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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 14.03.2006
Aktenzeichen: 12 K 1666/03
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

12 K 1666/03

Kindergeld Oktober 2001 bis Januar 2002 und Juni bis August 2002

In der Streitsache

...

hat der 12. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ...

der Richterin am Finanzgericht ... und

der Richterin am Finanzgericht ... sowie

der ehrenamtlichen Richter ...

auf Grund mündlicher Verhandlung vom 14. März 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens

Tatbestand:

Der Kläger erhielt für seinen am 8. Mai 19XX geborenen Sohn A Kindergeld. A studierte zunächst bis 14. März 1999 an der Fachhochschule B Maschinenbau. Ab 15. März 1999 besuchte er sodann den Fachhochschulstudiengang Fahrzeugtechnik; brach dieses Studium aber am 31. August 2001 ab. A setzte seine Ausbildung erst wieder ab 16. September 2002 fort. Mit Verfügung vom 3. Dezember 2002 hob die beklagte Familienkasse (Familienkasse) die Festsetzung des Kindergeldes für A ab Januar 2001 auf und forderte das ihrer Ansicht nach zu Unrecht gezahlte Kindergeld für Januar 2001 bis September 2002 in Höhe von 3.042,60 EUR vom Kläger zurück, weil dieser die angeforderten Studienbescheinigungen sowie eine Bescheinigung über die neue Ausbildung seines Sohnes ab September 2002 nicht vorgelegt und dessen Einkünfte in den Jahren 2001 und 2002 trotz Aufforderung nicht nachgewiesen hatte. Da der Kläger auch im Einspruchsverfahren die angeforderten Nachweise nicht vollständig beibrachte, wies die Familienkasse den vom Kläger erhobenen Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 17. März 2003 als unbegründet zurück.

Die hiergegen erhobene Klage wird im Wesentlichen damit begründet: Auch nach Abbruch des Studiums im August 2001 hätten die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeldleistungen weiter vorgelegen. Zwar habe A erst am 16. September 2002 seine Ausbildung fortgesetzt. In der Zwischenzeit von September 2001 bis August 2002 habe er sich jedoch ernsthaft um eine Ausbildungsstelle bemüht. Er habe auch mehrfach beim Arbeitsamt Erding beim zuständigen Sachbearbeiter Herrn C um eine Lehrstelle vorgesprochen. Da man ihm aber zu diesem Zeitpunkt keine geeigneten Ausbildungsplätze im Bereich der Informatik anbieten habe können, sei ihm geraten worden, sich im Frühjahr des darauffolgenden Jahres noch einmal zu melden und es zwischenzeitlich auf eigene Faust weiter zu probieren. Dass darüber keine Daten mehr beim Arbeitsamt vorhanden sind, könne nicht zum Nachteil des Klägers ausgelegt werden. Daraufhin habe sich A mit einer Vielzahl von Bewerbungen -meistens per e-mail- an verschiedene Unternehmen gewandt. Die Ausbildungsplätze im Ausbildungsjahr 2001/2002, das bereits zum 1.8. bzw. 1.9.2001 begonnen hatte, seien aber spätestens ab März 2001 vergeben gewesen und Bewerbungsschreiben auf die vage Möglichkeit zum 1.3.2002 einen Ausbildungsplatz zu bekommen, ohne Erfolg geblieben. Nach dem Nichtbestehen seiner Prüfungen im Rahmen des Fachhochschulstudiums habe sich A zudem bei der deutschen Flugsicherung beworben und im Oktober 2001 einen entsprechenden Eignungstest in D absolviert. Das negative Ergebnis sei A erst vier Wochen später mitgeteilt worden. Darüber hinaus habe sich A auch im BIZ E um Ausbildungsmöglichkeiten erkundigt und auch die Datenbank zur Ausbildungsplatzsuche genutzt. A habe auch einen Arbeitsplatz im Bereich des angestrebten Ausbildungsberufs gesucht, um die Zeit bis zum Beginn des nächsten Ausbildungsjahres sinnvoll zu nutzen.

Zum Nachweis der Bewerbungsbemühungen seines Sohns legte der Kläger neben einer Auflistung von Bewerbungen, Anschreiben bzw. Absagen einzelner Firmen sowie zahlreiche Ausdrucke über Kontaktadressen, die A über das Arbeitsamt erhielt (Datenbank des Arbeitsamtes über offene Ausbildungsstellen) vor. Dabei wurde von Klägerseite darauf hingewiesen, dass bei einer solchen Vielzahl von Bewerbungsschreiben nicht jedes Anschreiben bzw. jede Absage archiviert werde. Auch sei häufig keine Rückmeldung seitens der per e-mail angeschriebenen Firmen erfolgt. Erklärungen zu den Einkünften und Bezügen des Sohns für das Jahr 2001 und 2002 wurden ebenfalls nachgereicht.

Für die Monate Januar bis September 2001 sowie Februar bis Mai 2002 und September 2002 sah die Familienkasse die Voraussetzungen für die Kindergeldgewährung zwischenzeitlich als erfüllt an und gab dem Klagebegehren insoweit mit Änderungsbescheiden vom 20. September 2004 und 15. Dezember 2005 statt. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit insofern übereinstimmend für erledigt (vgl. Kostenbeschluss vom 2. Dezember 2004 und vom 17. Dezember 2005).

