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Gericht: Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 29.05.2008
Aktenzeichen: 2 K 179/05
Rechtsgebiete: EStG, AO, BGB


Vorschriften:

EStG § 16 Abs. 3
AO § 39
BGB § 117 Abs. 1
BGB § 119
BGB § 121
BGB § 142 Abs. 1
BGB § 313
BGB §§ 346ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern

2 K 179/05

Gewinnfeststellung 1996

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 2. Senat, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Mai 2008 unter Mitwirkung

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 199.066,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), bestehend aus den Gesellschaftern H und T. Ausweislich des Gesellschaftsvertrages vom 02.01.1993 war Zweck der Gesellschaft "die gewinnbringende Verwaltung und Vermietung" folgender im Grundbuch von G eingetragenen Grundstücke: Flur x Flurstück 26 (bebaut mit einer Tankstelle), Flur x Flurstück 29 (bebaut mit einem im Erdgeschoss zu Bürozwecken genutzten zweigeschossigen Wohnhaus) und Flur x Flurstücke 31/1 und 31/2 (bebaut mit einer Lagerhalle sowie mit Ausstellungsflächen). Die Gesellschafter H und T waren ursprünglich zu je 50% am Gesellschaftsvermögen beteiligt.

Der Gesellschafter H war außerdem Alleineigentümer folgender im Grundbuch von G eingetragenen Grundstücke: Flur x Flurstück 27 (bebaut mit einer Karosseriewerkstatt) und Flur x Flurstück 30 (bebaut mit einem im Erdgeschoss für Ausstellungszwecke umgebauten zweigeschossigen Wohnhaus sowie mit einer eingeschossigen Ausstellungs- und Verkaufshalle).

Die GbR-Gesellschafter H und T waren zugleich auch Gesellschafter der bereits im Jahre 1990 gegründeten GmbH, die einen Autohandel und einen Reparaturservice betrieb. Der Gesellschafter H hielt ursprünglich einen Geschäftsanteil von DM 101.000,00 (50,5% des Stammkapitals), der Gesellschafter T einen Geschäftsanteil von DM 99.000,00 (49,5% des Stammkapitals). Geschäftsführer der GmbH war der Gesellschafter T. Im Streitjahr 1996 änderten sich die Beteiligungsverhältnisse. Im Rahmen der Erhöhung des Stammkapitals der GmbH von DM 200.000,00 auf DM 250.000,00 erwarb der neu eingetretene Gesellschafter W einen Geschäftsanteil von DM 50.000,00, was einem Anteil von 20% am Stammkapital entsprach. Die Beteiligungsquote des Gesellschafters H sank auf 40,4%, diejenige des Gesellschafters T auf 39,6%.

Die Klägerin vermietete die Flurstücke 29 (Wohnhaus mit Büro) sowie die Flurstücke 31/1 und 31/2 (Lagerhalle und Ausstellungsflächen) im Jahre 1991 an die GmbH für die Dauer von 10 Jahren. Der Gesellschafter H vermietete die in seinem Alleineigentum befindlichen Flurstücke ebenfalls längerfristig an die GmbH.

Im Jahre 1996 geriet die GmbH in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Eine zu Rate gezogene Wirtschaftsprüfungsgesellschaft schlug vor, die Überschuldung der GmbH durch den Erwerb der bisher lediglich angemieteten Grundstücke zu beseitigen. Zu diesem Zweck sollten die GbR und ihr Gesellschafter H die bisher an die GmbH vermieteten Grundstücke an diese veräußern, die Kaufpreise stunden und Rangrücktrittserklärungen hinsichtlich der Kaufpreisforderungen abgeben.

Daraufhin verkaufte die Klägerin die an die GmbH vermieteten Flurstücke 29 (teilgewerblich genutztes Wohnhaus) sowie 31/1 und 31/2 (Lagerhalle und Ausstellungsflächen) an diese mit notariell beurkundetem Vertrag vom 20.12.1996. Der Kaufpreis betrug DM 1.073.700,00. Als Übergabezeitpunkt wurde der 31.12.1996 vereinbart. Der Kaufpreis wurde unbefristet gestundet. Eine grundbuchliche Sicherung der gestundeten Kaufpreisforderung erfolgte nicht.

