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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 19.04.2004
Aktenzeichen: 13 K 5543/00
Rechtsgebiete: EStDV, EStG 1998
Vorschriften:
EStG 1998 § 7g Abs. 4 S. 2 | |
EStG 1998 § 7g Abs. 3 | |
EStG 1998 § 16 Abs. 1 Nr. 1 | |
EStG 1998 § 16 Abs. 4 | |
EStG 1998 § 34 | |
EStDV § 6 Abs. 2 | |
EStDV § 8b S. 2 Nr. 1 |
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In der Streitsache
wegen
Einkommensteuer 1998 Gewerbesteuermessbetrag 1998 (zu Kläger 1)
hat das Finanzgericht München, 13. Senat, durch den Richter am Finanzgericht als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung am 19. April 2004 für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Gewinn aus der Auflösung einer Ansparrücklage dem laufenden oder dem Veräußerungsgewinn zuzurechnen ist.
I.
Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehegatten. Der Kläger betrieb als Einzelunternehmen einen Kfz-Vertragshandel mit Kfz-Werkstatt. Er veräußerte diesen Gewerbebetrieb zum 30. Dezember 1998. Im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns errechnete der Kläger aus der Auflösung einer Ansparrücklage, die er beim Jahresabschluss zum 31. Dezember 1996 in Höhe von 150.000 DM und beim Jahresabschluss zum 31. Dezember 1997 in Höhe von 50.000 DM gebildet hatte, einen gewinnerhöhenden Rücklageanteil in Höhe von 171.198,12 DM (s. Bilanz zum 31. Dezember 1998 S. 18, Bl. 20 der Gewerbesteuerakte 1998) zuzüglich Verzinsung in Höhe von 30.148,91 DM, gesamt 201.347,03 DM (Aufstellung Betriebsveräußerung zum 30. Dezember 1998 S. 8, Bl. 20 der Einkommensteuerakte 1998).
Das beklagte Finanzamt rechnete die aus 1996 nach Abzug der Investitionen in 1997 und 1998 noch vorhandene Ansparrücklage in Höhe von 121.198,12 DM (Bl. 20 der Gewerbesteuerakte 1998) zuzüglich der Verzinsung dem laufenden Gewinn zu und berichtigte den zu verzinsenden Betrag auf 14.543 DM (Einkommensteuerbescheid und Gewerbesteuermessbescheid je vom 18. Mai 2000, Bl. 51 der Einkommensteuerakte 1998 und Bl. 59 der Gewerbesteuerakte 1998). Auf die Berechnung des Veräußerungsgewinns durch das Finanzamt in Höhe von 321.226 DM und des laufenden Gewinns in Höhe von 514.385 DM wird Bezug genommen (Bl. 53, 54 der Gewerbesteuerakte 1998). Die Einsprüche hiergegen blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 7. November 2000).
