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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Gerichtsbescheid verkündet am 31.07.2008
Aktenzeichen: 14 K 1288/08
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 56
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

14 K 1288/08

Haftung für Umsatzsteuer 1999 und 2001 und steuerliche Nebenleistungen

In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

ohne mündliche Verhandlung

am 31. Juli 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob die Klägerin zu Recht für Abgabenschulden der P GbR (nachfolgend GbR) in Haftung genommen worden ist.

Die Klägerin ist als Rechtsnachfolgerin ihres am 16. Januar 2000 verstorbenen Ehemanns neben ihrem Sohn J P mit einem Anteil von 50% Gesellschafterin der GbR.

Nachdem Vollstreckungsversuche wegen Steuerrückstände der GbR ohne Erfolg geblieben waren, nahm das Finanzamt (FA) die Klägerin neben dem Gesellschafter J P nach vorheriger Ankündigung und Anhörung mit Bescheid vom 15. Dezember 2006 für rückständige Umsatzsteuer 1999 sowie Zinsen und Säumniszuschlägen für Umsatzsteuer 1999 und 2001 der GmbH in Höhe von 151.820,77 EUR in Haftung (Bl. 20 der Haftungsakte). Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 19. Februar 2008 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Die Zustellung der Einspruchsentscheidung erfolgte am 20. Februar 2008 durch Niederlegung in den zur Wohnung J-Weg 18 in O gehörenden Briefkasten (Zustellungsurkunde der Deutschen Post, Bl. 16 der Rechtsbehelfsakte des FA).

Hiergegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 31. März 2008, das am 2. April 2008 beim Finanzgericht München eingegangen ist, Klage erhoben und hilfsweise Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gestellt, da krankheitsbedingt eine vorherige Einreichung nicht möglich gewesen sei.

Sie bringt im Wesentlichen vor, dass sie zu Unrecht in Haftung genommen werde. Das FA stütze seinen Anspruch auf handelsrechtliche Vorschriften, die jedoch auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht anwendbar seien.

Darüber hinaus erhebe sie die Einrede der Verjährung, da die Frist für den Erlass des Haftungsbescheids am 31. Dezember 2006 abgelaufen sei. Der Haftungsbescheid sei am 18. Dezember 2008 (wohl 2006) nicht persönlich an die Klägerin übergeben, sondern in den Briefkasten des Anwesens J-Weg 16 in O eingelegt worden. Zu dem in der Zustellungsurkunde vom 18. Dezember 2006 angegebenen Zeitpunkt (12.38 h) habe sich die Klägerin zusammen mit den Eheleuten R in der Arztpraxis von Dr. T in N befunden, wie diese auch schriftlich bestätigt hätten. Der Haftungsbescheid sei ihr daher erst am 4. Januar 2008 (wohl 2007) zugegangen, nachdem ihr Sohn nach Ende der Weihnachtsferien 2006 seinen Briefkasten geleert habe. Der Briefkasten des Anwesens Nr. 16 befinde sich in räumlicher Entfernung und in einem von Haus Nr. 18 durch einen Zaun abgetrennten Grundstück, er sei nur über einen separaten Zugang erreichbar.

Aufgrund ihrer Diabeteserkrankung habe sie sich während des für die Klageerhebung maßgeblichen Zeitraums in einem lebensbedrohlichen, zeitweise komaähnlichen Zustand befunden, der möglicherweise durch den von der Einspruchsentscheidung verursachten Stress ausgelöst worden sei. Die Klageerhebung sei jedoch innerhalb von 14 Tagen nach Wegfall der Hinderungsgründe nachgeholt worden.

Die Klägerin beantragt,

den Haftungsbescheid vom 15. Dezember 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2008 aufzuheben.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

II.

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klage ist unzulässig, da sie nicht innerhalb der gesetzlichen Frist erhoben wurde und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden kann.

Nach § 47 Finanzgerichtsordnung (FGO) beträgt die Frist für die Erhebung einer Anfechtungsklage einen Monat. Sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf. Diese begann mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung am 20. Februar 2008 (vgl. § 54 I FGO, §§ 366, 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung 1977 - AO -), die eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, und endete mit Ablauf des 20. März 2008, § 54 Abs. 2 FGO, § 222 Abs. 1 Zivilprozessordnung, § 188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch. Die Klage ging jedoch erst am 2. April 2008 und damit verspätet bei Gericht ein.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Fristversäumnis nach § 56 FGO kann nicht gewährt werden, weil die Klägerin nicht binnen der zweiwöchigen Antragsfrist (§ 56 Abs. 2 Satz 1 FGO) die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung begründen können, vorgetragen hat. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung stellt Krankheit nur dann einen Grund zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dar, wenn die Krankheit so schwer und unvermutet eintritt, dass der Betroffene dadurch gehindert ist, seine steuerlichen Angelegenheiten selbst zu besorgen oder durch Dritte besorgen zu lassen (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6. Mai 1986 IX R 114/85, BFH/NV1986, 620). Aus dem Vortrag der Klägerin lässt sich nicht entnehmen, wann sie erkrankte und wie lange sie infolgedessen nicht in der Lage war, einen (Prozess)-Vertreter zu informieren und zu bitten, gegen sie laufende Fristen zu wahren oder wenigstens rechtzeitig eine Verlängerung der Fristen zu beantragen (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Februar 2002 III R 12/01, BFH/NV 2002, 794).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Gegen diesen Gerichtsbescheid kann jeder Beteiligte innerhalb eines Monats nach Zustellung ... Antrag auf mündliche Verhandlung stellen.



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