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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 26.10.2006
Aktenzeichen: 6 K 394/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 15 Abs. 2
EStG § 22 Nr. 2
EStG § 23 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

6 K 394/04

Tenor:

Unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 1999 und 2000 vom 04.12.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.12.2003 und der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2006 wird die Einkommensteuer dergestalt neu festgesetzt, dass bei der Festsetzung

1. jeweils keine gewerblichen Einkünfte der Klägerin angesetzt,

2. die Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Klägerin in 1999 mit - 83.636 DM und 2000 mit - 42.163 DM berücksichtigt und

3. die aus der Veräußerung der Eigentumswohnungen Nrn. 3, 6, 8, 9 und 11 resultierenden Überschüsse in Höhe von 205.903 DM im Jahre 1999 und in Höhe von 14.142 DM im Jahre 2000 als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfasst werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Neuberechnung der Einkommensteuerbeträge wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 85 v.H. und der Beklagte zu 15 v.H.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die von der Klägerin in den Streitjahren getätigten Verkäufe von Eigentumswohnungen einen gewerblichen Grundstückshandel begründen oder im Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung stattgefunden haben.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger erzielt als Einzelunternehmer mit seinem Installationsgeschäft für Heizung, Sanitär und Wasser Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Klägerin war in den Streitjahren als kaufmännische Angestellte im Unternehmen ihres Ehemannes tätig.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 09.07.1992 erwarb die Klägerin das Grundstück L-straße 91 in A. Auf dem Grundstück befand sich ein Einfamilienhaus (heute L-straße 87), das durch die Kläger in der Folgezeit renoviert und seit November 1994 selbst genutzt wird. Zwischen 1992 und dem 01.02.1995 errichteten die Kläger auf diesem Grundstück (später L-straße 89) zusätzlich ein Mehrfamilienhaus mit zehn Wohnungen, einem Büro-, einem Werkstatt- und Lagerraum sowie acht Garagen, die den Wohnungen nicht zugeordnet waren. Die Wohnungen wurden nach Fertigstellung auf unbestimmte Dauer an Dritte und - verbilligt - an ihre beiden Kinder vermietet. Die Mietverträge enthielten für 10 Jahre eine Staffelmietvereinbarung. Die Büro-, Lager- und Werkstatträume vermietete die Klägerin an den Kläger zur Nutzung im Rahmen seines Gewerbebetriebs. Die Planung sah Herstellungskosten für den Neubau von 2,495 Mio. DM vor. Tatsächlich beliefen sich die Herstellungskosten auf 2.688.817,40 DM. Die Herstellungskosten wurden - mit Ausnahme von Eigenmitteln von 4.000 DM - in vollem Umfang durch die Bank L fremdfinanziert. Zum 31.12.1998 standen den vorgenannten Herstellungskosten Darlehen in Höhe von 2.981.945 DM gegenüber.

Die gewerblichen Gewinne des Klägers entwickelten sich ab dem Jahre 1991 wie folgt:

 Jahr Gewinn in DM
1991Ca. 160.000
1992142.464
199359.059
199465.855
1995110.095
199679.217
199775.210
199871.104
199995.217
200054.428

Die Gewinne vor 1991 haben jährlich ca. 160.000 DM und mehr betragen.

Mit Teilungserklärung vom 04.09.1995 wurde das Mehrfamilienhaus in Wohnungseigentum aufgeteilt.

Zwischen 1997 und 2000 veräußerte die Klägerin die folgenden Wohnungen:

 Wohnung Nr. Datum des notariellen Kaufvertrages Herstellungskosten in DM Veräußerungspreis in DM
524.10.1997162.522215.000
601.03.1999232.396279.000
906.04.1999232.395279.000
310.05.1999228.783279.000
823.06.1999162.522225.000
1111.04.2000285.858300.000

In ihren Einkommensteuererklärungen 1999 und 2000 erklärten die Kläger aus dem Objekt L-straße 87-89 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 1999 in Höhe von -83.636 DM und für 2000 von -42.163 DM.

Der Beklagte veranlagte die Kläger zunächst für 1999 und 2000 erklärungsgemäß mit unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheiden. Dabei wurden die Kläger in den Erläuterungen des Einkommensteuerbescheides 1999 aufgefordert, Gewinnermittlungen für die Jahre 1992 bis 1999 für den Gewerbebetrieb "gewerblicher Grundstückshandel" vorzulegen. Denn mit der Eigentumswohnung Nr. 11 seien insgesamt vier Objekte innerhalb des 1992 mit dem Erwerb des unbebauten Grundstücks beginnenden Fünf-Jahres-Zeitraums veräußert worden.

