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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 20.02.2008
Aktenzeichen: 7 K 3972/02
Rechtsgebiete: UStG, InsO, KO


Vorschriften:

UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2
UStG § 17 Abs. 1 S. 2
UStG § 17 Abs. 2 Nr. 1
InsO § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2
KO § 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

7 K 3972/02

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und bis wann zwischen der Einzelfirma des Klägers und der Firma H-GmbH ein umsatzsteuerliches Organschaftsverhältnis bestanden hat und inwieweit eine im Zusammenhang mit der Insolvenz der H-GmbH erforderliche Berichtigung der Vorsteuer gemäß § 17 Abs. 2 UStG gegenüber dem Kläger oder gegenüber der H-GmbH zu erfolgen hat.

Der Kläger betreibt die Firma "HTJBD" als Einzelfirma. Gegenstand dieses Unternehmens war bis in das Streitjahr 2000 hinein die Verpachtung des vormals einzelunternehmerisch vom Kläger geführten Dachdeckereibetriebs an die H-GmbH. Die H-GmbH war mit notariellem Vertrag vom 21.12.1970 gegründet worden. Neben einer Stammeinlage erbrachte der Kläger auch eine Sacheinlage durch Einbringung des von ihm bis dahin als Alleininhaber geführten Unternehmens (Bedachungen, Gerüstbau und Bauklempnerei). Im Streitjahr 2000 betrug das Stammkapital der H-GmbH 500.000 DM. Hieran waren der Kläger mit 460.000 DM und seine Ehefrau mit 40.000 DM beteiligt. Gemäß § 10 des Gesellschaftsvertrags gewährten je 100 DM eines Geschäftsanteils eine Stimme in der Gesellschafterversammlung, Beschlussfassungen bedürften der Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

Aus den Steuerakten ergeben sich hinsichtlich der Verpachtung des Dachdeckereibetriebs des Klägers an die H-GmbH folgende Erkenntnisse:

Mit Vertrag vom 30.04.1971 verpachteten der Kläger und seine Ehefrau der H-GmbH mit Wirkung ab dem 15.05.1971 in ihrem Eigentum stehende Grundstücke und Gebäude - im Pachtvertrag ohne nähere Ortsangabe - zu einem Pachtzins in Höhe von monatlich 2.000 DM. Dabei handelte es sich um folgende Flächen und Gebäude:

Bürogebäude 108 qm

Werkhalle 285 qm; Werkstatt 56 qm; Nebenräume 24 qm; Lagerspeicher 106 qm

Lagerschuppen 448 qm

Lagerplatz für Gerüste 3.000 qm.

Am 16.04.1988 vereinbarte der Kläger mit der H-GmbH, das der zwischen ihm und der GmbH geschlossene Pachtvertrag vom 30.04.1971 hinsichtlich der Pachthöhe geändert werde. Ab 01.04.1988 verzichtete der Kläger danach auf die Pachtentrichtung bis zum 30.06.1990. Es wurde vereinbart, dass ab dem 01.07.1990 ein neuer Pachtvertrag geschlossen werden sollte, in dem die Pachthöhe sodann neu bestimmt werden sollte.

Am 30.05.1990 schloss der Kläger mit der H-GmbH einen Mietvertrag über gewerbliche Räume betreffend das Grundstück M-Straße 42. Mietgegenstand sollte eine Hoffläche, ein Bürogebäude sowie eine Werkhalle sein. Die vermietete Fläche wurde mit 1.200 qm vereinbart. Das Mietverhältnis sollte zum 01.07.1990 beginnen und der Mietzins 4.000 DM monatlich betragen.

Am 10.01.1991 vereinbarte der Kläger mit der H-GmbH eine Änderung dieses Mietvertrages. Danach wurde mit Wirkung ab dem 01.01.1991 der Mietzins auf 10.000 DM monatlich heraufgesetzt.

Eine gleichlautende Mietvertragsänderung, also ebenfalls die Heraufsetzung der Miete von 4.000 DM auf 10.000 DM, wurde noch einmal am 01.12.1992 zum 01.01.1993 zwischen dem Kläger und der H-GmbH vereinbart.

In den Steuerakten befindet sich des weiteren ein Mietvertrag über gewerbliche Räume. Dieser Mietvertrag ist zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau als Vermietergemeinschaft und der Firma H-GmbH geschlossen. Er betrifft als Mietgegenstand das Grundstück M-Straße 40 und zwar die dort zum 15.11.1995 fertig gestellte Werkhalle. Der Mietvertrag datiert vom 14.11.1995 und beginnt zum 15.11.1995. Der vereinbarte Mietzins beträgt 4.000 DM monatlich zuzüglich Nebenkosten in Höhe von 600 DM.

In der Einkommensteuererklärung für 1999 haben die Kläger aus der Vermietung der Halle Mieteinnahmen in Höhe von 31.680 DM erklärt. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung wurden diese Mieteinnahmen bei den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung nur zu 50 % angesetzt, und zwar als Einnahmen der Klägerin. In Höhe der anderen 50 % wurde seitens des Finanzamts davon ausgegangen, dass diese Mieteinnahmen bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb, dem Verpachtungseinzelunternehmen, erfasst werden.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2000 haben die Kläger hinsichtlich der Vermietung der Halle nur noch Mieteinnahmen in Höhe von 6.960 DM erklärt, die vom Finanzamt lediglich wiederum in Höhe von 50 % der Ehefrau zugerechnet wurden.

Im Übrigen wurde davon ausgegangen, dass hinsichtlich der weiteren 50 % Pachteinnahmen im Rahmen des Gewerbebetriebs des Klägers vorlagen.

Die Einkommensteuerakten des Klägers und seiner Ehefrau enthalten des weiteren eine Reihe von Aktenvermerken, aus denen hervorgeht, dass seitens der Finanzverwaltung davon ausgegangen wurde, dass der hälftige Anteil des Klägers an der Werkhalle zu seinem Betriebsvermögen im Rahmen der zwischen ihm und der H-GmbH bestehenden Betriebsaufspaltung gehöre, so dass die betreffenden Mieteinnahmen lediglich zu 50 % bei den Einkünften der Ehefrau des Klägers aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen seien und in Höhe des anderen hälftigen Anteils im Rahmen der gewerblichen Einkünfte des Klägers aus seinem Verpachtungsbetrieb zu berücksichtigen seien.

Im Rahmen der Gewinnermittlungen des Klägers für seinen Gewerbebetrieb Betriebsverpachtung Dachdeckerei wurden im Jahre 1999 Pachterlöse in Höhe von 120.000 DM sowie Umsatzerlöse in Höhe von 24.000 DM, also insgesamt 144.000 DM erfasst. Im Jahresabschluss für 2000 wurden insoweit Pachterlöse in Höhe von 40.000 DM sowie Umsatzerlöse in Höhe von 8.000 DM aufgeführt.

Die H-GmbH hat ihrerseits im Rahmen ihrer Gewinnermittlung für 1999 Mieten in Höhe von 6.000 DM und Pachtzahlungen in Höhe von 168.595,90 DM als Aufwand in Ansatz gebracht.

Im Rahmen ihres Abschlusses vom 28.04.2000 hat die H-GmbH einen Mietaufwand in Höhe von 2.000 DM sowie einen Pachtaufwand in Höhe von 56.000 DM eingestellt.

Ausweislich der Berichte über die Umsatzsteuersonderprüfung vom 25.01.1982 sowie die Betriebsprüfung vom 23.01.1990 beim Kläger gingen die Beteiligten seit Gründung der H-GmbH davon aus, dass zwischen dem Kläger und der H-GmbH nicht nur eine Betriebsaufspaltung bestehe, sondern zudem auch eine umsatzsteuerliche Organschaft.

