Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 01.02.2005
Aktenzeichen: 8 K 8294/00
Rechtsgebiete: AO 1977, EigZulG


Vorschriften:

EigZulG § 2
AO 1977 § 39 Abs 2 Nr 1 Satz 1
EigZulG § 2 Abs 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin die Eigenheimzulage ab 1999 zusteht.

Die Klägerin, die mit ihrem Ehemann und zwei minderjährigen Kindern zusammenlebt, stellte den Antrag auf Eigenheimzulage und vermerkte in dem Antragsformular, dass sie die Eigenheimzulage für den im Jahr 1999 fertig gestellten Ausbau bzw. die Erweiterung an einer eigengenutzten Wohnung bei Herstellungskosten in Höhe von 122.871,- DM geltend mache. Auf den Antrag wird verwiesen.

Der Beklagte legte in einem Aktenvermerk vom 13.01.2000 nieder, dass die Klägerin unter der Anschrift H- straße 6, I, einen Anbau an das bestehende Gebäude errichtet habe. Der Anbau habe eine Nutzfläche von 66 qm. Baukosten seien in Höhe von 122.871,- DM aufgewendet worden, die durch ordnungsgemäße Belege an Amtsstelle nachgewiesen worden seien. Das gesamte Grundstück stehe im Eigentum der Großmutter der Klägerin, Frau K.

Ein in der Steuerakte befindliches Grundbuchblatt bezüglich dieses Grundstücks weist im Jahr 1950 eine Hof- und Gebäudefläche im Eigentum der Großeltern der Klägerin aus.

Unter dem 14.01.2000 forderte der Beklagte die Klägerin auf nachzuweisen, dass das Grundstück H-Straße 6 in ihrem wirtschaftlichen Eigentum stehe. Die Klägerin legte dem Beklagten daraufhin einen Vertrag über ein Dauernutzungsrecht vom 02.01.1998 vor. Der Vertrag hat folgenden Wortlaut:

" Vertrag über ein Dauer-Nutzungsrecht

 zwischenK, H-Straße 6, I
 - Eigentümerin -
undG geb. T, H-Straße 6, I
 - Nutzungsberechtigte -

Frau G nutzt die Wohnung in I, H-Straße 6 im ersten Obergeschoß und im Dachgeschoß.

Das alleinige Nutzungsrecht am ersten Obergeschoß und am Dachgeschoß des Hauses in I, H-straße 6, Gemarkung ..., Flur ... wird hiermit von der Eigentümerin auf Frau G geb. am 00.00.1964 auf deren Lebenszeit, mindestens aber für 50 Jahre übertragen.

Das Nutzungsrecht umfasst außerdem die gesamte Dach-Terrasse, welche den Deckenabschluß der Garage und zweier im Erdgeschoß liegender Räume bildet, die Mitbenutzung des Gartens und die Mitbenutzung des Hauseingangs an der Frontseite des Hauses.

Das Obergeschoß ist 80 qm groß ohne Terrasse, und das Dachgeschoß ist ca. 50 qm groß incl. Schrägen.

Frau G ist berechtigt, die Räume beliebig zu nutzen und zu verändern. Dabei sind öffentliche Bauvorschriften zu beachten. Frau G ist darüber hinaus berechtigt, die von ihr genutzte Wohnung durch einen Anbau im Bereich des Obergeschosses zu erweitern und zwar derart, dass die genannte Dach-Terrasse mit entsprechender Baugenehmigung bebaut wird. Die durch einen Anbau verursachten Herstellungskosten sind von Frau G zu tragen, ebenfalls die gesamten Instandhaltungsaufwendungen für die genannten Räume.

Für den Fall, dass Frau G oder ihr Rechtsnachfolger das Nutzungsrecht nicht in Anspruch nimmt, ist ihr oder einem Rechtsnachfolger der Gegenwert eines evtl. Anbaus zum jeweiligen Zeitpunkt von der Eigentümerin zu ersetzen.

