, wird der im Kaufvertrag vereinbarte Kaufpreis um netto 2.000.000,- DM erhöht auf ..."

Weitere Einzelheiten ergeben sich aus der Vertragsurkunde, Bl. 134 ff. 5 V 1260/02.

Am 16. 01.2003 erging die Einspruchsentscheidung, mit der dem Einspruch der Klägerin teilweise stattgegeben, die Änderung in den hier streitigen Punkten jedoch als unbegründet zurückgewiesen und die Grunderwerbsteuer unter Berücksichtigung eines Kaufpreises von 86.250.000 DM und eines Steuersatzes von 3,5 % neu festgesetzt wurde.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage.

Nach ihrer Ansicht ist die Anwendung des Steuersatzes von 3,5 % auf den Kauf des Grundstücks fehlerhaft und rechtswidrig. Für den Erwerbsvorgang sei vielmehr nach §§ 11, 23 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) der Steuersatz von 2 % anzuwenden, der bis zum 31.12.1996 gegolten habe. Entscheidend sei die Verwirklichung des Erwerbsvorgangs. Bei Kauf eines Grundstücks sei der Erwerbsvorgang dann verwirklicht, wenn das auf den Erwerbsvorgang abzielende Wollen in rechtsgeschäftliche Erklärungen umgesetzt worden sei, also wenn die Beteiligten im Verhältnis zueinander gebunden seien.

Am 21.12.1996 sei der notarielle Kaufvertrag mit der UR-Nr. 123 vor dem Notar ... abgeschlossen worden. Sie, die Klägerin, sei bei Vertragsabschluss durch Herrn C wirksam vertreten worden. Diesem sei von Herrn Dr. E als gesetzlichem Vertreter der Klägerin mündlich Vollmacht erteilt worden, was von diesem per Telefon gegenüber dem Notar auch bestätigt worden sei, wie sich aus den Seiten 1 und 2 des Vertrages ergebe. Die mündliche Erteilung der Vollmacht sei nach § 167 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB- ausreichend, da die Erteilung der Vollmacht nicht der Form bedürfe, welche für das Rechtsgeschäft bestimmt sei, auf das sich die Vollmacht beziehe. Die vom Beklagten zitierten Ausnahmen (vgl. Palandt, Kommentar zum BGB, 61. Auflage, § 313 Randnr. 20, 21) fänden keine Anwendung. Denn hier müsse weder der Vertreter geschützt werden, noch habe mit der Vollmacht eine Einkleidung für einen Übertragungs- oder Erwerbsvorgang zur Bindung des Eigentümers oder Erwerbers stattfinden sollen. Zudem habe weder der Beklagte noch das Gericht in seinem Aussetzungsbeschluss 5 V 1260/02 dargelegt, aus welchen Gründen eine unwiderrufliche Vollmacht vorliege oder worin die Bindungswirkung aus dem Vertrag für sie, die Klägerin, begründet sein solle. Nach der vom Beklagten zitierten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), Urteile vom 18.05.1999 II R 16/98, BStBl II 1999, 606 und vom 08.02.2000 II R 51/98, BStBl II 2000, 318, sei ein Erwerbsvorgang im Sinne des § 23 GrEStG 1983 verwirklicht, wenn das auf einen Erwerbsvorgang abzielende Wollen in rechtsgeschäftliche Erklärungen umgesetzt worden sei, wenn also die Beteiligten im Verhältnis zueinander gebunden seien. Diese Voraussetzung könne auch bei einem Rechtsgeschäft vorliegen, dessen Rechtswirkungen von dem Eintritt einer Bedingung oder der Erteilung einer Genehmigung abhängen. Die Parteien eines solchen Rechtsgeschäftes seien im Regelfall durch den Vertragsabschluss gebunden und könnten die Vertragsbeziehungen nicht mehr einseitig lösen. Im Streitfall seien zum Zeitpunkt der notariellen Beurkundung die Beteiligten im Verhältnis zueinander gebunden gewesen. Die Wirksamkeit des Vertrages sei mit der notariellen Beurkundung eingetreten. Somit habe kein von einem Vertreter ohne Vertretungsvollmacht abgeschlossener Grundstückskaufvertrag vorgelegen. Die mit Datum vom 09.01.1997 nachgereichte notariell beglaubigte Vollmachtserteilung sei daher auch nicht erforderlich und für den Erwerbsvorgang ohne Bedeutung gewesen. Diese sei nur aus formellen Gründen im Hinblick auf § 19 Grundbuchordnung erteilt worden, was auch der Notar in seinem Schreiben vom 20.06.2002 bestätigt habe, Bl. 72 f. FG - Akte.