Am 23.03.2000 stellte die H-GmbH beim Amtsgericht B-Stadt Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen und zwar wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit. Mit Beschluss vom 23.03.2000, also vom gleichen Tage, wurde seitens des Amtsgericht B-Stadt zum Aktenzeichen xxx zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse und zur Aufklärung des Sachverhalts gemäß §§ 21, 22 InsO unter anderem angeordnet, dass Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände ihres Vermögens nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO wirksam seien. Der vorläufige Insolvenzverwalter sollte ausweislich dieses Beschlusses nicht allgemeiner Vertreter der Schuldnerin sein. Er hatte die Aufgabe, durch Überwachung der Schuldnerin deren Vermögen zu sichern und zu erhalten. Er wurde ermächtigt, mit rechtlicher Wirkung für die Schuldnerin zu handeln, war jedoch, unbeschadet der Wirksamkeit der Handlung, verpflichtet, diese Befugnis nur wahrzunehmen, soweit es zur Erfüllung seiner Aufgaben schon vor der Verfahrenseröffnung dringend erforderlich sei.

Mit Beschluss vom 28.04.2000 wurde sodann seitens des Amtsgerichts B-Stadt das Insolvenzverfahren über das Vermögen der H-GmbH eröffnet. Ausweislich der Bilanz zum 28.04.2000 betrugen die Verbindlichkeiten der H-GmbH aus Lieferungen und Leistungen zu diesem Zeitpunkt 540.477 DM. Es handelte sich dabei um Verbindlichkeiten, die dem umsatzsteuerlichen Regelsteuersatz unterlegen hatten.

Im Oktober 2000 fand beim Kläger eine Umsatzsteuersonderprüfung statt, die die Monate Januar bis April 2000 als Prüfungszeitraum umfasste. Dabei wurden lediglich für den Monat April 2000 Feststellungen getroffen. Insoweit führte die Umsatzsteuersonderprüfung unter Tz. 11 des Berichts vom 11.12.2000 aus, dass zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung über die H-GmbH Verbindlichkeiten i.H.v. brutto 450.000 DM bestanden hätten. Eine Begleichung der Verbindlichkeiten sei aufgrund von Zahlungsunfähigkeit nicht möglich. Da die Vorsteuern jedoch gleichwohl bereits seitens des Klägers geltend gemacht worden seien, seien diese i.H.v. 62.068,96 DM gemäß § 17 UStG zurückzufordern. Neben weiteren, nicht streitigen, Umsatzminderungen und Umsatzerhöhungen gelangte der Umsatzsteuersonderprüfungsbericht daher zu dem Ergebnis, dass die festzusetzende Umsatzsteuer für den Monat April 2000 um den genannten Vorsteuerbetrag i.H.v. 62.068,96 DM zu erhöhen sei. Im Rahmen dieses Umsatzsteuersonderprüfungsberichts wurde von den bislang geltend gemachten Vorsteuern i.H.v. 21.944,50 DM der Betrag i.H.v. 62.068,96 DM abgesetzt, so dass sich mithin ein Vorsteuerbetrag i.H.v. ./. 40.124,46 DM ergab.

Auf der Grundlage dieses Umsatzsteuersonderprüfungsberichts erließ der Beklagte sodann am 31.01.2001 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für den Monat April 2000, in dem nunmehr Vorsteuern i.H.v. ./. 40.124,46 DM in Ansatz gebracht wurden. Der ursprüngliche Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für April 2000 war unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen. Auch der am 31.01.2001 ergangene geänderte Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für April 2000 wurde unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestellt.

Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und teilte mit, dass sich die H-GmbH seit dem 23.03.2000 im Insolvenzverfahren befinde. Die Umsatzsteuer für April 2000 betreffe somit nicht mehr die Organschaft des Klägers mit der H-GmbH, sondern den Insolvenzverwalter.

Mit Einspruchsentscheidung vom 02.07.2002 wurde der Einspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Dabei stellte der Beklagte im wesentlichen darauf ab, dass zum Zeitpunkt der Uneinbringlichkeit der betreffenden Verbindlichkeiten das zwischen dem Kläger und der H-GmbH bestehende umsatzsteuerliche Organschaftsverhältnis noch nicht beendet gewesen sei. Vergleichbar dem früheren Sequestrationsverfahren werde nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 der Insolvenzordnung danach unterschieden, ob dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt werde oder, wie im Streitfall, lediglich angeordnet werde, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam seien. Zwar sei dadurch der Handlungsspielraum des Klägers, entsprechend dem Zweck der Einsetzung eines Insolvenzverwalters, eingeschränkt gewesen. Dem Insolvenzverwalter sei es aber nicht möglich gewesen, eine vom Kläger als Geschäftsführer der H-GmbH abweichende Willensbildung vorzunehmen. Deshalb habe die Organschaft erst mit dem Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geendet. Durch den Kläger als Betreiber des Einzelunternehmens und Geschäftsführers der H-GmbH, der sich zwar mit dem Insolvenzverwalter habe abstimmen müssen, von diesem aber nicht von der Leitung des Einzelunternehmens und der GmbH habe verdrängt werden können, sei sichergestellt gewesen, dass eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organtochter nicht habe stattfinden können. Die steuerlichen Pflichten seien, da im Streitfall dem Insolvenzverwalter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nicht übertragen worden sei, beim Schuldner, dem Kläger, verblieben. Dieser sei, im übrigen ebenso wie der Insolvenzverwalter, verpflichtet gewesen, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen.

Im Rahmen seiner hiergegen fristgerecht erhobenen Klage hat der Kläger über seine ursprünglichen Prozessbevollmächtigten zunächst vorgetragen, dass er im Rahmen seiner Einzelfirma über Jahre hinweg wesentliche Betriebsgrundlagen an die H-GmbH, deren Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer er gewesen sei, verpachtet habe. Zwischen seinem Einzelunternehmen und der GmbH habe eine umsatzsteuerliche Organschaft bestanden, da die GmbH, das Organ, finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Einzelunternehmen des Klägers als Organträger eingegliedert gewesen sei. Die nunmehr für den Kläger tätigen Prozessbevollmächtigten haben sodann den Standpunkt vertreten, dass eine Organschaft von Anfang an nicht bestanden habe. Wie häufig, hätten die Beteiligten irrig die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung mit denen der Organschaft gleichgesetzt.

Der Kläger habe der nachmaligen Gemeinschuldnerin H-GmbH einige betriebstragende Immobilien überlassen, ebenso die Ehefrau des Klägers, und zwar teils quotal.

Hierzu hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20.02.2008 erläuternd ausgeführt, dass von den der H-GmbH zur Verfügung gestellten Grundstücken und Gebäuden nur das Grundstück M-Straße 42, Flurstück 183, in seinem Alleineigentum gestanden habe, während hingegen das Grundstück M-Straße 40, Flurstück 186, im hälftigen Miteigentum von ihm und seiner Ehefrau gestanden habe. Beide Grundstücke nebst aufstehenden Gebäuden seien von der H-GmbH für das von ihr betriebene Unternehmen genutzt worden.

Wegen der Einzelheiten und des Umfangs dieser Nutzung wird auf die Ausführungen des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20.02.2008 (Anlage 1 zum Terminsprotokoll) sowie auf den vom Kläger in diesem Termin überreichten Lageplan Bezug genommen.

Der Beklagte hat insoweit klarstellt, dass diese vom Kläger geschilderte Nutzung des Grundstücks nicht bestritten werde.

Im Übrigen hat eine vom Gericht durchgeführte elektronische Grundbuchabfrage die Richtigkeit der Darstellung des Klägers bezüglich der Eigentumsverhältnisse an den genannten Grundstücken ergeben.

Der Kläger trägt weiterhin vor, er habe indessen keinen Betrieb unterhalten, in dem die Organgesellschaft wirtschaftlich und organisatorisch hätte eingegliedert sein können. Das Bestehen einer Organschaft zwischen dem Kläger und der H-GmbH werde daher bestritten.

