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Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 08.03.2007
Aktenzeichen: 5 V 12/07
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 4 Abs. 4 | |
EStG § 12 Nr. 1 S. 2 |
Finanzgericht München
Aussetzung der Vollziehung in Sachen Einkommensteuer 2004
In der Streitsache
...
hat der 5. Senat des Finanzgerichts München
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht xxx,
des Richters am Finanzgericht xxx und
der Richterin am Finanzgericht xxx
ohne mündliche Verhandlung
am 08. März 2007
beschlossen:
Tenor:
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I. Der Antragsteller, der mit seiner Ehefrau, der Antragstellerin, im Veranlagungszeitraum 2004 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wird, erklärte in seiner Einkommensteuererklärung 2004 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 5.708 EUR. Die Einkünfte stammen aus einem nebenberuflich betriebenen Marketingservice. Streitig ist im Hauptsacheverfahren unter dem Az. 5 K 11/07, ob der Antragsteller Kosten für Reisen nach Mauritius, Italien, London und Mexiko in Höhe von insgesamt 10.706 EUR als Betriebsausgaben geltend machen kann. Der Antragsteller trägt vor, ausschließlicher Zweck dieser von ihm allein unternommenen, straff durchorganisierten Reisen seien Fotoshootings gewesen; mit den dabei erstellten Dias habe er im Rahmen seines Marketingservices betriebliche Einnahmen von 8.680 EUR erzielt. Der Antragsgegner, das Finanzamt, hat nach einer Außenprüfung den Abzug dieser Aufwendungen als Betriebsausgaben unter Hinweis auf § 12 Nr. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) versagt.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung vom 04.12.2006, den Bericht über die Außenprüfung vom 29.12.2005, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Antragsteller beantragen,
die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2004 vom 12.01.2006 in Höhe von 3.250,00 Euro auszusetzen,
hilfsweise,
die Beschwerde zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt,
den Antrag abzulehnen.
II. Der Antrag ist unbegründet.
Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der Bescheide (vgl. Bundesfinanzhof-BFH-Beschluss vom 24.02.2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298), und zwar aus folgenden Erwägungen:
1. Die Abziehbarkeit von Aufwendungen als Betriebsausgaben setzt voraus, dass sie durch den Betrieb veranlasst sind, § 4 Abs. 4 EStG. Der Begriff der betrieblichen Veranlassung erfordert, dass ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und dem Betrieb besteht. Liegen diese Voraussetzungen vor, so können die Aufwendungen bei der Ermittlung des Gewinns grundsätzlich abgezogen werden.
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die aus betrieblichen Gründen erwachsenen Kosten zugleich Aufwendungen für die Lebensführung des Steuerpflichtigen darstellen.
Diese sog. "gemischten" Aufwendungen sind nach § 12 Nr.1 Satz 2 EStG nicht abziehbar.
Diese Vorschrift verbietet zur Wahrung der steuerlichen Gerechtigkeit die Aufteilung und damit den Abzug von Aufwendungen, die sowohl der Lebensführung dienen als auch den (im vorliegenden Fall: Neben-) Beruf fördern.
Das Aufteilungs-und Abzugsverbot wird allerdings nach der Rechtsprechung des BFH in gewisser Hinsicht eingeschränkt. Zum einen sind Reisen, denen ein unmittelbarer einkünftebezogener Anlass zu Grunde liegt, in der Regel selbst dann ausschließlich der Einkünftesphäre zuzuordnen, wenn sie in mehr oder weniger großem Umfang auch zu privaten Unternehmungen genutzt werden (BFH-Urteile vom 19.12.2005 VI R 63/01, BFH/NV 2006, 728 und vom 18.05.2005 VIII R 43/03, BFH/NV 2005, 2174). Liegt ein solcher unmittelbarer Anlass nicht vor, so scheidet der Abzug der Aufwendungen aus, wenn die Reisen an beliebte Orte des Tourismus führen, einen erheblichen persönlichen Erlebniswert haben und eine Erweiterung des allgemeinen Gesichtsfelds bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 19.10.2004 VI B 110/04, BFH/NV 2005, 339).
Ein Abzug von Aufwendungen findet nur statt, wenn die Verfolgung privater Interessen sowohl nach dem Reiseprogramm als auch nach der Gestaltung der Reise nahezu ausgeschlossen und somit von untergeordneter Bedeutung ist (siehe neben den zitierten BFH-Entscheidungen auch BFH-Urteil vom 30.06.1995 VI R 22/91, BFH/NV 1996, 330, betr. Amerikareise für Verkäufer von Großküchengeräten: Kosten auch dann nicht ab zugsfähig, wenn regelmäßig auch Küchen von Schnellrestaurants besichtigt wurden; BFH-Urteil vom 14.11.1989 VIII R 109/86, betr. Afrikareise mit anschließender Fotoausstellung: Kosten nicht abzugsfähig; FG Hamburg, Urteil vom 31.05.1994 I 144/93, EFG 1994, 1036, betr. Erstellung von 40 Zeichnungen und 60 Aquarellen auf einer dreiwöchigen Mittelmeerreise: Kosten abzugsfähig).
