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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 02.03.2009
Aktenzeichen: 7 K 4374/06
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 324 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 7. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung des ...,

des Richters am Finanzgericht ... und

der Richterin am Finanzgericht ... sowie

der ehrenamtlichen Richter ... und ...

auf Grund mündlicher Verhandlung vom 2. März 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wird abgelehnt.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Arrestanordnung.

Der Beklagte (das Finanzamt) ordnete mit Verwaltungsakt vom 2. November 2006 den dinglichen Arrest in das Vermögen der Klägerin zur Sicherung der Vollstreckung von Körperschaftsteueransprüchen nebst Zinsen und Solidaritätszuschlag für den Zeitraum 1994 bis 2003 für einen Betrag bis zu 3.689.299,41 EUR an.

Der Beklagte begründete die Arrestverfügung damit, dass u.a. nach den Feststellungen des Prüfers für Auslandssachverhalte beim Bayerischen Landesamt für Steuern sowie der Steuerfahndungsstelle festgestellt worden sei, dass die Klägerin in den Jahren 1995 bis 2003 durch überhöhte Verrechnungspreise Gewinne auf ihre Schwesterfirma H-Ltd. verlagert habe.

Dadurch seien steuerlich verdeckte Gewinnausschüttungen vorgenommen worden, die zu Steuerforderungen gegenüber der Klägerin für die Jahre 1994 bis 2003 in Höhe von rund 3,7 Mio EUR geführt haben. Der Arrestgrund ergebe sich daraus, dass der beherrschende Gesellschafter der Klägerin, Herr ..., planmäßig und zielgerichtet Gewinne der Klägerin in das Niedrigsteuerland ... verlagert habe. Durch eine Reihe von Rechtshandlungen habe er versucht, seine gesellschaftsrechtliche Stellung in der Ltd. zu verschleiern. Es sei zu erwarten, dass Herr ... sein steuerunehrliches Verhalten fortsetzen und damit die Realisierung der zu erwartenden Steuerforderungen vereiteln oder zumindest erheblich erschweren werde. Es sei bekannt geworden, dass Herr ... derzeit eine Veränderung seiner Geschäftspolitik betreibe und Verhandlungen dahingehend führe, die bestehenden Lieferverträge vor allem mit europäischen Großkunden der Klägerin zu entziehen. Wichtige Kundenverträge sollten im Rahmen einer beabsichtigten Neustrukturierung auf ... Niederlassungen im Ausland umgeschrieben werden. Außerdem habe Herr ... den Geschäftsführer der Klägerin mehrfach angewiesen, Konstruktionspläne ohne Gegenleistung anderen ihm gehörenden Unternehmen zu überlassen. Dadurch werde der Klägerin die Geschäftsgrundlage entzogen und die Vermögenslosigkeit bewusst herbeigeführt. Auch sei dem Finanzamt bekannt geworden, dass Zahlungsziele der Klägerin gegenüber der Ltd. auf Anordnung von Herrn ... erheblich verkürzt oder aufgehoben und dadurch die Zahlungsunfähigkeit der Klägerin herbeigeführt werden sollte. Da die vorgetragenen Tatsachen zu der Besorgnis berechtigten, dass die Klägerin bestrebt sei, sich ihren steuerlichen Verpflichtungen zu entziehen, sei die Anordnung des dinglichen Arrests gerechtfertigt.

Nach Erlass der Arrestanordnung hat das Finanzamt sämtliche Konten der Klägerin bei der Sparkasse ... und bei der ...-Bank gepfändet.

Die geänderten Körperschaftsteuerbescheide 1994 bis 2003, die Grundlage der Arrestansprüche waren, sind mit Datum vom 6. Oktober 2006 erlassen worden, die Mehrsteuern wurden zum 9. November 2006 fällig. Nach Eintritt der Vollstreckbarkeit der Bescheide am 9. November 2006 hat das Finanzamt das Arrestverfahren in das Beitreibungsverfahren übergeleitet. Gegen die Änderungsbescheide vom 6. Oktober 2006 hatte die Klägerin am 6. November 2006 Einspruch eingelegt und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt.

Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das Finanzamt am 10. November 2006 ab. Über die Einsprüche der Klägerin gegen die Körperschaftsteuerbescheide 1994 bis 2003 hat das Finanzamt bisher noch nicht entschieden.

Die Klägerin begehrt mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Arrestanordnung.

Das Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass durch die sofortige Vollziehung des Arrests und die damit einhergehende Pfändung der Geschäftskonten ihr Geschäftsbetrieb zunächst vollständig zum Erliegen gekommen sei und sie beabsichtigte, im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit des Arrests Schadensersatzansprüche gegenüber dem beklagten Finanzamt geltend zu machen. Sie habe die Rechtsanwaltskanzlei ... mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach § 945 Zivilprozessordnung (ZPO) beauftragt. Sie legen eine Bestätigung der Rechtsanwaltskanzlei ... vom 14. März 2007 vor, in der diese ausführt, dass der der Klägerin entstandenen Schaden infolge der Arrestanordnung in den Zinsaufwendungen bestehe, die deshalb angefallen seien, weil die Liquidität des Unternehmens wegen des Arrests über Fremdfinanzierung habe sichergestellt werden müssen. Im Einzelnen habe eine Finanzierung über 1,5 Millionen EUR für die Dauer von 6 Monaten mit 8% p.a. verzinst werden müssen. Dadurch hätten sich Zinsaufwendungen in Höhe von 60.000 EUR ergeben.

Darüber hinaus seien erhebliche Kosten für steuerliche und anwaltliche Beratung angefallen, die sich derzeit noch nicht abschließend beziffern lassen würden. Schließlich sei ihr ein erheblicher immaterieller Schaden entstanden, da die aufgrund des Arrests vorübergehend eingetretene Zahlungsunfähigkeit wie auch die Tatsache des Arrests als solche massive Verunsicherung bei Kunden und Mitarbeitern hervorgerufen habe. Diese Verunsicherung habe dazu geführt, dass ein Teil der Kunden ihre Geschäftsbeziehungen beendet bzw. eingeschränkt habe. Dies habe nach ihrer Einschätzung zu einem entgangenen Gewinn in Höhe von circa 882.000 EUR geführt. Diese Zahl sei noch abschließend zu verifizieren, wobei der Nachweis der Kausalität zwischen einerseits dem Arrests und andererseits dem entgangenen Gewinn naturgemäß mit prozessualen Schwierigkeiten verbunden sei. Diesbezüglich komme jedoch eine Ermittlung und Festsetzung des Schadens unmittelbar durch das Gericht in entsprechender Anwendung des § 287 Abs. 1 ZPO in Betracht.

Nach Hinweisen des Gerichts vom 10. Juli 2008 und 19. August 2008, dass Zweifel an der ausreichenden Darlegung des Feststellungsinteresses nach § 100 Abs. 1 Satz 4 Finanzgerichtsordnung (FGO) bestünden, trägt die Klägerin vor, die Kanzlei ... sei weiterhin mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen beauftragt, welche ihr aufgrund der vom Beklagten erlassenen Arrestanordnung zustünden. Aus prozesstaktischen bzw. prozessökonomischen Erwägungen sei eine Klagerhebung bislang zurückgestellt worden. Sie habe nämlich zwischenzeitlich eine weitere Zivilrechtskanzlei (Rechtsanwälte ...) mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Klägerin, Herrn ..., beauftragt. In dieser Sache sei bereits seit Oktober 2007 vor dem Landgericht ... eine weit fortgeschrittene Schadensersatzklage anhängig. Als Schaden würden auch hier diejenigen Kosten geltend gemacht, welche ihr infolge der rechtswidrigen Arrestanordnung entstanden seien. So sei sie zur Vermeidung eines Insolvenzantrags gezwungen gewesen, eine vollständige neue Finanzierung des Geschäftsbetriebs vorzunehmen. In diesem Zusammenhang seien erhebliche Kosten der Rechtsverteidigung, Darlehenszinsen sowie Kosten und Zinsen für Factoring entstanden. Im Anschluss an das Verfahren gegen Leonhard ... sollten dann die weiteren Schädiger in Anspruch genommen werden, insbesondere die Finanzverwaltung durch die Kanzlei .... Die Kanzlei ... habe zudem nochmal dargelegt, dass die derzeitige Zurückstellung der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Finanzverwaltung auch deswegen sachgerecht sei, weil von Seiten des Finanzgerichts eine Entscheidung über die Rechtswidrigkeit der Arrestanordnung vom 2. November 2006 erwartet werde.