Aber selbst wenn zwischen dem Kläger und der H-GmbH eine Organschaft bestanden haben sollte, so sei diese am Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet worden. Dies sei mit dem 28.04.2000 geschehen und damit zu einem Zeitpunkt, als die Umsatzsteuervoranmeldung für den April 2000 noch gar nicht fällig gewesen sei. Aufgrund der gewährten Dauerfristverlängerung gemäß § 46 UStDV sei die Umsatzsteuer für den Monat April erst am 10.06.2000 fällig gewesen und zudem auch die Voranmeldung erst zu diesem Zeitpunkt einzureichen gewesen. Insofern bedürfe es keiner weiteren Erörterung des Problems, ob die Organschaft nicht bereits mit der Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens geendet habe, da der Handlungsspielraum des Einzelunternehmers, des Klägers, bereits ab diesem Zeitpunkt ganz erheblich eingeschränkt gewesen sei.

Während des vorliegenden Klageverfahrens erging am 03.06.2004 der Umsatzsteuerjahresbescheid für das Jahr 2000, in dem die Werte aus den vom Kläger eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Einzelfirma des Klägers sowie für die Firma H-GmbH angesetzt wurden. Zusätzlich wurde die Vorsteuer nach § 17 Abs. 2 S. 1 UStG um 16 % der zum 28.04.2000 noch bestehenden Verbindlichkeiten i.H.v. insgesamt 540.477 DM, mithin um einen Betrag i.H.v. 86.476,32 DM korrigiert. Dieser Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Die insoweit zugrundeliegenden Zahlen sind zwischen den Beteiligten unstreitig.

Der Umsatzsteuerjahresbescheid 2000 ist zum Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens geworden.

In der Sache selbst weist der Kläger darauf hin, dass sein Rechtsbehelf mehrfach begründet sei. Der Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid betreffe die für April 2000 im Mai oder Juni 2000 angemeldete Zahllast des Klägers als Organträger der H-GmbH als Organ. Indessen sei der Kläger nicht Steuerschuldner für diesen Voranmeldungszeitraum gewesen, ebenso wenig für die Jahressteuer. Am 23.03.2000 habe das Amtsgericht B-Stadt als zuständiges Insolvenzgericht die Insolvenzverwaltung über das Vermögen des Organs, also der GmbH, angeordnet und am 28.04.2000 das Insolvenzverfahren eröffnet. Auch wenn das Insolvenzgericht kein allgemeines Verfügungsverbot für die Gemeinschuldnerin angeordnet habe, so habe die Organschaft mit Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung am 23.03.2000 und damit vor dem Voranmeldungszeitraum, dem der Beklagte die Vorsteuerkürzung zuordne, also im April 2000, geendet. Nach den Umständen des Falles im einzelnen habe der Kläger seinen maßgeblichen Einfluss auf die Organgesellschaft verloren. Faktisch sei der vorläufige Insolvenzverwalter in der Lage gewesen, Entscheidungen gegen den Willen des Klägers als Organträger zu treffen. Dies allein sei maßgeblich. Mit der Anordnung der vorläufigen Verwaltung habe der vorläufige Verwalter das Unternehmen bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen. Schuldnern der Organgesellschaft sei es verboten gewesen, an die Organgesellschaft zu zahlen und etwa die Mittel für die Umsatzsteuer bereit zu stellen. Der vorläufige Insolvenzverwalter sei ermächtigt gewesen, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Organgesellschaft einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegen zu nehmen. Drittschuldner seien aufgefordert gewesen, nur noch unter Beachtung dieser Anordnung zu leisten. Maßnahmen der Zwangsvollstreckung einschließlich der Vollziehung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung gegen die Organgesellschaft seien untersagt gewesen, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen gewesen seien. Bereits begonnene Maßnahmen seien einzustellen gewesen. Die Organgesellschaft und der Kläger als deren Geschäftsführer seien verpflichtet gewesen, dem vorläufigen Insolvenzverwalter Einsicht in die Bücher der Organgesellschaft und in die Geschäftspapiere zu gestatten und sie an ihn auf Verlangen bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens herauszugeben. Die Organgesellschaft und der Kläger hätten dem vorläufigen Insolvenzverwalter alle Auskünfte erteilen müssen, die zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse und zur Aufklärung der schuldnerischen Vermögensverhältnisse erforderlich gewesen seien. Aus diesem Grunde habe der Kläger seine gewerbliche Tätigkeit als Organträger nicht mehr selbständig ausüben können. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sei die spätere Gemeinschuldnerin nicht mehr finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Klägers eingegliedert gewesen. Dem hätten die Sicherungsmaßnahmen des Insolvenzgerichts und deren tatsächliche Umsetzung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter entgegengestanden und zwar schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dies habe der Bundesfinanzhof für Zeiten der Sequestration anerkannt. Auf die Unterschiede zwischen Sequestrationsverfahren und vorläufiger Insolvenzverwaltung komme es insofern nicht an. Soweit der Bundesfinanzhof eine abweichende Auffassung vertrete, könne dem nicht gefolgt werden. Die Auffassung differenziere förmelnd und schablonenhaft zwischen dem "starken" und dem "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter, ohne die vorstehend beschriebenen faktischen Beschränkungen der Gemeinschuldnerin zu berücksichtigen. Auch das sich praktisch kaum mehr auswirkende Verfügungsverbot sei am 28.04.2000 mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt. Jedenfalls von da an seien keine Umsatzsteuerschulden des Klägers mehr entstanden. Erst danach indessen, nämlich mit der Erklärungspflicht im Mai oder Juni 2000, sei die Umsatzsteuer fällig geworden. Diese Umsatzsteuer schulde aber nicht mehr der Kläger, sondern die vormalige Organgesellschaft, die H-GmbH. Entsprechendes gelte bei Abstellen auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer. Die Steuer sei im Streitfall nicht aufgrund von Geschäftsvorfällen, welche dem April 2000 oder früheren Anmeldungszeiträumen zuzurechnen seien, entstanden, sondern später aufgrund von Erkenntnissen der Betriebsprüfung im November/Dezember 2000. Der Betriebsprüfer habe eine Vorsteuerkürzung i.H.v. 62.068,96 DM ermittelt, indem er insolvenzbedingt gemäß § 17 UStG Verbindlichkeiten i.H.v. brutto 450.000 DM pauschalierend wertberichtigt habe. Dies sei jedoch unzutreffend. Dies sei insbesondere ein späteres Ereignis, das jedenfalls nicht dem Voranmeldungszeitraum April 2000 zugeordnet werden könne. Der Umfang der Vorsteuerkürzung nach § 17 UStG richte sich nach dem Umfang der Uneinbringlichkeit der Forderung und der nachträglichen Vereinnahmung des Entgelts. Eine Uneinbringlichkeit komme insofern nicht in Betracht, als der Insolvenzverwalter anstelle der Gemeinschuldnerin die bisher beiderseits noch nicht vollständig erfüllten zweiseitigen Verträge erfülle und die Erfüllung auch von dem anderen Teil verlange. Diese entsprechenden vermeintlichen Kenntnisse hätten im April noch nicht bestanden, sondern hätten sich erst später anhand der tatsächlichen Entwicklung des Insolvenzverfahrens unter der individuellen Leitung des Insolvenzverwalters ergeben. Sie seien also keinesfalls in den Zeitraum vor Insolvenzverwaltung gefallen, wie dies seitens der Umsatzsteuersonderprüfung durch vereinfachende Zuordnung der Korrektur zum Voranmeldungszeitraum April 2000 unterstellt worden sei. Vielmehr betreffe die Vorsteuerberichtigung einen nachinsolvenzrechtlichen Vorgang. Der genaue Zeitraum könne insoweit offen bleiben, sei jedenfalls nicht der April 2000. Darüber hinaus sei die Vorsteuerkürzung auch unbegründet. Ob die Insolvenzeröffnung im Regelfall eine Vorsteuerkürzung nahe lege, könne offen bleiben. Für die hier geschilderten Verhältnisse gelte anderes. Denn nach der Rechtsprechung des BFH komme eine insolvenzbedingte Berichtigung der Umsatzsteuer beim leistenden Unternehmer und entsprechend der Vorsteuer beim Leistungsempfänger nicht in Betracht, wenn dem Umsatz ein zweiseitiger Vertrag zugrunde liege, der zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens von dem Gemeinschuldner und von dem anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt sei, falls der Konkursverwalter gemäß § 17 KO anstelle des Gemeinschuldners den Vertrag erfülle und die Erfüllung von dem anderen Teil verlange. In einem derartigen Fall, in dem die Forderung des leistenden Unternehmers vom Konkursverwalter gemäß § 17 KO erfüllt werde, könne von einer Uneinbringlichkeit der Forderungen im Zeitpunkt der Konkurseröffnung keine Rede sein. Der BFH habe zwar in einer früheren Entscheidung darauf abgestellt, dass auch bei Lieferungen unter Eigentumsvorbehalt die nicht erfüllten Lieferantenforderungen unbeschadet der Vorschrift des § 17 KO im Zeitpunkt der Konkurseröffnung uneinbringlich würden. Für den Fall indessen, dass der Konkursverwalter gemäß § 17 KO die Vertragserfüllung wähle, halte der BFH daran nicht mehr fest. Vorliegend habe der Insolvenzverwalter die schwebenden Verträge wesentlich erfüllt und weitere Erfüllung in Aussicht gestellt, wie der Kläger dem Beklagten seit langem und im Detail mitgeteilt habe. Hierfür werde Beweis durch Zeugnis des Insolvenzverwalters Kalker sowie der Geschäftspartner der Gemeinschuldnerin, der H-GmbH, angetreten.

