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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 12.12.2006
Aktenzeichen: 8 K 1130/05
Rechtsgebiete: UStG, RL 77/388/EWG
Vorschriften:
UStG § 1 Abs. 1a | |
UStG § 15a Abs. 1 | |
UStG § 15a Abs. 6a S. 1 | |
RL 77/388/EWG Art. 5 Abs. 8 |
Finanzgericht Köln
Tenor:
Unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids 1998 vom 24. Oktober 2002 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2005 wird die Umsatzsteuer 1998 auf 11.691,39 DM (5.977,71 EUR) festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Frage des Vorliegens einer Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG im Streitjahr - 1998 - .
Die Klägerin errichtete auf dem Grundstück S-Str. in X ein Gebäude für rund 1,24 Mio. DM und machte hieraus - nachdem sie zur Umsatzsteuer optiert hatte - Vorsteuern in Höhe von 184.301,52 DM geltend. Dabei richtete sie die Räumlichkeiten komplett jeweils mit Büromöbeln aus; diese stellte die Fa. C der Klägerin am 31.08.1994 mit insgesamt 146.956 DM in Rechnung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Rechnung Bezug genommen. Die Gesamtnutzfläche des Objekts betrug 974 qm.
Ab September 1994 vermietete die Klägerin die Räumlichkeiten als möblierte Büroräumlichkeiten umsatzsteuerpflichtig an verschiedene Mieter. In den Akten befinden sich Mietverträge mit der ... GmbH, der ... GmbH, der ... GmbH, der ... GmbH und der L GmbH. Weitere Mietverträge bestanden mit der B GmbH, der ... und der ... GmbH. In den Verträgen heißt es u.a.: "Das Bürogebäude ist komplett neu für ... - es folgt die Angabe unterschiedlicher Zahlen - Arbeitsplätze möbliert". Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt der Mietverträge Bezug genommen.
In den Jahren 1995 bis 1998 fielen die Mieter ... GmbH, ... GmbH, ... und ... GmbH aufgrund von Insolvenzen und Vertragsbeendigungen als Mieter aus. Bemühungen der Klägerin um Nachmieter schlugen fehl. In ihrer Einkommensteuererklärung für 1998 deklarierte die Klägerin einen Verlust aus der Vermietung des streitgegenständlichen Objekts in Höhe von 54.727 DM. Die Mieteinnahmen in Höhe von 64.954 DM setzten sich dabei wie folgt zusammen:
... GmbH: 2.400 DM;
B: 42.230,50 DM (für 349,36 qm);
L 20.322,71 DM (für 124,18 qm).
Dem standen Werbungskosten in Höhe von 119.681 DM gegenüber. Im Vorjahr hatte der Verlust 174.473 DM betragen (Einnahmen: 80.713; Werbungskosten: 174.473 DM).
Mit notariellem Vertrag vom 7. Juli 1998 veräußerte die Klägerin das streitgegenständliche Grundstück für 810.000 DM - ohne Umsatzsteuer - an die Beigeladene. Unter Ziff. 3 b des Vertrages ist festgehalten, dass ein Mietverhältnis mit dem Mieter L bestehe, der jedoch zum 31.7.1998 gekündigt habe. Das gekündigte Mietverhältnis werde von der Käuferin nicht übernommen. Die Klägerin garantiere, dass der Mieter das Objekt zum 10. August 1998 räumt. In Ziff. 3 c des Vertrages ist bestimmt, dass die Erwerberin das Mietverhältnis mit der Firma B GmbH mit allen Rechten und Pflichten übernehme. Ziff. 2 b des Vertrages bestimmt die Fälligkeit des Kaufpreises, die nicht vor der Räumung des Objekts durch den Mieter L eintritt. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt der Vertragsurkunde Bezug genommen.
Zuvor hatte die Klägerin der Fa. L mit Vertrag vom 22. Juni 1998 diverse Büroeinrichtungen zum Preis von 9.920 DM (netto) verkauft; am selben Tag hatte sie der Firma B GmbH Büroeinrichtung zum Preis von 4.600 DM verkauft.
