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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 06.04.2006
Aktenzeichen: 6 K 4038/05
Rechtsgebiete: EigZulG


Vorschriften:

EigZulG § 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
aufgrund mündlicher Verhandlung

für Recht erkannt:

Tatbestand

Die Kläger unterzeichneten am 11.02.1998 die Beitrittserklärungen zu der am ... 1997 in das Genossenschaftsregister eingetragenen Wohnungsbaugesellschaft e.G. (im Folgenden W. genannt), nachdem sie auf diese Beteiligungsmöglichkeit durch ihren Steuerberater, Herrn ..., hingewiesen worden waren. Herr ... war bis November 2000 auch der steuerliche Berater der W.. Die Einzahlung der Geschäftsanteile in Höhe von je 10.000 DM erfolgte am 12.02.1998. Die W. nahm die Beitrittserklärungen am 14.02.1998 an. In § 13 Abs. 2 der Satzung vom 27.09.1997 räumte die W. den Genossenschaftsmitgliedern unwiderruflich das in § 17 Abs. 1 Satz 2 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) vorausgesetzte vererbliche Recht ein. Nach der Satzung war Zweck der Genossenschaft die wirtschaftliche Förderung und Betreuung der Mitglieder vorrangig durch eine gute und sichere Wohnungsversorgung, sowie die Möglichkeit des Erwerbs von Wohnungseigentum für Mitglieder (§ 2 Abs. 1). Gemäß § 13 Abs. 1 lit. a hatte jedes Mitglied insbesondere das Recht, eine Genossenschaftswohnung zu angemessenen Preisen zu nutzen und nach lit. g die Wohnung nach Maßgabe des § 14 der Satzung zu erwerben. Das Recht auf Nutzung und Erwerb einer Genossenschaftswohnung oder eines Eigenheimes sollte nach § 14 Abs. 1 in erster Linie Mitgliedern der Genossenschaft zustehen. Über das Vermögen der W. wurde mit Beschluss des Amtsgerichts ... vom ...2000 das Insolvenzverfahren eröffnet und damit die W. aufgelöst. Ihre Löschung wegen Vermögenslosigkeit erfolgte am ...2004 von Amts wegen.

Die W. verfügte in ihrem Gründungsjahr 1997 über keinerlei Grundbesitz. In dem letzten dem Beklagten vorgelegten Jahresabschluss zum 31.12.1998 wies die W. unter "Zum Verkauf bestimmte Grundstücke, Grundstücke ohne Bauten" im Umlaufvermögen 1.506.409,26 DM aus. Diese Position setzte sich ausweislich der Erläuterungen zusammen aus den Bauvorhaben A (1.020.456,54 DM), B (23.355,00 DM) und C, ...straße (462.597,70 DM). Grundstückskaufverträge datieren vom 29.12.1998 (... insg. 1.323 qm), 19.08.1998 (..., 2.565 qm, aber nur œ-Anteil veräußert und nur zu œ bzw. 1/10 von W. erworben) und 28.12.1999 (..., 601 qm, hiervon noch zu vermessende Teilfläche von 293 qm). Die Kaufverträge wurden alle beidseitig nicht erfüllt. Im Geschäftsbericht 1998 der W. ist unter "B. Geschäftspolitische Ausrichtung" ausgeführt:

"... Das heißt, diesen Mitgliedern im vorgegebenen Förderzeitraum von acht Jahren die vom Staat vorabgezahlte Förderung für ihre Genossenschaftsbeteiligung nicht nur zu erhalten, sondern diesen Mitgliedern auch alle Vorteile, die die Genossenschaft bei der Errichtung von Eigenheimen nutzen wird, an die Genossenschaftsmitglieder weiterreichen wird. ... Die bereits im letzten Jahr geplante Erstellung von 15 Reiheneinfamilienhäusern in ... musste wegen eigentumsrechtlicher Schwierigkeiten der Vorbesitzer bis heute verschoben werden. Nach unmittelbar bevorstehender Beseitigung dieser Probleme kann nun das gesamte Bauvorhaben auf der Basis dieser neuen Bauweise ... durchgeführt werden. Weitere Bauvorhaben in C, D und E stehen kurz vor Ausführungsbeginn."