Am selben Tag verkaufte auch der Gesellschafter H sein Flurstück 27 (Karosseriewerkstatt) an die GmbH. Der Kaufpreis betrug DM 341.600. Als Übergabezeitpunkt wurde ebenfalls der 31.12.1996 vereinbart. Eine grundbuchliche Sicherung der unbefristet gestundeten Kaufpreisforderung erfolgte ebenfalls nicht. Das ebenfalls an die GmbH vermietete Flurstück 30 (teilgewerblich genutztes Wohnhaus mit Ausstellungsräumen) verkaufte der Gesellschafter H nicht.

Am 17.04.1998 wurde die GmbH als neue Eigentümerin der Flurstücke 27, 29, 31/1 und 31/2 in das Grundbuch eingetragen.

Vom 07.10.1999 bis 21.12.2000 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung statt. Diese kam zu dem Ergebnis, dass durch die Verkäufe der Grundstücke vom 20.12.1996 die für die Fortführung der Betriebsaufspaltung erforderliche sachliche Verflechtung entfallen sei, und ermittelte einen "Veräußerungsgewinn" von DM 1.562.896,00. Wegen der Einzelheiten der Gewinnermittlung wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 22.12.2000 verwiesen.

Gegen die Prüfungsfeststellungen vom 22.12.2000 wandte sich die Klägerin im Wesentlichen mit der Begründung, die Kaufverträge seien wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage von Anfang an nichtig gewesen, so dass die Betriebsaufspaltung nach wie vor bestehe und kein Veräußerungsgewinn in Ansatz gebracht werden könne.

Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 20.03.2001 beantragten die Gesellschafter H und T "sowohl im eigenen Namen also auch als Geschäftsführer der GmbH" beim Grundbuchamt die Berichtigung des Grundbuchs und führten zur Begründung u.a. aus:

Mit dem Betriebsprüfungsbericht vom 22.12.2000 des Finanzamts erfuhren wir, dass die ... Grundstücksverträge an die GmbH überraschend unerwartete und existenzbedrohende Einkommensteuerforderungen auslösen. Käufer wie Verkäufer befanden sich gemeinschaftlich in dem Irrtum, dass diese geschäftliche Transaktion steuerliche Folgen dieser Art nicht auslösen würde.

Aus diesem Grund erklären Käufer und Verkäufer gemeinsam wegen gemeinschaftlichen Irrtums die Anfechtung der o. g. Grundstücksverträge. Damit sind die Rechtsgrundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gegeben und die beiden Verträge ex tunc nichtig...

Am 20.09.2001 gab das Grundbuchamt den Berichtigungsanträgen vom 20.03.2001 statt und trug die Verkäufer der Flurstücke 27, 29, 31/1 und 31/2 wieder als Eigentümer ein. Eine Kaufpreiszahlung war bis zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgt.

Das Finanzamt -FA- ging jedoch weiterhin von einer Beendigung der Betriebsaufspaltung im Jahre 1996 aus und änderte mit dem hier angefochtenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1996 vom 09.08.2001 seinen diesbezüglichen Bescheid vom 04.11.1998, in dem die Verluste aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß in Höhe von ./. DM 10.704 festgestellt worden waren. Es wurden nunmehr Gewinne aus Gewerbebetrieb in Höhe von DM 1.552.191 festgestellt. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

Den dagegen rechtzeitig eingelegten Einspruch wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 18.03.2005 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, dass die Rückabwicklung der Veräußerung aus dem Jahre 1996 im Jahre 2001 wegen des sog. Rückwirkungsverbots nicht zu einer nachträglichen Änderung des für 1996 festgestellt Gewinns führen könne.

Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingegangene Klage, mit der die Klägerin weiterhin geltend macht, die Grundstückskaufverträge aus dem Jahre 1996 seien nach erfolgreicher Irrtumsanfechtung bzw. wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ex tunc nichtig und Veräußerungsgewinne seien daher nicht angefallen. Außerdem genügten die Grundstücksveräußerungsverträge nicht den Grundsätzen des Fremdvergleichs und könnten daher steuerlich nicht anerkannt werden.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1996 vom 09.08.2001 und die Einspruchspruchsentscheidung vom 18.03.2005 aufzuheben und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß in Höhe von ./. 5.472,87 EUR festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest, dass die nachträgliche Grundbuchberichtigung keine steuerliche Rückwirkung habe. Die Fremdvergleichsgrundsätze fänden im vorliegenden Streitfall keine Anwendung. Zwar seien die Fremdvergleichsgrundsätze bei Rechtsgeschäften zwischen nahestehenden Personen entwickelt worden. Dadurch sollte aber nur ein Missbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten, der bei Rechtsgeschäften zwischen nahestehenden Personen und bei fehlenden gegensätzlicher Interessen zu besorgen sei, unterbunden, nicht aber "eine goldene Brücke zur Steuerfreiheit" gebaut werden.

Dem Senat haben folgende Akten vorgelegen: zwei Bände Feststellungsakten 1992 bis 1997, zwei Bände Grunderwerbsteuerakten betreffend die Grundstücksveräußerungen vom 20.12.1996, je ein Band Betriebsprüfungshandakten (betreffend sowohl die GbR als auch die GmbH), eine Betriebsprüfungsakte und ein Band Bilanz-, Gewinn- und Verlustrechnungsakte.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der geänderte Gewinnfeststellungsbescheid für 1996 vom 09.08.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.03.2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Gesetzlicher Ausgangspunkt für den vom Beklagten ermittelten Veräußerungsgewinn in Höhe von insgesamt DM 1.552.192,00 ist § 16 Abs. 3 EStG, wonach als Veräußerung auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs gilt.

Zu Recht hat der Beklagte die Tatbestandsmerkmale "Aufgabe des Gewerbebetriebs" insoweit bejaht, als im Streitjahr 1996 die Betriebsaufspaltung zwischen der Besitz-GbR, der Klägerin, und der Betriebs-GmbH aufgrund der Grundstücksveräußerungen vom 20.12.1996 beendigt worden ist. Durch die Grundstücksveräußerungen entfiel nämlich die bis zu diesem Zeitpunkt bestehende sachliche Verflechtung zwischen der Klägerin und der GmbH. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt und wird auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt, dass der Wegfall der personellen oder sachlichen Voraussetzungen der Betriebsaufpaltung grundsätzlich zu einer Betriebsaufgabe im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG beim Besitzunternehmen führt.

1. Die Beteiligten gehen zutreffend davon aus, dass eine Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der GmbH begründet worden war. Die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung lagen ursprünglich vor, Klägerin und GmbH waren sachlich und personell verflochten.

Eine sachliche Verflechtung ist anzunehmen, wenn es sich bei dem von der Besitz-GbR an die Betriebs-GmbH vermieteten Wirtschaftsgut um eine für die Betriebs-GmbH wesentliche Betriebsgrundlage handelt. Bei Grundstücken ist das der Fall, wenn sie für die Betriebsführung der Betriebsgesellschaft von nicht nur geringer Bedeutung sind. Davon ist stets auszugehen, wenn die Grundstücke der räumliche und funktionale Mittelpunkt der Geschäftstätigkeit des Betriebsunternehmens ist. Dies ist hier der Fall, da das Betriebsunternehmen auf den vermieteten Grundstücken einen Autohandel und eine Reparaturwerkstatt betrieb. Auch die Büroräume der Betriebs-GmbH befanden sich auf einem Grundstück der Besitz-GbR.