Die Beigeladene vermietete die linke Seite des Gebäudes mit Mietvertrag vom 31. August 1998 an die U GmbH & Co. KG zum Mietzins einschließlich Nebenkosten in Höhe von monatlich 5.800 DM. Über das rechte Erdgeschoss schloss sie am 14. Oktober 1998 mit der B GmbH einen eigenständigen, seit dem 1. August 1998 geltenden Mietvertrag. Der Mietzins einschließlich Nebenkosten betrug 3.650 DM. Beide Vermietungen erfolgten umsatzsteuerfrei. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt dieser Verträge Bezug genommen.
Mit Vertrag vom 4. April 2000 verkaufte die Klägerin Büroeinrichtungen, die aus dem streitgegenständlichen Objekt stammen, zum Preis von 45.000 DM zzgl. Umsatzsteuer an die Firma www. ...
Nachdem die Klägerin für das Streitjahr zunächst keine Umsatzsteuererklärung abgegeben hatte, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen im unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 20. Juli 2000 und setzte die Umsatzsteuer und Zugrundelegung von Umsätzen zum Steuersatz von 16 v.H. in Höhe von 50.000 DM und zum Steuersatz von 15 v.H. in Höhe von 35.000 DM mit 11.810 DM fest. Dabei berücksichtigte er Vorsteuern in Höhe von 1.439,20 DM.
Hiergegen legte die Klägerin rechtzeitig Einspruch ein und reichte im Dezember 2000 die ausstehende Steuererklärung nach. Darin deklarierte sie Umsätze zum Steuersatz von 16 v.H. in Höhe von 50.143 DM und zum Steuersatz von 15 v.H. in Höhe von 54.570 DM. Vorsteuern machte sie in Höhe von 1.813,60 DM geltend. Angaben zu § 15a UStG enthält die Erklärung nicht.
Mit Bescheid vom 20. September 2001 änderte der Beklagte hierauf die Umsatzsteuer erklärungsgemäß und setzte sie mit 14.394 DM fest; den Vorbehalt der Nachprüfung hob er auf.
Im Juni 2002 fand bei der Klägerin eine Umsatzsteuersonderprüfung für die Jahre 1997 bis 2000 statt. Neben hier nicht streitigen Prüfungsfeststellungen (Tz. 15 und 19 des Prüfungsberichts vom 27. September 2002) stellte sich die Prüferin in Tz. 22 des Berichts auf den Standpunkt, mit der Veräußerung des streitgegenständlichen Grundstücks sei keine Geschäftsveräußerung im Ganzen verbunden, so dass die steuerfreie Veräußerung eine Änderung der Nutzung darstelle. Entsprechend der Anlage zum Bericht seien daher gemäß § 15a UStG Vorsteuern in Höhe von 112.941 DM zurückzufordern. Der Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen stünde entgegen, dass das Grundstück, die Mietverträge und ggf. die Mieterakten wesentliche Grundlagen des Vermietungsunternehmens der Klägerin bildeten, die nicht übertragen worden seien. Das gelte auch für das Inventar, dessen Anschaffungskosten ausweislich der Rechnung der Fa. C 146.956 DM und damit ca. 11 v.H. der Gesamtkosten betragen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt des Prüfungsberichts nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Beklagte folgte diesen Prüfungsfeststellung und erließ am 24. Oktober 2002 einen gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid 1998, mit dem er die Umsatzsteuer auf 124.632 DM festsetzte. Dabei berücksichtigte er Umsätze zu 16 v.H. in Höhe von 50.143 (also unverändert) und zu 15 v.H. in Höhe von 31.514 DM. Zusätzlich berücksichtigte er zurückzuzahlende Umsatzsteuer in Höhe von 112.941 DM. Vorsteuern erkannte er nur noch in Höhe von 1.058,59 DM an. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.
Hiergegen legte die Klägerin am 29. Oktober 2002 Einspruch ein und machte - neben Einwendungen gegen weitere Prüfungsfeststellungen, die nicht das Streitjahr betreffen - geltend, die Beigeladene habe das gekaufte Objekt zum großen Teil selber nutzen wollen und deshalb darauf bestanden, dass das Mietverhältnis mit dem Mieter L gekündigt werde. Unzutreffend sei die Annahme, es sei ein nicht mehr lebensfähiges Unternehmen übertragen worden. Die Nutzfläche bei der Firma L habe 124,18 qm betragen. Die ansonsten bei Veräußerung leer stehende Fläche habe somit nur 51,4 % der insgesamt vorhandenen Mietfläche betragen. Deswegen liege eine Betriebsveräußerung im Ganzen vor.