I, 02. Jan. 1998

(K)|||||||(G)"

Die Klägerin trug vor, die neu entstandene Wohnung werde von ihrer Familie aufgrund des vorgelegten Vertrages, den sie mit ihrer Großmutter vor Beginn der Baumaßnahme geschlossen habe, genutzt. Die von ihr vorgelegte privatschriftliche Vereinbarung, die vor dem Baubeginn geschlossen worden sei, reiche zur Begründung ihres wirtschaftlichen Eigentums. Die Herstellungskosten seien von ihr getragen worden. Die Bezahlung sei aus dem Familieneinkommen und Familienvermögen erfolgt. Die Eigentümerin des Grundstücks, ihre Großmutter, sei in ihrer Verfügungsbefugnis durch den Vertrag über das Grundstück wirtschaftlich eingeschränkt, weil sie im Falle eines Verkaufs ihr, der Klägerin, schadenersatzpflichtig werde.

Mit Bescheid vom 12.05.2000 lehnte der Beklagte den Antrag auf Eigenheimzulage ab 1999 ab. Dies erläuterte er damit, dass der Anspruch auf Zahlung der Eigenheimzulage grundsätzlich nur für den bürgerlich-rechtlichen oder den wirtschaftlichen Eigentümer des Gebäudes bestehe. Eine vom zivilrechtlichen Eigentum abweichende Zuordnung komme nur dann in Betracht, wenn ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübe, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Gebäude ausschließen könne. Bei der Errichtung von Bauten auf fremden Grund und Boden dürfe der dem errichtenden Nichteigentümer zustehende zivilrechtliche Herausgabeanspruch keinen wirtschaftlichen Wert besitzen. Die rein schuldrechtliche Vereinbarung zwischen Frau K als Eigentümerin und der Klägerin als Nutzungsbegünstigten reiche hierfür nicht aus. Da die Vereinbarung zwischen nahen Angehörigen getroffen worden sei, seien hieran ohnehin höhere Anforderungen zu stellen, da dieser Fallgestaltung der zwischen fremden Dritten übliche Interessengegensatz nicht eigen sei. Sowohl die Vereinbarung als auch die tatsächliche Durchführung des Vertrages müssten folglich dem Vergleich mit Verträgen zwischen fremden Dritten standhalten können. Im vorliegenden Fall werde ausschließlich eine Nutzungsvereinbarung mit der Klägerin getroffen. Offen bleibe, aus welcher gesicherten Rechtsposition heraus der Ehemann der Klägerin und die beiden Kinder den errichteten Anbau nutzten. Der Herausgabeanspruch verliere eben nicht an wirtschaftlichem Wert, da die Nutzung des Anbaus für die typische Lebensdauer des Gebäudes durch den Ehemann der Klägerin, der nach Aktenlage die Kosten zu einem nicht unwesentlichen Teil mitgetragen habe, nicht aufgrund einer gesicherten Rechtsposition erfolgen könne. Darüber hinaus sei keine Ergänzung der getroffenen Nutzungsvereinbarung um eine dingliche Sicherung erfolgt, aufgrund derer die Begünstigten die Eigentümerin des Gebäudes zumindest von den Einwirkungen auf Teile des Gebäudes ausschließen könnten. Auch hiernach könne die Eigentümerin weiterhin nach Belieben mit der Sache verfahren.