Die W. schaltete Werbeannoncen u.a. in der .... Hierbei wurde vor allem die steuerliche Förderung in den Vordergrund gestellt. Das Prospekt zur Informationsveranstaltung am 29.01.1998 lautete:

"Wie kommt eine Familie mit Kindern schnell zum eigenen Heim? Neu Sparen in Genossenschaftsanteilen "Waigels Renditeknüller"* (*so titelte die Verbraucherzeitung Finanztest, Ausgabe 6/97) Informieren Sie sich am ... ...1998 im TechnologiePark ... über die staatlich garantierten Vorteile des Genossenschaftssparens. So kommen Sie schneller zum eigenen Heim als Sie bisher dachten."

Der Beklagte setzte die Eigenheimzulagen mit Bescheiden vom 14.04.1998 ab 1998 jeweils auf 800 DM fest. Die Bescheide ergingen nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig im Hinblick darauf, dass zurzeit nicht abschließend beurteilt werden könne, ob die angeschafften Genossenschaftsanteile nach § 17 EigZulG zulagenbegünstigt seien.

Mit Bescheiden vom 04. bzw. 05.12.2001 hob der Beklagte die Festsetzung der Eigenheimzulage ab 1998 nach § 165 Abs. 2 AO unter Verweis auf sein Schreiben vom 16.11.2001, auf das Bezug genommen wird, auf und forderte jeweils 3.200,00 DM für die Jahre 1998 bis 2001 von den Klägern zurück.

Die Kläger legten hiergegen am 02.01.2002 Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie vor, dass unter Verweis auf eine nicht unumstrittene und für die Steuerpflichtigen und Gerichte nicht bindende Verwaltungsmeinung von dem Wortaut des § 17 EigZulG abgewichen würde. Maßgeblich sei allein der Gesetzeswortlaut, was auch der BFH in seinen Urteilen vom 15.01.2002 zu § 17 EigZulG zu erkennen gebe. Die streitigen Genossenschaftsanteile seien nach § 17 EigZulG förderungswürdig, da § 17 EigZulG, wie der BFH in seinem Urteil vom 15.01.2002 IX R 55/00, BStBl II 2002, 274 entschieden habe, weder erfordere, dass der Erwerber eines Genossenschaftsanteils irgendwann einmal eine Wohnung der Genossenschaft zu eigenen Wohnzwecken nutze, noch dass die tatsächlichen Gegebenheiten darauf gerichtet sein müssten, möglichst zahlreichen Genossen die Eigennutzung von Wohnungen zu ermöglichen. Lediglich die Satzung müsse diese Möglichkeit eröffnen.

Mit Einspruchsentscheidungen vom 14.09.2005 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Er wies darauf hin, dass die ursprüngliche Verwaltungsauffassung, die Anschaffung von Genossenschaftsanteilen sei nur dann nach dem EigZulG begünstigt, wenn der Anspruchsberechtigte spätestens im letzten Jahr des Förderzeitraums eine Genossenschaftswohnung zu eigenen Wohnzwecken nutze, für die Fälle überholt sei, in denen die Anteile vor dem 01.01.2004 erworben worden seien. Rz. 108 des BMF-Schreibens vom 10.02.1998, Anhang 34 IV EStH, sei bereits mit BMF-Schreiben vom 10.04.2002 unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 15.01.2002,BStBl II 2002, 274 entsprechend geändert worden.

