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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 21.03.2007
Aktenzeichen: 7 K 2013/04
Rechtsgebiete: AO 1977, EStG, KSchG


Vorschriften:

AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 3 Nr. 9
KSchG § 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

7 K 2013/04

Tenor:

Der Einkommensteuerbescheid 2000 vom ... 2002 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Steuerfreiheit einer Abfindung im Streitjahr 2000 streitig.

Der Kläger ist als Steuerberater selbständig tätig. In seiner Kanzlei war seine am ... 1945 geborene Ehefrau seit 1966 - zunächst beim Vater und Rechtsvorgänger des Klägers - auf der Grundlage eines wie unter fremden Dritten geschlossenen Arbeitsvertrages beschäftigt. Insgesamt beschäftigte der Kläger in seiner Kanzlei 16 Mitarbeiter im Streitjahr.

Am ... 2000 kündigte der Kläger den Arbeitsvertrag mit seiner Ehefrau zum ... 2000 wegen dauernder Berufsunfähigkeit der Ehefrau. Hiergegen legte die Ehefrau mit Schreiben vom ... 2000 Widerspruch ein. Dabei machte sie Ansprüche nach dem Kündigungsschutzgesetz geltend, die ihr aufgrund der langjährigen Betriebszugehörigkeit, ihres Alters und ihrer gesundheitlichen Situation zustehen würden. Der Kläger und seine Ehefrau schlossen daraufhin unter Berücksichtigung der vom Kläger erklärten Kündigung und unter Zurücknahme des Widerspruchs am ... 2000 einen Aufhebungsvertrag. Hiermit stellte der Kläger seine Ehefrau, die zu jener Zeit gemäß § 2 des Aufhebungsvertrages krank war, zum 30. Juni 2000 von ihren vertraglichen Pflichten unter Anrechnung ihrer vorhandenen Resturlaubsansprüche frei (§ 2 des Aufhebungsvertrages). Darüber hinaus sollte der Kläger seiner Ehefrau nach § 3 des Aufhebungsvertrages in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KündSchG eine Sozialabfindung i.H.v. 19 Nettomonatsgehältern i.H.v. jeweils 1.238 DM, d.h. insgesamt i.H.v. 23.522 DM, leisten. Die Abfindung sollte bis zum 10. Juli 2000 ausgezahlt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Aufhebungsvertrag vom ... 2000 verwiesen (befindlich in der Rechtsbehelfsakte des Beklagten).

Das Ausmaß der Krankheit der Ehefrau war seinerzeit nicht absehbar und wurde vom Kläger und seiner Ehefrau weniger schwer eingeschätzt als es tatsächlich war.

Die vereinbarte Abfindung wurde tatsächlich und in voller Höhe wie vereinbart steuer- und sozialversicherungsfrei ausgezahlt.

Am ... 2000 stellte die Ehefrau des Klägers einen Rentenantrag. Diesem wurde mit Bescheid vom ... 2000 statt gegeben und die Erwerbsunfähigkeitsrente i.H.v. monatlich 1.190,39 DM rückwirkend ab dem 1. Mai 2000 gewährt. Die Nachzahlung für die Zeit vom 1. Mai bis zum 30. September 2000 wurde laut Bescheid der Krankenkasse zur Abrechnung überwiesen.

Ab Januar 2001 war die Ehefrau beim Kläger als Aushilfe tätig.

In der Einkommensteuererklärung für 2000 behandelten der Kläger und seiner Ehefrau die Abfindungszahlung als steuerfreie Abfindung und gaben sie in der Anlage N der Ehefrau nicht an. Mit Bescheid für 2000 vom ... 2001 wurden der Kläger und seine Ehefrau mit kleineren, hier unerheblichen Abweichungen, zur Einkommensteuer veranlagt.

Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Abfindung steuerpflichtig sei. Daraufhin änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid für 2000 am ... 2002 nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO dahingehend, dass die Abfindungszahlung i.H.v. 23.522 DM als steuerpflichtiger Arbeitslohn behandelt wurde.