Trotz wiederholter Aufforderung reichten die Kläger die Gewinnermittlungen nicht ein. Eine Stellungnahme blieb ebenfalls aus. Daraufhin erließ der Beklagte unter dem 04.12.2001 nach § 164 Abgabenordnung (AO) geänderte Einkommensteuerbescheide und schätzte die gewerblichen Einkünfte aus dem Grundstückshandel der Klägerin, ausgehend von den bisher erklärten Vermietungseinkünften ohne Absetzung für Abnutzung und unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages sowie unter Erfassung der Veräußerungserlöse, in Höhe von 513.000 DM für 1999 und von 295.000 DM für 2000. Die Vermietungsverluste blieben unberücksichtigt. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

Der auf Aufhebung der Änderungsbescheide gerichteten Einspruch vom 20.12.2001 führte zu einer teilweisen Stattgabe insoweit, dass die Veräußerungsgewinne nunmehr in der vom Finanzamt mit Schreiben vom 10.12.2002 vorgeschlagenen Höhe - auf der Basis der zwischenzeitlich von den Klägern den einzelnen Wohnungen zugeordneten Herstellungskosten und AfA-Beträgen - wie folgt der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt wurden:

 1999 DM2000 DM
Veräußerungserlös Whg. 3279.000 
Veräußerungserlös Whg. 6279.900 
Veräußerungserlös Whg. 8225.000 
Veräußerungserlös Whg. 9279.000 
Veräußerungserlös Whg. 11 300.000
abzüglich Herstellungskosten 856.097285.858
zuzüglich Absetzung für Abnutzung 13.6274.551
Veräußerungsgewinn219.53018.693

