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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 26.03.2009
Aktenzeichen: 2 K 2204/05 E
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 10 Abs. 1 | |
EStG § 12 | |
EStG § 22 |
Tenor:
Der Einkommensteuerbescheid 2001 vom 18.12.2007 und der Einkommensteuerbescheid 2002 vom 20.09.2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22.04.2005 werden nach Maßgabe der Urteilsgründe geändert. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 1/5 und der Beklagten zu 4/5.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen als dauernde Last.
Die Klägerin ist von Beruf ländliche Wirtschafterin. Sie hatte seit dem 26. Januar 1990 den väterlichen Betrieb, einen Hof im Sinne der Höfeordnung, gepachtet. Durch notariellen Vertrag vom 05. August 1997 wurde ihr der Hof zum 15. August 1997 übertragen. Gemäß § 7 des Vertrags erhielten der am 15. August 1932 geborene Vater und dessen Ehefrau, die am 13. August 1935 geborene Mutter der Klägerin, ein lebenslängliches Altenteilsrecht. Neben freiem Wohnrecht an einer ca. 80 m² großen Wohnung im hinteren Teil des Hauses, Licht, Wasser, Heizung und Instandhaltung der Wohnung sowie weiteren Regelungen zur Nutzung von Haus, Hof und Garten war eine monatliche Barzahlung in Höhe der von dem Vater bezogenen Altersrente der Westfälischen landwirtschaftlichen Alterskasse vereinbart. Die Rente war mit "z.Zt. 948 DM" angegeben. Im Fall des Versterbens eines der Altenteilsberechtigten war die Barleistung in Höhe der dann an den überlebenden Elternteil gezahlten Rente zu erbringen. Die Altenteilsleistungen waren entsprechend der Leistungsfähigkeit des übertragenen Grundbesitzes und entsprechend der Bedürfnisse der altenteilsberechtigten Übergeber abänderbar. § 323 Zivilprozessordnung (ZPO) war nicht ausgeschlossen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Vertrags Bezug genommen. Der Vertrag wurde mit Beschluss des Landwirtschaftsgerichts vom 19. November 1997 genehmigt.
Die Klägerin entrichtete ab Dezember 1997 monatlich 948 DM und ab Mai 1998 monatlich 1.000 DM. Auch im Streitjahr 1999 überwies sie für Januar und Februar jeweils 1.000 DM. Ab März 1999 reduzierte sie die monatliche Zahlung auf 500 DM, ab November 2000 zahlte sie wieder monatlich 1.000 DM, ab 01. Januar 2002 511,99 €.
Die Rente des Vaters wurde wie folgt monatlich ausgezahlt: bis zum 30. Juni 1997 948,65 DM, ab Juli 1997 964,49 DM, später geändert auf 965,01 DM, ab Juli 1998 969,42 DM, geändert auf 967,84 DM, ab Juli 1999 980,60 DM, geändert auf 981,13 DM, ab Juli 2000 986,85 DM, ab Juli 2001 1.005,78 DM, ab Januar 2002 514,24 €, ab Juli 2002 525,32 €. Auf die Rentenanpassungsmitteilungen 1997 bis 2002 wird Bezug genommen.
In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machten die Kläger dauernde Lasten für 1999 i. H. v. 8.906,34 DM (Barleistungen 7.000 DM, Strom, Wasser, Heizung 1.906,34 DM), für 2001 von 14.137,96 DM (Barleistungen 12.000 DM, Strom, Wasser, Heizung 2.137,96 DM) und für 2002 von 7.209,21 € (Barleistungen 6.143,88 €, Strom, Wasser, Heizung 1.065,33 €) geltend.