Hiergegen legten der Kläger und seine Ehefrau fristgerecht Einspruch ein. Die Ehefrau des Klägers verstarb im Laufe des Einspruchsverfahrens. Am ... 2004 erging die abschlägige Einspruchsentscheidung.

Daraufhin erhob der Kläger fristgerecht Klage.

Der Kläger trägt vor, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Abfindung nach § 3 Nr. 9 EStG erfüllt seien. Insbesondere sei die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber veranlasst gewesen. Denn die zunächst erklärte Kündigung sei vom Arbeitgeber ausgegangen. Arbeitsrechtlich sei die Krankheit kein Kündigungsgrund. Gekündigt werde wegen der betrieblichen Auswirkungen, die die Krankheit mit sich bringe. Damit bleibe die Veranlassung beim Arbeitgeber.

Eine Veranlassung durch den Arbeitgeber sei in den Fällen einer Kündigung ausnahmsweise nur dann nicht gegeben, wenn sich der Arbeitnehmer vertragswidrig verhalten und dadurch die Kündigung verursacht habe. Hierzu zähle aber nicht die Erkrankung eines Arbeitnehmers, infolge derer er seine Arbeit nicht mehr in vollem Umfang ausüben könne. Aufgrund ihrer langjährigen Betriebszugehörigkeit habe seiner Ehefrau eine Abfindungszahlung zugestanden.

Für die Kündigung bzw. die Auflösung des Arbeitsverhältnisses habe ein betrieblicher Grund bestanden. Denn auch für einen Arbeitnehmer, der über sechs Wochen krank sei und der keine Lohnfortzahlung mehr erhalte, bestünden noch zahlreiche arbeitsrechtliche Schutzvorschriften (Urlaub, Kündigungsfristen, Versicherungsschutz etc.), die Betriebe regelmäßig veranlassen würden, das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen aufzulösen.

Der Kläger verweist im übrigen auf das Urteil des BFH vom 10. November 2004 (XI R 64/03).

Soweit der Beklagte einwende, dass der Aufhebungsvertrag dem Fremdvergleich nicht stand halte, stelle er Anforderungen an einen Vertrag unter Eheleuten, die strenger seien, als die, die für fremde Dritte gelten würden. Dies führe zu einer Schlechterstellung von Eheleuten.

Er, der Kläger, hätte unter denselben Bedingungen auch einem familiär nicht nahe stehenden Arbeitnehmer die Kündigung ausgesprochen.

Die Abfindung sei auch nicht überhöht bemessen worden. Die Höhe des Betrages liege im Rahmen des nach dem Kündigungsschutzgesetz üblichen.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2000 vom ... 2002 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Der Beklagte trägt vor, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Abfindung nach § 3 Nr. 9 EStG nicht erfüllt seien. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei nicht durch den Arbeitgeber veranlasst gewesen. Denn der Grund für die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses sei unabhängig vom Arbeitgeber durch die Tatsache der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit eingetreten. Etwas anderes könne nur gelten, wenn der Arbeitnehmer auf Druck des Arbeitgebers eine Rente beantragen würde. Dies sei jedoch nicht der Fall.

Im Streitfall hätten der Kläger und seine Ehefrau zwar zunächst nach der Kündigung durch den Kläger als Arbeitgeber und den hiergegen eingelegten Widerspruch der Ehefrau die Aufhebung des Arbeitsvertrages vereinbart. Jedoch habe die Ehefrau bereits kurze Zeit danach den Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente gestellt und rückwirkend ab dem 1. Mai 2000, also lediglich drei Wochen nach Vertragsauflösung, gewährt bekommen.

Bereits die Kündigung durch den Kläger sei wegen Berufsunfähigkeit erfolgt. Ebenso sei die Ehefrau nach § 2 des Aufhebungsvertrages zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am ... 2000 krank gewesen.

Da die Erwerbsunfähigkeitsrente rückwirkend ab dem 1. Mai 2000 gewährt worden sei, sei davon auszugehen, dass der Gesundheitszustand der Ehefrau bereits im Zeitpunkt der Kündigung und des Aufhebungsvertrages derart schlecht gewesen sei, dass eine alsbaldige Genesung und Weiterbeschäftigung nicht möglich gewesen seien.