Im Übrigen hielt der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 23.12.2003 unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Drei-Objekt-Grenze daran fest, dass die Klägerin mit dem Verkauf der sechs Eigentumswohnungen einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben habe. Es sei vorliegend unbeachtlich, wenn der Verkauf stattgefunden habe, um eine Zwangsvollstreckung durch die finanzierende Bank zu verhindern, weil das ursprüngliche Finanzierungskonzept wegen unvorhergesehener Gewinnrückgänge nicht habe eingehalten werden können und der Entschluss zur Teilung des Gesamtobjektes erst nach Fertigstellung und auf Druck der finanzierenden Bank gefasst worden sei. Es seien zudem keine Unterlagen vorgelegt worden, aus denen ersichtlich sei, dass eine Zwangsversteigerung bereits angeordnet worden sei. Nur ein tatsächlich im Rahmen einer Zwangsversteigerung verkauftes Objekt hätte keinen Einfluss auf die Drei-Objekt-Grenze gehabt. Ohne Bedeutung sei auch, dass sich die Kläger im Gespräch mit der Bank L laut Aktenvermerk vom 26.10.1995 hinsichtlich des Verkaufs der Wohnungen nicht einsichtig gezeigt hätten. Denn später - in den Jahren 1997, 1999 und 2000 - seien sie bei günstiger Gelegenheit zum Verkauf bereit gewesen. Die Kläger hätten auch nicht die andere von der Bank L aufgezeigte Möglichkeit zur Verbesserung der finanziellen Lage, nämlich die an die Kinder vermieteten Wohnungen zum Marktpreis bzw. anderweitig fremd zu vermieten, wahrgenommen. Ausweislich der Einkommensteuererklärung 2001 würden weiterhin zwei Wohnungen verbilligt an die Kinder vermietet. Da die vorgelegten Mietverträge auf unbestimmte Dauer und nicht auf die feste Dauer von fünf bis zehn Jahren abgeschlossen seien, sprächen diese ebenfalls nicht gegen eine bereits im Zeitpunkt der Errichtung der Objekte vorliegende, zumindest bedingte Weiterberäußerungsabsicht. In § 3 des Mietvertrages sei lediglich eine Staffelmiete für die nächsten zehn Jahre vereinbart worden. Mietverträge auf unbestimmte Dauer seien gemäß §§ 573 ff. BGB grundsätzlich kündbar, auch wenn bei Mietverhältnissen über Wohnraum eine Kündigung nur nach Maßgabe der besonderen Kündigungsschutzregelungen in §§ 573, 573a BGB Erfolg verspreche. Daneben habe die Klägerin die neuen Wohnungen trotz anfänglicher Vermietung bereits 1996 in Eigentumswohnungen aufgeteilt. Diese sachenrechtliche Gestaltung erhöhe die Verkäuflichkeit der einzelnen Wohnungen in einem Maße, das den Schluss auf eine bedingte Verkaufsabsicht schon bei Errichtung rechtfertige. Auch wenn die Objekte ursprünglich zur Alterssicherung errichtet worden seien, folge hieraus nicht, dass bei Errichtung nicht die Absicht bestanden hätte, den Grundbesitz bei einer sich bietenden günstigen Gelegenheit zu veräußern. Die 100-prozentige Finanzierung sei ebenfalls ein Indiz für eine bedingte Veräußerungsabsicht, da diese immer die Gefahr eines Liquiditätsengpasses beinhalte. Da sich sowohl die Überschreitung der geplanten Baukosten wie auch der Gewinnrückgang im Unternehmen des Klägers während der Bauphase abgezeichnet hätten, sei unklar, wie die Kläger den Finanzierungsschwierigkeiten hätten begegnen wollen, wenn nicht durch eine eventuelle Veräußerung einzelner Wohnungen. Ferner könne auch die hauptberufliche Tätigkeit des Klägers im Baubereich nicht ganz außer Acht gelassen werden, zumal Zinsen und Tilgung durch Entnahmen aus dem Betrieb des Klägers bereit gestellt werden sollten. Es sei davon auszugehen, dass erst diese Tätigkeit das umfangreiche Bauvorhaben der Klägerin ermöglicht habe. Die Schätzung der gewerblichen Einkünfte der Klägerin sei dem Grunde und der Höhe nach zu Recht erfolgt, da die Kläger keine Gewinnermittlung eingereicht hätten. Der gewerbliche Grundstückshandel gelte mit Fertigstellung der Wohnungen als eröffnet. Die veräußerten Wohnungen seien ab Fertigstellung als Umlaufvermögen zu bilanzieren. Absetzung für Abnutzung sei daher nicht zu gewähren. Im Rahmen der Gesamtüberprüfung des Einkommensteuerbescheides für 1999 vom 04.12.2001 sei zudem festgestellt worden, dass zu Unrecht ein Verlustabzug aus Jahren bis 1998 in Höhe von 73.887 DM vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen worden sei. Mit Bescheid vom 04.12.2001 über die gesonderte Feststellung des Verlustabzugs zum 31.12.1998 sei festgestellt worden, dass mangels eines verbleibenden Verlustabzugs keine gesonderte Feststellung nach § 10d Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes durchzuführen sei. Hinsichtlich der Einzelheiten der Einkünfteberechnung und der Rechtsausführungen wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.

Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage vom 23.01.2004 tragen die Kläger vor, dass das ursprüngliche Finanzierungskonzept, das auch Grundlage für die Kreditgewährung durch die Bank L gewesen sei, von einem jährlichen Gewinn aus dem Einzelunternehmen des Klägers von mindestens 142.000 DM ausgegangen sei. Mindestens 40.000 DM hätten hiervon für die Finanzierung des Objektes aufgewendet werden sollen. Dieses Konzept habe wegen der rückläufigen und niedrigeren Einkünfte aus dem Installationsgeschäft, der unerwartet um ca. 200.000 DM höheren Baukosten sowie unerwartet geringerer Mieteinnahmen nicht eingehalten werden können. Angesichts dieser Liquiditätsschwierigkeiten habe die Bank L sie - die Klägerin - zum Verkauf der Wohnungen gedrängt. Dies habe die Klägerin aber nicht gewollt, was sie auch gegenüber dem Mitarbeiter der Bank L, dem Zeugen S, geäußert habe. Der Teilungsentschluss gehe auf den Vorschlag ihres - der Klägerin - damaligen steuerlichen Beraters T zurück, der mit dieser Maßnahme die Bank L habe "ruhig stellen" wollen. Den Entschluss, das Objekt in einzelne Wohnungen aufzuteilen, habe sie - die Klägerin - erst nach Fertigstellung des Mehrfamilienhauses - irgendwann zwischen dem 30.01. und 04.04.1995 - auf den starken Druck der Bank L und nur aufgrund der Finanzierungsschwierigkeiten sowie aus Vorsichtsgründen, um eine Zwangsversteigerung des gesamten Objektes zu verhindern, gefasst. So gehe das Finanzierungsangebot vom 30.01.1995, anders als das vom 04.04.1995, noch nicht von einer erfolgten Teilung aus. Sie - die Klägerin - habe aber auch nach der Teilung keine Veräußerungsabsicht gehabt. Sie habe dies in einer Besprechung am 24.10.1995 gegenüber den Bank-Mitarbeitern S und I auch artikuliert. In deren Gesprächsprotokoll vom 26.10.1995 heiße es, dass sie die Kläger mit aller Deutlichkeit darauf hingewiesen hätten, dass Eigentumswohnungen verkauft werden sollten und sie die Klägerin diesbezüglich als "nicht einsichtig" einschätzten. Auch die zügige Umsetzung des Teilungsentschlusses beruhe auf dem Drängen der Bank L. Ihr - der Klägerin - sei die Weiterfinanzierung wirtschaftlich unmöglich gewesen. Sie sei gezwungen gewesen, der drohenden Zwangsversteigerung durch einen freihändigen Verkauf zu begegnen. Nach dem Verkauf von Wohnung Nr. 5 habe sich herausgestellt, dass die fälligen Verbindlichkeiten weiter stiegen, sodass 1999 vier weitere und 2000 die sechste Wohnung habe verkauft werden müssen. Hierbei seien die Wohnungen veräußert worden, deren Mietverträge zufällig wegen einer Auszugsabsicht der Mieter vorzeitig hätten einvernehmlich beendet werden können. Die Wohnungen seien lediglich sukzessive entsprechend der ausbleibenden Gewinne des Klägers und soweit unbedingt notwendig veräußert worden. Die verbilligte Wohnungsüberlassung an die Kinder sei beibehalten worden, da eine diesbezügliche Mietanpassung die vorhandenen Finanzierungsschwierigkeiten durch zusätzliche Mieteinnahmen von ca. 10.000 bzw. 11.000 DM in den Streitjahren nicht habe beheben können und die Bank L schwerwiegendere Maßnahmen gefordert habe. Im Streitfall lägen in der Gesamtschau gegen einen gewerblichen Grundstückshandel sprechende Umstände vor, da die Klägerin nur ein einziges Grundstück zum Zwecke der Altersvorsorge sowie der dauerhaften Anlage und eigenen Nutzung bzw. Nutzung durch Angehörige erworben habe. Die Teilung, die die Voraussetzung für die Veräußerung gewesen sei, sei erst sieben Monate nach der Fertigstellung des Objektes erfolgt. Bei der Fertigstellung habe insofern noch keine Veräußerungsabsicht bezüglich der tatsächlich veräußerten Wohnungen bestanden. Gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht spreche zudem die Vermietung der Geschäftsräume im Untergeschoss des Mehrfamilienhauses an den Gewerbetrieb des Klägers. Denn sie - die Kläger - hätten nicht Mieter "im eigenen Haus" werden wollen. Auch die Nähe des Mehrfamilienhauses zum eigenen Einfamilienhaus belege die beabsichtigte Vermietung des ersteren, da hierdurch eine Verwaltung problemlos möglich sei. Alle verkauften Wohnungen seien ferner zuvor vermietet gewesen. Die Staffelmietvereinbarungen hätten einen Zeitraum von 10 Jahren umfasst. Wohnraummietverträge, die wie hier auf unbestimmte Zeit abgeschlossen seien, würden den Vermieter daneben für lange Zeit binden. Die Vermietung einer Wohnung hindere deren Verkauf zwar nicht rechtlich, faktisch - und darauf sei beim Merkmal der Veräußerungsabsicht abzustellen - sei eine solche Wohnung aber nur noch eingeschränkt durch Veräußerung verwertbar. Ein Grundstückseigentümer, bei dem bei Fertigstellung eine bedingte Veräußerungsabsicht vorläge, würde aber gerade nicht durch eine faktisch langfristige mietvertragliche Bindung auf einen Teil potentieller Erwerber, nämlich die auf eine Eigennutzung Abzielenden, als Kaufinteressenten verzichten wollen. Darüber hinaus stehe auch die lange Zinsbindung der aufgenommenen Darlehen der Annahme einer Veräußerungsabsicht entgegen. Es könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass sie - die Klägerin - hernach keine weitere Wohnung mehr veräußert habe.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide 1999 und 2000 vom 04.12.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.12.2003 aufzuheben, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er vor, dass das Finanzierungsangebot von einer Bestätigung der Verkaufsabsichten der Klägerin abhängig gemacht worden sei, bestätige, dass die Klägerin zur Regelung der Finanzierungsschwierigkeiten auch frühzeitig den Verkauf der Wohnungen in Betracht gezogen haben müsse. Ansonsten hätte die Bank L wohl bereits ab April 1995 keine weiteren Darlehen zur Verfügung gestellt.