Auch die personelle Verflechtung war unproblematisch gegeben. Die beiden Gesellschafter der Klägerin H und T waren zugleich auch Gesellschafter der GmbH, insoweit bestand zunächst Personenidentität zwischen Besitzunternehmen und Betriebsgesellschaft. Der Eintritt des Gesellschafters W im Mai 1996 änderte nichts an der weiterhin fortbestehenden personellen Verflechtung. Eine personelle Verflechtung ist nämlich auch dann zu bejahen, wenn dieselbe Person oder dieselbe Personengruppe sowohl das Besitzunternehmen als auch die Betriebsgesellschaft beherrscht und damit ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille durchgesetzt werden kann. Auch nach der Aufnahme des neuen Gesellschafters W, der lediglich in Höhe von 20% am Stammkapital beteiligt war, beherrschten die Gesellschafter H und T mit einem Anteil von 40,4% (H) und 39,6% (T) die Betriebs-GmbH. Der Gesellschafter T war zugleich auch Geschäftsführer der GmbH.

2. Die aufgrund der Grundstücksvermietung bestehende sachliche Verflechtung zwischen der Klägerin und der GmbH endete mit der Veräußerung der vermieteten Grundstücke an die GmbH aufgrund der notariell beurkundeten Grundstückskaufverträge vom 20.12.1996. Mit der Übergabe der Grundstücke am 31.12.1996, der zugleich der Tag des vertraglich vereinbarten Nutzen- und Lastenwechsels war, ging das wirtschaftliche Eigentum an den Grundstücken im Sinne des § 39 AO auf die GmbH über.

2.1 Die notariell beurkundeten Grundstückskaufverträge vom 20.12.1996, in denen zugleich auch die Auflassung an die GmbH erklärt wurde, waren zivilrechtlich wirksam (§§ 313 a.F., 433, 873, 925 BGB). Ihre zivilrechtliche Wirksamkeit ist auch nicht nachträglich mit ex-tunc-Wirkung beseitigt worden.

2.1.1 Es handelte sich nicht um sog. Scheingeschäfte im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB. Darüber besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit. Auch die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass es sich lediglich um nicht ernstlich gemeinte "Pro-Forma-Geschäfte" handelte, die erkennbar ohne Rechtsbindungswillen allein den Zweck verfolgten, nach außen hin eine bereits bestehende Überschuldung der GmbH zu verschleiern. Die Grundstückskaufverträge sind auch tatsächlich jedenfalls insoweit durchgeführt worden, als eine Eintragung der GmbH als neue Eigentümerin in das Grundbuch am 17.04.1998 erfolgt ist.

2.1.2 Eine zivilrechtlich wirksame Anfechtung der Grundstückskaufverträge mit der Folge der rückwirkenden Nichtigkeit nach § 142 Abs. 1 BGB ist nicht erfolgt.

Soweit die Gesellschafter der Klägerin am 20.12.1996 - etwa aufgrund unzureichender steuerlicher Beratung - nicht an die einkommensteuerrechtlichen Folgen der an diesem Tag geschlossenen Grundstückskaufverträge (Ende der Betriebsaufspaltung und daraus resultierend Versteuerung des Aufgabegewinns nach § 16 Abs. 3 EStG) dachten, stand ihnen kein Anfechtungsgrund gem. §§ 119 ff. BGB zur Seite.

Ein Inhalts- oder Erklärungsirrtum im Sinne des § 119 Abs. 1 BGB entfällt von vorneherein. Die vertragschließenden Parteien haben diejenigen Willenserklärungen abgegeben, die sie auch abgeben wollten; das rechtsgeschäftlich Gewollte deckte sich mit dem rechtsgeschäftlich Erklärten.