Auf Anfrage des Gerichts hat der Kläger mitgeteilt, dass der in der Insolvenzanmeldung angegebene Stand der Verbindlichkeiten der Höhe nach unstreitig sei.

Der Kläger beantragt,

die Vorsteuerberichtigung in Höhe von 86.476,32 DM rückgängig zu machen und die Umsatzsteuer 2000 entsprechend herabzusetzen,

im Unterliegensfall

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

im Unterliegensfall

die Revision zuzulassen.

Er steht auf dem Standpunkt, dass zwischen der Einzelfirma des Klägers als Organträger und der H-GmbH als Organ zweifelsohne ein umsatzsteuerliches Organschaftsverhältnis bestanden habe. Der Kläger habe zuletzt, seit dem 09.10.1986, 92 % der Anteile an der GmbH, deren Geschäftsführer er zugleich gewesen sei, gehalten. Durch den Besitz dieser entscheidenden Anteilsmehrheit sei die finanzielle Eingliederung gegeben. Zum anderen sei durch die Personalunion des Klägers als Inhaber und Leiter des Einzelunternehmens und gleichzeitig als Geschäftsführer der GmbH die organisatorische Eingliederung gegeben gewesen. Aufgrund der Verpachtung von Hoffläche, Lagerfläche, Bürogebäude und Werkshalle durch die Besitzgesellschaft, also die Einzelfirma des Klägers, an die Betriebsgesellschaft, die GmbH, habe eine Betriebsaufspaltung vorgelegen. Gleichzeitig habe dies zur wirtschaftlichen Eingliederung der Organgesellschaft, also der GmbH, in das Unternehmen des Organträgers, der Einzelfirma des Klägers, geführt, denn die Betriebsgesellschaft habe in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Besitzunternehmen gestanden. Der Beklagte vertritt zudem die Auffassung, dass die umsatzsteuerliche Organschaft erst mit dem Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 28.04.2000 geendet habe. Im Streitfall sei ein einfacher, schwacher, vorläufiger Insolvenzverwalter gemäß § 22 Abs. 2 InsO bestellt worden, dessen Aufgabe es gewesen sei, den Schuldner zu überwachen, das Vermögen des Schuldners zu sichern und die Feststellung zu treffen, ob die Vermögensmasse ausreiche, um eine kostendeckende Durchführung des Insolvenzverfahrens zu gewährleisten. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens seien die gegen den Insolvenzschuldner gerichteten Forderungen unbeschadet einer möglichen Insolvenzquote in voller Höhe uneinbringlich geworden. Soweit im Rahmen der Abwicklung des Insolvenzverfahrens später Zahlungen an die Gläubiger geleistet worden seien, entstehe im Voranmeldungszeitraum der Zahlung ein erneuter, nunmehr gegen das Finanzamt gerichteter Vorsteuerrückforderungsanspruch gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 UStG. Festzuhalten sei jedenfalls, dass erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens alle Verwaltungs- und Verfügungsrechte bezüglich des Vermögens der Organgesellschaft auf den Insolvenzverwalter übergangen seien, so dass erst von diesem Zeitpunkt an der Organträger als Unternehmer für die umsatzsteuerlich bedeutsame weitere Betätigung der Organgesellschaft ausgeschieden sei. Soweit der Kläger offenbar davon ausgehe, dass der Vorsteuerrückforderungsanspruch des Beklagten erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entstehe, in dem der Tag der Insolvenzeröffnung und damit der Beendigung des Organschaftsverhältnisses falle, so sei dies nicht zutreffend. Maßgeblich sei, dass im Augenblick der Insolvenzeröffnung der Rechtsgrund für die Entstehung des Vorsteuerrückforderungsanspruchs gelegt worden sei. Dies entspreche auch der Rspr. des BFH. Im Streitfall handele es sich um die steuerliche Abwicklung von Umsätzen bzw. die Änderung der Bemessungsgrundlage von Umsätzen, die dem Organträger als dem damaligen alleinigen Unternehmer zuzurechnen seien, unabhängig vom Fortbestand des Organschaftsverhältnisses. Auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH verbleibe es dabei, dass der Kläger die den streitbefangenen Vorsteuerberichtigungen zugrundeliegenden Leistungen im Sinne des § 15 Abs. 1 UStG bezogen habe. Er sei nach wie vor der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden sei und daher, soweit er den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen habe, alleiniger Adressat der Berichtigungsvorschrift des § 17 UStG.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwischen dem Kläger und der H-GmbH ein umsatzsteuerliches Organschaftsverhältnis bestanden hat, die Uneinbringlichkeit der gegen die H-GmbH gerichteten Forderungen aus Lieferungen und Leistungen aber bereits zuvor eingetreten war und dass sich deshalb der Vorsteuerberichtigungsanspruch gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 2 UStG gegen den Kläger als Organträger richtet.

I. Zwischen dem Kläger als Organträger und der H-GmbH als Organgesellschaft bestand im Streitjahr 2000, zumindest bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ein umsatzsteuerliches Organschaftsverhältnis.

1. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG folgt, dass die von der sogenannten Organgesellschaft bewirkten Umsätze an Dritte dem Organträger zuzurechnen sind. Mit der Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG hat der deutsche Gesetzgeber von der Ermächtigung des Artikel 4 Abs. 4 Unterabsatz 2 der 6. EG-Richtlinie Gebrauch gemacht. Danach eröffnet das Gemeinschaftsrecht den Mitgliedsstaaten an sich die Möglichkeit, bereits dann mehrere im Inland ansässige Personen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln, wenn sie eng miteinander verbunden sind. Diesen Spielraum nutzt das nationale Recht indes nur teilweise aus. Die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG erforderliche Eingliederung in ein anderes Unternehmen setzt nämlich ein Verhältnis der Über- und Unterordnung der beteiligten Gesellschaften voraus. Die Organgesellschaft muss als Unternehmensteil dem Unternehmen des Organträgers zugeordnet sein. Dabei ist es für die Annahme einer Organschaft allerdings nicht erforderlich, dass alle drei der in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG genannten Merkmale einer Eingliederung sich gleichermaßen deutlich feststellen lassen. Nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse kann die Selbständigkeit auch dann fehlen, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete nicht vollkommen ausgestaltet ist. Allerdings reicht es nicht aus, dass eine Eingliederung nur in Bezug auf zwei der drei Merkmale besteht. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Organschaft vorliegt, sind allein die Verhältnisse im Streitzeitraum maßgebend. Ob bereits in der Vergangenheit eine Organschaft bestanden hat, ist insoweit unerheblich (so der BFH in ständiger Rechtsprechung, aus neuerer Zeit etwaUrteile vom 01.04.2004 V R 24/03, BStBl II 2004, 905 sowievom 19.05.2005 V R 31/03, BStBl II 2005, 671).