Mit ihrem daraufhin eingelegten Einspruch erklärte die Klägerin, die Eigentümerin des Grundstücks, ihre Großmutter Frau K, habe ihr durch privatschriftlichen Vertrag vom 02.01.1998 das Nutzungsrecht an der Wohnung im ersten Obergeschoß für die Zeit der gewöhnlichen Nutzungsdauer eingeräumt, einschließlich an dem von ihr erstellten Anbau. Nach diesem Vertrag gehe die Nutzungsberechtigung auch auf den Rechtsnachfolger über. Sollte die Nutzung aus Gründen, die die Eigentümerin zu vertreten habe, nicht möglich sein, sei hierfür von der Eigentümerin Schadensersatz zu leisten. Die Klägerin habe wirtschaftliches Eigentum erlangt, weil sie aufgrund einer gesicherten Rechtsposition die Wohnung nutze. Sie nutze die Wohnung auch zu eigenen Wohnzwecken, weil die unentgeltliche Überlassung eines Teils der Wohnung an Angehörige, hier an ihren Ehemann und die Kinder, als Selbstnutzung zähle. Bei einander nahestehenden Personen bedürfe es zur Begründung wirtschaftlichen Eigentums eindeutiger, also überprüfbarer und im voraus getroffener Abmachungen, die dem wirtschaftlichen Eigentümer ermöglichen, den zivilrechtlichen Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich auszuschließen. Entsprechend dem BFH-Urteil vom 27.11.1996,BStBl II 1998, 97, genüge es, eine schuldrechtliche Vereinbarung zu treffen. Dies hätte die Klägerin mit der privatschriftlichen Vereinbarung vom 02.01.1998 getan. Aufgrund dieses Vertrages könne sie, die Klägerin, die Wohnung mindestens für die gewöhnliche Nutzungsdauer nutzen. Andernfalls stehe ihr ein Schadenersatzanspruch zu. Damit stehe ihr die Substanz und der Ertrag der Wohnung zu. Die vertragliche Nutzungsdauer und die gewöhnliche Nutzungsdauer von 50 Jahren würden sich decken. Sie könne die wirtschaftliche Entwicklung des Gegenstandes Wohnung alleine beeinflussen. Die zivilrechtliche Eigentümerin, die unschädlich nach wie vor die rechtliche Verfügungsmacht innehabe, sei von der wirtschaftlichen Einflussnahme ausgenommen. Dies allein sei maßgeblich für die Entscheidung, dass neben dem bürgerlich-rechtlichen Eigentum einer anderen Person das steuerlich bedeutsame wirtschaftliche Eigentum zuzurechnen ist.

Mit Einspruchsentscheidung vom 30.11.2000 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er weiterhin an, dass die Klägerin aufgrund der privatschriftlichen Vereinbarung vom 02.01.1998 das wirtschaftliche Eigentum an der ausgebauten Wohnung nicht erlangt habe. Eine dingliche Sicherung fehle. Die Klägerin müsse infolge dessen das Grundstück einem eventuellen Erwerber herausgeben. Von einer gesicherten Rechtsposition könne angesichts dessen nicht die Rede sein.

Mit der vorliegenden Klage wiederholt die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen. Sie trägt des weiteren vor, der Beklagte irre, wenn er die Eintragung eines Wohnrechts für die Anerkennung des wirtschaftlichen Eigentums verlange. Der Bundesfinanzhof lege ausführlich dar, dass es hierauf überhaupt nicht ankomme. Allein entscheidend sei nach dem ausdrücklichen Wortlaut in BStBl II 1998, 99 unter Nr. 3 b, dass eine schriftliche Vereinbarung über das Nutzungsrecht vorliege, die es dem Nutzenden ermögliche, den Eigentümer dauerhaft von der Einwirkung auf das Grundstück auszuschließen, so dass seinem Herausgabeanspruch tatsächlich keine nennenswerte praktische Bedeutung zukomme. Eine dingliche Sicherung führe nur dazu, dass der Nutzungsberechtigte die Herausgabe verweigern könne. Durch die privatschriftliche Vereinbarung sei aber schon festgelegt, dass die Eigentümerin bis zum wirtschaftlichen Verbrauch des Gebäudes keinen Herausgabeanspruch habe.

Ab dem Jahr 2000 stünde ihr, der Klägerin, sowieso die Eigenheimzulage zu.