Das angeblich fehlende Wissen um die ertragsteuerlichen Folgen der Grundstücksveräußerungen, insbesondere die fehlende Vorstellung über das Ende der Betriebsaufspaltung und die daraus resultierende steuerliche Erfassung der stillen Reserven begründete auch keinen Irrum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft der verkauften Grundstücke im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB. Eigenschaften einer Sache im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB sind diejenigen wertbildenden Merkmale, die ihren Grund in der Sache selbst haben (Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 119 Rdn. 24 mit Rechtsprechungsnachweisen). Die einkommensteuerrechtlichen Folgen eines Grundstücksverkaufs für den Verkäufer bilden weder ein Merkmal des Grundstücks selbst noch beeinflussen sie dessen Marktwert. Abgesehen davon sind nach herrschender Meinung (Palandt/Heinrichs, § 119 Rdn. 30) bei einem gemeinsamen Irrtum beider Parteien über den gleichen Umstand vorrangig die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage (jetzt gesetzlich geregelt in § 313 BGB n.F.) anzuwenden; eine Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB scheidet in Fällen des sog. Doppelirrtums aus (zur Anfechtung einer Willenserklärung wegen Irrtums über die steuerlichen Folgen vgl. auch Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteile vom 07.05.1998 - V 1263/96 und 1264/96, [...]).

Eine wirksame Anfechtung der Grundstückskaufverträge liegt nach Überzeugung des Gerichts auch deshalb nicht vor, weil es an einer Anfechtungserklärung innerhalb der Frist des § 121 BGB fehlt. Soweit sich die Klägerin insoweit auf die notariell beglaubigte Anfechtungserklärung der Gesellschafter H und T vom 20.03.2001 beruft, erfolgte die Anfechtung nicht unverzüglich, das heißt nicht ohne schuldhaftes Zögern. Dass die Grundstücksveräußerungen vom 20.12.1996 zu einer Beendigung der Betriebsaufspaltung führten, war den Gesellschaftern der Klägerin bereits im Jahre 1997 bekannt, wie das Schreiben des Gesellschafters T vom 19.11.1997 an die Umsatzsteuerstelle des Beklagten beweist (Bl. 9 der Feststellungsakten 1996 ff.). Auch im Verlaufe der Betriebsprüfung, die vom 07.10.1999 bis 21.12.2000 bei der Klägerin stattfand, wurde deutlich, welche steuerlichen Folgerungen aus den Grundstücksveräußerungen vom 20.12.1999 zu ziehen sind. Die erst am 20.03.2001 erfolgte Anfechtung war demnach nicht mehr "unverzüglich" im Sinne des § 121 BGB.

Aufgrund welcher rechtlicher Überlegungen das Grundbuchamt des Amtsgerichts dennoch eine Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB vornahm und die Gesellschafter H und T wieder als Eigentümer eintrug, ist für den erkennenden Senat nicht mehr nachvollziehbar.

2.1.3 Die Anwendung der Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage führt zivilrechtlich schon von der Rechtsfolgenseite her nicht zu einer rückwirkenden Unwirksamkeit der Grundstückskaufverträge.

Die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform allein auf § 242 BGB (Treu und Glauben) gestützten Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage (vgl. jetzt die gesetzliche Regelung in § 313 BGB n.F.) sahen von der Rechtsfolgenseite her entweder einen Anspruch auf Vertragsanpassung (Anpassung des Vertragsinhalts an die veränderten Verhältnisse) oder - bei Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Vertragsanpassung - ein subsidiäres Rücktrittsrecht (bei Dauerschuldverhältnissen ein Kündigungsrecht) der durch die Vertragsstörung benachteiligten Vertragspartei vor (vgl. hierzu jetzt auch § 313 Abs. 3 BGB und die zusammenfassende Darstellung der Rechtsfolgen bei Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 313 Rdn. 40 ff.).

Im vorliegenden Streitfall kam eine Vertragsanpassung weder für die die Klägerin (die Verkäuferin) noch für die Käuferin (die GmbH) in Betracht. Den Vertragsparteien ging es im Hinblick auf die unerwünschten einkommensteuerrechtlichen Folgen nicht um eine inhaltliche Änderung der abgeschlossenen Grundstückskaufverträge, sondern um deren Beseitigung bzw. Rückgängigmachung.