2. Bei summarischer Prüfung anhand der präsenten Beweismittel ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die zur Erzielung von Einahmen eingesetzten Fotos nur gelegentlich von privaten Bildungsreisen gemacht wurden.
a) Den Reisen lag kein unmittelbarer betrieblicher Anlass zu Grunde, anders als etwa bei einem Besuch von Geschäftsfreunden, bei einer Vortragsreise oder bei einem Architekten, der aufgrund eines konkreten Auftrages zur Erstellung eines Hauses im toskanischen Stil diese Gegend bereist (weitere Beispiele bei Schmidt/Heinicke, EStG, § 4 Rn 520 "Informationsreisen" b)aa)). Dagegen wählte der Antragsteller seine Reiseziele frei und unabhängig vom Vorliegen etwaiger Aufträge oder Anfragen aus.
b) Dass der Antragsteller allein - weder mit seiner Ehefrau noch in einer Gruppe - reiste, spricht nicht für eine berufliche Veranlassung, sondern lediglich nicht dagegen. Für den privaten Anlass der Reisen spricht aber, dass der Antragsteller nach vorheriger Pauschalbuchung bei einem Reisebüro mit einem straff organisierten Ablaufplan eine Vielzahl touristischer Stätten aufsuchte. So besuchte er etwa auf der vierzehntägigen Mexikoreise Sehenswürdigkeiten, die eine Gesamtfahrtstrecke in Mexiko von 2.385 km erforderlich machten. Der Besuch dieser Stätten von allgemein touristischem Interesse nach einem fest gefügten Plan, der keinen Freiraum zur Berücksichtigung fotografischer Interessen wie etwa Tageslicht oder Witterung, oder Zeit für Motivsuche und Inspiration vor Ort lässt, spricht ebenso wie der häufige Ortswechsel für eine erhebliche private Mitveranlassung.
Die vorgelegten Besichtigungsprogramme sowohl für Mexiko als auch für London lassen keine auch nur einigermaßen bedeutende touristische Stätte unberücksichtigt.
Auch lassen weitere Programmpunkte wie der Besuch von Ausstellungen oder sonstiger Sehenswürdigkeiten ohne Bezug zur Fotografie (Harrod's, Madame Toussauds Wachsfigurenkabinett), die Fahrt durch die Sierra Madre oder der Besuch eines Wildreservats nach der Lebenserfahrung auf ein nicht untergeordnetes privates Interesse schließen, das gegen den nach der Rechtsprechung erforderlichen umfassenden beruflichen Einsatz des Antragstellers spricht. Zu berücksichtigen war auch, dass der Antragsteller nicht anhand von präsenten Beweismitteln darlegen konnte, warum der Besuch einer derartigen Vielzahl von touristischen Stätten und das Bereisen von Landschaften von besonderer Bedeutung für die Erzielung von Einnahmen im Geschäftsbereich der Fotografie gewesen sein soll. Nach einer dem Betriebsprüfer ausgehändigten Auflistung hat er im Streitjahr nämlich überwiegend Einnahmen aus der Erstellung von Dias mit Kindern aus den bereisten Ländern erzielt. Schließlich spricht auch für das Vorliegen erheblicher privater Interessen, dass sich der Antragsteller selbst als fotosüchtig darstellt und somit durch sein zum (Neben-) Beruf gemachtes Hobby in erheblichem Maße private Befriedigung erlangt. Dies ist an sich nicht verwerflich, stützt aber im einkommensteuerlichen Bereich insbesondere dann das Vorliegen einer privaten (Mit-) Veranlassung, wenn im Geschäftszweig der Fotografie die Ausgaben die Einnahmen übersteigen.
Bei dieser Sachlage braucht der Senat nicht zu prüfen, ob die streitigen Reisekosten in abziehbare Betriebsausgaben und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung nach Maßgabe der betrieblich und privat veranlassten Zeitanteile der Reise aufgeteilt werden können (vgl. dazu Vorlagebeschluss des BFH vom 20. Juli 2006 VI R 94/01, BFH/NV 2006, 1968).
c) Dem Hauptsacheverfahren bleibt die Klärung der Fragen vorbehalten, ob der Antragsteller die gesamten Aufwendungen für seine Fotoausrüstung steuerlich geltend machen kann oder auch hier eine private Mitveranlassung vorliegt, ob der Geschäftsbereich der Fotografie hinsichtlich der Gewinnerzielungsabsicht gesondert vom Geschäftsbereich des Marketing zu betrachten ist und wie sich dies ggf. auf die Frage der Gewinnerzielungsabsicht auswirkt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Nichtzulassung der Beschwerde auf §§ 128 Abs. 3, 115 Abs. 2 FGO.
Ende der Entscheidung
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