Eine andere Bedeutung ergäbe sich auch nicht für den Fall, dass am 21.12.1996 keine Vollmacht vorgelegen hätte, da die nachgereichte Vollmacht rückwirkend zum 21.12.1996 Wirkung entfaltet hätte.

Da der Erwerbsvorgang somit am 21.12.1996 verwirklicht worden sei, komme gemäß § 23 Abs. 4 i. V. m. § 11 Abs. 1 GrEStG der Steuersatz von 2 % zur Anwendung und nicht der Steuersatz von 3,5 %.

Zudem sei die Abänderung des Wertes für die steuerpflichtige Gegenleistung wegen Kaufpreiserhöhung in Höhe von 2.300.000,- DM brutto (2.000.000,- DM netto) zu Unrecht erfolgt. Die im Vertrag vom 12.06.1997 vereinbarte Kaufpreiserhöhung sei nicht Bestandteil der Gegenleistung.

Der notarielle Kaufvertrag UR-Nr. 123 vom 21.12.1996 sei durch den notariellen Vertrag UR-Nr. 345 vom 12.06.1997 ergänzt worden. Durch nachträglich entstandene Kosten für eine erforderliche Lastenfreistellung in Höhe von 2.000.000,- DM plus 300.000,- DM für Umsatzsteuer sei der Kaufpreis um 2.300.000,- DM erhöht worden. Dieser Vorgang habe jedoch nicht zu einer Erhöhung des Wertes der steuerpflichtigen Gegenleistung im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes geführt. Im Kaufvertrag vom 21.12.1996 sei auf den Seiten 9/10 die Vereinbarung getroffen worden, dass für den Fall, dass die Valuten im Fall der Ablösung höher seien, die Differenz von der Verkäuferin zu tragen sei. Die Umsetzung der Vereinbarung gehe aus Seite 4 des notariellen Ergänzungsvertrages vom 07.07.1997 UR-Nr. 678 (Bl. 143 ff. FG-Akte) hervor. Dort sei vereinbart worden, dass die Verkäuferin, die I KG, den Betrag von 2 Mio. DM beim amtierenden Notar hinterlege. Es sei eben nicht so, wie der Beklagte annehme, dass sie, die Klägerin, als Erwerberin diesen Betrag an die Veräußerin gezahlt habe, um das Grundstück zu erhalten.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, dass Herr C der Prokurist der Klägerin ohne Generalvollmacht sei und den Geschäftsführer Dr. E immer dann bei Grundstücksgeschäften vertreten habe, wenn dieser terminlich verhindert gewesen sei. Der Einsatz von Herrn C am 21.12.1996 habe lediglich eine technische Erleichterung dargestellt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Änderung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 06.12.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.01.2003 die Grunderwerbsteuer auf 858.459,07 EUR (1.679.000 DM) neu festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die im Vertrag vom 12.06.1997 vereinbarte Kaufpreiserhöhung um netto 2 Mio. DM sei Bestandteil der Gegenleistung, da die Klägerin sie an den Veräußerer gezahlt habe, um das Grundstück zu erhalten. Dass der Erhöhungsbetrag zur Lastenfreistellung des Grundstückes verwendet worden sei, zu der sich die Veräußererseite im ursprünglichen Kaufvertrag verpflichtet hatte, führe zu keinem anderen Ergebnis.

Zur Frage des anzuwendenden Steuersatzes ist er der Ansicht, dass die Klägerin bei Abschluss des Grundstückskaufvertrages durch eine Person vertreten gewesen sei, die lediglich eine mündliche Vollmacht gehabt habe. Materiellrechtlich bedürfe die Erteilung der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht - Vollmacht (§ 166 I BGB) - zwar grundsätzlich nicht der Form, welche für das Rechtsgeschäft bestimmt sei, auf das sich die Vollmacht beziehe (§ 167 II BGB). Eine Ausnahme bestehe jedoch für eine Vollmacht zum Verkauf oder Kauf eines Grundstücks. Diese bedürfe der notariellen Beurkundung, insbesondere, wenn es sich um eine unwiderrufliche Vollmacht handele (Palandt, Kommentar zum BGB, § 313 RdNr. 20). Für eine widerrufliche Vollmacht sei die notarielle Beurkundung erforderlich, wenn sie als äußere Einkleidung einer Übertragungs- oder Erwerbsverpflichtung zur Bindung des Eigentümers und/oder des Erwerbers führen solle (vgl. Boruttau, Kommentar zum GrStG, 14.Auflage, § 1 RdNr. 187; Palandt a.a.O., § 313 RdNr. 21).