Für 1999 setzte der Beklagte die dauernden Lasten mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid 1999 vom 06. September 2001 zunächst antragsgemäß an. Unter dem 13. September 2001 erfragte er, aufgrund welcher Übereinkunft die Geldleistungen von monatlich 1.000 DM auf 500 DM herabgesetzt worden seien. Nachdem die Kläger darauf verwiesen hatten, dass die zu gewährenden Altenteilsleistungen u. a. nach der Bedürftigkeit der altenteilsberechtigten Übertragsgeber abänderbar seien und sie dies praktiziert hätten, ließ der Beklagte die dauernden Lasten mit Bescheid vom 06. November 2000, nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geändert durch Bescheid vom 11. Juli 2003, außer Ansatz. Zur Begründung führte er aus, willkürliche Barzahlungen entsprächen nicht dem Vertrag und seien auch nicht dadurch gedeckt, dass § 323 ZPO im Vertrag nicht ausgeschlossen sei. Die dauernden Lasten könnten daher insgesamt nicht berücksichtigt werden.
Mit dem dagegen gerichteten Einspruch machten die Kläger geltend, die Versorgungsleistungen regelmäßig erbracht zu haben. Die Barleistungen seien nicht willkürlich, sondern aufgrund geänderter Bedürftigkeit der Altenteilsberechtigten abgeändert worden. Die Klägerin führte dazu aus, ihre Eltern hätten ihr 1999 gesagt, dass sie nicht den ganzen Betrag der Rentenzahlungen benötigten. Ein paar Wochen später sei ihr Vater schwer erkrankt. Durch mehrere Schlaganfälle, lange, weit entfernte Krankenhausaufenthalte und durch eine immer größer werdende Pflegebedürftigkeit hätten ihre Eltern dann doch einen höheren Betrag im Monat benötigt. Daraufhin hätte sie die Rentenzahlungen wieder erhöht.
Für 2001 und 2002 ließ der Beklagte die dauernden Lasten ebenfalls außer Ansatz. Auf den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 07. Mai 2004, geändert durch Bescheid vom 20. September 2004 und den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 03. August 2004 wird Bezug genommen. Auch dagegen wandten sich die Kläger mit dem Einspruch.
Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 22. April 2005, zugestellt am 29. April 2005, als unbegründet zurück. Er führte im Wesentlichen aus, es müsse hinsichtlich aller geschuldeten Versorgungsleistungen ein Rechtsbindungswille der Vertragsparteien vorliegen. Schwankungen in der Höhe der Versorgungsleistungen seien steuerlich nur dann anzuerkennen, wenn eine geänderte Bedarfslage durch nachweisbare Umstände veranlasst sei, die nach Maßgabe des Vertragstextes oder nach der Rechtsnatur des Vertrags rechtserheblich seien. Diese Umstände müssten langfristig eine veränderte Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und/oder eine andere Bedarfslage des Berechtigten anzeigen (BMF-Schreiben vom 16. September 2004, Tz. 38 in BStBl. I 2004, 922). So lägen die Dinge im Streitfall jedoch nicht. Ein Verzicht seitens der Berechtigten 1 1/2 Jahre nach der Übertragung sei vom Sinn und Zweck der Regelung nicht gedeckt. Er sei willkürlich und lasse den geforderten Rechtsbindungswillen beider Parteien vermissen. Auch sei er nicht auf eine langfristige geänderte Leistungsfähigkeit des Verpflichteten zurückzuführen, was die Wiederaufnahme der ursprünglichen Leistung im Folgejahr unterstreiche. Würden vertraglich geschuldete Versorgungsleistungen willkürlich nicht mehr erbracht, seien sie steuerlich nicht anzuerkennen, auch wenn die vereinbarten Zahlungen später wieder aufgenommen würden (Tz. 39 des BMF-Schreibens vom 16. September 2004).
Die Kläger haben am Montag, den 30. Mai 2005, Klage erhoben. Mit der Klageschrift tragen sie vor, die Übergeber hätten schon kurze Zeit nach Abschluss des Versorgungsvertrags eine andere Bedarfslage festgestellt. Daraufhin sei ab März 1999 der monatliche Barbetrag gemindert worden. Die Minderung hätte langfristig erfolgen sollen. Als sich aufgrund der schweren Erkrankung des Vaters die Bedarfslage schlagartig geändert habe, seien ab November 2000 wieder 1.000 DM gezahlt worden. Mit Schriftsatz vom 05. März 2008 wird vorgetragen, die finanziellen Verhältnisse der Eltern hätten sich ab der Übergabe des Hofes bis März 1999 nicht wesentlich geändert. Die Parteien hätten Anfang des Jahres 1999 aufgrund des Alters und geänderter Lebensgewohnheiten mündlich die Reduzierung des Barbetrags vereinbart. Von einem Fehlen des erforderlichen Rechtsbindungswillens könne nicht die Rede sein. Die entsprechenden Sachleistungs- und Barleistungsverpflichtungen seien den Eltern weiterhin erbracht worden, die Barleistungsverpflichtung aufgrund mündlicher Vereinbarung in abgeänderter Höhe.