Der Senat hat Beweis erhoben durch zeugenschaftliche Vernehmung des Bankmitarbeiters S. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 26.10.2006 Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die angefochtenen Einkommensteuerbescheide hinsichtlich der Frage der Verfassungswidrigkeit des § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999 für vorläufig erklärt.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist teilweise begründet. Denn der Beklagte hat zu Unrecht gewerbliche Einkünfte angesetzt, obwohl die Klägerin keinen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hat. Mit der Veräußerung der Eigentumswohnungen in den Streitjahren hat die Klägerin jedoch sonstige Einkünfte im Sinne der §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt. Die auf die veräußerten Wohnungen entfallenden Einnahmen und Ausgaben -einschließlich Absetzung für Abnutzung - führen zu einem Verlust bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und nicht - wie vom Beklagten angenommen - zu einem solchen aus Gewerbebetrieb.

1. Im Streitfall liegt kein gewerblicher Grundstückshandel der Klägerin vor.

Gemäß § 15 Abs. 2 EStG ist unter einem Gewerbebetrieb jede selbständige nachhaltige Tätigkeit zu verstehen, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Es darf sich dabei weder um die Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch um die Ausübung eines freien Berufs oder einer anderen selbständigen Tätigkeit handeln. Die Betätigung muss über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung hinausgehen. Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und der nicht steuerbaren Sphäre sowie anderen Einkunftsarten andererseits ist das "Bild des Gewerbetreibenden" heranzuziehen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291). Eine private Vermögensverwaltung ist zu bejahen, solange sich die zu beurteilende Tätigkeit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung noch als Nutzung von Grundbesitz durch Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz darstellt und die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte nicht entscheidend in den Vordergrund tritt.

Im Interesse der Rechtssicherheit hat der BFH zur Abgrenzung des gewerblichen Grundstückshandels von der privaten Vermögensverwaltung die sog. Drei-Objekt-Grenze entwickelt. Danach ist der Bereich der privaten Vermögensverwaltung in der Regel erst verlassen, wenn der Steuerpflichtige mehr als drei "Objekte" veräußert und zwischen dem Kauf bzw. der Errichtung des Objekts und dem Verkauf ein enger zeitlicher Zusammenhang von in der Regel nicht mehr als fünf Jahren besteht (z.B. BFH-Beschluss vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291). Die Zahl der Objekte und der zeitliche Abstand der maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung, Bebauung und Verkauf der Grundstücke) hat für die Beurteilung, ob eine gewerbliche Betätigung gegeben ist oder nicht, eine indizielle Bedeutung. Auf die vorgenannten Indizien kommt es allerdings nach der Rechtsprechung des BFH nicht an, wenn sich bereits aus anderen - ganz besonderen - Umständen im Rahmen einer Gesamtschau zweifelsfrei eine von Anfang an bestehende oder aber fehlende Veräußerungsabsicht ergibt (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291; BFH-Urteil vom 19. September 2002 X R 160/97, BFH/NV 2003, 890). Danach können die Umstände im Einzelfall - ausnahmsweise - derartig gewichtig erscheinen, dass einer im Grunde stets bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht keine Bedeutung zukommt. Solche Umstände hat der BFH (Urteil vom 7. November 1990 X R 170/87, Juris STRE915024060) in dem Fall angenommen, in dem der Geschäftsführer einer insolventen GmbH die zuvor von dieser erworbenen Wohnungen wieder verkauft hat, um der drohenden Verpflichtung zur Rückübertragung der Wohnungen an den Konkursverwalter über das Vermögen der GmbH zuvorzukommen. Er hat hier ausgeführt, dass eine Veräußerung, die auf einer Zwangslage beruhe, für die Feststellung, ob bereits bei Erwerb Veräußerungsabsicht bestand habe, ohne Aussagekraft sei. Der BFH - und ihm insoweit folgend der hier entscheidende Senat - sieht daher keinen Widerspruch zu den im Übrigen behandelten Fällen freiwilliger Veräußerungen, bei denen er regelmäßig die Motive der Veräußerungen als unerheblich eingestuft hat.