Der Kläger beantragt nun,

die Verfügung der Familienkasse vom 3. Dezember 2002, zuletzt geändert durch Bescheid vom 15. Dezember 2005, aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Für die Monate Oktober 2001 bis Januar 2002 sowie Juni bis August 2002 seien die Vorraussetzungen für eine Kindergeldgewährung nach wie vor nicht nachgewiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Klage ist unbegründet. Da für die Monate Oktober 2001 bis Januar 2002 sowie Juni bis August 2002 die Vorraussetzungen für das Vorliegen eines Berücksichtigungstatbestandes nicht nachgewiesen wurden, hat die Familienkasse insofern zu Recht die Kindergeldfestsetzung aufgehoben und überzahltes Kindergeld zurückverlangt.

1.1 Ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, wird für das Kindergeld u.a. dann berücksichtigt, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c Einkommensteuergesetz -EStG -). Ein Kind ist nur dann gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG gehindert, seine Ausbildung mangels Ausbildungsplatz zu beginnen oder fortzusetzen, wenn es sich um einen Ausbildungsplatz ernsthaft bemüht. Dabei ist grundsätzlich jeder Ausbildungswunsch des Kindes zu berücksichtigen. Der erforderliche Nachweis für das ernsthafte Bemühen kann zum einen darin liegen, dass sich das Kind bei der Agentur für Arbeit als Ausbildungsplatz suchend meldet oder sich selbst bei entsprechenden Firmen oder Institutionen bewirbt. Auch wenn der Auszubildende die Möglichkeit haben muss, das Ergebnis seiner Bewerbung abzuwarten, ohne sich parallel auch für andere Ausbildungsplätze bewerben zu müssen, so müssen die Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz aber dennoch Monat für Monat kontinuierlich erfolgen, um ein ernsthaftes Bemühen um einen Ausbildungsplatz bejahen zu können (vgl. auch Urteil des FG Köln vom 11. November 2004, 10 K 5425/03, EFG 2005, 455). Dieser Nachweis des ernsthaften Bemühens kann z.B. durch Bescheinigungen der Agentur für Arbeit über die Meldung des Kindes als Bewerber um eine berufliche Ausbildungsstelle, durch Suchanzeigen in der Zeitung, durch direkte Bewerbungen an Ausbildungsstätten und gegebenenfalls den daraufhin erfolgten Zwischennachrichten oder auch Absagen erbracht werden. Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG trägt der Kläger die objektive Beweislast (Festsstellungslast) (BFH-Beschluss vom 21. Juli 2005 III S 19/04, BFH/NV 2005, 2207), da es sich um eine für den Kindergeldberechtigten günstige Anspruchsvoraussetzung handelt.

1.2 Nach diesen Grundsätzen sind im Streitfall für die streitig gebliebenen Zeiträume keine hinreichenden Bemühungen des Kindes feststellbar. Zum Nachweis der Ausbildungswilligkeit zur Vermeidung von Mitnahmeeffekten beim Kindergeld muss erwartet werden können, dass der Suchende von sich aus laufend, zumindest monatlich entweder schriftlich, mündlich oder persönlich seine Ausbildungswilligkeit gegenüber der Berufsberatung kundtut oder sich anderweitig um eine Ausbildungsstelle bemüht. Wer wirklich eine Ausbildungsstelle sucht und vor diesem Hintergrund Leistungen der Gemeinschaft in Anspruch nehmen will, kann sich nicht nur einfach darauf berufen, irgendeinmal beim Arbeitsamt ohne Erfolg vorgesprochen, das BIZ mehrmals aufgesucht, die Datenbank des Arbeitsamtes genutzt und eine Vielzahl von Bewerbungen per e-mail an verschiedene Unternehmer gerichtet zu haben. Auch wenn von der Behörde zu erwarten ist, dass sie die laufenden Nachfragen eines Bewerbers um einen Ausbildungsplatz dokumentiert, hat A -seine behaupteten Bemühungen als wahr unterstellt -seinerseits zu wenig unternommen, als das man im streitigen Zeitraum von einem ernsthaften Bemühen um einen Ausbildungsplatz ausgehen könnte. Jedenfalls ist der Vortrag zu den Bemühungen von A zu unsubstantiiert vor dem Hintergrund, dass der Kläger für den streitig gebliebenen Zeitraum -mit Ausnahme der Bewerbung bei der deutschen Flugsicherung -weder konkrete Bewerbungen vortragen noch Bewerbungsschreiben bzw. Absagen vorlegen kann. So sind auch der vorgelegten Bewerberliste keine Bemühungen im streitigen Zeitraum zu entnehmen und wurde trotz Aufforderung durch das Gericht kein Nachweis erbracht, dass A sich bei der deutschen Flugsicherung beworben, im Oktober 2001 einen Eignungstest absolviert hat und ihm erst 4 Wochen später eine Absage erteilt wurde. Der Vortrag des Klägers, es sei die Bewerberliste nur eine auszugsweise Liste der Bemühungen, hilft ihm, der insoweit die Feststellungslast trägt, genauso wenig wie die Behauptung, es seien nicht alle Absagen und Anschreiben archiviert worden bzw. häufig keine Rückantwort auf die per e-mail durchgeführten Bewerbungen erfolgt.

1.3 Wegen Vollendung des 21. Lebensjahrs kann A auch nicht als arbeitsloses Kind berücksichtigt werden. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines anderen Berücksichtigungstatbestand im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG sind nicht gegeben.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Ende der Entscheidung

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