Hierzu verweist die Klägerin auf die nach dem Tod ihrer Großmutter zwischen ihr und ihrer Mutter, der Alleinerbin der Großmutter, vereinbarte notarielle Wohnrechtsbestellung vom 20.12.2000, auf die Bezug genommen wird.

Die Hinweise des Beklagten auf die neueren Urteile des BFH vom 16.07.2001 X R 39/97 und vom 07.03.2001 X R 82/95 gingen fehl. Sie, die Klägerin, habe einen Anbau an die in ihrem wirtschaftlichen Eigentum stehende Wohnung vorgenommen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides über die Ablehnung des Antrags auf Gewährung der Eigenheimzulage ab 1999 vom 12.05.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.11.2000 einen positiven Bescheid über die beantragte Eigenheimzulage ab 1999 zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er an, er halte weiter an seiner bisher vertretenen Rechtsauffassung fest. Voraussetzung für die Anerkennung der Eigenheimzulage sei, dass die ursprüngliche Wohnung, an die die Klägerin angebaut habe, wirtschaftliches Eigentum der Klägerin darstelle. Diese Voraussetzung liege nicht vor. Denn das ihr eingeräumte Nutzungsrecht alleine reiche nicht aus, wirtschaftliches Eigentum anzunehmen. Die Klägerin trage kein wirtschaftliches Risiko einer Wertsteigerung oder Wertminderung der ursprünglich vorhandenen Wohnung. Der Bundesfinanzhof habe zwar für die Wohnungseigentumsförderung anerkannt, dass der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers wegen der dem Hersteller in Höhe des Verkehrswertes zustehenden Entschädigungsanspruchs wirtschaftlich wertlos und die Baumaßnahme deshalb dem Hersteller als wirtschaftlichem Eigentümer zuzurechnen sein müsse. Die Klägerin sei jedoch lediglich Herstellerin des Anbaus und nicht der ursprünglich vorhandenen Wohnung und habe insofern auch keinen Entschädigungsanspruch. Hierzu habe auch der Bundesminister der Finanzen am 10.04.2002, IV C 3-EZ1010-12/02 ausgeführt, dass wirtschaftliches Eigentum durch dingliche oder schuldrechtlich begründete Nutzungsrechte an der Wohnung in der Regel nicht vermittelt werde. Der Nutzungsberechtigte sei dann wirtschaftlicher Eigentümer, wenn er die ihm zur Nutzung überlassene Wohnung auf einem fremden Grundstück für eigene Rechnung hergestellt habe und ihm für den Fall der Nutzungsbeendigung gegenüber dem Grundstückseigentümer ein Anspruch auf Ersatz des vollen Verkehrswertes der Wohnung zustehe. Selbst wenn unterstellt werde, dass bei voraussichtlichem Ablauf des Nutzungsrechts an der Wohnung von einem wirtschaftlichen Verbrauch der Wohnung auszugehen sei, habe der Bundesfinanzhof das Wohnrecht nur dann als oder wie wirtschaftliches Wohnungseigentum beurteilt, wenn es zeitlich unbestimmt oder auf besonders lange Zeit eben für die gewöhnliche Nutzungsdauer des Gebäudes bestellt worden seien und der Dauerwohnberechtigte sowohl die Finanzierung von Grundstückserwerb und Gebäudeerrichtung als auch die Verzinsung und Tilgung des Fremdkapitals sowie die laufenden Betriebskosten übernehme (BFH vom 12.04.2000 X R 20/99 m. w. N.). Im vorliegenden Fall liege lediglich ein obligatorisches, nicht dinglich gesichertes Nutzungsrecht ohne Ausgleichsanspruch an der ursprünglichen Wohnung vor, an deren Kosten sich die Klägerin nicht beteiligt habe.

Auf die gerichtlichen Hinweisschreiben vom 16.9.2004 und 27.10.2004 wird verwiesen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Gründe

Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Klage ist begründet.