Im Streitfall seien im Zeitpunkt der notariellen Beurkundung mangels einer ausreichenden Vertretungsvollmacht die für die Rechtswirksamkeit des Grundstückskaufvertrags erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen.

Die Wirksamkeit des Vertrages für und gegen die Klägerin sei noch von ihrer Genehmigung abhängig gewesen, die erst am 09.01.1997 formell ordnungsgemäß erteilt worden sei (§ 177 Abs. 1 BGB). Bis dahin sei der Vertrag aus Gründen, die bereits die zum Vertragsschluss führenden Erklärungen betrafen, schwebend unwirksam gewesen. Während der Dauer eines solchermaßen begründeten Schwebezustandes sei der Vertretene nicht gebunden, insbesondere grundsätzlich nicht zur Erteilung der Genehmigung verpflichtet. Das Vertretergeschäft habe keine Wirkung für und gegen den Vertretenen. Klagbare Ansprüche bestünden noch nicht (Schramm in Münchener Kommentar zum BGB, Allgemeiner Teil, 3. Auflage, § 177 Rdnr. 16, m. w. N.). Vor Erteilung der Genehmigungen durch die vollmachtlos vertretene Klägerin habe daher keine endgültige Bindung an den bereits beurkundeten Vertrag bestanden. Dies schließe eine Verwirklichung des Erwerbsvorganges bereits mit dem Abschluss des Vertrages nach den von der Rechtsprechung des BFH entwickelten Grundsätzen aus (vgl. BFH-Urteile vom 18. Mai 1999 II R 16/98, BStBl II 1999, 606 und vom 8. Februar 2000 II R 51/98, BStBl II 2000, 318). Ein von einem Vertreter ohne Vertretungsvollmacht abgeschlossener Grundstückskaufvertrag werde erst mit der Erteilung der Genehmigung durch den Vertretenen wirksam. Die zur Wirksamkeit des Grundstückskaufvertrags notwendige Genehmigung sei erst im Jahre 1997 erteilt worden. Zwar habe die Genehmigung durch die zunächst vollmachtlos Vertretene zivilrechtlich nach § 184 Abs. 1 BGB Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts, grunderwerbsteuerrechtlich sei ihr jedoch diese Rückwirkung nach § 14 Nr. 2 GrEStG versagt (vgl. Pahlke/Franz, Kommentar zum GrEStG, 2. Auflage, § 14 Rdnr. 14).

Der Erwerbsvorgang sei im Streitfall mithin erst im Jahr 1997 im Sinne des § 23 GrEStG 1983 verwirklicht worden und unterliege deshalb einem Steuersatz von 3,5 %.

Gründe

II.

Die Klage ist nicht begründet.

1. Der Beklagte hat bei der Ermittlung der Grunderwerbsteuer zu Recht den Steuersatz von 3,5 % berücksichtigt. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist nicht der bis zum 31.12.1996 geltende Steuersatz von 2,0 % anzuwenden.

a. Der Kaufvertrag vom 21.12.1996 unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer, was auch seitens der Klägerin nicht in Zweifel gezogen wird. Entgegen deren Auffassung beträgt die Grunderwerbsteuer jedoch gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1, § 11 Abs. 1 GrEStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1997 3,5 % vom Wert der Gegenleistung.

Gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1 GrEStG 1997 ist § 11 Abs. 1 GrEStG in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1996, mithin der höhere Steuersatz von 3,5 %, erstmals anzuwenden auf Erwerbsvorgänge, die nach dem 31.12.1996 verwirklicht wurden. Für die vor dem 01.01.1997 verwirklichten Erwerbsvorgänge verbleibt es danach bei dem alten Steuersatz von 2 % gemäß § 11 Abs. 1 GrEStG 1983.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist ein Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG dann verwirklicht, wenn das auf einen Erwerbsvorgang abzielende Wollen in rechtsgeschäftliche Erklärungen umgesetzt worden ist, wenn also die Beteiligten im Verhältnis zueinander gebunden sind (vgl. BFH-Urteile vom 20.12.1989 II R 31/88, BStBl II 1990, 235, vom 17.09.1986 II R 136/84, BStBl II 1987, 35 und vom 18.Mai 1999 II R 16/98, BStBl II 1999, 606). Unbeachtlich ist, ob dieser Rechtsvorgang bereits die Entstehung der Steuer im Sinne des § 14 GrEStG auslöst oder nicht.