b) Nach diesen Maßstäben liegen im Streitfall die Voraussetzungen für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels nicht vor, obgleich die Klägerin innerhalb von fünf Jahren seit der Errichtung mehr als drei Eigentumswohnungen veräußert hat.

aa) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und unter Einbeziehung der Einlassung der Klägerin sind vorliegend derartige gewichtige Umstände erkennbar, die gegen eine auch nur bedingte Veräußerungsabsicht der Klägerin bereits bei Errichtung des Hauses - wie auch einer späteren unbedingten Veräußerungsabsicht - sprechen. So steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Veräußerungen der sechs Wohnungen in den Jahren 1997, 1999 und 2000 gerade nicht aus freien Stücken, sondern - wie von den Zeugen bestätigt - auf den vehementen Druck der finanzierenden Bank L auf die Klägerin erfolgten, um einer Zwangsversteigerung des gesamten Objektes zu entgehen. Das Ausmaß der bestehenden Zwangslage, in der sich die Klägerin befand, zeigt sich daran, dass nach Aussage des Zeugen S von seiten der Bank L bereits Herr E zur Begutachtung des Kreditengangements herangezogen worden war. Dessen Einschaltung ging der Einleitung von Zwangsmaßnahmen über die Rechtsabteilung stets unmittelbar voran. Wie prekär die Zwangslage war, wird zudem an der Höhe der Darlehn zum 31.12.1998 und der dramatisch rückläufigen Entwicklung des Gewinns im Betrieb des Ehemannes der Klägerin deutlich. Auch die Aussage des Zeugen S, dass allen Beteiligten klar gewesen sei, dass die Finanzierungsschwierigkeiten nur durch weitere Verkäufe hätten gelöst werden können, verdeutlich, dass nur durch die im freien Verkauf erfolgten Wohnungsveräußerungen die Zwangsversteigerung dieser und der übrigen Wohnungen hat abgewendet werden können, so dass sich die Verkaufsabfolge als unmittelbare Folge dieser Zwangslage darstellt. Daneben dokumentiert sich die von vornherein fehlende Veräußerungsabsicht der Klägerin darin, dass die im Finanzierungsangebot vom 04.04.1995 von der Bank L eingeforderte Bestätigung über die Verkaufsabsichten von der Klägerin - wie vom Zeugen S bestätigt - nicht erteilt worden ist. Ferner hat auch der Zeuge S in diesem Zusammenhang glaubhaft dargelegt, dass insbesondere die Klägerin von einem Verkauf von Wohnungen nichts habe wissen wollen, da sie weiterhin davon ausgegangen sei, dass sich das Objekt noch aus den Erträgen finanzieren ließe. Überdies spricht die in dem Gesprächsprotokoll der Bank L vom 26.10.1995 enthaltene Feststellung der Bankmitarbeiter, dass die Eheleute hinsichtlich des notwendig werdenden Verkaufs von Eigentumswohnungen nicht als einsichtig eingeschätzt würden, gegen eine zu diesem Zeitpunkt bestehende Veräußerungsabsicht. Auch die Abfolge der Veräußerungen, nämlich nur sukzessive und lediglich insoweit wie die Finanzierungssituation dies jeweils erforderte sowie erst mehr als zwei Jahre nach der Teilung des Objekts, belegen in der Gesamtschau eine fehlende Veräußerungsabsicht im Zeitpunkt der Errichtung. In diesem Zusammenhang ist auch der Umstand zu nennen, dass die Klägerin seit 2000 keine weiteren Wohnungen mehr veräußert hat. Die durch die Klägerin abgeschlossenen Mietverträge sind zwar als unbefristete Verträge nicht langfristig im Sinne der BFH-Rechtsprechung. Doch weist die jeweils getroffene, 10 Jahre umfassende Staffelmietvereinbarung ebenfalls darauf hin, dass die Klägerin grundsätzlich an langfristigen Mietverhältnissen und an einer Fruchtziehung im Wege der Vermietung interessiert war. Im Rahmen der Gesamtschau ist zudem zu berücksichtigen, dass die Klägerin das gesamte Objekt L-straße 87-89 zum Zwecke der Altersvorsorge und als Vermögensanlage, die später ihren beiden Kindern zugute kommen sollte, errichtet hat. Die im Betrieb des Ehemannes der Klägerin mitarbeitenden Kinder sollten zugleich mit der Wohnungsüberlassung an sie an den Sitz des Familienunternehmens gebunden werden.