Zu Unrecht hat der Beklagte der Klägerin die beantragte Eigenheimzulage ab 1999 versagt.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Eigenheimzulage Gesetz - EigZulG - in der im Jahr 1999 geltenden Fassung ist der Ausbau bzw. die Erweiterung an einer eigenen Wohnung begünstigt.

Der Anspruchsberechtigte kann die Zulage im Jahr der Fertigstellung und in den sieben folgenden Jahren in Anspruch nehmen (§ 3 EigZulG), sofern die Einkommensgrenze gem. § 5 EigZulG (für Eheleute: 480.000 DM) eingehalten wird und eine Nutzung des Objekts zu eigenen Wohnzwecken gem. § 4 EigZulG vorliegt.

Vorliegend besteht zwischen dem Beteiligten Einigkeit darüber, dass bis auf die Frage, ob die Klägerin eine Erweiterung an einer eigenen Wohnung im Sinne des § 2 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 EigZulG vorgenommen hat, die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Eigenheimzulage gegeben sind.

Der Begriff "eigen" bedeutet, dass der Anspruchsberechtigte zivilrechtlicher bzw. wirtschaftlicher Eigentümer des begünstigten Objekts sein muss. Ob wirtschaftliches Eigentum vorliegt, richtet sich nach § 39 der Abgabenordnung - AO -.

Dabei setzt eine Zulage für einen Ausbau bzw. eine Erweiterung voraus, dass der Anspruchsberechtigte zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer der ausgebauten oder erweiterten Wohnung ist, wenn - wie im Streitfall - er mit dem Anbau keine neue Wohnung im Sinne des § 2 Abs. 1 EigZulG hergestellt hat (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -, vgl. Urteile vom 14.2. 2001 X R 127/96, BFH/NV 2001,1108 und vom 07.03.2001 X R 82/95, BStBl II 2001,481 m. w. N.).

Während die Großmutter der Klägerin und später die Mutter der Klägerin zivilrechtliche Eigentümerinnen des Objekts H-Str. 6 in I sind, hat die Klägerin wirtschaftliches Eigentum an der Wohnung im 1. Obergeschoss und im Dachgeschoss des Objekts, an die sie den Anbau errichtet hat, mit Vertrag vom 2.1.1998 erlangt und ist demzufolge zulageberechtigt.

Wirtschaftlicher Eigentümer ist derjenige, der die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO). Ein wirtschaftlicher Ausschluss in diesem Sinne liegt vor, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse kein Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers besteht oder der Herausgabeanspruch keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Urt. vom 12.4.2000 XR 20/99, BFH/ NV 2001,9 und vom 18.9.2003 X R 21/01,BFH/NV 2004, 306, jeweils m. w. N.).

Die Definition des wirtschaftlichen Eigentums in § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO umfasst eine Mehrzahl ungleichartiger "zivilrechtlicher Rechtslagen", die Nichteigentümern eine eigentumsähnliche Rechtsposition verschaffen. Die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO erfordert deshalb nach der Rechtsprechung die Bildung von Fallgruppen und deren wertende Zuordnung (BFH-Urteil vom 24.6.2004 III R 50/01 m. w. N., Juris).

Eine für das Recht der Wohnungseigentumsförderung wesentliche Fallgruppe bilden die Fälle, in denen die Personen, welche die Kosten für die Herstellung oder Anschaffung der eigengenutzten Wohnung getragen haben, nicht deren zivilrechtliche Eigentümer sind. Vom zivilrechtlichen abweichendes wirtschaftliches Eigentum liegt in diesen Fällen vor, wenn dem Nutzungsberechtigten auf Dauer Substanz und Ertrag der Wohnung wirtschaftlich zustehen. Das wird angenommen, wenn der Nutzungsberechtigte, der die Kosten für die Wohnung getragen hat, aufgrund eindeutiger im voraus getroffener und tatsächlich durchgeführter Vereinbarungen die wirtschaftliche Verfügungsmacht und Sachherrschaft - unter dauerndem Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers - innehat, weil die Wohnung nach der voraussichtlichen Dauer des Nutzungsverhältnisses bei normalem, der gewählten Gestaltung entsprechendem Verlauf wirtschaftlich verbraucht ist oder wenn der Nutzungsberechtigte für den Fall der Nutzungsbeendigung einen Anspruch auf Ersatz des vollen Verkehrswerts der Wohnung gegen den zivilrechtlichen Eigentümer hat (BFH-Urteil vom 24.6.2004 III R 42/02, m. w. N., Juris).