Die Klägerin beantragt,

die Entscheidung über den gegenständlichen Rechtsstreit wird bis zum Ergehen einer rechtskräftigen Entscheidung in dem gegen die vom Beklagten in der Hauptsache gegen die Klägerin erlassenen Steueränderungsbescheide ausgesetzt;

hilfsweise

wird die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Arrestanordnung vom 2.11.2006 beantragt.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Schreiben der Kanzlei ... vom 1. August 2008 und der Kanzlei ... vom 4. August 2008 und 26. September 2008, auf das Schreiben der Klägerin vom 27. Februar 2009 mit Anlage, die Akten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 2. März 2009 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Klage ist als Sprungklage nach § 45 Abs. 4 FGO zulässig.

Hat sich ein Verwaltungsakt vor Ergehen der finanzgerichtlichen Entscheidung erledigt, spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO). Dies gilt auch bei einer Erledigung vor Klageerhebung (von Groll in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Auflage, § 100 Rz. 59 m.w.N.).

Die Arrestanordnung vom 2. November 2006 hat sich mit Überleitung des Arrestverfahrens in das Beitreibungsverfahren erledigt. Demgemäß setzt der beantragte gerichtliche Ausspruch, dass die Arrestanordnung rechtswidrig gewesen sei, ein berechtigtes Interesse der Klägerin an dieser Feststellung voraus.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) genügt jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, um einen Antrag nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO stellen zu können. Die begehrte Feststellung muss geeignet sein, in einem der genannten Bereiche zu einer Positionsverbesserung der Klägerin zu führen (BFH-Urteil vom 2. Juni 1992 VII R 35/90, BFH/NV 1993, 46).

Ein berechtigtes Feststellungsinteresse kann insbesondere dann anzuerkennen sein, wenn die Feststellung des Finanzgerichts dazu dienen soll, die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen vor den Zivilgerichten zu erleichtern. Voraussetzung ist, dass die Schadensersatzklage anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass die finanzgerichtliche Entscheidung für das zivilgerichtliche Urteil nicht unerheblich und die Rechtsverfolgung vor dem Zivilgericht nicht offensichtlich aussichtslos ist (BFH-Urteil vom 27. Juli 1994 II R 109/91, BFH/NV 1995, 322).

Dazu gehört auch, dass der Kläger den Schaden, den er durch das behauptete rechtswidrige Behördenverhalten erlitten haben will, schlüssig konkretisiert (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2001, 1426; vom 20. September 2000 VII B 33/00, BFH/NV 2001, 458).

Im Streitfall kann davon ausgegangen werden, dass der Klägerin - wie im Schreiben der Kanzlei ... vom 27. Februar 2009 an das Finanzamt ... dargelegt - Kosten der Rechtsverteidigung gegen den Arrest entstanden sind, die - die Rechtswidrigkeit der Arrestanordnung unterstellt - eine nach § 945 ZPO ersatzfähige Schadensposition darstellten. Anders als in dem vom BFH mit Urteil vom 22. Juli 2008 VIII R 8/07 (BFH/NV 2008, 1956) entschiedenen Fall hat sich hier die Arrestanordnung bereits vor Erhebung der Klage erledigt, so dass die vom BFH getroffenen Erwägungen, dass über die Kosten des Verfahrens nur im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 138 Abs. 1 FGO zu befinden ist, nicht zum Tragen kommen.