Der Beklagte zog hierauf die Beigeladene zum Einspruchsverfahren hinzu. Diese machte mit Schreiben vom 27. Januar 2003 geltend, Kaufgegenstand des Kaufvertrages sei kein Unternehmen, sondern lediglich das Grundstück. Soweit der Veräußerer des Grundstücks damit gleichzeitig sein gesamtes Unternehmen veräußern möchte, müsse dies im Kaufvertrag festgehalten werden. Denn der Käufer kenne die wirtschaftliche Situation des Verkäufers nicht und könne deshalb auch nicht beurteilen, ob der Kauf eines Grundstücks gleichzeitig den Kauf eines gesamten Unternehmens beinhalte. Insofern könne der Käufer auch nicht die umsatzsteuerlichen Konsequenzen erkennen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2005 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Hierzu führte er aus, ausschlaggebend für die Betriebsveräußerung im Ganzen sei, welche Betriebsgrundlagen für die Führung des Unternehmens in der bisherigen Form wesentlich seien und ob ein organisatorisch noch funktionsfähiges Unternehmen mit allen erforderliche Betriebsgrundlagen übertragen werde. Das Unternehmen der Klägerin habe die gewerbliche umsatzsteuerpflichtige Vermietung von vollständig eingerichteten Büroflächen zum Gegenstand gehabt. Wesentliche Betriebsgrundlage für dieses Unternehmen seien neben dem Betriebsgrundstück auch das vorhandene Mobiliar und auch die Mietverträge gewesen, weil der Betrieb ohne die vermieteten Flächen nicht mehr existiere. Hier hätten beim Verkauf des Grundstücks bereits über die Hälfte der Mietflächen leergestanden. Schon vor dem Verkauf habe sich das Unternehmen der Klägerin im Zustand der Liquidation befunden. Schon zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin die Fortführung des Unternehmens aufgegeben. Die Beigeladene habe auch nicht das marode Unternehmen der Klägerin erwerben und mit eigenen Mietern fortführen, sondern die Flächen der Firma L und die leerstehenden Flächen für das Unternehmen der U GmbH & Co. KG verwenden wollen. Die Klägerin habe, um den Verkauf nicht zu gefährden, den Mietvertrag mit der Firma L GmbH aufgehoben und das Mobiliar zurückbehalten und anschließend im Jahr 2000 verkauft. Zum Zeitpunkt des Verkaufs seien daher nur noch rund 36 % der Flächen vermietet gewesen. Ein lebendes voll funktionsfähiges Unternehmen habe zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestanden. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Die Klägerin hat am 16. März 2005 die vorliegende Klage erhoben.
Sie macht geltend, für die Beurteilung der Frage, ob eine Betriebsveräußerung im Ganzen vorliege, komme es nicht auf die Kenntnis des Käufers an, sondern lediglich auf den zu beurteilenden Sachverhalt. Bei den Büromöbeln habe es sich nicht um wesentliche Betriebsgrundlagen gehandelt. Hierzu verweist sie auf die Kommentierung bei Schmidt/Wacker, EStG, zu § 16 Rz. 103.
Dass auf ausdrücklichen Wunsch der Erwerberin das bestehende Mietverhältnis mit der Fa. L aufgekündigt worden sei und teilweise Gewerbeflächen leergestanden hätten, könne ebenfalls nicht dazu führen, dass es sich nicht um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen gehandelt habe, weil die konkrete Vermietungsabsicht jederzeit gegeben gewesen sei. Aufgrund der gebotenen funktionalen Betrachtungsweise sei die Erwerberin jederzeit in der Lage gewesen, den insgesamt übertragenen Betrieb in der bisherigen Form weiterzuführen. Das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen ergebe sich auch aus den Urteilen des BFH vom 8. März 2001 V R 24/98 und des EuGH vom 22. Februar 2001 in Sachen C-408/98 sowie vom 27. November 2003 in Sachen C-497/01. Aus letztgenanntem Urteil ergebe sich, dass der durch die Übertragung Begünstigte beabsichtigen müsse, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben und nicht nur die betreffende Geschäftstätigkeit sofort abzuwickeln sowie ggf. den Warenbestand zu verkaufen. So verhalte es sich hier, weil die Beigeladene die Vermietungstätigkeit nach Erwerb der einzigen wesentlichen Betriebsgrundlage (nämlich dem Grundstück mit Gebäude) fortführe. Nach ihrer Kenntnis vermiete die Beigeladene inzwischen das gesamte Objekt an die U GmbH & Co. KG. Bestätigt werde ihre Auffassung durch das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 18. September 2002 II 168/01.
Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 24. Oktober 2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 2005 gemäß dem Einspruchsbegehren abzuändern.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte macht geltend, die Möblierung der vermieteten Büros hätte eine wesentliche Betriebsgrundlage dargestellt. Der Betrieb der Klägerin habe zu einem wesentlichen Teil auf den abgeschlossenen Mietverträgen sowie auf den Gegenstand der Vermietung, nämlich der Überlassung von voll möblierten Räumen, beruht. Nachdem ein wesentlicher Teil der Mieter nicht mehr vorhanden gewesen sei und Nachmieter für die leerstehenden Räume nicht zu finden gewesen seien, habe sich die Vorgehensweise der Klägerin auf die Aufgabe des Betriebs gerichtet. Eine Fortführung des Unternehmens sei nicht mehr beabsichtigt gewesen. Die Erwerberin habe auch keinesfalls beabsichtigt, das Unternehmen der Klägerin fortzuführen. Sie sei vielmehr ausschließlich am Gebäude - ohne bestehende Mietverträge und ohne Möblierung - interessiert gewesen, da sie die freien Flächen für die Firma U GmbH & Co. KG habe verwenden wollen. Sie habe weder ein Unternehmen noch ein Unternehmensteil i.S. der EuGH-Rechtsprechung erworben, weil ein solches nicht mehr vorhanden gewesen sei.
Der Sachverhalt, der dem Urteil des FG Hamburg zugrunde liege, sei nicht vergleichbar, weil die Beigeladene nicht vorgehabt habe, die freien Flächen umsatzsteuerpflichtig zu vermieten.
Der Senat hat mit Beschluss vom 30. August 2006 die Erwerberin des Grundstücks gemäß § 174 Abs. 5 AO zum Verfahren beigeladen.
Wegen des Vorbringens der Beigeladenen und des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2006 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
1. Der Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 24. Oktober 2002 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2005 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (vergl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), soweit der Beklagte bei der Festsetzung der Umsatzsteuer einen aufgrund des § 15a des im Streitjahr geltenden Umsatzsteuergesetzes - UStG - zurückzuzahlenden Vorsteuerbetrag in Höhe von 112.941 DM berücksichtigt hat.
Ein bei Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts vorgenommener Vorsteuerabzug ist nach § 15a Abs. 1 UStG zu berichtigen, wenn sich bei dem Wirtschaftsgut die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, innerhalb von fünf Jahren (bei Grundstücken innerhalb von zehn Jahren) seit dem Beginn der Verwendung ändern. Das gilt nach § 15a Abs. 4 UStG auch, wenn das noch verwendungsfähige Wirtschaftsgut vor Ablauf des Berichtigungszeitraums veräußert wird und dieser Umsatz anders zu beurteilen ist als die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendung.
Demgegenüber sieht § 15a Abs. 6a Satz 1 UStG vor, dass bei einer Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG) der für das Wirtschaftsgut maßgebliche Berichtigungszeitraum nicht unterbrochen wird. Nach Satz 2 der Vorschrift ist der Veräußerer verpflichtet, dem Erwerber die für die Durchführung der Berichtigung erforderlichen Angaben zu machen.
Unter Zugrundelegung dieser Gesetzeslage ist zwar festzustellen, dass die Klägerin das Objekt S-Str. in X zunächst für steuerpflichtige Umsätze verwendet und entsprechende Vorsteuern aus den Herstellungskosten des Gebäudes sowie der Büromöbel beansprucht hatte. Auch liegt eine Änderung der Verhältnisse i.S. des § 15a Abs. 1 UStG mit der steuerfreien Veräußerung des Objekts an die Beigeladene vor. Der Senat ist indes der Auffassung, dass diese Veräußerung als eine Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG anzusehen ist.