Dies werde auch dadurch bestätigt, dass die Nachzahlung der Rente laut Rentenbescheid an die Krankenkasse zur Verrechnung überwiesen worden sei, also bereits keine Lohnfortzahlung mehr erfolgt sei. Gerade aber in diesem Fall, in dem der Kläger als Arbeitgeber keine Aufwendungen aufgrund der Zahlung von Krankengeld zu leisten gehabt habe, habe für eine betriebsbedingte Kündigung keine Notwendigkeit bestanden, da ihm keinerlei wirtschaftliche Nachteile durch eine weiter bestehende Anstellung der Ehefrau entstanden wären. Die Notwendigkeit der betriebsbedingten Kündigung sei jedoch zwingende Voraussetzung für die Steuerfreiheit der Abfindung nach § 3 Nr. 9 EStG.

Im übrigen würde der Aufhebungsvertrag einem Fremdvergleich nicht stand halten. Denn zum einen habe für eine betriebsbedingte Kündigung, wie vorgetragen, keine Notwendigkeit bestanden. Zum anderen hätte der Kläger durch den krankheitsbedingten Ausfall seiner Ehefrau angesichts der geringen Stundenzahl keine derartigen personellen Nachteile erlitten, die eine Kündigung gerechtfertigt hätten. Der Kläger habe zudem als Ehemann Kenntnis von der Erkrankung seiner Ehefrau als Arbeitnehmerin gehabt. Vor diesem Hintergrund hätte er einem fremden dritten Arbeitnehmer nicht gekündigt und die Zahlung einer Abfindung nicht in Kauf genommen.

Das vom Kläger zitierte Urteil des BFH vom 10. November 2004 sei nicht auf den Streitfall übertragbar, da der Sachverhalt nicht vergleichbar sei. Denn in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall habe der Arbeitgeber die Kündigung betrieben und es seien keine Gesichtspunkte erkennbar gewesen, dass der Arbeitnehmer nicht an der Fortsetzung des Dienstverhältnisses habe festhalten wollen. Im Streitfall habe jedoch angesichts der im Zeitpunkt der Vertragsauflösung bestehenden und bekannten Erkrankung der Ehefrau nicht von einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen werden können. Deshalb habe zu einer Kündigung durch den Kläger als Arbeitgeber kein Grund bestanden. Auch die Tatsache, dass der Kläger als Arbeitgeber bereit gewesen sei, eine Abfindung zu zahlen, könne nicht als Indiz für die betrieblich bedingte Auflösung des Arbeitsverhältnisses gewertet werden, da es sich um eine Vertragsauflösung unter nahen Angehörigen gehandelt habe.

Auch die Höhe der Abfindung sei nicht - wie unter fremden Dritten - zutreffend ermittelt worden. Nach den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes hätte der Ehefrau eine Abfindung i.H.v. 0,5 eines Monatsgehaltes für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit zugestanden. Bei einer Betriebszugehörigkeit von 34 Jahren wären dies 17 Monatsgehälter gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Einkommensteuerbescheid für 2000 vom ... 2002 ist zu Unrecht ergangen und die streitgegenständliche Abfindung zu Unrecht der regulären Lohnbesteuerung unterworfen worden.

I. Denn es ist keine Rechtsgrundlage gegeben. Die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, der einzig in Betracht kommenden und vom Beklagten herangezogenen Rechtsgrundlage, sind nicht erfüllt.

§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO erfordert das nachträgliche Bekanntwerden von Tatsachen, die zu einer höheren Steuer führen. Hierfür trägt der Beklagte die Feststellungslast (BFH, Urt. v. 20.12.1988, VIII R 121/83, BStBl II 1989, 585). Eine solche nachträglich bekanntgewordene Tatsache ist im Streitfall zwar gegeben. Sie besteht in der Abfindungszahlung, die dem Beklagten erst nach der Steuerfestsetzung bekannt wurde. Jedoch führt diese Tatsache nicht zu einer höheren Steuer. Denn die Voraussetzungen der Steuerfreiheit der Abfindung gemäß § 3 Nr. 9 EStG sind erfüllt. Zu Unrecht ist der Beklagte davon ausgegangen, dass deren Voraussetzungen nicht gegeben sind.