a. Eine finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vor, wenn der Organträger unmittelbar oder mittelbar in einer Weise an der Organgesellschaft beteiligt ist, dass er seinen Willen durch Mehrheitsbeschlüsse durchsetzen kann. Maßgebend ist insoweit die Stimmenmehrheit. Die Mehrheit der Stimmrechte aus Anteilen an der Organgesellschaft muss über 50 % der gesamten Stimmrechte betragen, sofern keine höhere qualifizierte Mehrheit für Beschlüsse in der Organgesellschaft erforderlich ist (vgl. BFH-Urteil vom 22.11.2001 V R 50/00, BStBl II 2002, 167).

b. Eine organisatorische Eingliederung im Sinne einer engen Verflechtung mit Über- und Unterordnung liegt regelmäßig vor, wenn Personenidentität in den Leitungsgremien von Organträger und Organgesellschaft besteht, wobei eine vollständige Identität allerdings nicht erforderlich ist, zumal das Merkmal der Personenidentität nicht zwingende Voraussetzung ist. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere, dass gerade das Merkmal der organisatorischen Eingliederung nur nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse zu beurteilen ist, also nicht voll ausgeprägt sein muss (vgl. BFH-Urteil vom 17.01.2002 V R 37/00, BStBl II 2002, 373).

c. Charakteristisch für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Eingliederung ist, dass die Organgesellschaft im Gefüge des übergeordneten Organträgers als dessen Bestandteil erscheint. Dabei genügt es aber schon, wenn zwischen der Organgesellschaft und dem Unternehmen des Organträgers ein vernünftiger betriebswirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung, sei es auch in den verschiedenen Wirtschaftszweigen, vorhanden ist. Die Tätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft müssen aufeinander abgestimmt sein, sie müssen sich fördern und ergänzen. Insoweit ist zwar erforderlich, dass nicht lediglich unerhebliche wirtschaftliche Beziehungen bestehen. Nicht erforderlich ist jedoch, dass die Organgesellschaft wirtschaftlich vom Organträger abhängig ist. Für die umsatzsteuerliche Organschaft kann somit eine den Betrieb der Untergesellschaft fördernde Tätigkeit der Obergesellschaft ausreichen. In Betracht kommt dabei neben Lieferungen von Waren auch das Erbringen sonstiger Leistungen. Zum Beispiel genügt die Vermietung eines Betriebsgrundstückes, wenn dieses für die Organgesellschaft von nicht nur geringer Bedeutung ist, weil es die räumliche und funktionale Grundlage der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft bildet (vgl. BFH-Urteil vom 03.04.2003 V R 63/01, BStBl II 2004, 434). Im Falle einer Betriebsaufspaltung in eine Besitzgesellschaft und eine Betriebskapitalgesellschaft und Verpachtung des Betriebsvermögens von der Besitzgesellschaft an die Betriebsgesellschaft ist im allgemeinen eine solche wirtschaftliche Eingliederung zu bejahen. Eine ausreichende wirtschaftliche Verflechtung ist in diesem Fall bereits anzunehmen, wenn die Besitzgesellschaft der Betriebsgesellschaft ein Grundstück vermietet bzw. verpachtet, das für die Geschäftstätigkeit der Betriebsgesellschaft von nicht nur geringer Bedeutung ist. Insoweit hat der Bundesfinanzhof die wirtschaftliche Eingliederung bereits dann bejaht, wenn der Organträger der Organgesellschaft dasjenige Grundstück vermietet oder verpachtet, auf dem die Organgesellschaft ihr Unternehmen betreibt (vgl. BFH-Urteil vom 01.04.2004 V R 24/03, BStBl II 2004, 905). Die wirtschaftliche Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger wird in diesen Fällen der Überlassung von wesentlichen Betriebsgrundlagen im Wege der Vermietung oder Verpachtung darin gesehen, dass hierdurch der Organträger auf die Organgesellschaft Einfluss nehmen könne und ihr insbesondere durch die Kündigung dieser Rechtsbeziehungen die wesentlichen Grundklagen für ihre Umsatztätigkeit entziehen könne. Schon die bloße Möglichkeit der Kündigung des entsprechenden Miet- oder Pachtvertrages gebe dem Organträger eine beherrschende Position gegenüber dem Organträger (vgl. so grundlegend der BFH im Urteil vom 09.09.1993 V R 124/89, BStBl II 1994, 129).

Daher kann auch die Verpachtung lediglich eines Betriebsgrundstücks als wirtschaftliche Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger ausreichen, wenn diese Betriebsgrundstück für die Umsatztätigkeit der Betriebsgesellschaft besonders geeignet ist. Erheblich ist, dass das Grundstück für die Umsatztätigkeit der Betriebsgesellschaft besonders gestaltet, dem Betriebsablauf angepasst ist oder sich dafür nach Lage, Größe, Art oder Gliederung aufgrund der innerbetrieblichen Struktur der Betriebsgesellschaft besonders eignet. Insoweit ist es aber nicht erforderlich, dass dieses Grundstück nur für die Organgesellschaft wirtschaftlich nutzbar ist und nicht ersetzbar ist, oder das es sich bei dem verpachteten Grundstück um ein Produktionsgrundstück handelt. Es kann sich auch um ein Büro- oder Verwaltungsgebäude handeln, das an die Organgesellschaft als Betriebsgesellschaft vermietet wird, wenn die Organgesellschaft darin den Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit hat.

Jedenfalls brauchen nicht sämtliche Betriebsgrundlagen gerade vom Organträger der Organgesellschaft überlassen zu werden (vgl. hierzu insgesamt mit umfangreichen Nachweisen zur Rspr. des BFH Stöcker in Müller/Stöcker, Die Organschaft, 7. Auflage 2008, Rn 1357 ff.).

2. Im Streitfall hat zumindest noch bis in das Streitjahr zwischen dem Kläger und der H-GmbH eine solche umsatzsteuerliche Organschaft bestanden.

a. Der Kläger war an der H-GmbH mit einem Kapitalanteil von 92 % und mithin beherrschend beteiligt und hatte insoweit die eindeutige Stimmenmehrheit gegenüber der Mitgesellschafterin, seiner Ehefrau. Die finanzielle Eingliederung der H-GmbH als Organgesellschaft in das Einzelunternehmen des Klägers lag somit vor.

b. Der Kläger war des Weiteren als Einzelunternehmer sowie als Alleingeschäftsführer der Firma H-GmbH in Personenidentität in den Leitungsgremien von Organträger und Organgesellschaft allein tätig. Damit war die notwendige organisatorische Eingliederung gegeben.

c. Neben diesen Tatbestandsvoraussetzungen der finanziellen und organisatorischen Eingliederung war die Firma H-GmbH als Organgesellschaft entgegen der Auffassung des Klägers auch wirtschaftlich in das Unternehmen des Klägers als Organträger eingegliedert. Insbesondere steht auch der Umstand, dass eines der beiden der H-GmbH überlassenen und von ihr genutzten Betriebsgrundstücke nicht im Alleineigentum des Klägers, sondern im gemeinschaftlichen Eigentum des Klägers und seiner Ehefrau stand, nicht der Feststellung entgegen, dass die H-GmbH wirtschaftlich in das Unternehmen des Klägers eingegliedert gewesen ist.

Denn insoweit ist zunächst einmal hervorzuheben, dass der Kläger als Alleineigentümer der H-GmbH ein Grundstück zur Verfügung gestellt hat, das für die unternehmerische Tätigkeit der H-GmbH als Organgesellschaft eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung gehabt hat und das damit auch als eine wesentliche Betriebsgrundlage für die Geschäftstätigkeit der H-GmbH angesehen werden muss. Schließlich befand sich auf diesem Grundstück nicht nur das von der H-GmbH genutzte Bürogebäude, sondern zudem noch eine Werkshalle, in der die vorproduzierten Teile zwischengelagert wurden und die Vorkommission stattfand, sowie des weiteren auch noch ein Magazin, in dem Kleinteile gelagert wurden.