Gemäß § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Nach Satz 2 der Vorschrift liegt eine Geschäftsveräußerung vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Gemäß Satz 3 der Vorschrift tritt dann der erwerbende Unternehmer an die Stelle des Veräußerers.
Nach der vom Senat für zutreffend erachteten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vergl. BFH-Urteil vom 18. Januar 2005 V R 53/02, BFHE 208, 491, DStRE 2005, 512) kann angesichts der Tatsache, dass § 1 Abs. 1 a UStG zur Umsetzung des Artikels 5 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (6. EG-Richtlinie) eingeführt wurde, die Frage, ob ein Unternehmen oder ein gesondert geführter Betrieb im Ganzen nicht steuerbar übereignet wird, nicht nach Kriterien des nationalen Steuerrecht, etwa anhand der Auslegungsgrundsätze zu § 75 der Abgabenordnung, sondern nur unter Berücksichtigung der Regelung der Richtlinie entschieden werden.
Gemäß Artikel 5 Abs. 8 der 6. EG-Richtlinie können die Mitgliedstaaten "die Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, so behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt, und dem Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen. Die Mitgliedstaaten treffen ggf. die erforderlichen Maßnahmen um Wettbewerbsverzerrungen für den Fall zu vermeiden, dass der Begünstigte nicht voll steuerpflichtig ist". Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist dabei der Begriff "Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens" nach dem Zweck der Bestimmung dahin auszulegen, dass er die Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder eines selbständigen Unternehmensteils erfasst, die jeweils materielle und ggf. immaterielle Bestandteile umfassen, die zusammengenommen ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann; er schließt jedoch nicht die bloße Übertragung von Gegenständen wie den Verkauf einen Warenbestands ein. Was die Verwendung durch den Begünstigten betrifft, ergibt sich aus dem Zweck der Bestimmung, dass sie "diejenigen Übertragungen erfasst, bei denen der Begünstigte beabsichtigt, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben und nicht nur die betreffende Geschäftstätigkeit sofort abzuwickeln sowie ggf. den Warenbestand zu verkaufen" (EuGH-Urteil vom 27. November 2003 C- 497/01- Zita Modes Sàrl -, BFH-NV Beilage 2004, 128).
Ob damit einzelne Gegenstände wie etwa ein Grundstück Gegenstand einer Geschäftsveräußerung im Ganzen sein können, ist nicht zweifelsfrei. Der BFH hat es als nicht ernstlich zweifelhaft beurteilt, dass bei der Veräußerung verpachteter bzw. vermieteter Gewerbeimmobilien unter Fortführung des Pacht bzw. Mietvertrages durch den Erwerber eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG vorliegen kann (BFH-Beschluss vom 1. April 2004 V B 112/03, BFH/NV 2004, 1198). Später hat er es offengelassen, ob die Veräußerung eines als Vermietungsobjekt konzipiertes Gebäude als eine solche Geschäftsveräußerung beurteilt werden könne, dies aber bei der Veräußerung eines Hallengrundstücks unter Nichtfortführung der Vermietungstätigkeit des Veräußerers verneint (BFH-Urteil vom 18. Januar 2005 V R 53/02, BFHE 208, 491, DStRE 2005, 512).
Ob die Übertragung eines Grundstücks bereits für die Annahme einer Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG ausreicht, wird von Zeuner (in Bunjes/Geist, UStG, 8. Auflage, § 1 Rz 98) als mitunter zweifelhaft angesehen. Sei ein Gebäude zur Vermietung bestimmt, gehörten zum Unternehmen Vermietung und Verpachtung auch die Verträge mit den zukünftigen Mietern oder zumindest entsprechende Anwartschaften. Ebenso hält Schönborn (DStR 1999, 437) bei einem Vermietungsunternehmen des Veräußerers neben der Übertragung der Immobilie den Übergang der Mietveträge auf den Erwerber für notwendig (vergl. auch: Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 18. September 2002 II 168/01, EFG 2003, 257). Gingen Mietveträge mit dem Einverständnis des Mieters nicht auf den Erwerber über, stehe dies der Annahme einer Geschäftsveräußerung entgegen.