Dies berücksichtigend war im Streitfall der Erwerbsvorgang nicht bereits mit Abschluss des Kaufvertrages am 21.12.1996 verwirklicht. Mangels wirksamer Bevollmächtigung des Herrn C zu diesem Zeitpunkt konnte eine Bindungswirkung zwischen den Vertragsparteien nicht eintreten.

Die Klägerin als Erwerberin war bei der Beurkundung des Kaufvertrages vom 21.12.1996 durch Herrn C als nur mündlich Bevollmächtigter vertreten worden. Damit konnten zwar die für das Zustandekommen des Kaufvertrages notwendigen Willenserklärungen für die Seite der Klägerin abgegeben werden. Diese Willenserklärungen waren jedoch gegenüber der Verkäuferin zunächst nicht wirksam. Wirksam und damit bindend wurden sie vielmehr erst durch die notariell beglaubigte Vollmachtserteilung.

Nicht ausreichend war die telefonische Bestätigung der mündlich erteilten Vollmacht durch den Geschäftsführer, die im Übrigen auch nicht als möglicherweise formfreie Genehmigung im Sinne des § 182 BGB angesehen werden kann, da ausweislich des Notarvertrages zu diesem Zeitpunkt noch kein - zu genehmigendes - Rechtsgeschäft abgeschlossen worden war.

Die Erteilung einer Vollmacht bedarf zwar gemäß § 167 Abs. 2 BGB grundsätzlich nicht der Form, die für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das sich die Vollmacht bezieht. Beurkundungsbedürftig ist eine Vollmacht unter Berücksichtigung der Beweis- und Warnfunktion der notariellen Beurkundung jedoch dann, wenn bereits die Erteilung der Vollmacht in einer Weise binden soll, um deretwillen das Beurkundungserfordernis aufgestellt wurde (Fischer in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 15. Aufl. 2002, § 1 Rdnr. 187. m. w. N.). Dementsprechend ist die Vollmachterteilung notariell zu beurkunden, wenn der Vollmachtgeber bereits durch die Erteilung der Vollmacht rechtlich und tatsächlich in gleicher Weise gebunden werden soll, wie durch den Abschluss des Rechtsgeschäfts selbst. Deshalb wird nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat anschließt, Formbedürftigkeit insbesondere dann bejaht,

wenn die Vollmacht wirksam unwiderruflich erteilt worden ist (Urteil des Bundesgerichtshofes -BGH- vom 23.02.1979 V ZR 171/77, NJW 1979, 2306);

wenn der Bevollmächtigte den Anweisungen des Grundstückserwerbers zu folgen hat (Urteil des Reichsgerichts -RG- vom 19.03.1924 V 427/22, RGZ 108, 125);

und wenn der Bevollmächtigte keinen eigenen Entscheidungsspielraum hat, sondern als Arbeitnehmer des Vollmachtgebers lediglich dessen Anweisungen zu folgen hat (Urteil des RG vom 03.01.1920 V 254/19, RGZ 97, 332).

(vgl. hierzu im Übrigen Schramm in Münchner Kommentar zum BGB, 3. Aufl., Band 1, § 167 Rdnr. 17 - 19 a m.w.N.).