Berücksichtigt man weiterhin, dass die H-GmbH den ganz überwiegenden Teil ihrer Pacht- und Mietaufwendungen an den Kläger für die Verpachtung des diesem allein gehörenden Grundstücks gezahlt hat, so wird auch hieran erkennbar, dass das vom Kläger der H-GmbH überlassene Grundstück eine ganz wesentliche Bedeutung für die Geschäftstätigkeit der H-GmbH gehabt hat.

Aber auch dasjenige Grundstück, das der Kläger in hälftigem Eigentum mit seiner Ehefrau gehalten hat und in Vermietungsgemeinschaft mit seiner Ehefrau der H-GmbH für deren Geschäftstätigkeit zur Verfügung gestellt hat, muss bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen einer wirtschaftlichen Eingliederung Berücksichtigung finden. Denn auch insoweit hat der Kläger, bereits aufgrund seiner hälftigen Beteiligung, der H-GmbH in nennenswertem Umfang wesentliche Betriebsgrundlagen zur Verfügung gestellt. Insbesondere hat der Kläger diesen hälftigen Miteigentumsanteil an dem betreffenden Grundstück auch in seinem Betriebs- bzw. Unternehmensvermögen gehalten. Zwar wird insoweit nicht verkannt, dass es hinsichtlich dieses Grundstücks nicht allein in der Rechtsmacht des Klägers stand, dieses Pachtverhältnis jederzeit durch Kündigung beenden zu können, er vielmehr für eine solche Gestaltungserklärung auf das Einverständnis seiner Ehefrau angewiesen war (vgl. zum Grundsatz der Einheitlichkeit von Gestaltungserklärungen bei Personenmehrheit auf Vermieter- und/oder Mieterseite nur Teichmann in Jauernig, Kommentar zum BGB, 12. Auflage 2007, § 535 Rn. 3 bzw. § 542 Rn 4 mit weiteren Nachweisen zur Rspr. des BGH). Aber abgesehen davon, dass die Rechtsmacht zur Beendigung eines solchen Pacht- oder Mietverhältnisses ohnehin nicht als klassisches Beurteilungskriterium für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Eingliederung angesehen wird (zu Recht kritisch insoweit Stadie, Umsatzsteuerrecht, 1. Auflage 2005, Rn. 5.231), ist andererseits zu berücksichtigen, dass auch die Ehefrau des Klägers ihrerseits nicht ohne Mitwirkung des Klägers der Organgesellschaft diese wesentliche Betriebsgrundlage entziehen konnte. Zumindest war daher aber insoweit sichergestellt, dass die diesbezügliche wirtschaftliche Eingliederung nicht gegen den Willen des Klägers beendet werden konnte.

Aber selbst wenn man insoweit für das Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Eingliederung jedenfalls solche wesentlichen Betriebsgrundlagen unberücksichtigt lassen wollte, die sich nicht im Alleineigentum des vermeintlichen Organträgers befinden, sondern nur im gemeinschaftlichen Eigentum mit dritten, nicht an der finanziellen und organisatorischen Eingliederung gleichermaßen beteiligten Personen, so liegt im Streitfall dennoch eine ausreichende wirtschaftliche Eingliederung vor. Denn in Anbetracht des im Alleineigentum des Klägers stehenden, der H-GmbH überlassenen Grundstücks sowie des Umfangs der hierfür gezahlten Pacht steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger als Organträger der H-GmbH wesentliche Betriebsgrundlagen zur Nutzung überlassen hat, die für die Geschäftstätigkeit der H-GmbH von ganz erheblichem Gewicht gewesen sind und die die Geschäftstätigkeit der H-GmbH insbesondere in einem wirtschaftlich vernünftigen Zusammenhang gefördert und ergänzt haben.

Im Streitfall ist es auch unschädlich, dass neben den vom Kläger als Alleineigentümer der H-GmbH zur Verfügung gestellten wesentlichen Betriebsgrundlagen auch noch weitere notwendige Betriebsmittel durch den Kläger und seine Ehefrau als Vermietungsgemeinschaft der H-GmbH überlassen worden sind. Denn insoweit vertritt der erkennende Senat den Rechtsstandpunkt, dass es für die Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals der wirtschaftlichen Eingliederung nicht erforderlich ist, dass der Organträger alle bzw. sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen der Organgesellschaft als Betriebskapitalgesellschaft zur Verfügung stellt. Denn der Organträger fördert und ergänzt die Tätigkeit der Organgesellschaft in einem vernünftigen betriebswirtschaftlichen Zusammenhang bereits dann, wenn er ihr wesentliche Betriebsgrundlagen von nicht unerheblichem Umfang zur Verfügung stellt. Die Überlassung aller für die Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft notwendigen Betriebsmittel durch den Organträger ist hingegen vom Begriff der wirtschaftlich Eingliederung her sachlich nicht geboten und wird insoweit daher gerade nicht vorausgesetzt.

II. Im Streitfall sind des Weiteren die von der Organgesellschaft, der H-GmbH bezogenen Eingangsumsätze in Gestalt von Lieferungen und Leistungen für ihr Unternehmen i.H.v. insgesamt 540.477 DM, die der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitig sind, uneinbringlich im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG geworden. Ausweislich der auf den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der H-GmbH erstellten Bilanz zum 28.04.2000 wies die H-GmbH zu diesem Zeitpunkt Verbindlichkeiten in der genannten Höhe aus. Dabei handelte es sich um Lieferungen und Leistungen, die dem Regelsteuersatz unterlegen haben und für die mithin der Kläger als Organträger den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hat.

1. Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 2 UStG hat der leistende Unternehmer den für seine Leistung geschuldeten Umsatzsteuerbetrag und der Leistungsempfänger den entsprechenden Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn das vereinbarte Entgelt für die steuerpflichtige Lieferung uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind der Umsatzsteuerbetrag und der Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen, § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 UStG. Uneinbringlich ist eine Forderung nicht schon, wenn der Leistungsempfänger die Zahlung nach Fälligkeit verzögert, sondern erst, wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung ganz oder teilweise jedenfalls auf absehbare Zeit nicht wird durchsetzen können (ständige Rspr. des BFH, vgl.Urteile vom 22.04.2004 V R 72/03, BStBl II 2004, 684 sowievom 20.07.2006 V R 13/04, BStBl II 2007, 22). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs werden im Falle einer Konkurs- oder Insolvenzeröffnung Forderungen aus Lieferungen und sonstigen Leistungen gegenüber dem Gemeinschuldner aus der Zeit vor Konkurseröffnung unbeschadet einer möglichen Konkursquote jedenfalls im Augenblick der Konkurseröffnung in voller Höhe uneinbringlich im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG. Die Ansprüche sind mit Konkurseröffnung von Rechts wegen gegen den Gemeinschuldner zunächst nicht mehr durchsetzbar, denn alle persönlichen Gläubiger des Gemeinschuldners, die einen zu dieser Zeit begründeten Vermögensanspruch gegen ihn haben, werden Konkursgläubiger und können ihre Ansprüche nur nach Maßgabe der konkurs- bzw. insolvenzrechtlichen Vorschriften, also durch Anmeldung zur Insolvenztabelle, verfolgen (vgl. BFH-Urteil vom 08.05.2003 V R 20/02, BStBl II 2003, 953). Die Uneinbringlichkeit kann jedoch auch schon vor der Eröffnung eines solchen Insolvenzverfahrens liegen. Von der Uneinbringlichkeit der Forderung gegen den Insolvenzschuldner ist nämlich regelmäßig dann auszugehen, wenn der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzschuldners und der sachliche Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 InsO oder der Überschuldung gemäß § 19 InsO gegeben ist (vgl. Tehler in Reiß/Kraeusel/Langer, Stand Juni 2006, § 17 UStG Rn. 38, Stichwort: Insolvenz). Insoweit hat der Bundesfinanzhof deutlich gemacht, dass die Uneinbringlichkeit spätestens mit der Konkurs- oder Insolvenzeröffnung gegeben ist, vielfach aber auch bereits früher eingetreten ist, wie insbesondere in den Fällen der Sequestration oder der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters. Bereits zu diesem Zeitpunkt, also vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ist die Uneinbringlichkeit gegeben, da anderenfalls auch kein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt worden wäre. Beantragt daher der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist in diesem Fall der drohenden Zahlungsunfähigkeit die Uneinbringlichkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG gegeben. Es ist dann nämlich in absehbarer Zeit nicht mehr damit zu rechnen, dass der Schuldner die Forderungen erfüllen wird (vgl. BFH-Urteil vom 08.10.1997 XI R 25/97, BStBl II 1998, 69 sowie Schwarz in Vogel/Schwarz, Stand Februar 2005, § 17 UStG Rn. 143).

