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Gericht: Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 09.08.2006
Aktenzeichen: 1 K 296/03
Rechtsgebiete: KStG
Vorschriften:
KStG § 8 Abs. 3 S. 2 |
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
In der Rechtssache
hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 1. Senat, aufgrund der mündlichen Verhandlung am 09. August 2006 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ... als Vorsitzenden, der Richterin am Finanzgericht ... und des Richters am Amtsgericht ... sowie der ehrenamtlichen Richterinnen ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Abweichend vom geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 1998 vom 22. Februar 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. April 2003 ist der als Tantiemeaufwand gebuchte Betrag in Höhe von 104.059,00 DM bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der Klägerin nicht gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dem Steuerbilanzgewinn hinzuzurechnen.
Die Kosten des Verfahren trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt 22.799,75 EUR.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Nichteinbeziehung eines im Vorjahr erwirtschafteten, im Streitjahr aber ausgeglichenen Verlustes in die Bemessungsgrundlage für die Tantiemeberechnung eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) darstellt.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie wurde zum 01. Januar 1993 durch Umwandlung aus dem Einzelunternehmen D. gegründet. Im Streitjahr hielt Herr M. D. 100 % der Anteile an der Klägerin.
Laut Geschäftsführervertrag vom 30. Juni 1993 erhält Herr M. D. neben dem laufenden Gehalt eine Tantieme in Höhe von 30 % des jeweiligen Jahresüberschusses vor Berücksichtigung der Körperschaft- und Gewerbesteuer und der Tantieme.
Im Jahr 1997 erwirtschaftete die Klägerin einen Verlust von 476.519,51 DM, der in das Jahr 1995 zurückgetragen wurde.
Der Jahresüberschuss 1998 betrug 307.732,43 DM. Der Gewinnvortrag belief sich lt. Bilanz zum 31.12.1998 auf 990.672,75 DM. Die Gesamtausstattung des Geschäftsführers setzte sich im Streitjahr wie folgt zusammen:
Festgehalt: | 246.000,00 DM |
Tantieme: | 104.049,06 DM |
Weihnachtsgeld: | 20.500,00 DM |
Pensionszusage: (fiktive Jahresnettoprämie) | 134.310,00 DM |
Kfz-Nutzung: (brutto) | 11.579,86 DM |
Summe Gesamtbezüge | 516.438,92 DM |
In der Zeit vom 07.11.2000 bis 17.01.2001 fand bei der Klägerin für den Zeitraum 1995 bis 1998 eine Betriebsprüfung statt. Dabei vertrat der Prüfer die Auffassung, dass ein als Tantiemeaufwand gebuchter Betrag in Höhe von 104.049,00 DM bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der Klägerin gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dem Einkommen hinzuzurechnen sei (vgl. Tz 1.14 Bp-Bericht). Die Klägerin hätte im Jahre 1997 einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 476.519,51 DM erwirtschaftet. Dieser Betrag sei bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Tantieme 1998 in Abzug zu bringen. Die Ausschüttungsbelastung sei erst im Jahre 1999 herzustellen, da die Tantieme im Jahre 1999 gezahlt worden sei. Entsprechend seien die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Herrn M. D. im Jahre 1999 um 104.049,00 DM zu kürzen.
Die Klägerin stellte am 29.03.2001 eine Steuerbescheinigung für die von der Betriebsprüfung festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen aus, die auch die vGA für die Tantieme in Höhe von 104.049,00 DM enthielt. Diese Steuerbescheinigung berechtigte Herrn M. D. zur Anrechnung von Körperschaftsteuer in Höhe von 44.592,00 DM.
Der Beklagte schloss sich den Feststellungen des Betriebsprüfers an und erließ am 22.02.2002 geänderte Steuerbescheide. Unter anderem erging ein geänderter Körperschaftsteuerbescheid gem. § 164 Abs. 2 AO für das Streitjahr 1998.
Am 07.03.2003 legte die Klägerin gegen den geänderten Körperschaftsteuerbescheid wegen der Nichtberücksichtigung des Tantiemeaufwands in Höhe von 104.049,00 DM Einspruch ein.
Mit Einspruchsentscheidung vom 11.04.2003 wies der Beklagte den Einspruch zurück.
Zur Begründung erläuterte er, der Klägerin sei die an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer D. gezahlte Gewinntantieme im Streitjahr 1998 als vGA zuzurechnen.
Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer hätte keine Gewinntantieme zugesagt, die nicht an den Gesamterfolg des Geschäftsführers anknüpfe, sondern eine Verrechnung von erwirtschafteten Verlusten ausschließe. Die Gewinntantieme diene der Motivation des Zahlungsempfängers, besondere Anstrengungen zur Verbesserung des Geschäftsergebnisses zu unternehmen, gleichermaßen aber auch der Abgeltung des erreichten Erfolges. Es entspreche der inneren Logik einer Gewinntantieme, die den Geschäftsführer zur Verbesserung der Ertragslage anhalten solle, ihn auch an den negativen Folgen seiner Tätigkeit zu beteiligen. Die Gewinntantieme sei nicht nur eine Prämie für die Geschäftsführertätigkeit im einzelnen Wirtschaftsjahr, sondern eine Belohnung für seinen Erfolg insgesamt. Maßgeblich sei der erwirtschaftete Totalgewinn über einen längeren Zeitraum. Die Gewinntantieme bemesse sich zwar nach dem in den einzelnen Wirtschaftsjahren erzielten Gewinn, sei aber gleichwohl mit der übrigen Tätigkeit des Geschäftsführers untrennbar verbunden.
Die Gefahr der Gewinnabsaugung würde bei einer Tantiemezusage, bei der von demselben Geschäftsführer zu verantwortende Verluste nicht die Bemessungsgrundlage späterer Tantiemeberechnungen mindern würden, zudem dadurch erhöht, dass der Geschäftsführer versucht sein könnte, möglichst hohen Aufwand über Bilanzierungswahlrechte oder Abschreibungssteuerung in ein Verlustjahr zu verlagern, um so später höhere Jahresabschlüsse und damit höhere Tantiemen zu erhalten.
Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer würde deshalb nur eine Gewinntantieme vereinbaren, die erst dann eine Zahlungspflicht der Gesellschaft begründe, wenn ein Geschäftsführer von ihm erwirtschaftete Verluste ausgeglichen habe und seine Tätigkeit insgesamt für das Unternehmen gewinnbringend sei. Dies mache es erforderlich, bei der Vereinbarung der Bemessungsgrundlage für die Tantieme die Berücksichtigung von Verlustvorträgen vorzusehen. Blieben Verluste unberücksichtigt, folge hieraus, dass die Gewinntantieme in der Höhe durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei, wie vom Gesellschaftergeschäftsführer erwirtschaftete Verluste die Bemessungsgrundlage nicht mindern würden. Der im Streitfall im Jahre 1997 erwirtschaftete Verlust sei nach § 10 d EStG in das Jahr 1995 zurückgetragen worden, ohne Einfluss auf die Tantieme des Jahres 1995 zu nehmen. Eine Berichtigung habe demzufolge zwingend im Jahre 1998 zu erfolgen, um den o. g. Grundsätzen Rechnung zu tragen.
Am 13.05.2003 hat die Klägerin Klage erhoben.
Zur Begründung trägt sie vor, die Tantieme sei in voller Höhe als gewinnmindernde Betriebsausgabe zu berücksichtigen. Sie habe seit Aufnahme ihrer Tätigkeit Gewinne erwirtschaftet, woraus ein kumulierter Gewinnvortrag per 01.01.1997 in Höhe von 1.476.192,26 DM resultieren würde. Lediglich im Jahr 1997 sei primär aufgrund von Forderungsausfällen ein Verlust in Höhe von 476.519,51 DM entstanden. Per Saldo ergebe sich danach ein handelsrechtlicher Gewinnvortrag per 01.01.1998 in Höhe von 990.672.75 DM. Ein handelsrechtlicher Verlustvortrag bestehe nicht und werde auch nicht ausgewiesen. Der in der Bilanz auf den 31.12.1998 ausgewiesene Gewinn berücksichtige die strittige Tantieme.
Die entgegenstehende Rechtsauffassung des Beklagten sei nicht haltbar. Dass die Tantiemevereinbarung keine Regelung zur Berücksichtigung von Verlustvorträgen enthalte, sei rechtlich unerheblich, da per Saldo kein Verlustvortrag existiere.
Für das Streitjahr 1998 habe sich ein positives Ergebnis ergeben, welches Ausgangspunkt für die Berechnung der Tantieme gewesen sei. Die Gefahr durch Ausübung von Bilanzierungswahlrechten höhere Tantiemen zu erzielen, sei theoretisch denkbar, im Streitfall aber nicht relevant. Der handelsrechtliche Verlust 1997 habe den Gewinnvortrag per 01.01.1998 gemindert. Der verbleibende Gewinnvortrag sei nach wie vor positiv.
Die Klägerin beantragt,
abweichend vom geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 1998 vom 22. Februar 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. April 2003 den als Tantiemeaufwand gebuchten Betrag in Höhe von 104.059,00 DM bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der Klägerin nicht gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dem Steuerbilanzgewinn hinzuzurechnen,
und
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bezieht sich zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung und verweist auf die Entscheidung des BFH vom 17.12.2003 IR 22/03, BStBl II 2004, 524.