Herr C war am 21.12.1996 mündlich durch den Geschäftsführer der Klägerin bevollmächtigt und handelte somit nicht ohne Vertretungsmacht. Ob Herrn C eine unwiderrufliche Vertretungsmacht erteilt worden war, lässt sich nach Aktenlage nicht feststellen, kann aber auch dahinstehen. Denn die Formbedürftigkeit der Vollmacht ergibt sich aus folgenden Umständen: Herr C ist nach dem klägerischen Vortrag Prokurist ohne Generalvollmacht. Herr C hat zwar die Klägerin häufiger beim Notar vertreten, wenn deren Geschäftsführer, so wie auch am 21.12.1996, terminlich verhindert war. Nach dem Vortrag der Klägerin diente jedoch die Wahrnehmung des Termins durch Herrn C lediglich der technischen Erleichterung. Die Einzelheiten des zu beurkundenden Vertrages standen bereits fest und waren durch Herrn C nicht abänderbar, sodass im Termin beim beurkundenden Notar ausschließlich die Unterzeichnung des Vertrages erfolgen sollte. Herr C war somit im Termin am 21.12.1996 als weisungsgebundener Arbeitnehmer der Klägerin tätig und nur bevollmächtigt, für den terminlich verhinderten Geschäftsführer der Klägerin den zu beurkundenden Vertrag zu unterzeichnen und hatte somit keinen eigenen Handlungsspielraum. Die Klägerin sollte demnach entsprechend dem beurkundeten Vertrag bereits im Termin vom 21.12.1996 rechtlich gebunden werden.

Hiervon geht auch die Klägerin aus, was sich insbesondere aus dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben des Notariats vom 20.Juni 2002 ergibt, wonach die Vollmachtserteilung vom 09.01.1997 nur aus formellen Gründen erfolgt sei, also die Vorgänge am 21.12.1996 schon bindend sein sollten. Bei fehlendem Bindungswillen der Klägerin wäre der Erwerbsvorgang auch schon aus diesem Grunde nicht am 21.12. 1996 verwirklicht worden.

Da somit einer der zuvor dargestellten Ausnahmefälle vorliegt, in dem die Vollmacht notarieller Beurkundung bedarf, war die Vollmachtserteilung gegenüber Herrn C entgegen der Ansicht der Klägerin erst am 09.01.1997 wirksam, sodass gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1 GrEStG 1997 § 11 Abs. 1 GrEStG in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1996 anzuwenden war.

Der hier streitige Erwerbsvorgang war im Ergebnis, wie vom Beklagten angenommen, mit dem Steuersatz von 3,5 % zu besteuern.

2. Entgegen der Ansicht der Klägerin war auch die nachträglich mit Vertrag vom 12.06.1997 vereinbarte Kaufpreiserhöhung bei der Grunderwerbsteuer zu berücksichtigen.

Gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG bemisst sich die Grundsteuer nach dem Wert der Gegenleistung. Ausgehend vom bürgerlich - rechtlichen Gegenleistungsbegriff rechnet zur Gegenleistung jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks erbringt. Aus der Gegenleistung scheiden solche Leistungen des Erwerbers aus, die nicht den der GrESt unterliegenden Rechtsvorgang betreffen und für eine andere Leistung als die Verpflichtung zur Eigentumsverschaffung gezahlt werden (vgl. Viskorf in Boruttau a.a.O., § 8 Rdnr. 16 m.w.N.)

Danach ist die Kaufpreiserhöhung um netto 2 Mio. DM Teil der von der Klägerin für den Grundstückserwerb erbrachten Gegenleistung. Dies ergibt sich aus der eindeutigen Formulierung in dem Zusatzvertrag vom 12.06.1997, UR 349/97. Unter Punkt 1 wird dort in Abänderung der Vereinbarung aus dem ursprünglichen Kaufvertrag vom 21.12.1996 wörtlich vereinbart, dass der "Kaufpreis" um 2 Mio. DM netto "erhöht" wird. Der Grund für die Erhöhung bestand offenbar darin, dass die ... AG die im Kaufvertrag vom 21.12.1996 unter Absatz 6 bestimmte Lastenfreistellung von den in Abt. III Nr. 10 und 11 eingetragenen Sicherungshypotheken nur gegen Zahlung von 2 Mio.DM erteilen wollte. Diese war aber entgegen dem Klagevortrag wirtschaftlich von der Klägerin zu tragen, weshalb nachträglich die Kaufpreiserhöhung vereinbart worden war. Hiervon unabhängig ist, dass die Grundstücksverkäuferin diesen Teil des Kaufpreises nach der Vereinbarung vom 07.07.1997 zwecks Lastenfreistellung beim amtierenden Notar hinterlegen sollte. Die Klägerin sollte jedenfalls nach dem Vertrag vom 12.06.1997 über die ursprünglich im Vertrag vom 21.12.1996 vereinbarte Kaufpreissumme hinaus weitere 2 Mio. DM netto als Gegenleistung für den Grundstückserwerb entrichten.

Damit konnte die Klage auch insoweit keinen Erfolg haben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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