bb) Kann aus dem zeitlichen Zusammenhang zwischen Erwerb und Veräußerung nicht auf eine bedingte Veräußerungsabsicht geschlossen werden und liegen sogar Anhaltspunkte gegen eine solche Absicht vor, könnte ein gewerblicher Grundstückshandel nur angenommen werden, wenn weitere Umstände vorhanden sind, die dem Verkauf als solchen ein gewerbliches Gepräge geben. Solche Umstände sind nicht ersichtlich. Allein der Verkauf einer größeren Anzahl von Wohnungen genügt nicht. Die Klägerin hat den Verkauf nicht "wie ein Händler" gestaltet, z.B. durch Werbung oder andere verkaufsfördernde Maßnahmen.

2. In die Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung des Objektes L-straße 87-89 sind ausgehend von den vorangegangenen Feststellungen auch die Einnahmen und Werbungskosten (einschließlich der Absetzung für Abnutzung), soweit sie auf die in den Streitjahren veräußerten Eigentumswohnungen entfallen, einzubeziehen. Die Einkünfte gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG der Klägerin belaufen sich danach - wie ursprünglich von den Klägern erklärt - auf - 83.636 DM für 1999 und auf - 42.163 DM für 2000.

3. Die Klägerin hat mit der Veräußerung der Wohnungen Nr. 3, 6, 8, 9 und 11 in den Streitjahren private Veräußerungsgeschäfte im Sinne der §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG getätigt. Denn zu den privaten Veräußerungsgeschäften zählen gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auch Veräußerungen von innerhalb des zehnjährigen Spekulationszeitraumes zwischen Anschaffung und Veräußerung eines Grundstücks errichteten Gebäuden und Eigentumswohnungen. Im Streitfall hat die Klägerin innerhalb der mit der Anschaffung des Grundstücks L-straße 91 im Jahre 1992 beginnenden zehnjährigen Frist auf diesem das Gebäude L-straße 87-89 mit den Eigentumswohnungen errichtet und die besagten Wohnungen vor Ablauf der Frist in den Jahren 1999 und 2000 veräußert. Der Gewinn aus den Veräußerungsgeschäften ist gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG der Unterschied zwischen Veräußerungspreis einerseits und den Herstellungskosten und Werbungskosten andererseits. Diese Werte sind zwischen den Beteiligten unstreitig. Abweichend von § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG mindern sich die Herstellungskosten vorliegend nicht um die bei der Ermittlung der Einkünfte im Sinne der § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4-6 EStG abgezogenen Absetzung für Abnutzung, da diese Vorschrift nach § 52 Abs. 39 Satz 4 EStG nur auf Veräußerungsgeschäfte Anwendung findet, bei denen das Wirtschaftsgut nach dem 31.07.1995 angeschafft und veräußert oder nach dem 31.12.1998 fertig gestellt und veräußert worden ist. Hier wurden aber die Wohnungen auf dem 1992 angeschafften Grundstück bereits 1995 fertig gestellt.

Die der Besteuerung zugrunde zu legenden Veräußerungsgewinne betragen danach 1999 205.903 DM (1.062.000 DM Summe der Veräußerungspreise der Wohnungen 3, 6, 8, 9 - 856.097 DM Summe der Herstellungskosten) und 2000 14.142 DM (300.000 DM Veräußerungspreis der Wohnung Nr. 11 - 285.858 DM Herstellungskosten).

Im Streitfall hat der Beklagte mit dem in der mündlichen Verhandlung in die angefochtenen Steuerbescheide aufgenommen Vorläufigkeitsvermerk dem Umstand Rechnung getragen, dass Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der zu § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG? ergangenen Anwendungsregelung des § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 bestehen. Für eine darüber hinausgehende Nichtberücksichtigung der Veräußerungsgewinne besteht aus Sicht des Gerichts kein Anlass.

II.

Die Neuberechnung der Steuerbeträge wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

V.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war im Hinblick auf die Schwierigkeit der konkret anliegenden steuerrechtlichen Frage und der wirtschaftlichen Auswirkung des Rechtsstreits für die Kläger notwendig.

VI.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO zum Zwecke der Fortbildung des Rechts zugelassen.



Ende der Entscheidung

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