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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 28.02.2008
Aktenzeichen: 14 K 4121/05
Rechtsgebiete: ZK, TruppenZG, ZG, UStG, TabStG
Vorschriften:
ZK Art. 202 Abs. 1 | |
TruppenZG § 4 Abs. 1 S. 1 | |
ZG § 57 Abs. 2 S. 2 | |
UStG § 13 Abs. 2 | |
UStG § 21 Abs. 2 | |
TabStG § 21 S. 1 |
Finanzgericht München
In der Streitsache
hat der 14. Senat des Finanzgerichts München
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht
des Richters am Finanzgericht und
der Richterin am Finanzgericht sowie
der ehrenamtlichen Richter
ohne mündliche Verhandlung
am 28. Februar 2008
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I. Streitig ist, ob vom Kläger zu Recht Einfuhrabgaben für Zigaretten angefordert wurden.
Der Beklagte (das Hauptzollamt -HZA-) forderte mit Steuerbescheid vom 31. Mai 2005 vom Kläger als Gesamtschuldner neben F 7.121,90 EUR Einfuhrabgaben (Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Tabaksteuer) an, weil er von F im Zeitraum von Juli 2002 bis Mai 2004 in 17 Fällen insgesamt 258 Stangen Zigaretten zum Preis von 20,- EUR je Stange erworben habe, obwohl ihm bekannt sein habe müssen, dass es sich bei den Zigaretten um unversteuert eingeschmuggelte Zigaretten gehandelt habe.
Gegenüber F wurden mit mittlerweile bestandskräftigem Steuerbescheid vom gleichen Tag Einfuhrabgaben i.H.v. 8.387,40 EUR festgesetzt, weil er in einer Vielzahl von Fällen Zigaretten vorschriftswidrig aus der Tschechischen Republik in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht und an verschiedene Personen weiterverkauft habe.
Den Einspruch des Klägers wies das HZA mit Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 2005 als unbegründet zurück.
Mit seiner Klage bringt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor:
Er habe nicht gewusst, dass hinsichtlich der streitgegenständlichen Zigaretten eine Steuerhinterziehung begangen worden sei. Beim Erwerb der Zigaretten von F, der bei der NATO-Airbase beschäftigt gewesen sei, sei er davon ausgegangen, dass dieser günstig amerikanische Zigaretten beziehen und entsprechend preiswert und legal im Rahmen eines Kontingents verkaufen könne. Hierfür habe auch ein entsprechender Aufdruck auf den Verpackungen der Zigarettenstangen gesprochen. F habe ihm mitgeteilt, dass es sich um Zigaretten handele, die von der Steuer ausgenommen seien und ein Erwerb aus steuerfreien Zonen für den Eigenverbrauch legal möglich sei. Ihm sei deshalb beim Erwerb der Zigaretten nicht bewusst gewesen, dass es sich um unversteuert eingeschmuggelte Zigaretten gehandelt habe. Das HZA trage insoweit die Beweislast für ein vorsätzliches Handeln seinerseits. Allein wegen des Fehlens der deutschen Steuerbanderolen könne ihm keine grobe Fahrlässigkeit angelastet werden. Das HZA habe insoweit nicht berücksichtigt, dass z.B. auch in deutschen Duty-Free-Shops Zigaretten ohne Steuerbanderole erworben werden könnten. Er sei von F darüber getäuscht worden, dass die Zigaretten zollfrei erworben werden könnten.
Der Kläger beantragt,
den Steuerbescheid vom 31. Mai 2005 und die Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Das HZA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es bringt vor, dass dem Kläger allein schon wegen des geringen Preises von 20,- EUR je Stange - bei einem damals üblichen Ladenpreis von 30,- EUR je Stange - bewusst sein musste, dass es sich nur um unversteuerte und unverzollte Zigaretten habe handeln können. Dies hätte ihm spätestens bei Erhalt der Ware klar sein müssen, denn den Zigaretten hätten die deutschen Steuerbanderolen gefehlt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akten sowie die eingereichten Schriftsätze hingewiesen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO-).
II. Die Klage ist unbegründet.
Das HZA hat vom Kläger zu Recht Einfuhrabgaben i.H.v. insgesamt 7.121,90 EUR angefordert. Dabei kann dahinstehen, ob die Einfuhrabgabenschuld für die Zigaretten im Streitfall nach Art. 202 Abs. 1 Zollkodex -ZK- durch vorschriftswidriges Verbringen aus einem Drittland oder nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Truppenzollgesetz (TruppenZG) durch Entnahme der Zigaretten aus der Zollgutverwendung der US-amerikanischen Streitkräfte entstanden ist.
1. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TruppenZG entsteht mit der Entnahme von Zollgut aus der Zollgutverwendung der ausländischen Streitkräfte oder ihrer Mitglieder in den freien Verkehr eine Abgabenschuld, wie sie bei der Einfuhr der Waren entstehen würde. Abgabenschuldner ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und b TruppenZG die Person, die nicht Mitglied der ausländischen Streitkräfte ist, die mit der Entnahme des Zollguts in den freien Verkehr unmittelbarer Besitzer wird oder die im Zeitpunkt der Entnahme in den freien Verkehr unmittelbarer Besitzer des Zollguts ist. § 57 Abs. 2 Satz 2 des Zollgesetzes (ZG) findet gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 TruppenZG entsprechende Anwendung. Danach wird weiterer Zollschuldner, wer Zollgut nach Entstehung, aber vor Erlöschen der Zollschuld übernimmt oder an sich bringt und weiß oder wissen müsste, dass es sich um Zollgut handelt.
Wenn man also, wie der Kläger, davon ausgeht, dass die Zigaretten nicht vorschriftswidrig eingeführt, sondern aus der Zollgutverwendung der US-amerikanischen Streitkräfte entnommen worden sind, ist die Einfuhrabgabenschuld nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TruppenZG i.V.m. den §§ 13 Abs. 2, 21 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) sowie § 21 Satz 1 Tabaksteuergesetz (TabStG) entstanden.
Die Zigaretten haben sich dann gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 TruppenZG in der nicht vorübergehenden Zollgutverwendung befunden und sind mit der Abgabe an ein Nichtmitglied der US-amerikanischen Streitkräfte der Zollgutverwendung entnommen worden, so dass hierfür gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TruppenZG die Einfuhrabgabenschuld wie bei der Einfuhr der Zigaretten entstanden ist.
Soweit F die Zigaretten selbst entnommen hat, ist er Abgabenschuldner nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TruppenZG geworden. Er ist als Angestellter bei der NATO-Airbase weder berechtigt gewesen, die für die Angehörigen der US-Streitkräfte bestimmten Zigaretten selbst an sich zu nehmen noch an den Kläger zu verkaufen. Er ist auch kein Mitglied der ausländischen Streitkräfte gewesen, das Zigaretten (25 Stück) gelegentlich als Geschenk an andere Personen hätte abgeben dürfen (§ 6 Truppenzollordnung). Er gehört gemäß Art. 1 Abs. 1 Buchst. b NATO-Truppenstatut nicht zum zivilen Gefolge der Truppe.
Der Kläger ist weiterer Schuldner der Einfuhrabgaben nach § 4 Abs. 2 Satz 2 TruppenZG i.V.m. § 57 Abs. 2 Satz 2 ZG und §§ 13a Abs. 2, 21 Abs. 2 UStG sowie § 21 Satz 1 TabStG geworden, weil er zumindest wissen musste, dass es sich bei den übernommenen Zigaretten um Zollgut gehandelt hat. Der weitere Zollschuldner ist kein Haftungsschuldner, sondern ein zusätzlicher Schuldner für die bestehende Zollschuld (vgl. BFHUrteil vom 13. März 1973 VII R 40/70, ZfZ 1973, 310).
§ 57 Abs. 2 Satz 2 ZG ist noch anwendbar, denn soweit das TruppenZG auf zollrechtliche Bestimmungen verweist, geschieht dies vorliegend in der Weise, dass es nicht auf die geltenden zollrechtlichen Bestimmungen des ZK Bezug nimmt (dynamische Verweisung), sondern dadurch, dass es auf bestimmte Begriffe des ZG, nämlich in § 1 Abs. 1 TruppenZG auf die nicht vorübergehende Zollgutverwendung (§ 55 ZG) oder in § 4 Abs. 2 Satz 2 TruppenZG auf § 57 Abs. 2 Satz 2 ZG verweist. Dem Wortlaut nach handelt es sich dabei um so genannte statische Verweisungen auf ganz bestimmte, in einem anderen Gesetz enthaltene Regelungen. Wird dieses Gesetz (das ZG) aufgehoben (Art. 3 Abs. 1 Satz 3 des Zollrechtsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 1992, BGBl. I, 2125), ohne dass das verweisende Gesetz geändert wird, so hat das nicht zur Folge, dass an Stelle der bezeichneten Bestimmungen des aufgehobenen Gesetzes ohne weiteres die dieses ersetzenden Vorschriften treten (vgl. Beschluss des BFH vom 17. August 2000 VII B 45/00, HFR 2000, 892).
Bei der Prüfung, ob der Erwerber einer Ware im Sinn des § 57 Abs. 2 Satz 2 ZG hätte wissen müssen, dass diese Zollgut ist, ist darauf abzustellen, ob ihm seine Unkenntnis nach den Umständen des Falles und nach seiner Persönlichkeit zur Last gelegt werden kann (vgl. BFH vom 13. März 1973 in ZfZ 1973, 310).