Dennoch sei die W. keine begünstigte Wohnungsgenossenschaft im Sinne des § 17 EigZulG. Nach der Gesetzesbegründung verfolge § 17 EigZulG u.a. den Zweck, auch im Bereich des genossenschaftlichen Wohnens Anreize für die Bildung und den Erwerb von Wohneigentum zu schaffen. Dieser Regelungszweck werde durch § 17 Satz 2 EigZulG deutlich zum Ausdruck gebracht. Danach setze die Gewährung der Eigenheimzulage für die Anschaffung von Genossenschaftanteilen u.a. voraus, dass die Satzung der Genossenschaft unwiderruflich den Genossenschaftsmitgliedern, die die Eigenheimzulage erhielten, das vererbliche Recht auf Erwerb des Eigentums an der von ihnen zu Wohnzwecken genutzten Wohnung für den Fall einräume, dass die Mehrheit der in einem Objekt wohnenden Genossenschaftsmitglieder der Begründung von Wohneigentum und Veräußerung der Wohnungen schriftlich zugestimmt habe. Hieraus ergebe sich, dass der Erwerb von Anteilen an Genossenschaften gefördert werden solle, die in ihrem Besitz befindliche Wohnungen (zunächst) an ihre Mitglieder zu Wohnzwecken vermieteten. Unter Berücksichtigung des Gesetzeszweckes sei es für das Vorliegen einer "begünstigten Genossenschaft" im Sinne des § 17 EigZulG nicht ausreichend, dass der Wortlaut der Satzung o.g. Voraussetzung zwar erfülle, es aber aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten - wie im vorliegenden Fall - faktisch dauerhaft ausgeschlossen sei, dass die Genossenschaft entsprechend handele. Die Möglichkeit im Sinne einer Satzung zu handeln, die den Regelungen des § 17 Satz 2 EigZulG entspreche, setze voraus, dass die Genossenschaft Wohnungen anschaffe oder herstelle, die sie im Rahmen eines Mietverhältnisses an Genossenschaftsmitglieder zu Wohnzwecken überlasse. Diese Voraussetzung sei im Streitfall nicht erfüllt. Die von der W. erworbenen Grundstücke seien in der Bilanz zum 31.12.1998 ausschließlich als Umlaufvermögen unter der Position "Zum Verkauf bestimmte Grundstücke" ausgewiesen. Daraus ergebe sich, dass nicht beabsichtigt gewesen sei, Wohnungen herzustellen, um sie zunächst an Genossenschaftsmitglieder zu vermieten. Dies werde durch weitere Unterlagen bestätigt. In einer Broschüre unter "Auszug aus der Beschreibung der W. e.G." habe die W. damit geworben, dass Genossenschaftsmitglieder folgende Vorteile hätten: "Grundstücksbeschaffung, komplette Konzeption des Bauvorhabens durch die Genossenschaft, Abwicklung aller Baumaßnahmen bis zur schlüsselfertigen Übergabe, Zugang zu modernsten und energiesparenden Bauformen durch patentiertes und lizensiertes Bausystem, zusätzliche staatliche Genossenschaftsförderung, keine Courtagen und Maklergebühren". Aus dem Urteil des Landgerichts ... vom 13.07.2000 - auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird - sei ersichtlich, dass die W. in Zeitungsinseraten für ein Bauvorhaben geworben habe. Interessenten sei mitgeteilt worden, dass der Abschluss einer Reservierungs- und Abnahmevereinbarung hinsichtlich eines bestimmten Grundstücks den Beitritt zur Genossenschaft voraussetze.

Derjenige, der seine Wirtschaftsgüter im Umlaufvermögen bilanziere, bezwecke die Veräußerung. Folglich sei das Verhalten der W. ausschließlich auf die Veräußerung von Einfamilienhäusern bzw. auf die Betätigung als Bauträger gerichtet gewesen. Es sei nicht - wie Rz. 107 Satz 1 des BMF-Schreibens fordere - die Herstellung oder Anschaffung von Wohnungen bezweckt gewesen. Nach dem Wortlaut des § 17 Satz 1 EigZulG i.V.m. § 1 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (GenG) sei jedoch für die Förderung u.a. Voraussetzung, dass Genossenschaftswohnungen vorhanden sind bzw. erworben werden sollen und auch grundsätzlich von Genossenschaftsmitgliedern zu Wohnzwecken genutzt werden oder jedenfalls genutzt werden können. Die durch § 17 EigZulG geförderten Genossenschaften müssten daher tatsächlich und nicht nur satzungsmäßig den Ewerb, die Herstellung und den gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb von Wohnungen durch die Genossenschaftsmitglieder fördern und betreiben (FG Münster vom 14.04.2005, 15 V 913/05 F,EFG 2005, 1170). Bereits die erstmaligen Festsetzungen der Eigenheimzulage vom ... 1998 sei diesbezüglich vorläufig vorgenommen worden, sodass die Aufhebungen zu Recht erfolgt seien.

Die Kläger haben am 13.10.2005 unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrag aus dem Einspruchsverfahren Klage erhoben.

Die Kläger beantragen,

die Rückforderungsbescheide über Eigenheimzulage ab 1998 vom 04. und 05.12.2001 in Form der Einspruchsentscheidungen vom 14.09.2005 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Einspruchsentscheidung und auf den Beschluss des FG Münster vom 14.04.2005 15 V 913/05, EFG 2005, 1170. Allein das nicht satzungsgemäße Handeln der W. sei Grund für die Aufhebung der Eigenheimzulage.