Dem Gericht lagen zur Entscheidung ein Band Rechtsbehelfsakten, ein Band Körperschaftsteuerakten 1993 bis 1997, ein Band Körperschaftsteuerakten 1998 - 1999, ein Band Bilanz- Gewinn- und Verlustakten 1993 - 1996, ein Band Bilanz, Gewinn- und Verlustakten 1997 - 1999, ein Band Dauerbelegakten, ein Band Betriebsprüfungsakten sowie ein Band Betriebsprüfungshandakten vor.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der angefochtene Körperschaftsteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu Unrecht die als Betriebsausgabe gebuchte Gewinntantieme als vGA behandelt.
Unter einer vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruht, sich auf den Unterschiedsbetrag i. S. des § 4 Abs. 1 S. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auswirkt und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist (z. B. BFH-Urteile vom 15. Dezember 2004 - I R 79/04, BFH/NV 2005, 1147; 19. Januar 2000 - I R 24/99, BStBl II 2000, 545). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (vgl. BFH-Urteil vom 19. März 1997 I R 75/96, BStBl II 1997, 577).
Ist allerdings der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt. Schließlich kann die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auch darin begründet sein, dass das zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter tatsächlich abgeschlossene Rechtsgeschäft zwar auch von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter vereinbart worden wäre, jedoch aus anderen Gründen des Fremdvergleichs als von Anfang an nicht ernstlich gewollt anzusehen ist (vgl. BFH-Urteil vom 25.10.1995 I R 9/95, BStBl II 1997, 703).
Nach den oben dargestellten Kriterien sind die Voraussetzungen für die Annahme einer vGA nicht erfüllt.
Die Vereinbarung über die Gewährung der Tantieme an den Gesellschaftergeschäftsführer ist nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen klar und eindeutig.
Bemisst sich die Tantieme - wie im Streitfall - nach den vertraglich nicht näher definierten Begriffen "Jahresgewinn", "Gewinn" oder "Reingewinn", so ist entsprechend § 86 Aktiengesetz - AktG - a. F. der handelsrechtliche Jahresüberschuss vermindert um den Verlustvortrag aus dem Vorjahr und um die Beträge, die nach dem Gesetz oder der Satzung aus den Jahresüberschüssen in offene Rücklagen einzustellen sind, maßgebend (BFH vom 25.04.1990, I R 59/89 BFH/NV 1991, 269).
Die Nichteinbeziehung des im Jahr 1997 erwirtschafteten aber im Streitjahr durch Gewinnvorträge ausgeglichenen Verlustes in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Tantieme ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.
Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen, die der BFH in seinem Urteil vom 17.12.2003 (I R 22/03, BStBl II 2004, 524) aufgestellt hat. Zwar ist danach ein bestehender Verlustvortrag jedenfalls dann in die Bemessungsgrundlage der Tantieme einzubeziehen, wenn der tantiemeberechtigte Geschäftsführer für den Verlust verantwortlich oder zumindest mitverantwortlich ist. Anderenfalls liegt in Höhe des Differenzbetrages zwischen der tatsächlich zu zahlenden Tantieme und derjenigen, die sich bei Berücksichtigung des Verlustvortrages ergeben hätte, eine vGA. Zur Begründung verweist der BFH darauf, dass die Gewinntantieme der Beteiligung des Geschäftsführers an dem von ihm herbeigeführten besonderen Erfolg der Gesellschaft diene. Diesen Erfolg werde die Gesellschaft in der Regel an einer langfristigen Betrachtung und nicht an dem Ergebnis eines einzelnen Jahres oder Wirtschaftsjahres messen. Deshalb habe, wenn unter der Leitung des betreffenden Geschäftsführers in einzelnen Zeiträumen ein Verlust erwirtschaftet worden sei, dieser Verlust die von dem Geschäftsführer verdiente Erfolgsprämie zu mindern.
Entgegen dem Sachverhalt, über den der BFH zu entscheiden hatte, hatte die Klägerin zwar ebenfalls einen Verlust erwirtschaftet, dieser war jedoch im Streitjahr durch Gewinnvorträge ausgeglichen worden. Die hier erhebliche Rechtsfrage, ob bei der Ermittlung der Tantiemebemessungsgrundlage Verluste mit bestehenden Gewinnvorträgen aus Vorjahren zu verrechnen sind, ist - jedenfalls nach dem Verständnis des erkennenden Senates - durch den BFH noch nicht entschieden.
