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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 09.10.2009
Aktenzeichen: 7 K 4012/08
Rechtsgebiete: AO, KStG, EStDV
Vorschriften:
AO § 149 | |
AO § 162 Abs. 1 | |
AO § 162 Abs. 2 | |
KStG § 8 | |
EStDV § 56 | |
EStDV § 60 |
In der Streitsache
...
hat das Finanzgericht München, 7. Senat,
durch
den Richter am Finanzgericht als Einzelrichter
ohne mündliche Verhandlung
am 9. Oktober 2009
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die Klägerin ist eine GmbH, die beim beklagten Finanzamt (dem Finanzamt) veranlagt wird. Für den Veranlagungszeitraum 2006 hat sie die Körperschaftsteuererklärung, den Jahresabschluss zum 31.12.2006, die Erklärung zur gesonderten Feststellung gemäß §§ 27, 28, 37 und 38 Körperschaftsteuergesetz (KStG), die Gewerbesteuererklärung und die Umsatzsteuererklärung nicht beim Finanzamt abgegeben. Das Finanzamt schätzte daraufhin die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) und gab am 5. Februar 2008 entsprechende Steuerbescheide zur Post. Die Bescheide ergingen nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. In den Bescheiden wurde folgendes festgesetzt bzw. festgestellt:
Körperschaftsteuerbescheid 2006: Körperschaftsteuer 0 EUR
Verlustfeststellungsbescheid zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2006: verbleibender Verlustabzug 9.525 EUR
Feststellungsbescheid nach §§ 27, 28, 37 und 38 KStG: steuerliches Einlagekonto 0 EUR, durch Umwandlung von Rücklagen entstandenes Nennkapital 0 EUR, EK 02: 0 EUR
Gewerbesteuermessbescheid 2006: Gewerbesteuermessbetrag 0 EUR
Verlustfeststellungsbescheid zur Gewerbesteuer zum 31.12.2006: vortragsfähiger Gewerbeverlust 6.655 EUR
Umsatzsteuerbescheid 2006: Umsatzsteuer 4700 EUR.
Der dagegen erhobene Einspruch, den die Klägerin nicht begründete, blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 16. Dezember 2008).
Dagegen erhob die Klägerin Klage, ohne sie zunächst zu begründen. Eine Begründung sollte nachgereicht werden.
Nach erfolgloser Aufforderung durch die Senatsgeschäftsstelle (Schreiben vom 22. Dezember 2008 und 7. April 2009) wurde mit Anordnung vom 15. Juni 2009 (zugestellt am 18. Juni 2009) gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Frist mit ausschließender Wirkung bis zum 31. Juli 2009 zur Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens und zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung sich die Klägerin beschwert fühlt, gesetzt. Am 31. Juli 2009 ging bei Gericht ein Schreiben der Klägerin nebst Körperschaftsteuererklärung 2006, Gewerbesteuererklärung 2006 und Umsatzsteuererklärung 2006 ein, in dem ausgeführt wird, dass sich Begründung der Klage aus den beigefügten Steuererklärungen 2006 ergebe.
Die Klägerin beantragt,
die angefochtenen Steuerbescheide entsprechend den eingereichten Steuererklärungen abzuändern.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es führt zur Begründung aus, dass die eingereichten Steuererklärungen nicht zu einer Änderung der angefochtenen Bescheide führen könnten, da den Steuererklärungen der zu Grunde liegende Jahresabschluss 2006 nicht beigefügt worden sei. Eine Überprüfung der erklärten Besteuerungsgrundlagen sei ohne Jahresabschluss nicht möglich. Das Finanzamt sei daher weiterhin zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen befugt, da die Klägerin ihre Verpflichtung zur Einreichung der Bilanz sowie der Gewinn und Verlustrechnung zum 31.12.2006 nach § 8 KStG i.V.m. § 60 EStDV nicht nachgekommen sei. Die Besteuerungsgrundlagen seien auch der Höhe nach angemessen geschätzt.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet. Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 29 September 2009 nach § 6 FGO dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze und die Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Die Voraussetzungen für eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 2 AO liegen weiterhin vor, da die Klägerin ihrer Verpflichtung zur Vorlage einer Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung nach § 149 AO, § 8 KStG i.V.m. §§ 56, 60 EStDV nicht nachgekommen ist. Das Finanzamt war somit nicht in der Lage, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln. Auf den Grund der Nichtvorlage kommt es nicht an, da die Buchführungsunterlagen und sonstigen Aufzeichnungen grundsätzlich der Beweisrisikosphäre des Steuerpflichtigen zuzurechnen sind (Tipke/Kruse, Abgabenordnung, § 162 Rz. 37).
Auch gegen die Höhe der vom Finanzamt geschätzten Besteuerungsgrundlagen bestehen keine rechtlichen Bedenken. Ziel der Schätzung ist es, anhand der vorhandenen Anhaltspunkte mit Hilfe eines verminderten Beweismaßes den Sachverhalt so zu ermitteln, dass die Besteuerungsgrundlagen die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Daher sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 S. 2 AO). Die gewählte Schätzungsmethode muss dem Ziel gerecht werden, den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen möglichst nahe zu kommen. Die Schätzung muss in sich schlüssig, ihre Ergebnisse wirtschaftlich vernünftig und möglich sein (Forchhammer in Leopold/Madle/Rader, AO, § 162 Rz. 20). Diesen Anforderungen ist das Finanzamt im Streitfall gerecht geworden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) erweist sich eine Schätzung erst dann als rechtswidrig, wenn sie den durch die Umstände des Einzelfalles gezogenen Schätzungsrahmen verlässt (BFH-Urteil vom 13. Juli 2000 - IV R 55/99, BFH/NV 2001, 3). Da die in den eingereichten Steuererklärungen eingefügten Zahlen ohne Vorlage des Jahresabschlusses nicht nachvollziehbar und ohne Beweiswert sind, bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass das Finanzamt sie unberücksichtigt gelassen hat und weiterhin an seiner bisherigen Schätzungen festhält.
Auch soweit das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung die Einsprüche mangels Beschwer als unzulässig abgewiesen hat, war dies rechtmäßig, da gegen Steuerbescheide, die eine Steuer von 0 EUR festsetzen, ein Einspruch nach § 350 AO nicht zulässig ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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