Der ehemalige Vorstand der W., X, hat der Berichterstatterin gegenüber im Telefonat vom 22.03.2006 und bestätigt durch Schreiben vom 03.04.2006 dargelegt, dass die W. regelmäßig für Genossen tätig geworden sei, die beabsichtigt hätten zu bauen. Nicht ausgeschlossen sei, dass auch Genossen ohne Bauabsicht beteiligt gewesen seien. Die W. habe stets Einfamilienhäuser in Gestalt von Reihenhäusern oder Doppelhaushälften gebaut bzw. geplant, die von den Genossen dann erworben werden sollten. Es sei nie geplant gewesen, einen Mietwohnungsbestand zu erwerben, zu bauen oder zu unterhalten. Die Bilanzierung der Grundstücke als Umlaufvermögen habe ihren Grund darin gehabt, dass diese wieder zum Verkauf an die Genossen angestanden hätten. Auf das Schreiben vom 03.04.2006 wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

Die Steuerakten der W. wurden beigezogen.

Im Übrigen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.04.2006 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist unbegründet.

Die die Festsetzung der Eigenheimzulage aufhebenden und zurückfordernden Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger dadurch nicht in ihren Rechten, da es sich bei der W. um keine den Anforderungen des § 17 EigZulG genügende Genossenschaft handelt.

1. Nach § 17 Satz 1 EigZulG i. d. F. der Streitjahre kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage für die Anschaffung von Geschäftsanteilen von mindestens 10.000 DM an einer nach dem 1. Januar 1995 in das Genossenschaftsregister eingetragenen Genossenschaft (Genossenschaftsanteile) in Anspruch nehmen. Voraussetzung ist, dass die Satzung der Genossenschaft unwiderruflich den Genossenschaftsmitgliedern, die Förderung erhalten, das vererbliche Recht auf Erwerb des Eigentums an der von ihnen zu Wohnzwecken genutzten Wohnung für den Fall einräumt, dass die Mehrheit der in einem Objekt wohnenden Genossenschaftsmitglieder der Begründung von Wohneigentum und Veräußerung der Wohnungen schriftlich zugestimmt hat (§ 17 Satz 2 EigZulG). Wie der BFH in seiner Grundsatzentscheidung vom 15. Januar 2002 IX R 55/00 (BFHE 197, 507, BStBl II 2002, 274) entschieden hat, setzt § 17 EigZulG in der bis einschließlich 2003 geltenden Fassung daneben nicht voraus, dass der Anspruchsberechtigte eine Genossenschaftswohnung im Förderzeitraum zu eigenen Wohnzwecken nutzt.

Die Kläger erfüllen als Anspruchsberechtigte i. S. von § 1 EigZulG die vorgenannten formalen Voraussetzungen. Denn sie haben Genossenschaftsanteile i.S. von § 17 Satz 1 EigZulG in Höhe von 10 000 DM erworben. Überdies entspricht auch die Satzung der W. (vgl. dort § 13 Abs. 2) den in § 17 Satz 2 EigZulG aufgestellten Anforderungen und auch der im Streitfall nicht gegebenen Selbstnutzung durch die Kläger kommt aus den im o. g. BFH-Urteil dargelegten Gründen - wie der Beklagte inzwischen selbst einräumt - keine Bedeutung zu.

2. Die tatsächliche Geschäftsführung der W. widersprach aber der einer Wohnungsbaugenossenschaft, wovon die Kläger Kenntnis gehabt haben dürften bzw. was ihnen zumindest grob fahrlässig nicht bekannt gewesen wäre.

