Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 20.11.2008
Aktenzeichen: 6 K 1746/08
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

6 K 1746/08

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Beklagte gegen den Kläger die Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit geltend machen durfte.

Über das Vermögen des Herrn ... - Schuldner - wurde am 9. November 2007 das Verbraucher-Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Treuhänder bestellt. Auf den Schuldner war seit 2003 das Kraftrad Kawasaki KLX 650 mit dem amtlichen Kennzeichen LEV ZO 3 zugelassen. Er ist seit 1989 bei der ... AG beschäftigt und besucht außerhalb der Arbeitszeit noch die Technikerschule in ....

Mit Schreiben vom 11. Januar 2008 teilte der Kläger dem Schuldner mit , dass das Fahrzeug den Pfändungsbeschränkungen des § 811 Abs. 1 Nr.5 ZPO unterliege. Es gehöre daher nicht zur Insolvenzmasse und die KraftSt sei unmittelbar aus dem pfändungsfreien Vermögen zu leisten.

Mit gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG geändertem Bescheid vom 19. November 2007 setzte der Beklagte die KraftSt für das Fahrzeug für die Zeit ab 10. November 2007 auf jährlich 49 € herauf.

Nach erfolglosem Einspruch hat der Kläger Klage erhoben und macht geltend:

Das Fahrzeug gehöre wegen der Unpfändbarkeit nicht zur Insolvenzmasse. Die Haltereigenschaft bleibe deshalb beim Schuldner. Deshalb könnten für das Fahrzeug keine Masseverbindlichkeiten entstehen. Außerdem stünden keine Mittel der Masse zur Verfügung. Der vorliegende Fall sei bisher noch nicht vom BFH entschieden worden.

Der Kläger beantragt,

den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 21. Januar 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 18. April 2008 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Verwaltungsentscheidungen für rechtmäßig.

Der Senat hat den Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Das Gericht kann dem Klageantrag gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht stattgeben, weil der Kraftfahrzeugsteuerbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung nicht rechtswidrig und der Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt ist.

Der hier strittige PKW unterliegt der Kraftfahrzeugsteuer, da er zum Verkehr auf öffentlichen Straßen gehalten wird (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG). Steuerschuldner ist der Schuldner, für den das Fahrzeug zugelassen ist (§ 7 Nr. 1 KraftStG). Dessen Verpflichtung hat der vom Beklagten in Anspruch genommene Kläger zu erfüllen, weil auf ihn die Verwaltungsbefugnis übergegangen ist, seit er zum Treuhänder des Schuldners bestellt worden ist (§ 34 AO i.V.m. §§ 80 Abs. 1, 313 InsO). Die Steuerpflicht ist nicht gemäß § 5 Abs. 4 oder Abs. 5 KraftStG erloschen, da das Fahrzeug weder abgemeldet noch umgemeldet worden ist. Die Steuerschuld ist eine Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, weil sie durch die Verwaltung der Insolvenzmasse begründet wird.

Den vorstehende kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Vorschriften ist die rechtlich unwiderlegliche Vermutung zu entnehmen, dass das Fahrzeug von demjenigen, für den es zugelassen ist, bis zur Ummeldung oder Außerbetriebssetzung gehalten wird. Das unwiderlegbar rechtsvermutete Halten führt zu einer gesetzlich unterstellten Verwendungsmöglichkeit und Verfügungsgewalt "im Geschäft" des Schuldners und damit im Rahmen der Insolvenzmasse. Dem tatsächlichen Halten des Fahrzeugs steht das unwiderlegbar rechtsvermutete Halten des Fahrzeugs gleich. Der Treuhänder ist also auch bei dem nur rechtsvermuteten Halten verpflichtet, das Fahrzeug außer Betrieb zu setzen oder die Anzeige über den Übergang des Fahrzeugs bei der Zulassungsbehörde zu erstatten, wenn er das Entstehen einer weiteren Steuerschuld zu Lasten der Insolvenzmasse vermeiden will. Demgegenüber geht das Vorbringen des Klägers fehl. Es kann insbesondere nicht anerkannt werden, dass ihm die Herbeiführung des Endes der Steuerpflicht, d.h. die Anzeige über den Übergang des Fahrzeugs auf einen anderen bei der Zulassungsbehörde unter Beifügung der oben erwähnten - gegebenenfalls noch zu beschaffenden - Bescheinigung unmöglich gewesen wäre.

Mit der vorstehenden Gesetzesauslegung folgt das Gericht der ständigen Rechtsprechung (grundlegend BFH, Urteile vom 18. Dezember 1953 II 19/52 U BStBl III 1954, 49;vom 29. August 2007 IX R 58/06, BStBl II 2008, 322; IX R 4/07, BFH/NV 2007, 2429; IX R 20/07, BFH/NV 2008, 111; IX R 21/07, BFH/NV 2008, 112; IX R 22/07, BFH/NV 2008, 113; IX R 60/06, bei [...]; IX R 61/06, bei [...];18. September 2007 IX R 59/06, ZIP 2008, 283 und vom 16. Oktober 2007 IX 25/07, BFH/NV 2008, 250 sowie IX R 29/07, BFH/NV 2008, 251; zustimmend Brandt, BFH-PR 2008, 83; Roth, ZInsO 2008, 304; Henkel, NZI 2008, 61; dagegen von Spiessen, EWiR 2007, 723; vgl. auch LoofF, ZInsO 2008, 75). Seine abweichende Auffassung aus dem Urteil vom 20. März 2007 (6 K 3604/06, EFG 2007, 1267) hält das Gericht nicht mehr aufrecht.

Bei einer rechtlich unwiderlegbaren Vermutung wie im Streitfall ist für die Überlegungen des Klägers zur Unpfändbarkeit kein Raum.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Für eine Zulassung der Revision besteht kein Grund (§ 115 Abs. 2 FGO). Dem steht nicht entgegen, dass der BFH den vorliegenden Fall der Unpfändbarkeit nicht entschieden hat. Aus seiner bisherigen Rechtsprechung ergibt sich ohne Zweifel, dass die Unpfändbarkeit eines Fahrzeuges nicht zu einem abweichenden Ergebnis führen würde.

Ende der Entscheidung

Zurück