Der Senat ist aufgrund der Umstände des Streitfalls zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger zumindest hätte wissen müssen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Zigaretten um Zollgut gehandelt hat, das nicht an Dritte abgegeben werden darf.
Wenn jemand, wie vorliegend, von einem Dritten Zigaretten ohne deutsche Steuerbanderolen weit unter dem offiziellen Marktpreis ankauft, spricht schon der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass es sich hierbei um keine ordnungsgemäß versteuerten und in den freien Verkehr überführten Zigaretten gehandelt hat und der Käufer dieses gewusst hat, ohne dass es weiterer Feststellungen des HZA bedarf.
Die Einlassung des Klägers, dass F bei der NATO-Airbase beschäftigt gewesen sei und dieser ihm bestätigt habe, dass die Zigaretten legal erworben werden könnten, ist demgegenüber als bloße Schutzbehauptung zu werten. Unbehelflich ist insbesondere der Hinweis auf die Aufdrucke auf den Verpackungen der Zigarettenstangen, wonach die Zigaretten nur außerhalb der USA verwendet werden dürfen. Diese Aufschrift ist im Gegensatz vielmehr ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger die Herkunft der Zigaretten und damit auch deren nicht ordnungsgemäße Entnahme in den freien Verkehr hätte kennen müssen. Der Umstand, dass der Kläger, wie er selbst angibt, starker Raucher ist, spricht dafür, dass er weiß, wie und unter welchen Umständen Zigaretten legal erworben werden können. Im Hinblick auf die jeweils großen Mengen, die der Kläger von F erworben hat, kann er sich nicht mit seinem Hinweis auf den möglichen legalen Erwerb von Zigaretten ohne deutsches Steuerzeichen in Duty-Free-Shops entlasten, da in diesen Fällen immer nur jeweils eine Stange steuerfrei erworben werden kann.
2. Soweit man, wie das HZA, davon ausgeht, dass die Einfuhrabgabenschuld für die streitgegenständlichen Zigaretten durch vorschriftswidriges Verbringen aus der Tschechischen Republik in das Zollgebiet der Gemeinschaft gemäß Art. 202 Abs. 1 Buchst. a ZK entstanden ist, ist der Kläger Zollschuldner nach Art. 202 Abs. 3 Anstrich 3 ZK geworden. Er hat die Zigaretten erworben, obwohl er zum Zeitpunkt des Erwerbs zumindest vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden waren.
Es kommt mithin nicht darauf an, ob die Zigaretten aus der Tschechischen Republik in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht oder aus der Zollgutverwendung der USamerikanischen Streitkräfte entnommen worden sind, da es an der Entstehung der Einfuhrabgabenschuld in der vom HZA festgesetzten Höhe nichts ändert.
Unter den Umständen des Streitfalles kann außerdem offen bleiben, ob bei der Auslegung des Begriffs "vernünftigerweise hätte wissen müssen" auf den jeweiligen Einzelfall und die individuelle Persönlichkeit und Erfahrung des Beteiligten (vgl. Schwarz/Wocken7 foth, Kommentar zum Zollrecht, Anm. 31 zur Art. 202 ZK) oder auf die Sicht eines vernünftigen, durchschnittlichen Beteiligten abzustellen ist (vgl. Urteil des FG Düsseldorf vom 8. November 2000 - 4 K 834/98, ZfZ 2001, 65). Sowohl ein vernünftiger, durchschnittlicher Beteiligter als auch der Kläger mit seiner individuellen Persönlichkeit und Erfahrung hätte in der konkreten Situation aufgrund der Gesamtumstände im Zeitpunkt des Erwerbs der Zigaretten davon ausgehen müssen, dass die übernommene Menge Zigaretten nicht ordnungsgemäß eingeführt worden sein konnte.
Im Übrigen bedarf es für die Feststellung der Einfuhrabgaben gegen denjenigen, der vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachte Waren erworben hat, keiner Feststellungen, auf welche Weise die Waren vorschriftswidrig verbracht worden sind (BFH-Beschluss vom 13. November 2007 VII B 94/07, BFH/NV 2008, 420).
3. Die Inanspruchnahme des Klägers als Gesamtschuldner ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Da F als Zollschuldner und der Kläger als weiterer Zollschuldner insoweit als Gesamtschuldner nach § 44 AO gleichberechtigt nebeneinander stehen und nach § 44 Abs. 1 Satz 2 AO jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung schuldet, ist der Hinweis im Steuerbescheid auf die bestehende Gesamtschuldnerschaft durch das HZA ausreichend, ohne dass es insoweit weiterer Erläuterungen bedurfte.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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