a) Aus dem Gesetzeswortlaut und der Einbindung in das EigZulG lässt sich bereits entnehmen, dass mittels der Eigenheimzulage nach § 17 EigZulG nur der Erwerb von Anteilen an solchen Genossenschaften begünstigt werden soll, deren tatsächliche und satzungsgemäße Geschäftsführung auf den Erwerb, die Herstellung und den gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb von Wohnungen durch die Genossenschaftsmitglieder gerichtet sind. Eine auf die bloße Herstellung und Veräußerung von Häusern gerichtete Tätigkeit in der Art eines Bauträgers ist hiermit nicht vereinbar und würde auch zu einer Wettbewerbsverzerrung zu Bauträgern anderer Rechtsformen führen. So ist hinsichtlich des in § 17 Satz 1 EigZulG geforderten Erwerbsrechts ausdrücklich von einer "zu Wohnzwecken genutzten Wohnung" die Rede. Hieraus lässt sich zwar nicht - wie vom BFH in seinen Entscheidungen vom 15.01.2002 entschieden - auf eine subjektbezogene Förderbedingung schließen, sodass der jeweilige Genosse während des Förderzeitraumes eine Wohnung selbst zu Wohnzwecken genutzt haben müsse. Doch zeichnet sich hier die Selbstnutzung einer Genossenschaftswohnung als objektbezogene Förderbedingung ab (vgl. auch Beschluss des Finanzgerichts Münster vom 14. April 2005 15 V 913/05 F, EFG 2005, 1170). Die über § 17 EigZulG (mit)geförderten Genossenschaften müssen daher tatsächlich und nicht nur satzungsgemäß den Erwerb, die Herstellung und den gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb von Wohnungen durch die Genossenschaftsmitglieder fördern und betreiben. Stehen satzungsmäßige und tatsächliche Geschäftsführung nicht im Einklang, ist die tatsächliche Geschäftsführung entscheidend (BFH-Urteile vom 15. April 1970 I R 125/68, BFHE 99, 34, BStBl II 1970, 532; vom 29. September 1954 I 127/54 U, BFHE 59, 335, BStBl III 1954, 339).

Für dieses Normverständnis spricht auch die Entstehungsgeschichte des § 17 EigZulG. So soll nach der Empfehlung des Finanzausschusses zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 13/2784, S. 35, 36 die Eigenheimzulage nach § 17 EigZulG zunächst das genossenschaftliche Wohnen fördern, das insbesondere für Familien mit geringem Einkommen eine Alternative zum Erwerb eigenen Wohnraums darstellt. Mit dem gesetzlichen Subventionsangebot ist aber auch bezweckt, "die Eigenkapitalausstattung der Genossenschaften durch Mobilisierung zusätzlichen privaten Kapitals" zu verbessern, "um so die Voraussetzungen für ein verstärktes Engagement im Wohnungsneubau zu schaffen" (so die Beschlussempfehlung und der Bericht des Finanzausschusses des Bundestages, BTDrucks 13/2784, S. 40). Andererseits soll jedoch die mißbräuchliche Inanspruchnahme der Genossenschaftsförderung durch bloße Kapitalanleger vermieden werden (vgl. Dritter Bericht des Finanzausschusses, BTDrucks 14/443 S. 42).

b) Im Streitfall beschränkte sich die Tätigkeit der W. auf die Erstellung von Einfamilienhäusern und Doppelhaushälften und deren sofortige Veräußerung.

Dies ergibt sich zum einen aus den telefonisch gegenüber der Berichterstatterin am 22.03.2006 durch den ehemaligen Vorstand der W., ..., gemachten Angaben und seinem Schreiben vom 03.04.2006 zu den bisherigen und geplanten Aktivitäten der W.. Eine Überlassung von Wohnungen an Genossen war hiernach nie beabsichtigt und hat nicht stattgefunden. Dies wird zudem bestätigt durch die Bilanzierung der Grundstücke bei der W. als Umlaufvermögen im Jahresabschluss zum 31.12.1998. Es handelte sich insoweit auch nicht um eine versehentlich fehlerhafte Bilanzierung, sondern - wie sich aus der Einlassung von Herrn X ergibt - vielmehr um eine bewußte und die Umstände korrekt wiedergebende Ausweisung dieser Aktiva. Mit dieser Feststellung und den Angaben von Herrn X decken sich auch die Angaben im Tatbestand des vom Beklagten angeführten Urteils des Landgerichts ...vom 13.07.2000. Danach war die dortige Klägerin, die an dem Anklauf eines Familieneigenheimes interessiert gewesen ist, durch ein Zeitungsinserat auf die W. aufmerksam geworden, in dem für ein Bauvorhaben in A geworben worden war. In dem Beratungsgespräch mit der W. war wiederum auf ein weiteres Vorhaben zum Bau von Doppel- und Einzelhäusern in C hingewiesen worden. Zur Überzeugung des Landgerichts stand zudem fest, dass die dortige Klägerin der W. nur beigetreten war, damit eine verbindliche Reservierung und der Erwerb eines Reihenhauses ermöglicht wurde. Der Beitritt zur Genossenschaft war lediglich ein Zwischenschritt, um von der W. ein Haus käuflich erwerben zu können, ohne dass diese ansonsten dem Genossenschaftswesen entsprechend agiert hätte.