Ob in einer Grundstücksveräußerung eine Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG erblickt werden kann, richtet sich nach Auffassung des Senats unter Zugrundelegung der o.g. Rechtsprechung des EuGH danach, ob der Veräußerer damit die jeweils materiellen und ggf. immateriellen Bestandteile veräußert hat, die zusammengenommen ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann. Ob dies der Fall ist, richtet sich dabei nach den Umständen des Einzelfalles (ebenso auf die Umstände im Einzelfall abstellend: Klenk in Sölch/Ringleb, UStG, Stand: März 2003, § 1 Rz. 477; Zeuner in Bunjes/Geist, AO, 8. Auflage, § 1 Rz. 98 ).
a. Zu beurteilen ist hier deshalb, welche Bestandteile (materieller und ggf. immaterieller Art) das Wesen der Vermietungstätigkeit der Klägerin zur Zeit der Veräußerung ausmachten. Nicht entscheidend ist hingegen - wovon der Beklagte allerdings auszugehen scheint - in welcher Form das Unternehmen beim Veräußerer zunächst bestanden hat. Denn für die Frage, ob ein Unternehmen fortgeführt wird, kann es entscheidend nur auf den Zustand des Unternehmens im Übergabezeitpunkt ankommen. Deshalb ist es unerheblich, ob sich das Unternehmen der Klägerin, wie der Beklagte meint, zum Veräußerungszeitpunkt bereits zu einem "maroden" Unternehmen verändert hatte (vergl. dazu, dass eine Geschäftsveräußerung nicht die Übertragung eines "lebenden Unternehmens" voraussetzt: Klenk in Sölch/Ringleb, UStG, Stand: März 2003, § 1 Rz 475).
Hiervon ausgehend ist festzustellen, dass das Unternehmen der Klägerin im Veräußerungszeitpunkt (nur) noch die Vermietung des Objekts S- Str. in X an die Mieter L und B zum Gegenstand hatte. Dabei ist aus dem Verhältnis der erklärten Vermietungseinkünfte aus diesen Verträgen (B: 42.230,50 DM, L 20.322,71 DM), ersichtlich, dass die Vermietung an die B bei weitem das bedeutendere Mietverhältnis war; dies manifestiert sich auch in dem Verhältnis der angemieteten Flächen (B: 349,36 qm; L: 124,18 qm). Die Beigeladene hatte nicht nur das das Objekt, sondern auch den Mietvertrag mit der B übernommen; zudem hat sie die übrigen Flächen der U GmbH & Co. KG vermietet. Das ist nach Ansicht des Senats für die Annahme einer Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG ausreichend. Hierfür war nicht erforderlich, dass beide Mietverträge übernommen wurden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob überhaupt die Übernahme der Mietverträge Voraussetzung für die Annahme einer Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG ist oder ob - wie die Klägerin meint - alleine das veräußerte Grundstück den Kernbereich des Unternehmens der Klägerin ausgemacht hatte. Zwar spricht für diese Ansicht der Klägerin , dass es für ein Vermietungsunternehmen keine Rolle spielt, an wen letztlich vermietet wird, sondern für ein solches Unternehmen prägend ist, dass Vermietungsumsätze getätigt werden. Aber selbst wenn man Gegenteiliges daraus herleitet, dass eine Geschäftsveräußerung eine Fortführung des erworbenen Unternehmens voraussetzt, so dass eine gewisse Identität zwischen dem vom Veräußerer geführten Unternehmen und dem vom Erwerber weitergeführten Unternehmen bestehen müsse, die sich in der Übernahme der Mietverträge manifestiere, ist nach Auffassung des Senat diesem Identitätsmerkmal jedenfalls dann Genüge getan, wenn - wie hier - der bedeutendere Teil der Mietveträge übernommen, im übrigen aber anderweitig vermietet wird. Ob dies auch dann gilt, wenn neben der Vermietung eine Eigennutzung stattfindet, bedarf hier keiner Entscheidung, weil eine solche Eigennutzung hier nicht vorliegt.
