Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 04.09.2008
Aktenzeichen: 15 K 456/08
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1
EStG § 12
FGO § 100 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat das Finanzgericht München, 15. Senat,

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung in den Streitjahren 2003 - 2005.

Der ledige Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er wohnte in einer Drei-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 64 m² in M zu einem monatlichen Bruttomietzins in Höhe von 1.522,14 EUR und arbeitete seit dem 1. Januar 1997 in O. Gleichzeitig wohnte er zusammen mit seinen Eltern in dem Anwesen S. Das Anwesen war dem Kläger durch notariellen Vertrag vom 22. Dezember 2003 von seinen Eltern zum Alleineigentum übertragen worden. Gleichzeitig behielten sich die Eltern des Klägers ein dingliches Nießbrauchsrecht an dem gesamten Anwesen vor. Der Kläger bewohnte im Dachgeschoss des Anwesens einen Schlafraum und einen Wohnraum von insgesamt 45,20 m² für sich allein. Die Räume der Eltern im Obergeschoss, insbesondere die Küche, das Bad und WC - letztere mit einer Grundfläche von 15,12 m² - benutzte der Kläger mit. Ein finanzieller Beitrag für den Unterhalt des Hausstandes in S wurde vom Kläger nicht erbracht.

Der Kläger machte in seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2003 - 2005 Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung geltend. Er erklärte in den Jahren 2003 - 2005 jeweils Fahrtkosten für Heimfahrten in Höhe von xxx EUR sowie Kosten für die Unterkunft am Arbeitsort in Höhe von xxx im Jahr 2003, in Höhe von xxx EUR im Jahr 2004 und xxx EUR im Jahr 2005.

Im Einkommensteuerbescheid 2003 vom 6. April 2004 erkannte der Beklagte (das Finanzamt -FA-) die Fahrtkosten für Heimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung an, die Unterkunftskosten ließ es hingegen nicht zum Abzug zu. Insgesamt setzte es eine Einkommensteuer in Höhe von xxx EUR fest. In den Einkommensteuerbescheiden für das Jahr 2004 vom 11. Mai 2005 und für das Jahr 2005 vom 19. Mai 2006 ließ das FA keine Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung zum Abzug zu und setzte eine Einkommensteuer für das Jahr 2004 in Höhe von xxxEUR und für das Jahr 2005 in Höhe von xxx EUR fest.

Gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 - 2005 legte der Kläger jeweils fristgemäß Einsprüche ein. Mit Änderungsbescheid für das Jahr 2005 vom 11. Juli 2006 änderte das FA die Besteuerungsgrundlagen in einem nicht streitgegenständlichen Punkt und setzte die Einkommensteuer auf xxx EUR herab. In der Einspruchsentscheidung vom 4. Januar 2008 wies das FA die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Einsprüche als unbegründet zurück.

Mit seiner durch Schriftsatz vom 31. Januar 2008 fristgemäß erhobenen Klage macht der Kläger geltend, dass Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung anzuerkennen seien. Eine abgeschlossene Wohnung sei für einen eigenen Hausstand keine Voraussetzung. Dem Kläger habe aufgrund seines Nießbrauchsrechts das Recht zur Nutzung der Wohnung in S zugestanden. Er sei finanziell unabhängig und schon lange nicht mehr in den Haushalt seiner Eltern eingegliedert. Die Einrichtung und Ausstattung der von ihm in S bewohnten Räume habe er selbst angeschafft. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägervertreters verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2003 vom 6. April 2004, für das Jahr 2004 vom 11. Mai 2005 und für das Jahr 2005 vom 19. Mai 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Januar 2008 dahingehend abzuändern, dass über die bereits anerkannten Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung hinaus Aufwendungen für die Unterkunft am Arbeitsort in Höhe von xxx EUR im Jahr 2003, in Höhe von xxx EUR im Jahr 2004 und in Höhe von xxx EUR im Jahr 2005 als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden und dass die Einkommensteuer danach berechnet wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA vertritt die Auffassung, dass die geltend gemachten Aufwendungen nicht als Mehraufwendungen wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung abzugsfähig seien, da der Kläger nicht nachgewiesen habe, dass er in S einen eigenen Hausstand unterhalte.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des FA verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 - 2005 sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das beklagte FA hat zu Recht die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen nicht im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zum Abzug zugelassen.

Ausgaben für den Haushalt gehören grundsätzlich zu den steuerlich nicht abziehbaren Kosten der allgemeinen Lebensführung (§ 12 Nr. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - in der für die Streitjahre geltenden Fassung). Nur im Rahmen des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG kann der Steuerpflichtige notwendige Mehraufwendungen, die ihm wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, als Werbungskosten abziehen.

Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, an dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Auch ein nicht verheirateter Steuerpflichtiger kann einen eigenen Hausstand außerhalb des Beschäftigungsortes unterhalten, wenn er seinen Lebensmittelpunkt am Ort des Haupthausstandes beibehält und sich - abgesehen von der Berufstätigkeit am Beschäftigungsort - ständig dort aufhält (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 5. Oktober 1994 VI R 62/90, BStBl II 1995, 180).

Nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 EStG ist zwischen dem Wohnen am Beschäftigungsort und dem Unterhalten eines eigenen Hausstandes außerhalb dieses Ortes zu unterscheiden. An Letzterem muss sich die Hauptwohnung bzw. der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers befinden. Beschäftigungsort ist der Ort der regelmäßigen, dauerhaften Arbeitsstätte. Einen eigenen Hausstand unterhält der Arbeitnehmer dann, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht und in der hauswirtschaftliches Leben herrscht, an dem sich der Arbeitnehmer sowohl durch seine persönliche Mitwirkung als auch finanziell maßgebend beteiligt. Das Unterhalten des Hausstandes an einem anderen Ort als dem Beschäftigungsort erfordert, dass sich der Arbeitnehmer dort - im Wesentlichen nur unterbrochen durch die arbeitsbedingte Abwesenheit und ggfs. Urlaubsfahrten - aufhält. Das Vorhalten einer Wohnung außerhalb des Beschäftigungsortes für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte ist nicht als Unterhalten eines Hausstandes zu werten. Um festzustellen, ob sich die Hauptwohnung in einem eigenen Hausstand außerhalb des Beschäftigungsortes befindet, sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu würdigen (BFH-Urteil vom 12. September 2000 VI R 165/97, BStBl II 2001, 29; BFH-Urteil vom 22. Februar 2001 VI R 192/97, BFH/NV 2001, 1111).

Ein nicht verheirateter Arbeitnehmer unterhält einen eigenen Hausstand dann, wenn er am Ort seines Lebensmittelpunktes eine eigenständige, seinen Lebensbedürfnissen entsprechende Wohnung aus eigenem oder abgeleitetem Recht nutzen kann. Der Arbeitnehmer hat keinen eigenen Hausstand, wenn er lediglich in einen fremden Hausstand eingegliedert ist, z.B. bei den Eltern oder als Gast. Ein Arbeitnehmer nutzt eine Wohnung auch dann aus abgeleitetem Recht, wenn er im eigenen Haus eine Wohnung bewohnt, an der zugunsten der Eltern ein Nießbrauch bestellt worden ist, er sich aber mit deren Duldung dauerhaft dort aufhält und finanziell in einem Umfang an der Haushaltsführung beteiligt ist, dass daraus auf eine gemeinsame Haushaltsführung geschlossen werden kann (BFH-Urteil vom 4. November 2003 VI R 170/99, BStBl II 2004, 16).

Vorliegend unterhielt der Kläger jedoch keinen eigenen Hausstand in dem Anwesen in S.

Dabei ist zunächst berücksichtigen, wie beide Wohnungen ausgestattet und wie groß sie sind. Die Grundfläche der Räume, die der Kläger in S mit Duldung seiner Eltern allein nutzte, betrug lediglich 45,20 m². Rechnet man die gemeinsam mit den Eltern benutzten Räume wie Küche, Bad und WC von 15,12 m² hinzu, so weisen die in S bewohnten Räumlichkeiten des Klägers immer noch eine geringere Grundfläche auf als die in M bewohnte Drei-Zimmer- Wohnung mit einer Grundfläche von 64 m². Weiter war der Kläger zwar Alleineigentümer des Anwesens in S, jedoch stand das Nutzungsrecht aufgrund eines im notariellen Vertrag vom 22. Dezember 2003 vereinbarten dinglichen Nießbrauchsrechts ausschließlich seinen Eltern zu. Dass sich der Kläger mit der Duldung seiner Eltern an den Wochenenden und an seinen freien Tagen dort aufhielt, reicht für sich allein nicht aus, um einen eigenen Hausstand in S bejahen zu können. Der Arbeitnehmer muss den Hausstand nämlich auch unterhalten. Dafür ist erforderlich, dass er sich an der Führung des Hausstandes sowohl finanziell als auch durch seine persönliche Mitwirkung maßgeblich beteiligt (BFH-Urteil vom 17. November 1978 VI R 93/77, BStBl II 1979, 146). Vorliegend hat der Kläger lediglich vorgetragen, dass sich seine persönliche Mitwirkung auf die Mithilfe im Garten sowie die Mithilfe bei Instandsetzungen und beim Schneeräumen beschränkt habe. Dafür, dass sich der Kläger auch finanziell maßgeblich an der Führung eines Hausstandes in S beteiligt hat, hat er auf die Aufklärungsanordnung der Einzelrichterin vom 17. Juni 2008 keine Beweismittel benannt. Der Kläger, der insoweit die Feststellungslast trägt, konnte damit nicht nachweisen, dass er sich finanziell an dem Unterhalt eines Hausstandes in S beteiligt. Dies ist jedoch Voraussetzung für die Annahme eines eigenen Hausstandes.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

Zurück