Auch im Geschäftsbericht 1998 klingt stets nur die pure Erstellung der Eigenheime ohne eine irgendwie geartete, auch nur vorübergehende Überlassung von Wohnraum an Genossenschaftsmitglieder an. So sollten lediglich die Vorteile, die die W. bei der Errichtung von Eigenheimen nutzen werde, an die Genossenschaftsmitglieder weitergereicht werden, wohingegen in der Satzung insbesondere die Nutzung einer Genossenschaftswohnung zu angemessenen Preisen als Recht jedes Genossenschaftsmitglieds verankert war (§ 13 Abs. 1 lit. a) und die W. nach § 2 Abs. 1 der Satzung die wirtschaftliche Förderung und Betreuung der Mitglieder vorrangig durch eine gute und sichere Wohnungsversorgung bezweckte. In dem Prospekt zur Informationsveranstaltung am 29.01.1998 - wie auch in den Werbeannoncen - wurde von der W. wiederum aber nur die steuerliche Förderung und der Eigentumserwerb von Eigenheimen in den Vordergrund gestellt.

c) Das nicht satzungsgemäße Verhalten der W. geht auch zu Lasten der Kläger.

Der Umstand, dass § 17 EigZulG - anders als z. B. § 10 b Abs. 4 EStG - keine Vertrauensschutzregelung enthält, spricht dafür, dass bereits das bloße satzungswidrige Verhalten einer Wohnungsgenossenschaft schädlich für eine diesbezügliche Förderung ist. Ungeachtet dessen ist in Anlehnung an § 10 b Abs. 4 EStG aber jedenfalls eine grob fahrlässige Unkenntnis für die Eigenzulagen-Gewährung schädlich. Zumindest eine solche ist hinsichtlich der Kläger anzunehmen.

Da sie über ihren Steuerberater auf die Möglichkeit der Beteiligung an der W. aufmerksam geworden sind, der als steuerlicher Berater der W. zugleich Kenntnis von den geplanten und tatsächlichen Geschäftsaktivitäten der W. gehabt haben muss, ist ihnen - auch bereits im Zeitpunkt des Beitritts zur W. - zumindest ein grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen, sofern sie sich nicht über das Tätigkeitsfeld der Genossenschaft informiert haben sollten. Eine solche Informationsverschaffung hätte sich zudem bei der nicht unbeträchtlichen Kapitalbeteiligung der Kläger und der beabsichtigten Inanspruchnahme der Eigenheimzulagen-Förderung aufgedrängt. In der Folgezeit besaßen die Kläger daneben als Genossenschaftsmitglieder über die nach Satzung und Genossenschaftsgesetz bestehenden Rechte auf Auskunft und Einsichtnahme in den Jahresabschluss sowie über die Teilnahme an der Mitgliederversammlung die Möglichkeit, sich über die tatsächliche Geschäftstätigkeit der W. zu informieren. Darüber hinaus erfolgte die Festsetzung der Eigenheimzulage von Anfang an unter anderem auch im Hinblick auf die Ungewißheit der geschäftsmäßigen Ausrichtung der W. vorläufig, sodass insoweit kein schützenswertes Vertrauen der Kläger durch die Aufhebung verletzt wird.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

III. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist, ob und unter welchen weiteren Voraussetzungen - Kenntnis oder (grob) fahrlässige Unkenntnis des Steuerpflichtigen - das satzungswidrige Verhalten einer Genossenschaft zum Ausschluss der Eigenheimzulagen-Förderung bei den Genossen führt. Die Eigenheimzulage bei Anschaffung von Genossenschaftsanteilen ist zwar seit dem 01.01.2004 an eine Nutzung einer Genossenschaftswohnung zu eigenen Wohnzwecken geknüft und die Eigenheimzulage ist generell seit dem 01.01.2006 entfallen, trotzdem ergeben sich eine Vielzahl von Fällen, in denen die vorgenannte Problematik relevant ist.

Ende der Entscheidung

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