Die Kläger begründen ihre Klage im Wesentlichen wie folgt: Die Gewinnerhöhung aus der Auflösung der Ansparrücklage sei dem Veräußerungsgewinn zuzurechnen, da die Rücklage am Tage der Betriebsveräußerung (30. Dezember 1998) noch nicht hätte aufgelöst werden müssen, sondern erst zum Ende des Wirtschaftsjahres (31. Dezember 1998). Da die Betriebsveräußerung zeitlich vor dem 31. Dezember 1998 stattgefunden habe, rechne der Auflösungsgewinn aus der Ansparrücklage zum Veräußerungsgewinn. § 8 b Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV), wonach das Wirtschaftsjahr mit der Veräußerung des Betriebs ende, gelte bei der Auflösung der Ansparrücklage gemäß § 7 g Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht. Anders gebe das Schreiben des Bundesfinanzministers vom 12. Dezember 1996 IV B 2-S 2138-37/96, Bundessteuerblatt -BStBl- I 1996, 1441 Ziffer 9 keinen Sinn. Auch ansonsten gehöre der Gewinn aus der Auflösung von Rücklagen zum Veräußerungsgewinn (H 139 Abs. 9 Einkommensteuer-Richtlinien -EStR-). Dem Urteil des Finanzgerichts Schleswig-Holstein vom 10. April 2000 V 358/99, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2000, 1061 könne entnommen werden, dass der Gewinn aus der Auflösung von Ansparrücklagen zum Veräußerungsgewinn gehöre. Dass die Betriebsveräußerung nur einen Tag vor Ende des Wirtschaftsjahres stattgefunden habe, stelle keine Missbrauch von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten dar.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 7. November 2000 und unter Änderung des zuletzt während des Klageverfahrens geänderten Einkommensteuerbescheids vom 13. Juni 2002 und des zuletzt während des Klageverfahrens geänderten Gewerbesteuermessbescheids vom 16. Mai 2002 den vom Finanzamt errechneten Gewinn aus der Auflösung der Ansparrücklage in Höhe von 121.198 DM zuzüglich der Verzinsung in Höhe von 14.543 DM dem Veräußerungsgewinn zuzurechnen und den Einkommensteuerbescheid und den Gewerbesteuermessbescheid entsprechend zu ändern, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Entscheidung ergeht mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO-) durch den Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 FGO).
Gründe
II.
Die Klage ist nicht begründet.
Hat der Steuerpflichtige wirksam eine Ansparabschreibung gemäß § 7 g Abs. 3 EStG gebildet, ist die Rücklage aufzulösen, sobald für das begünstigte Wirtschaftsgut Abschreibungen vorgenommen werden dürfen (§ 7 g Abs. 4 Satz 1 EStG). Ist eine Rücklage am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, so ist sie zu diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen (§ 7 g Abs. 4 Satz 2 EStG). Bei der Veräußerung eines Betriebs verkürzt sich das Wirtschaftsjahr auf den Zeitpunkt der Veräußerung des Betriebs (§ 6 Abs. 2 EStDV und § 8 b Satz 2 Nr. 1 EStDV), also bei einem mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahr vom 1. Januar bis zum Tag der Veräußerung. Für § 7 g Abs. 4 Satz 2 EStG gelten diese Regelungen unmittelbar, weil der Begriff des Wirtschaftsjahres einheitlich gilt (im Ergebnis ebenso Finanzgericht Münster, Urteil vom 20. September 2001 2 K 7625/00 GF, EFG 2002, 387, rechtskräftig). Daher kann der Ansicht der Kläger, dass der Begriff des Wirtschaftsjahres in § 7 g Abs. 4 Satz 2 EStG eine andere Bedeutung habe als in § 4 a EStG, nicht gefolgt werden. Für die Streitsache bedeutet dies, dass das Wirtschaftsjahr 1998 vom 1. Januar bis 30. Dezember 1998, dem Tag der Veräußerung des Betriebs, lief. Zum 30. Dezember 1998 endete das zweite Wirtschaftsjahr, das auf die Bildung der Ansparrücklage zum 31. Dezember 1996 folgte. Die Kläger mussten somit zum 31. Dezember 1998 die im Jahr 1996 gebildete Ansparrücklage gewinnerhöhend auflösen.