2. Vor dem Hintergrund dieser Tatbestandsvoraussetzungen der Uneinbringlichkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG geht der Senat davon aus, dass spätestens zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 23.03.2000 Uneinbringlichkeit im Hinblick auf die Verbindlichkeiten der Organgesellschaft, der H-GmbH, eingetreten ist. Denn spätestens zu diesem Zeitpunkt gab die Organgesellschaft zu erkennen, dass sie nicht mehr in der Lage ist, ihren Verbindlichkeiten nachzukommen bzw. überschuldet ist. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war für die Gläubiger auf absehbare Zeit sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht nicht mehr damit zu rechnen, dass ihre Ansprüche erfüllt werden würden.

III. Die vorstehend festgestellte Uneinbringlichkeit der genannten Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen ist auch bereits zu einem Zeitpunkt eingetreten, als das Organschaftsverhältnis zwischen dem Kläger als Organträger und der H-GmbH als Organgesellschaft noch nicht beendet gewesen ist.

1. In den Fällen, in denen der Organträger Geschäftsführer einer von der Insolvenz bedrohten Organgesellschaft ist und in denen nach Beantragung des Insolvenzverfahrens dem betreffenden Geschäftsführer kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird, geht der Bundesfinanzhof davon aus, dass die Organschaft regelmäßig bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhalten bleibt. Dies soll auch dann gelten, wenn das Insolvenzgericht gemäß § 21 Abs. 2, 2. Alternative InsO anordnet, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Der Bundesfinanzhof leitet seinen Rechtsstandpunkt insoweit aus der Abgrenzung des sogenannten starken Insolvenzverwalters, auf den in Folge eines allgemeinen Verfügungsverbots die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse über das Vermögen des Gemeinschuldners übergegangen sind, vom sogenannten schwachen Insolvenzverwalter ab. Beim sogenannten schwachen Insolvenzverwalter verbleiben die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse über das Vermögen des Gemeinschuldners bei der bisherigen Geschäftsleitung und gehen gerade nicht auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. Dementsprechend bleibe die Organschaft, bei der der Organträger weiterhin als Geschäftsführer der von der Insolvenz bedrohten Organgesellschaft tätig sei und die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse über das Vermögen des Schuldners nicht auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergingen, regelmäßig bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehen. Dies gelte auch dann, wenn das Insolvenzgericht nach § 21 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative InsO anordne, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam seien. In diesem Fall seien zwar die Verfügungen des Schuldners ohne die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters grundsätzlich unwirksam. Andererseits könne aber auch der vorläufige Insolvenzverwalter grundsätzlich nicht allein über das Vermögen des Schuldners verfügen. Schuldner und vorläufiger Insolvenzverwalter hätten eine vergleichbar starke Stellung. Gleichwohl sei der vorläufige Insolvenzverwalter nur als Berater des Schuldners anzusehen (vgl. BFH-Urteil vom 01.04.2004 V R 24/03, BStBl II 2004, 905). Der Bundesfinanzhof führt insoweit weiterhin aus, dass es zwar zutreffend sei, dass die organisatorische Eingliederung besonders deutlich werde, wenn der Organträger trotz der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters weiterhin in der Lage sei, in der Organgesellschaft seinen Willen durchzusetzen, er also doch weiterhin die beherrschende Stellung ausübe. Die organisatorische Eingliederung bestehe aber auch dann noch fort, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter zwar eine vergleichbar starke Stellung wie der Organträger erhalte, ihm, dem vorläufigen Insolvenzverwalter, jedoch eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft nicht möglich sei. Zur Annahme einer Organschaft sei nämlich nicht erforderlich, dass alle drei Eingliederungsmerkmale, also die finanzielle, die wirtschaftliche und die organisatorische Eingliederung, in gleicher Weise stark ausgebildet seien. Trete auf einem der drei Gebiete die Eingliederung weniger stark in Erscheinung, so hindere dies nicht, dennoch eine Organschaft anzunehmen, wenn sich die Eingliederung auf den beiden anderen Ebenen weiterhin deutlich zeige (vgl. BFH-Urteil vom 01.04.2004 V R 24/03, a.a.O.; diesen Rechtsstandpunkt hat der BFH zuletzt mehrfach bestätigt, vgl.Beschlüsse vom 15.11.2006 V B 115/06, BFH/NV 2007, 787 sowievom 13.06.2007 V B 47/06, BFH/NV 2007, 1936).

2. Im Streitfall ist die rechtliche Position des vorläufigen Insolvenzverwalters ausdrücklich zum sogenannten schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter ausgestaltet worden. Denn das zuständige Insolvenzgericht hat mit Beschluss vom 22.03.2000 ausdrücklich gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative InsO angeordnet, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Das Gericht hat damit gerade kein allgemeines Verfügungsgebot zu Lasten des Klägers als Geschäftsführer der H-GmbH, also der Gemeinschuldnerin und Organgesellschaft, angeordnet. Auf der Grundlage der vorstehend dargestellten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der sich der erkennende Senat für den vorliegenden Streitfall anschließt, ist daher, entgegen der Auffassung des Klägers, das zwischen dem Kläger als Organträger und der H-GmbH als Organgesellschaft bestehende Organschaftsverhältnis erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 28.04.2000 beendet worden ist. Die Uneinbringlichkeit der genannten Verbindlichkeiten der Organgesellschaft ist daher eindeutig noch vor der Beendigung des Organschaftsverhältnisses am 28.04.2000 eingetreten. Sind jedoch die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs noch zu einem Zeitpunkt eingetreten, zu dem das umsatzsteuerliche Organschaftsverhältnis bestanden hat, so richtet sich aber der Vorsteuerberichtigungsanspruch der Finanzverwaltung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 S. 2 UStG noch gegen den Organträger.

IV. In diesem Zusammenhang ist es auch entgegen der Auffassung des Klägers unerheblich, dass der Vorsteuerberichtigungsanspruch, der ursprünglich für den Monat April 2000 im Anschluss an die Umsatzsteuersonderprüfung festgesetzt worden ist, zu einem Zeitpunkt fällig geworden ist, zu dem das Organschaftsverhältnis nicht mehr bestanden hat. Zwar war zum 10.05. bzw. 10.06.2000, in Anbetracht der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Organgesellschaft am 28.04.2000, das umsatzsteuerliche Organverhältnis zwischen dem Kläger als Organträger und der H-GmbH als Organgesellschaft unzweifelhaft beendet. Für die Beantwortung der Frage, gegen wen sich der Vorsteuerberichtigungsanspruch nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG richtet, kommt es jedoch nicht darauf an, ob im Zeitpunkt der Fälligkeit des betreffenden Vorsteuerberichtigungsanspruchs das Organschaftsverhältnis noch bestanden hat. Entscheidend ist insoweit vielmehr, ob im Zeitpunkt der Entstehung dieses Berichtigungsanspruchs, also in dem Zeitpunkt, in dem die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Berichtigungsanspruch geschaffen werden, das betreffende Organschaftsverhältnis noch vorlag. Anderenfalls hätte es der Organträger auch durch eine kurzfristige Beendigung des Organschaftsverhältnisses vor Fälligkeit des noch in seiner Rechtsphäre begründeten Berichtigungsanspruch in der Hand, dafür zu sorgen, dass nunmehr allein die Organgesellschaft für den Berichtigungsanspruch angegangen werden kann, obwohl die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für den Berichtigungsanspruch noch zu einem Zeitpunkt entstanden sind, als das Organschaftsverhältnis noch bestand. Für die Zuordnung des Vorsteuerberichtigungsanspruch nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann es insoweit nur darauf ankommen, ob im Zeitpunkt der sachlichen Entstehung dieses Rückforderungstatbestands das umsatzsteuerliche Organschaftsverhältnis noch bestanden hat, nicht inwieweit dieses noch bei Bescheiderteilung bzw. Fälligkeit des Vorsteuerberichtigungsanspruchs gegeben ist. Dies ist auch aus der Entscheidung des Bundesfinanzhofsvom 13.06.2007 (V B 47/06, BFH/NV 2007, 1936) ersichtlich.