1. Die Steuerfreibetrag i.H.v. 24.000 DM nach § 3 Nr. 9 EStG setzt eine Abfindung wegen einer u.a. vom Arbeitgeber veranlassten Auflösung des Dienstverhältnisses voraus. Diese Voraussetzung ist im Streitfall auch nach Bekanntwerden der Abfindungszahlung nicht entfallen.

a. "Abfindungen" sind grundsätzlich solche Zuwendungen, die ein Arbeitnehmer anlässlich der Auflösung des Dienstverhältnisses erhält (vgl. BFH, Urt. v. 11.01.1980 VI R 165/77, BStBl II 1980, 205; v. 10.10.1986, VI R 178/83, BStBl II 1987, 186). Sie sollen Nachteile des Arbeitnehmers aus dem Verhalten des Arbeitgebers, insbesondere Nachteile wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes ausgleichen. Bei der streitgegenständlichen Zahlung handelt es sich um eine solche Abfindung. Die Leistung i.H.v. 23.522 DM erfolgte mit Blick auf die Beendigung des bestehenden Vertragsverhältnisses zwischen dem Kläger als Arbeitgeber und seiner Ehefrau als Arbeitnehmerin.

Dass die Ehefrau zu einem späteren Zeitpunkt - ab 2001 - wieder als Aushilfe für den Kläger tätig war, ist insoweit unschädlich.

Die Steuerfreiheit einer Abfindung nach § 3 Nr.9 EStG wird nämlich nicht dadurch beeinträchtigt, dass der Arbeitnehmer aufgrund eines nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgeschlossenen neuen Dienstvertrages beim selben Arbeitgeber zu anderen Bedingungen weiterbeschäftigt wird (BFH, Urt. v. 10.10.1986,VI R 178/83, BStBl II 1987, 186).

Bei der späteren Aushilfs-Beschäftigung der Ehefrau handelt es sich um ein Dienstverhältnis, das auf einer neuen Rechtsgrundlage beruht und mit neuen Bedingungen geführt wurde. Zudem war für den Kläger und seine Ehefrau zur Zeit der Auflösung des ursprünglichen Dienstverhältnisses im April 2000 überhaupt nicht vorhersehbar, wie sich die Krankheit der Ehefrau entwickelt. Auch dieser Gesichtspunkt bestätigt das Zustandekommen einer neuen Rechtsgrundlage für das Aushilfsdienstverhältnis.

b. Im Streitfall war die Auflösung des Dienstverhältnisses durch den Arbeitgeber veranlasst.

aa. Die Auflösung des Dienstverhältnisses, weswegen die Abfindung gezahlt wird, ist durch den Arbeitgeber veranlasst, wenn der Arbeitgeber die entscheidenden Ursachen für die Auflösung des Dienstverhältnisses gesetzt hat (BFH, Urt. v. 10.11.2004, XI R 14/04, BFH/NV 2005, 1247; v. 06.03.2002, XI R 51/00, BStBl II 2002, 516). Die entscheidende Ursache für die Auflösung eines Dienstverhältnisses wird von demjenigen gesetzt, der die Auflösung "betrieben" hat (BFH, Urt. v. 10.11.2004, XI R 64/03, BStBl II 2005, 181; v. 10.11.2004, XI R 14/04, BFH/NV 2005, 1247). Dabei ist für die Anwendung des § 3 Nr. 9 EStG nicht die arbeitsrechtliche Beurteilung der Auflösung maßgeblich, sondern allein der Umstand, von wem die Beendigung des Dienstverhältnisses ausgegangen ist, wer also die Beendigung des Dienstverhältnisses gewollt hat (BFH, Urt. v. 10.11.2004, XI R 64/03, a.a.O.; v. 10.11.2004, XI R 14/04, a.a.O.). Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass bei Zahlung einer Abfindung der Arbeitgeber die Auflösung gewollt und damit auch veranlasst hat; denn anderenfalls wäre er kaum bereit gewesen, eine Abfindung zu zahlen (BFH, Urt. v. 10.11.2004, XI R 64/03, a.a.O.).