Diese für die Fallgruppe der Herstellung einer neuen Wohnung auf fremdem Grund und Boden entwickelten Grundsätze sind auf den hier vorliegenden Fall des Anbaus an eine auf fremdem Grund und Boden befindliche Wohnung übertragbar, wobei aus der Natur der Sache folgt, dass die Klägerin zur Begründung ihres wirtschaftlichen Eigentums an der ursprünglichen Wohnung nicht die Herstellungskosten an dieser Wohnung - die ja bereits lange vor Begründung ihres wirtschaftlichen Eigentums vom zivilrechtlichen Eigentümer, höchstwahrscheinlich ihrer Großeltern, aufgewendet worden sind - getragen haben kann (zum vergleichbaren Fall des nach § 10 e Abs. 2 EStG förderfähigen Anbaus an eine unentgeltlich erworbene Wohnung: BFH-Beschlüsse vom 28.01.1997 X B 133/96, BFH/NV 1997,399 und vom 19.3.1997 X B 195/96, BFH/NV 1997,562).

Demnach ist im Streitfall von wirtschaftlichem Eigentum der Klägerin an der im 1. Obergeschoss und im Dachgeschoss des Objekts H-Straße 6 gelegenen Wohnung auszugehen, da der Klägerin bzw. ihrem Rechtsnachfolger mit vor Herstellungsbeginn des Anbaus abgeschlossenem Vertrag vom 2.1.1998 das Recht eingeräumt worden ist, diese Wohnung bis zu ihrem wirtschaftlichen Verbrauch im Jahr 2048 zu nutzen. Dass zu diesem Zeitpunkt der wirtschaftlicher Verbrauch der Wohnung eingetreten sein wird, ist in dem den Beteiligten bekannten gerichtlichen Hinweisschreiben vom 16.9.2004, auf das Bezug genommen wird, hinreichend ausgeführt worden.

Wirtschaftliches Eigentum der Klägerin bzw. ihres Rechtsnachfolgers an dem Anbau, dessen Herstellungskosten die Klägerin unstreitig getragen hat, ist mit der Bejahung ihres wirtschaftlichen Eigentums an der ursprünglichen Wohnung nach Auffassung des erkennenden Senats indiziert.

Unabhängig hiervon folgt wirtschaftliches Eigentum der Klägerin an dem Anbau aus dem ihr bzw. ihrem Rechtsnachfolger durch den Vertrag vom 2.1. 1998 eingeräumten Anspruch auf Ersatz des vollen Verkehrswerts des Anbaus, sollte sie bzw. ihr Rechtsnachfolger ihr Nutzungsrecht nicht (voll) ausüben (vgl. BFH-Urteile vom 18. 07.2001 X 23/99 BFH /NV 2002, 100 und vom 4.12.2001 IX R 34/98 BFH /NV 2002, 761, jeweils m. w. N.).

Die der Klägerin demnach zu gewährende Eigenheimzulage ab 1999 berechnet sich wie folgt:

 Grundförderungsbetrag  2500,- DM
BemessungsgrundlageFördersatzBetragmaximal
1220.871 DM2,5%3071,78 DM2500 DM
Kinderzulage  3000,- DM
AnzahlZulage  
21500 DM  
Eigenheimzulage gem. § 9 Abs. 1 EigzulG5500,- DM 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

Zurück