§ 7 g Abs. 4 Satz 2 EStG regelt nicht, ob bei einer Betriebsveräußerung die gewinnerhöhende Auflösung der Ansparrücklage zum laufenden oder zum steuerbegünstigten Veräußerungsgewinn gehört. Ein wirtschaftlicher Vorgang gehört dann zum steuerbegünstigten Veräußerungsgewinn gemäß § 16 Abs. 1 und Abs. 2 EStG i.V.m. § 34 EStG, wenn er nicht nur in zeitlichem, sondern auch in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Veräußerung des Betriebs steht (Bundesfinanzhof-BFH-Urteil vom 9. September 1993 IV R 30/92, BStBl II 1994, 105 unter 2. c). Das Gleiche gilt bei einer Betriebsaufgabe (BFH-Urteil vom 25. Januar 1995 X R 76-77/92, BStBl II 1995, 388). Ist der zu beurteilende wirtschaftliche Vorgang nicht durch die Veräußerung des Betriebs veranlasst, findet er vielmehr nur im zeitlichen Zusammenhang der Betriebsveräußerung und bei Gelegenheit der Betriebsveräußerung statt, gehören Gewinne hieraus zum laufenden Gewinn, nicht zum steuerbegünstigten Veräußerungsgewinn (BFH-Beschluss vom 11. September 1997 VIII B 101/96, Entscheidungssammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1998, 452 unter 4. b). Bei Anwendung dieser Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung, denen der erkennende Einzelrichter folgt, auf die Streitsache ergibt sich, dass die Klage keinen Erfolg hat. Die Auflösung der Ansparrücklage zum 30. Dezember 1998 steht nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Veräußerung des Betriebs. Hätte die Betriebsveräußerung nicht stattgefunden, hätte die Ansparrücklage im Streitjahr 1998 dennoch gewinnerhöhend aufgelöst werden müssen. Hieraus wird bereits deutlich, dass die Auflösung der Ansparrücklage mit der Veräußerung des Betriebs wirtschaftlich nicht in Zusammenhang steht. Die Ansparrücklage ist im Streitfall aufzulösen, weil der Zeitraum, innerhalb dessen die Ansparrücklage bestehen kann, im Streitjahr 1998 abgelaufen ist, unabhängig von der Veräußerung des Betriebs. Eine wirtschaftliche Veranlassung zwischen der Auflösung der Ansparrücklage und der Betriebsveräußerung besteht deshalb nicht, weil der Anlass der Auflösung der Ansparrücklage ihre Bildung im Jahr 1996 - mit der mangelnden Investition in den folgenden zwei Jahren - war. Die Auflösung der Ansparrücklage erfolgt somit gelegentlich der Betriebsveräußerung, nicht aber anlässlich der Betriebsveräußerung. Sollte sich aus dem Urteil des Finanzgerichts Schleswig-Holstein vom 4. April 2000 V 358/99, EFG 2000, 1061 etwas anderes ergeben (s. hierzu Weßling, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2002, 1165), könnte der erkennende Richter dem nicht zustimmen. So folgt der erkennende Richter im Ergebnis dem Schreiben des Bundesminister der Finanzen, dass bei Betriebsveräußerung die aus der Auflösung der Ansparrücklage entstehende Gewinnerhöhung dem laufenden Gewinn und nicht dem Veräußerungsgewinn zuzurechnen ist (BMF, BStBl I 1996, 1441 Ziffer 9; s. neuerdings auch BMF-Schreiben vom 25. Februar 2004 IV A 6-S 2183 b-1/04, BStBl I 2004 Rz. 30). Dass bei der Auflösung von Rücklagen nach § 6 b EStG und bei anderen steuerfreien Rücklagen der Gewinn zum Veräußerungsgewinn gehört (s. die Rechtsprechungsnachweise bei H 139 Abs. 9 EStR Stichwort "Rücklage"), ändert in der Streitsache nichts, da die Rücklagenbildung und ihre Auflösung nach § 6 b EStG und nach anderen Vorschriften gegenüber § 7 g EStG jeweils eigenen Regelungen folgt (s. Finanzgericht Münster a.a.O.).
Die Höhe des Gewinns aus der Auflösung der Ansparrücklage 1996 (121.198 DM) ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und einschließlich des Verzinsungsbetrags (14.543 DM) lt. Akteninhalt auch zutreffend.
Eine Zurechnung des Gewinns aus der Auflösung der Ansparrücklage für 1997 (50.000 DM) zum laufenden Gewinn hat das Finanzamt nicht vorgenommen, so dass es bei der vom Finanzamt festgesetzten Einkommensteuer bzw. dem vom Finanzamt festgesetzten Gewerbesteuermessbetrag verbleibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der Gründe des § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.
Ende der Entscheidung
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