Im Übrigen hat die von der Klägerin beauftragte Rechtsanwaltskanzlei bereits unmittelbar im Anschluss nach Erlass der Arrestanordnung und unabhängig vom Klageverfahren Verhandlungen mit dem Finanzamt über die Freigabe der aufgrund der Arrestanordnung gepfändeten Bankkonten geführt, so dass die dadurch verursachten Rechtsanwaltskosten einen Schaden darstellen, der über die durch das finanzgerichtliche Verfahren verursachten Rechtsverfolgungskosten hinausgeht.

Damit kann es dahingestellt bleiben, ob der darüber hinaus geltend gemachte Schaden, der in den Stundungszinsen aufgrund der erforderlichen Neufinanzierung, den Kosten des Factorings und dem behaupteten immateriellen Schaden wegen der durch den Arrest ausgelösten Verunsicherung bei Kunden und Mitarbeitern besteht, kausal durch den Erlass der Arrestanordnung verursacht worden ist oder ob dieser nicht auch ohne den Erlass der Arrestanordnung durch die ca. 10 Tage später eingetretene Vollstreckbarkeit der Körperschaftsteueränderungsbescheide 1994 bis 2003 entstanden wäre.

2. Die Klage ist jedoch sowohl im Haupt- wie auch im Hilfsantrag unbegründet.

a) Nach § 74 FGO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits ausgesetzt wird. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor, denn die Frage, ob die Arrestanordnung von Anfang an rechtswidrig war und einen Schadensersatzanspruch nach sich zieht, ist nicht vom Ausgang des noch offenen Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Körperschaftsteuerbescheide abhängig (vgl. Hohrmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung- Finanzgerichtsordnung, § 324 AO Rz. 112). Der durch den Arrest zu sichernde Anspruch musste nicht mit Sicherheit feststehen, seine Existenz muss nur hinreichend wahrscheinlich sein (Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 324 AO Rz. 23 ff.). Um dies zu beurteilen, muss nicht der Ausgang des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Körperschaftsteueränderungsbescheide abgewartet werden.

b) Die Arrestanordnung vom 2. November 2006 war rechtmäßig.

Gem. § 324 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) kann die für die Steuerfestsetzung zuständige Finanzbehörde zur Sicherung der Vollstreckung von Geldforderungen den Arrest in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen anordnen, wenn zu befürchten ist, dass sonst die Beitreibung vereitelt oder wesentlich erschwert wird.

Die Arrestanordnung ist eine Ermessensentscheidung; das Entschließungsermessen bedarf indes keiner besonderen Begründung (Kruse a.a.O. Rz.6 m.w.N.). Der Arrestanspruch ebenso wie der Arrestgrund müssen mit einem hinreichenden Maß an Wahrscheinlichkeit vorliegen (BFH-Urteil vom 26. Februar 2001 VII B 265/00, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2001, 464, 466). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn der Sachverhalt, auf dessen Grundlage sich der Arrestanspruch/Arrestgrund schlüssig ergibt, wahr zu sein scheint. Nach Abwägung aller in Betracht zu ziehenden Umstände müssen mehr Gründe für als gegen das Bestehen des Arrestanspruchs/Arrestgrundes sprechen (Kruse a.a.O. Rz. 24 m.w.N).

aa) Das Bestehen eines Rechtsanspruchs war nach Auffassung des Senats hinreichend wahrscheinlich. Die Körperschaftsteueränderungsbescheide 1994 bis 2001 resultieren auf den Feststellungen der bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung, deren Ergebnisse in Betriebsprüfungsbericht vom 6. September 2006 und im Bericht über die Prüfung der Auslandsbeziehungen bei der Klägerin durch das Bayerische Landesamt für Steuern vom Juli 2006 dargestellt sind. Im Zeitpunkt des Erlasses der Arrestanordnung lagen dem Finanzamt diesbezüglich keine neuen Erkenntnisse vor. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Bestehens eines Arrestanspruchs steht daher außer Zweifel.