V. Aber auch soweit der Kläger die Rechtsauffassung vertritt, im Hinblick auf die Regelungswirkung des § 17 KO (entspricht § 103 InsO) sei im Streitfall keine Uneinbringlichkeit eingetreten, ist sein Rechtsstandpunkt letztlich nicht durchgreifend. Denn unabhängig von der Frage, ob im Streitfall den betreffenden Verbindlichkeiten tatsächlich zweiseitige Verträge zugrunde liegen, die von dem einen Teil noch nicht oder nicht vollständig erfüllt sind, ergibt sich hieraus für den Kläger als vormaligen Organträger keine entscheidend anderweitige Rechtssituation.

Insoweit weist der Kläger zwar zu Recht darauf hin, dass der Bundesfinanzhof in derEntscheidung vom 28.06.2000 (V R 45/99, BStBl II 2000, 703) ausgeführt hat, dass eine Berichtigung der Vorsteuer beim Leistungsempfänger dann nicht in Betracht komme, wenn dem Umsatz ein zweiseitiger Vertrag zugrunde liege, der zur Eröffnung des Konkursverfahrens von dem Gemeinschuldner und von dem anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt sei, falls der Konkursverwalter gemäß § 17 KO anstelle des Gemeinschuldners den Vertrag erfülle und die Erfüllung von dem anderen Teil verlangt habe. Denn in einem derartigen Fall, in dem die Forderung des leistenden Unternehmers vom Konkursverwalter gemäß § 17 KO erfüllt werde, könne von einer Uneinbringlichkeit der Forderung im Zeitpunkt der Konkurseröffnung keine Rede sein.

Der erkennende Senat braucht aber dennoch nicht der Frage nachzugehen, inwieweit im Streitfall seitens des Insolvenzverwalter nachträglich noch schwebende Verträge wesentlich erfüllt worden sind und weitere Erfüllung in Aussicht gestellt worden ist. Denn mit der Beendigung der umsatzsteuerlichen Organschaft haben sich der Kläger als vormaliger Organträger und die H-GmbH als bisherige Organgesellschaft in umsatzsteuerlicher Hinsicht in zwei unterschiedliche Rechtssubjekte verwandelt. Etwaige vom Insolvenzverwalter nach Insolvenzeröffnung vorgenommene Vertragserfüllungen hinsichtlich noch schwebender Verträge wirken sich insoweit allein in der Rechtsphäre der H-GmbH aus und berühren nicht mehr die Rechtsphäre des Klägers, als vormaligen Organträger, der aber nunmehr in umsatzsteuerlicher Hinsicht als eigenständiges Unternehmen in Abgrenzung zur Organgesellschaft zu behandeln ist. Abgesehen von der Frage also, inwieweit es sich im Streitfall bei den betreffenden Verbindlichkeiten um tatsächlich schwebende zweiseitige Verträge gehandelt hat, die beiderseits noch nicht oder nicht vollständig erfüllt gewesen sind, der Kläger hat hierzu nämlich keinen substantiierten Sachvortrag angeboten, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass insoweit vom Insolvenzverwalter schwebende Verträge wesentlich erfüllt worden seien, kann diese Frage letztlich deshalb dahingestellt bleiben, weil derartige nachträgliche Erfüllungshandlungen allein die umsatzsteuerliche Rechtssphäre der H-GmbH und nicht mehr diejenige des Klägers betreffen.

Dass diese Differenzierung zwischen den nach Beendigung der Organschaft entstandenen umsatzsteuerlich selbständigen Rechtssubjekten zutreffend ist, zeigt sich auch an der genannten Entscheidung des BFH vom 28.06.2000 (V R 45/99, a.a.O.), die gerade keinen Fall der Organschaft betraf, sondern ein einheitliches umsatzsteuerliches Rechtssubjekt. Für den Fall der Beendigung der Organschaft gilt vielmehr, dass ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Ausübung entsprechender Erfüllungswahlrechte bezüglich noch schwebender Verträge durch den Insolvenzverwalter allein die Rechtsphäre der vormaligen Organgesellschaft betrifft, die nunmehr als eigenständiges umsatzsteuerliches Rechtssubjekt bzw. als selbständiger Unternehmer im Rechtsverkehr auftritt und umsatzsteuerlich auch so zu behandeln ist. Damit steht letztlich auch im Einklang, dass der Kläger als Organträger im Zeitraum der bestehenden Organschaft Vorsteuerbeträge in Abzug gebracht hat, die weder er noch die Organgesellschaft tatsächlich in wirtschaftlicher Hinsicht geleistet hat. Um so mehr ist es nunmehr gerechtfertigt, dass der Kläger diese Vorsteuerbeträge erstattet, während hingegen die Organgesellschaft diejenigen Vorsteuerbeträge, die sie im Rahmen ihrer nachträglichen Zahlungen nach Insolvenzeröffnung aufgrund entsprechender Erfüllungshandlungen des Insolvenzverwalters an die Lieferanten erbracht hat, nunmehr als Vorsteuern als selbständiger Unternehmer geltend machen kann.

VI. Aus den gleichen Gründen sind auch die vom Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommenen Zahlungen auf die Verbindlichkeiten im Streitfall hinsichtlich des Vorsteuerberichtigungsanspruchs der Finanzverwaltung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG irrelevant. Entgegen der Auffassung des Klägers wirken sich diese Zahlungen auf die Verbindlichkeiten allein in der Rechtsphäre der vormaligen Organgesellschaft, also der H-GmbH aus, da sie nach Insolvenzeröffnung erfolgt sind, und mithin zu einem Zeitpunkt, als es sich bei der Einzelfirma des Klägers sowie der H-GmbH um selbständige und vor allen Dingen eigenständige Umsatzsteuersubjekte handelte. Darüber hinaus lässt bereits die Vorschrift des § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 UStG erkennen, dass im Falle nachträglicher Zahlungen der Steuerbetrag und der Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen sind. Dies bedeutet aber zugleich, dass die vermeintlichen nachträglichen Zahlungen des Insolvenzverwalters auf den zunächst einmal entstandenen Vorsteuerberichtigungsanspruch der Finanzverwaltung keinen Einfluss haben.

VII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

VIII. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

So liegt, soweit ersichtlich, bislang noch keine höchstrichterliche Stellungnahme zu der Frage vor, welche Bedeutung es für das Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Eingliederung im Rahmen der umsatzsteuerlichen Organschaft hat, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen nicht nur vom vermeintlichen Organträger selbst, sondern auch von diesem gemeinsam mit einer dritten Person der Organgesellschaft überlassen werden.

Zum anderen ist bislang noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob die Vorschrift des § 17 KO (= § 103 InsO) auch im Falle der Beendigung einer Organschaft bewirkt, dass nachträgliche Erfüllungshandlungen des Insolvenzverwalters der vormaligen Organgesellschaft der Feststellung einer Uneinbringlichkeit von Verbindlichkeiten in der Rechtssphäre des vormaligen Organträgers entgegenstehen.

Ende der Entscheidung

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