Im Erörterungstermin vom 27. November 2008 hat die Klägerin vorgetragen, sie habe die Barzahlung in 1998 auf 1.000 DM aufgerundet. Die Minderung in 1999 habe auf Einkünften ihres Vaters beruht. Ihr Vater habe - wegen seiner Rückenprobleme zwar nur unregelmäßig - Holz gerückt, und zwar zusammen mit einem Nachbarn. Wie viel ihr Vater hinzuverdient habe, wisse sie nicht. In der zweiten Jahreshälfte 2000 habe sich sein Gesundheitszustand verschlechtert. An Nebenverdienst sei nicht mehr zu denken gewesen. Sie sei mit der Barzahlung deshalb wieder auf die volle Summe gegangen. Diese habe sie dann bis zum Tod ihres Vaters im Frühjahr 2008 gezahlt, danach sei die Zahlung angepasst worden.
Der Beklagte hat den Einkommensteuerbescheid 1999 mit Bescheid vom 25. Februar 2009 geändert und dauernde Lasten (für zwei Monate) i. H. v. insgesamt 2.318 DM anerkannt. Mit geändertem Einkommensteuerbescheid 2001 vom 18. Dezember 2007 (wegen höherer gewerblicher Einkünfte des Klägers) ist es bei der Nichtanerkennung der dauernden Last für 2001 verblieben.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 25. Februar 2009, den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 18. Dezember 2007 und den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 20. September 2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22. April 2005 zu ändern und dauernde Lasten i. H. v. 8.842,02 DM für 1999, 14.059,06 DM für 2001 und 7.209,21 € für 2002 anzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt auf die Begründung der Einspruchsentscheidung Bezug und weist darauf hin, dass die Angaben der Klägerin widersprüchlich seien und keine konkreten, nachprüfbaren Unterlagen über die Einnahmen des Vaters vorgelegt worden seien. Zudem liege bei unregelmäßigen, körperlich anstrengenden Holzrückarbeiten bei bestehenden Rückenproblemen und ohne Kenntnis der Verpflichteten über die Höhe der zusätzlichen Einnahmen ein langfristig verändertes Versorgungsbedürfnis des Berechtigten nicht vor.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin R. und des Zeugen D.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die darüber gefertigte Niederschrift verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf die beigezogenen Steuerakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat teilweise Erfolg.
Die Klage wegen Einkommensteuer 1999 ist nicht begründet.
Der Einkommensteuerbescheid 1999 vom 25. Februar 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Der Beklagte hat den Abzug einer dauernden Last als Sonderausgabe zutreffend ab März 1999 nicht (mehr) anerkannt.
Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a Einkommensteuergesetz (EStG) sind als Sonderausgaben abziehbar die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben. Dieser Vorschrift sind spezialgesetzlich die wiederkehrenden Leistungen zuzuordnen, die in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt werden. Diese Leistungen stellen weder Veräußerungsentgelt des Übergebers noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar; auch die Anwendung des für Unterhaltsleistungen geltenden Abzugsverbots des § 12 Nrn. 1, 2 EStG ist durch das Sonderrecht der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ausgeschlossen. Die steuerrechtliche Zurechnung der Versorgungsleistung zu den Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG) und zu den wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) beruht auf dem Umstand, dass sich der Vermögensübergeber typischerweise Erträge seines Vermögens vorbehält, die nunmehr allerdings vom Vermögensübernehmer erwirtschaftet werden müssen (BFH-Urteil vom 19. Januar 2005 X R 23/04, BFHE 209, 91, BStBl. II 2005, 434 m. w. N.).