Nach Auffassung des Senates führt die Nichtberücksichtigung eines Verlustes des Vorjahres bei der Ermittlung der Tantiemebemessungsgrundlage des Folgejahres jedenfalls dann nicht zu einer vGA, wenn der Verlust durch Gewinnvorträge ausgeglichen ist. Denn maßgeblich für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage einer Gewinntantieme ist der handelsbilanzielle und nicht der steuerliche Verlustvortrag.
Diese Rechtsauffassung wird ebenfalls von Autoren in der steuerrechtlichen Literatur vertreten. Danach können Gewinne der Vergangenheit zur Saldierung mit späteren Verlusten verwendet werden, wenn die Gewinne nicht ausgekehrt worden sind (vgl. dazu Lang in Dötsch/Jost/Pung/Witt, KStG, § 8 Abs. 3 n. F. KStG Rz. 459; Lang in Ernst & Young, KStG, § 8 Rz. 1216.30; Janssen in KStG, NWB-Kommentar, § 8 Rz. 976).
Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass der handelsrechtliche Verlust die Ertragslage der Gesellschaft zutreffend widerspiegele, während die steuerlichen Veränderungen aus anderen, meist fiskalischen Gründen vorgenommen werden (vgl. Janssen in KStG, NWB-Kommentar, § 8 Rz. 976).
Zwar wird in der steuerrechtlichen Literatur auch die gegenteilige Auffassung vertreten, dass bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Tantieme Verluste nicht mit bestehenden handelsbilanziellen Gewinnvorträgen verrechnet werden dürfen. Zur Begründung wird angeführt, dass die Entscheidung zur Gewinnthesaurierung keinen Einfluss auf die Tantiemebemessungsgrundlage haben könne, weil es sich nicht um eine unternehmerische Entscheidung des Geschäftsführers, sondern um eine Entscheidung der Gesellschafter handele (vgl. dazu Neumann, vGA und verdeckte Einlagen, 2. Aufl. S. 474).
Dieser Auffassung vermag der Senat jedoch nicht zu folgen.
Denn gegen die Berücksichtigung des im Jahr 1997 erwirtschafteten aber im Streitjahr durch Gewinnvorträge ausgeglichenen Verlustes bei der Bemessungsgrundlage für die Gewinntantieme spricht insbesondere der Wortlaut des § 86 Abs. 2 AktG.
Diese Vorschrift hat der BFH für die Bestimmung der Bezugsgröße der Tantieme herangezogen, wenn die Parteien - wie im Streitfall - auf den Jahresgewinn als Bemessungsgrundlage abgestellt haben (vgl. dazu BFH-Urteil vom 25.04.1990 I R 59/89, BFH/NV 1991, 269).
§ 86 Abs. 2 AktG lautet in der bis zum 25.07.2002 gültigen Fassung wie folgt:
" Wird den Vorstandsmitgliedern ein Anteil am Jahresgewinn der Gesellschaft gewährt, so berechnet sich der Anteil nach dem Jahresüberschuss, vermindert um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr und um die Beträge, die nach Gesetz oder Satzung aus dem Jahresüberschuss in Gewinnrücklagen einzustellen sind. Entgegenstehende Festsetzungen sind nichtig. "
Ein Verlustvortrag - wie ihn § 86 Abs. 2 AktG erfordert - bestand im Streitjahr gerade nicht, sondern dieser war vollständig durch Gewinnvorträge ausgeglichen worden.
Schließlich sah der Senat auch keinen Anlass, die als Betriebsausgabe gebuchte Tantieme unter anderen Gesichtspunkten als der zutreffenden Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Tantieme als vGA zu behandeln.
So gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die Gesamtausstattung des Geschäftsführers der Klägerin als angemessen zu betrachten ist.
Auch das von der BFH-Rechtsprechung aufgestellte Erfordernis, dass die Gesamtbezüge i. d. R. wenigstens zu 75 v. H. aus einem Festgehalt und zu höchstens 25 v. H. aus einem Tantiemeanteil bestehen, um eine Gewinnabschöpfung oder Anreize zur Erzielung schneller Gewinne ebenso zu vermeiden wie existentielle Risiken für den Geschäftsführer (BFH-Urteil vom 05.10.1994 IR 50/94, BStBl II 1995, 549), ist erfüllt. So liegt der Tantiemeanteil v. 104.049,06 DM deutlich unter 25 v. H. bezogen auf die Gesamtbezüge von 516.438,92 DM des Gesellschafter-Geschäftsführers.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151, 155 FGO in Verbindung mit der entsprechenden Anwendung von §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Die Streitwertfestsetzung bestimmt sich nach den §§ 25, 13 Abs. 1 Gerichtskostengesetz a. F. - GKG -.
Ende der Entscheidung
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