Aber auch das auf eine Vertragsauflösung abzielende Rücktrittsrecht führte damals wie heute nicht zu einer Vertragsauflösung ipso iure oder gar zu einer Nichtigkeit der abgeschlossenen Verträge, sondern bedurfte einer rechtsgestaltenden Erklärung, also einer Rücktrittserklärung mit der Folge, dass sich die Rückabwicklung der Verträge nach den §§ 346 ff BGB zu richten hatte (Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 313 Rdn. 42). Demnach waren die Vertragsparteien - ein wirksam ausgeübtes Rücktrittsrecht am 20.03.2001 hier einmal unterstellt - allenfalls schuldrechtlich verpflichtet, das einander Gewährte, hier also insbesondere das wirksam verschaffte Eigentum an Grund und Boden zurückzugewähren, was nicht mittels einer Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB (das Grundbuch war nicht falsch, sondern richtig), sondern im Wege einer notariell beurkundeten Rückauflassung mit Wirkung ex nunc zu geschehen hatte. An einer solchen Rückauflassung nach §§ 873, 925 BGB fehlt es bis heute. Die GmbH ist nach wie vor Eigentümerin der am 20.12.1996 erworbenen Grundstücke.

Auf die weitere zivilrechtliche Frage, ob gemeinsame Vorstellungen über die einkommensteuerrechtlichen Folgen der Grundstücksveräußerungen für die GbR und ihre Gesellschafter überhaupt zur "Geschäftsgrundlage" der Grundstücksveräußerungen gemacht worden sind (vgl. hierzu jetzt auch § 313 Abs. 1 und 2 BGB und die zusammenfassende Darstellung der Voraussetzungen bei Palandt/Grüneberg, § 313 Rdn. 17 ff.), kommt es daher nicht mehr an. Im Ergebnis wird aber auch diese Frage zu verneinen sein, denn die steuerlichen Folgen eines Vertrags für eine der beiden Vertragsparteien gehören typischerweise zur Risikosphäre dieser Partei, die sie nicht auf den Vertragspartner verlagern darf, zumal wenn es sich - wie hier - um ein durchaus voraussehbares Risiko handelte (zur sog. Risikobetrachtung bei der Bestimmung der Geschäftsgrundlage s. Palandt/Grüneberg, § 313 Rdn. 19 ff.; zum Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen gemeinsamen Irrtums über die steuerlichen Folgen vgl. auch Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteile vom 07.05.1998 - V 1263/96 und 1264/96, [...]).

2.2 Selbst wenn man - entgegen den obigen Ausführungen - zivilrechtlich zu einer rückwirkenden Nichtigkeit oder Auflösung der Grundstückskaufverträge vom 20.12.1996 aufgrund der Anfechtungs- bzw. Rücktrittserklärung vom 20.03.2001 käme, hätte dies, wie der Beklagte zu Recht ausgeführt hat, keine steuerliche Rückwirkung, weil "der Steuerpflichtige auf einen entstandenen Steueranspruch nicht rückwirkend Einfluss nehmen kann" (BFH, Urteil vom 18.09.1984 - VIII R 119/81, BFHE 142, 130, BStBl II 1985, 55). Die Ende 1996 aufgrund der Beendigung der Betriebsaufspaltung nach § 16 Abs. 3 EStG entstandenen öffentlich-rechtlichen Steueransprüche nach dem EStG können nicht dadurch mit Rückwirkung beseitigt werden, dass die Steuerpflichtigen im Jahre 2001 die die Steueransprüche auslösenden zivilrechtlichen Vorgänge rückgängig zu machen versuchen. Soweit in der Rechtsprechung Ausnahmen vom Rückwirkungsverbot zugelassen werden (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 18.09.1984 - VIII R 119/81, a.a.O.), treffen deren Voraussetzungen im Streitfall ersichtlich nicht zu. Insbesondere stellt es ein Hindernis für die steuerrechtliche Rückwirkung dar, wenn mit ihr besondere steuerliche Vorteile erstrebt werden (BFH, Urteil vom 18.09.1984 - VIII R 119/81, a.a.O.) , was hier der Fall ist, denn mit der Rückwirkung soll nachträglich die Besteuerung der stillen Reserven vermieden werden.