Derartige Versorgungsleistungen haben die Kläger und ihre Eltern durch den Übergabevertrag vom 05. August 1997 vereinbart. Die Eltern haben der Klägerin im Wege vorweggenommener Erbfolge unter Vorbehalt eines Nutzungsrechts an bestimmten Räumen einen landwirtschaftlichen Betrieb gegen bare und unbare Altenteilsleistungen übertragen. Hierbei handelt es sich um einen typischen nach §§ 10 Abs. 1 Nr. 1a, 22 Nr. 1 Satz 1 EStG zu beurteilenden Versorgungsvertrag. Da der Vertrag zunächst wie vereinbart durchgeführt worden war, waren die von der Klägerin erbrachten Leistungen - mit der Folge der Versteuerung bei ihren Eltern - bis einschließlich Februar 1999 als Sonderausgabe abziehbar. Darüber besteht zwischen den Klägern und dem Beklagten auch kein Streit.
Ab März 1999 scheidet ein Sonderausgabenabzug allerdings aus. Die Klägerin hat ab diesem Monat die baren Altenteilsleistungen um die Hälfte gemindert. Diese Abweichung von den vertraglichen Vereinbarungen lässt auf ein Fehlen des erforderlichen Rechtsbindungswillens schließen.
Den Parteien eines Versorgungsvertrags steht es nicht frei, ob und in welchem Umfang sie ihren Vertragspflichten nachkommen wollen; die Leistungen müssen wie vereinbart erbracht werden. In der Rechtsnatur des Versorgungsvertrags liegt allerdings auch begründet, dass die Vertragspartner z. B. auf geänderte Bedarfslagen angemessen reagieren (BFH-Urteil vom 03. März 2004 X R 14/01, BFHE 205, 261, BStBl. II 2004, 826 m. w. N.). Deshalb ist zwischen dem Erfordernis vertragsgemäßer Erfüllung der übernommenen Pflichten einerseits und der aus der Rechtsnatur des Versorgungsvertrags folgenden Notwendigkeit andererseits, auf geänderte Bedarfslagen angemessen reagieren zu können, ein Ausgleich zu finden (BFH-Urteil vom 03. März 2004 X R 14/01, BFHE 205, 261, BStBl. II 2004, 826). Bei dieser Beurteilung ist der bei sonstigen Vertragsverhältnissen zwischen Angehörigen anzustellende Fremdvergleich nicht uneingeschränkt heranzuziehen. Bei diesem geht es um die Frage, ob eine Vereinbarung in dem einkommensteuerrechtlich vorausgesetzten sachlichen Zusammenhang steht mit der Erzielung von Einkünften (§ 2 Abs. 1, § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) oder mit dem nach § 12 EStG unbeachtlichen privaten Bereich (vgl. BVerfG-Beschluss vom 07. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl. II 1996, 34; BFH-Urteile vom 28. Juni 2002 IX R 68/99, BFHE 199, 380, BStBl. II 2002, 699 , vom 03. März 2004 X R 14/01, BFHE 205, 261, BStBl. II 2004, 826). Die Versorgungsleistungen sind hingegen nach der gesetzlichen Systematik (Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 EStG) ohnehin stets privat veranlasst. Der Bezugsberechtigte erhält Unterhaltsleistungen, die im Anwendungsbereich der privaten Versorgungsrente (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 22 Nr. 1 EStG) steuerlich begünstigt sind. Der Übernehmer erhält nach dem Willen der Beteiligten "wenigstens teilweise eine unentgeltliche Zuwendung" (BFH-Beschluss vom 05. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl. II 1990, 847, BFH-Urteil vom 03. März 2004 X R 14/01, BFHE 205, 261, BStBl. II 2004, 826), was unter Fremden von vornherein unüblich wäre. Der Fremdvergleich bei Versorgungsverträgen dient somit vorrangig der Abgrenzung solcher Vereinbarungen, denen beide Parteien - durch äußere Merkmale erkennbar - rechtliche Bindungswirkung beimessen, von solchen "Verträgen", die zwar der äußeren Form nach als bindend erscheinen, für die Parteien selbst jedoch den Charakter der Beliebigkeit haben und von denen sie nur Gebrauch machen, wenn es ihnen opportun erscheint. Letzteres ist vor allem dann anzunehmen, wenn der Vollzug der Vereinbarung durch willkürliche Aussetzung und anschließende Wiederaufnahme der Zahlungen, darüber hinaus aber auch durch Schwankungen in der Höhe des Zahlbetrags, die nicht durch Änderung der Verhältnisse gerechtfertigt sind, gekennzeichnet ist (so BFH-Urteil vom 03. März 2004 X R 14/01, BFHE 205, 261, BStBl. II 2004, 826, BFH-Beschluss vom 16. Januar 2007 X B 5/06, BFH/NV 2007, 720 m.w.N.).