Dieses Verständnis deckt sich mit dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck, die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 9 EStG von den arbeitsrechtlichen Voraussetzungen abzukoppeln. Nach der Gesetzesbegründung sollte die bisher in § 3 Nr. 9 EStG auf arbeitsrechtlich eng abgegrenzte Entschädigungen beschränkte Steuerbefreiung erweitert und dem Grunde nach auf sämtliche Abfindungen ausgedehnt werden, die "wegen Entlassung eines Arbeitnehmers aus einem Dienstverhältnis" gewährt werden (BFH, Urt. v. 10.11.2004, XI R 64/03, a.a.O., unter Verweis auf BT-Drucks 7/1470, Seite 242). § 3 Nr. 9 EStG bezweckt, Abfindungen, die in Zusammenhang mit dem Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt werden, in bestimmtem Umfang von der Steuer zu befreien (BFH, Urt. v. 10.11.2004, XI R 64/03, a.a.O.). Diesem Zweck entspricht es, die Steuerbefreiung auch demjenigen zu gewähren, der z.B. wegen einer Pflichtverletzung zum unfreiwilligen Verlust des Arbeitsplatzes beigetragen hat (BFH, Urt. v. 10.11.2004, XI R 64/03, a.a.O.). Entscheidend ist jedoch, dass der Arbeitgeber die Kündigung betrieben hat und dass keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass der Kläger nicht an der Fortsetzung des Dienstverhältnisses festhalten wollte (BFH, Urt. v. 10.11.2004, XI R 64/03, a.a.O.; v. 10.11.2004, XI R 14/04, a.a.O.).

bb. Vor dem Hintergrund dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, war die Auflösung des Dienstverhältnisses durch den Arbeitgeber veranlasst. Denn die Auflösung des Dienstverhältnisses wurde durch ihn betrieben. Dies wird dadurch deutlich, dass er das Dienstverhältnis zunächst einseitig und von ihm ausgehend kündigte. Erst aufgrund des Widerspruchs der Ehefrau als Arbeitnehmerin kam der Aufhebungsvertrag vom ........ 2000 zustande, mit dem die Abfindungszahlung i.H.v. 23.522 DM gewährt wurde.

Dass die Ehefrau als Arbeitnehmerin erkrankt war, ändert hieran nichts. Denn der Senat versteht die Rechtsprechung des BFH dahingehend, dass allein ausschlaggebend ist, wer die Auflösung "betrieben" hat. Für die hypothetische Frage, ob das Dienstverhältnis auch ohne eine solche Auflösung beendet worden wäre - wie im Streitfall etwa durch die Erwerbsunfähigkeit durch die Arbeitnehmerin - besteht daneben kein Raum. Denn wenn schon nicht maßgeblich ist, dass der Arbeitnehmer durch sein Verhalten zu einer Kündigung beigetragen hat - wie im Urteil des BFH vom 10. November 2004 (XI R 64/03, a.a.O.) - kann es auch keine Bedeutung haben, ob der Arbeitnehmer krankheitsbedingt ohnehin später ausgeschieden wäre. Denn solche aus der Sicht des Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses hypothetische Verläufe können keine Berücksichtigung finden, solange feststeht, dass der Arbeitnehmer an der Fortsetzung des Dienstverhältnisses festhalten wollte. Hiervon ist im Streitfall auszugehen. Dies ergibt sich daraus, dass die Ehefrau Widerspruch gegen die Kündigung eingelegt hat. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass die Ehefrau zu einem späteren Zeitpunkt, in 2001, einem neuen Dienstverhältnis zugestimmt hat.