bb) Nach Würdigung des Senats liegt auch ein ausreichender Arrestgrund vor. Ein Arrestgrund besteht, wenn bei objektiver Würdigung unter ruhiger und vernünftiger Abwägung aller Umstände die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass ohne sofortige Sicherung durch Arrestanordnung die Vollstreckung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert wird; dabei kann es auf die Möglichkeit eines schnellen und unmittelbaren und damit auch eines sicheren Zugriffs ankommen (Hohrmann a.a.O. Rz. 26 m.w.N.). Maßgebend ist, ob bei der prognostischen Abwägung der der Finanzbehörde zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten mit einer Verschlechterung der Vermögenslage des Steuerpflichtigen zu rechnen ist. Dabei kann die Befürchtung ausreichen, dass die Vollstreckung nicht mehr so leicht wie bisher erfolgen kann (BFH-Urteil vom 25. April 1995 VII B 174/94, BFH/NV 1995, 1037). Auch wirtschaftlich verständige Maßnahmen können einen Arrestgrund bilden. Die Absicht, einen bestimmten Gläubiger gegenüber anderen Gläubigern zu benachteiligen, muss nicht bestehen (Hohrmann a.a.O. Rz. 26 m.w.N.).

Aufgrund der vielfältigen Lieferbeziehungen der Klägerin mit ...-Niederlassungen im Ausland war es aus Sicht des Finanzamts verständlich, dass es befürchtete, auf liquide Mittel der Klägerin zum Zeitpunkt, in dem es die Steuerforderungen vollstrecken werde, nicht mehr zugreifen zu können, weil diese auf Konten der H-Niederlassungen im Ausland transferiert worden seien. Diese Besorgnis war gerade auch angesichts des Umstands, dass in der Vergangenheit nach den Feststellungen der Betriebsprüfung Gewinnverlagerungen ins Ausland stattgefunden haben, gerechtfertigt. Im Übrigen ergeben sich auch aus dem Inhalt der vom Finanzamt dem Gericht übersandten Anlagen zum Schreiben vom 9. Juli 2007 ausreichende Anhaltspunkte für die berechtigte Besorgnis des Finanzamts, dass die Klägerin Vermögenswerte ins Ausland verlagern bzw. umschichten könnte. Beispielhaft sei auf die E-Mail von Herrn ... an den Vertriebsmanager der ... für ... und ..., Herrn ..., vom 22. März 2006 verwiesen, in dem diesem mitgeteilt wird, dass im Zusammenhang mit ... Deutschland einige Veränderungen vorgenommen werden müssten und auf Maßnahmen des Finanzamts hingewiesen wird.

Aufgrund dieser Umstände kann zu Recht davon ausgegangen werden, dass - wie das Finanzamt in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat - bereits vor der Entlassung von Herrn ... als Geschäftsführer ausreichende Gründe für den Erlass eines Arrests vorgelegen hätten und für das Finanzamt nur aufgrund der Tatsache, dass mit dem Geschäftsführer ... eine konstruktive Zusammenarbeit möglich war, es vom Erlass eines Arrestbescheids abgesehen hat. Nach der fristlosen Kündigung von Herrn ... musste das Finanzamt davon ausgehen, dass die 1 Mio. EUR Liquidität, die Herr ... zur Begleichung eventueller Steuerverpflichtungen auf einem Konto der Klägerin angesammelt hat, auf Veranlassung von Herrn ... abgezogen werden. Es erscheint auch nicht ermessensfehlerhaft, dass das Finanzamt dem Umstand, dass die gegenüber der Klägerin eine Rangrücktrittserklärung abgegeben hat, nicht als ausreichend angesehen hat, um von der Arrestanordnung abzusehen, da nicht erkennbar war, inwieweit durch diese Rangrücktrittserklärung der Klägerin zusätzliche liquide Mittel zugeführt werden, auf die das Finanzamt zugreifen kann. Auch der Umstand, dass die Arrestanordnung nur ca. 10 Tage vor der Vollstreckbarkeit der Körperschaftsteuerbescheide erlassen worden ist, macht diese nicht rechtswidrig, da nach der Entlassung von Herrn ... das Finanzamt mit einem kurzfristigen Abzug der liquiden Mittel rechnen musste.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs.1 FGO.

Ende der Entscheidung

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