In Anwendung dieser Grundsätze und bei Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles, hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass die Vereinbarungen im Übergabevertrag für die Vertragsparteien im Streitjahr 1999 ab dem Monat März keine rechtliche Bindungswirkung mehr hatten. Die vereinbarten Barleistungen wurden wesentlich gekürzt, ohne dass dies durch eine Änderung der Verhältnisse gerechtfertigt gewesen wäre. Die Leistungen, mit denen das Versorgungsbedürfnis der Eltern abgedeckt werden sollte, waren im Übergabevertrag im Einzelnen festgelegt. Danach war neben den unbaren Altenteilsleistungen ein monatlicher Barbetrag in Höhe der von dem Vater bezogenen Altersrente der Westfälischen landwirtschaftlichen Alterskasse zu zahlen. Bemessungsgrundlage war, wie die Bezifferung der Altersrente im Vertrag zeigt, der Auszahlungsbetrag der Rente. Den Eltern sollten somit für ihren Lebensunterhalt neben den eigenen Mitteln wie die Altersrente weitere Barleistungen in Höhe der Nettorente zur Verfügung stehen. An dem so als maßgebend festgelegten Versorgungsbedürfnis hatte sich auf Dauer nichts geändert. Für eine Änderung der Verhältnisse genügt es nicht, wenn die Vertragsparteien das Versorgungsbedürfnis nach Vertragsschluss subjektiv anders bewerten. Es müssen vielmehr objektive Umstände vorliegen, die auf eine Veränderung schließen lassen. Diese Umstände müssen nachweisbar sein und in der Regel langfristig eine veränderte Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und/oder eine andere Bedarfslage des Berechtigte anzeigen (vgl. BFH-Urteil vom 27. August 1996 IX R 86/93, BFHE 181,175, BStBl. II 1997, 47 m. w. N.). Dies war hier nicht der Fall.
Die Klägerin sah sich allein durch die subjektive Einschätzung ihrer Eltern, nicht mehr den vollen Betrag zu benötigen, zur Kürzung der Barleistungen veranlasst. Eine Änderung der finanziellen Verhältnisse nach Vertragsschluss war ihr, wie aus dem Schriftsatz vom 05. März 2008 hervorgeht, nicht bekannt. Auch ihr späteres Vorbringen zum Hinzuverdienst ihres Vaters ist nicht geeignet, die vorgenommene Kürzung zu rechtfertigen. Wie die Beweisaufnahme ergeben hat, hatte der Vater bereits vor Übergabe des Hofes im August 1997 zusammen mit seinem Nachbarn Holz gerückt. Der Zeuge D. hat dazu ausgesagt, er habe, nachdem ein anderer Kollege nicht mehr gekonnt hätte, mit dem Vater der Klägerin zusammen gearbeitet; dies könne seit den 80er Jahren gewesen sein. Auch die Mutter der Klägerin hat bestätigt, dass ihr Mann immer ein bisschen verdient habe. Dass sich dieser Hinzuverdienst so wesentlich geändert hätte, das eine Kürzung der Barleistung um 500 DM monatlich gerechtfertigt gewesen wäre, konnte der Senat nicht feststellen. Belege über den Hinzuverdienst liegen nicht vor. Die Mutter der Klägerin konnte zur Höhe, da sie sich "um die Finanzen nie so gekümmert" habe, nichts sagen. Zwar meinte sie, dass ihr Mann, nachdem der Hof auf ihre Tochter übergegangen war, "häufiger im Wald war, als vorher". Auch der Zeuge D. hat ausgesagt "als er (Anm.: der Vater der Klägerin) 65 wurde, hat er dann mehr gemacht". Er hat sich dies damit erklärt, dass der Vater der Klägerin vorher wohl wegen seiner Erwerbsunfähigkeitsrente nur höchstens 400 DM habe hinzuverdienen dürfen. Aus diesen Aussagen ergibt sich jedoch nicht, dass der Vater nach Vertragsschluss auch nur annähernd 500 DM mehr als vorher hinzuverdiente. Soweit der Zeuge D. von einem Zettel gesprochen hat, wonach der Verdienst im Jahr 14.000 DM betrug, hat er diesen Zettel zunächst auf das Jahr 1987, auf Nachfrage des Klägervertreters dann auf das Jahr 1997 datiert. Auch diese Angaben sind zu wenig konkret, um den auf den Vater der Klägerin entfallenden Hinzuverdienst ab August 1997 hinreichend sicher beziffern zu können. Schließlich spricht auch die Aussage der Mutter, sie hätten das Geld nicht in voller Höhe gebraucht, weil sie auch noch Rücklagen gehabt hätten, nicht für eine Veränderung der Verhältnisse ab August 1997. Derartige Rücklagen dürften bereits aus früheren Jahren gestammt haben.