Dabei ist im Streitfall außerdem zu bedenken, dass der Kläger als Arbeitgeber und seine Ehefrau als Arbeitnehmerin im Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses am ....... 2000 zwar wussten, dass die Ehefrau erkrankt war. Das Ausmaß der Krankheit war seinerzeit jedoch nicht absehbar und wurde vom Kläger und seiner Ehefrau auch als weniger schwer eingeschätzt als es tatsächlich war. Eine Erwerbsunfähigkeitsrente war in jenem Zeitpunkt weder beantragt noch bewilligt. Auch dürfte das Ergebnis eines solchen Antrages - der jedoch im Streitfall noch gar nicht gestellt war - seinerzeit ungewiss gewesen sein. Folglich erschien der hypothetische Geschehensverlauf aus der Sicht im Zeitpunkt der Vereinbarung der Aufhebung des Dienstverhältnisses, worauf bei einer solchen Beurteilung einzig abzustellen sein dürfte, unklar.

Auch die Tatsache, dass im Streitfall Arbeitgeber und Arbeitnehmer Ehegatten waren, wie vom Beklagten eingewendet, ändert nichts an dieser Beurteilung. Denn der Auflösungsvertrag als solcher ist hinsichtlich seiner steuerrechtlichen Anerkennungsfähigkeit nicht zu beanstanden. Es handelt sich bei dem streitgegenständlichen Vorgang keineswegs um einen untypischen Vorgang. Im Gegenteil, es erscheint nach Kenntnis und Erfahrung des Senats nicht unüblich zu sein, dass ein Arbeitgeber das Dienstverhältnis zu einem erkrankten Arbeitnehmer kündigt, etwa um die damit verbundenen Unwägbarkeiten, z.B. Dauer und Häufigkeit der krankheitsbedingten Fehlzeiten, zu vermeiden.

Allein die Tatsache, dass die Abfindung leicht höher vereinbart wurde, als nach § 10 KündSchG vorgesehen, ist unschädlich. Denn die Höhe der Abfindung ist gleichwohl noch angemessen und nicht überhöht. Nach § 10 KündSchG hätte der Ehefrau als Arbeitnehmerin, die das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und deren Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden hatte, ein Betrag von bis zu 18 Monatsverdiensten zugestanden. Erhalten hat sie indes 19 Monatsverdienste. Es war dem Kläger unbenommen, zugunsten der Arbeitnehmerin im Wege der Privatautonomie von der gesetzlichen Regelung zu seinen Lasten abzuweichen. Die Abweichung ist nicht derart gravierend, dass sie nicht auch einem fremden Dritten als Arbeitnehmer freiwillig hätte gewährt werden können. Sie überschreitet nicht den Rahmen der Angemessenheit.

Dass die Abfindung aufgrund einer beiderseitigen Auflösungsvereinbarung - wie im Streitfall - gezahlt wurde, ist unschädlich (vgl. BFH, Urt. v. 16.06.2004, XI R 55/03, BFH/NV 2004, 1705; v. 11.01.1980, VI R 165/77, BStBl II 1980, 205). Erforderlich ist jedoch, dass der Arbeitnehmer unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck gestanden hat (BFH, Urt. v. 06.03.2002, XI R 51/00, BFH/NV 2002, 1080; v. 22.01.1988, VI R 135/84, BStBl II 1988, 525). Hiervon ist angesichts der durch den Kläger als Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung auszugehen.

2. Die Abfindungszahlung i.H.v. 23.522 DM ist in vollem Umfang steuerfrei, da der steuerfreie Höchstbetrag im Streitfall 24.000 DM beträgt. Denn die Ehefrau als Arbeitnehmerin hatte das 55. Lebensjahr vollendet und das Dienstverhältnis hatte seit 1966 bis 2000 mindestens 20 Jahre bestanden.

II. Da es sich bei der streitgegenständlichen Abfindung um die einzige Position handelt, deretwegen der Einkommensteuerbescheid für 2000 am ... 2002 geändert wurde, werden dieser Bescheid und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung aufgehoben.

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 155 FGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Es erscheint höchstrichterlich noch ungeklärt, inwieweit hypothetische Geschehensabläufe, durch die ein Dienstverhältnis auch ohne Auflösung beendet worden wäre, bei der Beurteilung der Veranlassung der Auflösung des Dienstverhältnisses durch den Arbeitgeber von Bedeutung sind.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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