Angesichts dessen konnte offenbleiben, ob nicht bereits die Veräußerung eines als Vermietungsobjekt konzipiertes Gebäude - ohne die Übernahme bestehender Miettverträge - als Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG ausreichend ist (diese Frage ausdrücklich offenlassend: BFH-Urteil vom 18. Januar 2005 V R 53/02, , BFHE 208, 491, DStRE 2005, 512).
b. Unerheblich ist, dass die Beigeladene - bis auf die von der Fa. ... erworbenen Möbel - die Büromöblierung nicht mit übernommen hat. Denn der Annahme einer Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG steht nicht entgegen, wenn einzelne Wirtschaftsgüter nicht übertragen werden (BFH-Urteil vom 1. August 2002 V R 17/01, BStBl II 2004, 626 m.w.N.; siehe auch Abschn. 5 Abs. 1 Satz 6 UStR 2005, begrenzt auf einzelne unwesentliche Wirtschaftsgüter). Nach Auffassung des Senats handelte es sich bei den Möbeln auch nicht um Gegenstände, die zusammengenommen mit dem Grundstück dem Unternehmen der Klägerin das Gepräge gegeben hätte, so dass mit der Zurückbehaltung der Möbel das Unternehmen der Klägerin nicht hätte fortgeführt werden können. Nach Auffassung des Senats ist es zu eng, wenn der Beklagte den Unternehmensgegenstand der Klägerin mit "der gewerblichen umsatzsteuerpflichtigen Vermietung von vollständig eingerichteten Büroflächen" umschreibt. Ihm ist zwar zuzugeben, dass in den jeweiligen Mietverträgen der Klägerin die Tatsache der Möblierung explizit aufgeführt wurde. Die unternehmerische Betätigung "Vermietung von möbliertem Büroraum" ist aber von der Betätigung "Vermietung von Büroraum" nicht derart wesensverschieden, dass von zwei unterschiedlichen Betätigungen ausgegangen werden muss. Nach Auffassung des Senats wäre dies nur der Fall, wenn die unternehmerische Tätigkeit tatsächlich die Vermietung eines vollständig eingerichteten Büros beinhaltete, das ohne weiteres Zutun des Mieters sofort als Büro benutzt werden könnte. Dazu gehörte dann aber neben der Möblierung die Ausstattung etwa mit Telekommunikationsmitteln, Datenverarbeitungsgeräten, Büromaterial und aktiven Telefonanschlüssen. Eine solche fehlte hier. Ausweislich der Rechnung der Firma C waren die Büros vielmehr lediglich mit Mobiliar (im wesentlichen Tische, Stühle und Schränke) ausgestattet. Die Anschaffungskosten für diese Möbel war auch nicht derart hoch, dass davon ausgegangen werden müsste, bei den Möbeln habe es sich um für den Betrieb der Klägerin wesentliche Wirtschaftsgüter gehandelt. Zudem hat die Beigeladene die Vermietung direkt nach dem Erwerb des Grundstücks fortsetzen können, obschon die Büromöbel (teilweise) fehlten.
c. Schließlich kann nicht der Auffassung der Beigeladenen gefolgt werden, die Annahme einer Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a EStG setzte voraus, dass eine solche Gegenstand des Veräußerungsvertrages ist.
Dies lässt sich insbesondere nicht den Ausführungen des EuGH zur Frage der Verwendung durch den Erwerber entnehmen. Wenn der EuGH den Zweck des Artikels 5 Abs. 8 der 6. EG-Richtlinie dahin versteht , dass mit der Vorschrift diejenigen Übertragungen erfasst werden, bei denen der Begünstigte beabsichtigt, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben, so dient dies letztlich, wie die weiteren Ausführungen ergeben, der Abgrenzung von Fällen, in denen der Erwerber die betreffende Geschäftstätigkeit sofort abzuwickeln sowie ggf. den Warenbestand zu verkaufen gedenkt. Die Ausführungen sind nicht dahin zu verstehen, dass dem Erwerber bewusst sein muss, dass tatsächlich eine Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG vorliegt. Soweit ersichtlich, wird diese Auffassung auch sonst nicht vertreten. Es wird vielmehr umgekehrt davon ausgegangen, dass die irrtümliche Annahme oder Nichtannahme des Vorliegens einer Geschäftsveräußerung im Ganzen für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung unbeachtlich ist und allenfalls zivilrechtliche Ausgleichsansprüche zwischen Erwerber und Veräußerer auslösen kann (vergl. Schönborn, DStR 1999, 437, 439 und 440).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1, § 139 Abs. 4.
3. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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