Der mangelnde Rechtsbindungswille hinsichtlich der Barleistungen hat zur Folge, dass der Abzug einer dauernden Last insgesamt entfällt. Es ist hinsichtlich des Rechtsbindungswillens nicht zwischen baren und unbaren Versorgungsleistungen zu unterscheiden. Diese bilden vielmehr eine Einheit und müssen deshalb einheitlich beurteilt werden (vgl. BFH-Urteil vom 19. Januar 2005 X R 23/04, BFHE 209, 91, BStBl. II 2005, 434). Dass die einzelnen geschuldeten Versorgungsleistungen keiner jeweils eigenen Beurteilung und im Verhältnis zueinander keiner abstufenden Wertung zugänglich sind, ergibt sich aus der Zweckbestimmung des Altenteilsvertrags. In einem solchen Vertrag wird ein Inbegriff von Rechten geregelt, die zu dem Zweck, den Berechtigten (ganz oder teilweise) zu versorgen, zu einer Einheit verbunden sind (BFH-Urteil vom 19. Januar 2005 X R 23/04, BFHE 209, 91, BStBl. II 2005, 434 mit Hinweis auf Urteil vom 25. August 1999 X R 38/95, BFHE 190, 302, BStBl. II 2000, 21 und Bayrisches Oberstes Landesgericht , Urteil vom 26. April 1993 1 Z RR 397/92, Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 1993, 984 mit Nachweisen zum Zivilrecht).
Die Klage wegen Einkommensteuer 2001 und 2002 ist hingegen begründet.
Der Einkommensteuerbescheid 2001 vom 18. Dezember 2007 und der Einkommen-steuerbescheid 2002 vom 20. September 2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22. April 2005 sind rechtswidrig. Die Bescheide werden dahin geändert, dass dauernde Lasten i. H. v. 14.059,06 DM in 2001 und 7.209,21 € in 2002 als Sonderausgaben abzuziehen sind. Für 2001 sind Barleistungen von 11.921,10 DM (986,85 DM x 6, 1.000 DM x 6) und Kosten für Strom, Wasser, Heizung 2.137,96 DM, für 2002 Barleistungen von 6.143,88 € (511,99 € x 12) und Kosten für Strom, Wasser, Heizung von 1.065,33 € zu berücksichtigen.
Die Klägerin hat in den Streitjahren 2001 und 2002 die Versorgungsleistungen wieder in voller Höhe erbracht. Dass sie einheitlich monatlich 1.000 DM bzw. 511,99 € und damit teilweise mehr und teilweise weniger als die Nettorente des Vaters zahlte, steht dem Abzug einer dauernde Last nicht entgegen. Die Nettorente änderte sich zum Teil mehrfach jährlich, und zwar nicht nur durch die jeweilige jährliche Rentenanpassung, sondern auch durch die Änderung der Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge. Die Klägerin konnte es deshalb bei einer einheitlichen auf- bzw. abgerundeten Zahlung belassen, da die Abweichungen sowohl im Hinblick auf die gesamten Versorgungsleistungen als auch auf die Barzahlungen nur geringfügig waren.
Rechtsgrundlage der Leistungen war nach wie vor der Übertragsvertrag vom 05. August 1997. Der Charakter eines solchen Vermögensübergabevertrags wird nicht dadurch verändert, dass der Vermögensübernehmer seine Verpflichtungen nicht in der im Vertrag bestimmten Art und Weise erfüllt (BFH-Urteil vom 19. Januar 2005 X R 23/04, BFHE 209, 91, BStBl. II 2005, 434). Lassen die Abweichungen vom Vertrag auf einen fehlenden Rechtsbindungswillen schließen, sind die Versorgungsleistungen lediglich nicht mehr als Sonderausgaben abziehbar und die Bezüge beim Berechtigten nicht steuerbar. Bestehen die Rechte und Pflichten hinsichtlich der Versorgungsleistungen aber fort, können die Vertragsbeteiligten die von ihnen zeitweise nicht eingehaltenen Regelungen für die Zukunft wieder als rechtlich bindend ansehen. Ebenso wie Angehörige bei anderen Vertragsverhältnissen die Möglichkeit haben, ihr Verhalten den Erfordernissen eines Fremdvergleichs anzupassen, können die Parteien eines Versorgungsvertrags den Willen haben, den Vertrag (wieder) zu erfüllen. Kehren sie zu vertragsgerechtem Verhalten zurück und halten sie sich ernsthaft und auf Dauer an die Regelungen des Vertrags, ist für den Senat kein Grund ersichtlich, den Leistungen die steuerliche Wirkung zu versagen (so wohl auch Schuster, jurisPR-SteuerR 18/2005, Anm. 1).
Der Beklagte stützt seine gegenteilige Auffassung auf Rz. 39 des BMF-Schreibens vom 16. September 2004 IV C 3 - S 2255 - 354/04, BStBl. I 1994, 922. Danach sind die auf der Grundlage eines Vermögensübergabevertrags geschuldeten Versorgungsleistungen, die ohne Änderung der Verhältnisse, also willkürlich nicht mehr erbracht sind, steuerlich nicht anzuerkennen, auch wenn die vereinbarten Zahlungen später wiederaufgenommen werden. Sollte dadurch in allen Fällen zunächst nicht vertragsgerechten Verhaltens auch ein zukünftiger Abzug als Sonderausgaben ausgeschlossen werden, folgt der Senat dem nicht. Für derartig weitreichende Folgen besteht nur dann Anlass, wenn auch die Rückkehr zu vertragsgerechtem Verhalten beliebig erscheint, den Vertragsparteien also der ernsthafte Wille fehlt, sich nunmehr auf Dauer an den Vertrag zu halten. Dies ist etwa dann anzunehmen, wenn die Vertragsparteien mehrere Male zwischen vertragswidrigem und vertragsgerechtem Verhalten hin und her pendeln (vgl. dazu Schuster, jurisPR-SteuerR 18/2005, Anm. 1). So liegt der Fall aber nicht.
Die Vertragsparteien sind vielmehr aus dem Grund, die Versorgung der Eltern sicher zu stellen, zu vertragsgerechtem Verhalten zurückgekehrt. Sie waren sich darüber einig, dass die vertraglichen Regelungen über die Versorgung der Eltern in Zukunft Geltung haben sollten. So hat die Klägerin die Barleistungen ab November 2000 bis heute weiter erbracht. Dabei ist die unterbliebene Anpassung an die Bezugsgröße "Altersrente" wegen der Geringfügigkeit der jeweiligen Beträge - zumindest für eine Dauer von mehreren Jahren - unbeachtlich.
Die Berechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Sätze 2, 3 FGO dem Beklagten übertragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 136 Abs. 1, 138 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. § 709 Zivilprozessordnung.
Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 FGO wegen der Frage zuzulassen, ob und unter welchen Voraussetzungen Versorgungsleistungen aufgrund eines Übergabevertrags bei Rückkehr der Parteien zu vertragsgerechtem Verhalten als Sonderausgaben abziehbar sind.
Ende der Entscheidung
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