2.3 Soweit sich die Klägerin im Anschluss an die Erörterungen im Erörterungstermin vom 10.05.2007 nunmehr auf die Grundsätze des Fremdvergleichs beruft und insoweit die Grundstückskaufverträge vom 20.12.1996 für steuerlich unbeachtlich hält, vermag sich der Senat dieser Rechtssauffassung nicht anzuschließen.

Zwar wurden die Grundstückskaufverträge vom 20.12.1996 insoweit zwischen nahestehenden Personen abgeschlossen, als die beiden Gesellschafter der Verkäuferin zugleich auch beherrschende Gesellschafter der Käufer-GmbH waren (zur grundsätzlichen Anwendung der Fremdvergleichsgrundsätze bei Verträgen zwischen einer Personengesellschaft und einer von den Gesellschaftern der Personengesellschaft beherrschten GmbH s. Klein/Brockmeyer, AO, 9. Aufl. § 41 Rdn. 10 mit Rechtsprechungsnachweisen). Ferner entsprachen Inhalt und Durchführung der Kaufverträge in mehreren Punkten nicht dem Fremdüblichen. Dies betrifft insbesondere die unbefristete Stundung des Kaufpreises sowie die fehlende grundbuchliche Sicherung des Kaufpreisanspruchs, ferner wurden auf den vereinbarten Kaufpreis nicht einmal Anzahlungen geleistet.

Jedoch ist ein Fremdvergleich, wie der Beklagte zu Recht einwendet, nur insoweit anzustellen, als aus dem Vereinbarten steuerliche Vorteile in Anspruch genommen werden (so ausdrücklich BFH, Beschluss vom 29.09.1998 - VII B 107/98, BFH/NV 1999, 342 sowie FG Köln, Urteil vom 09.06.1999 - 15 K 440/95, EFG 1999, 1288). Durch Anwendung der Fremdvergleichsgrundsätze soll nämlich nur dem Missbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten, der typischerweise bei Verträgen zwischen nahestehenden Personen zu besorgen ist, vorgebeugt werden. Darum geht es aber im vorliegenden Streitfall nicht. Der zwischen der Klägerin und der GmbH geschlossene Grundstückskaufvertrag wurde nicht zur Erzielung steuerlicher Vorteile, sondern - nach eigenem Bekunden der Klägerin und ihrer Gesellschafter - zur Beseitigung der Überschuldung der GmbH geschlossen. Insoweit vermögen auch die Fremdvergleichsgrundsätze nichts daran zu ändern, dass aufgrund des Grundstückskaufvertrags vom 20.12.1996 das wirtschaftliche Eigentum an den verkauften Grundstücken von der Besitz-GbR auf die Betriebs-GmbH tatsächlich überging, wodurch - mangels Zurückbehaltung weiterer wesentlicher Betriebsgrundlagen - die sachliche Verflechtung zwischen der GbR und der GmbH und damit die Betriebsaufspaltung beendigt wurde.

3. Hinsichtlich der Höhe des vom FA ermittelten Aufgabegewinns, wie er zuletzt noch einmal im Schriftsatz des Beklagten vom 27.05.2008 im Anschluss an den Betriebsprüfungsbericht vom 22.12.2000 erläutert worden ist, hat die Klägerin keine Einwendungen erhoben. Insbesondere war es zutreffend, dass der Aufgabegewinn nicht nur aus der Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlagen, nämlich der Flurstücke 29, 31/1 und 31/2 ermittelt wurde (Veräußerungsgewinn insoweit DM 933.729,00, vgl. Tz. 22 des Bp-Berichts). Vielmehr gehörten zum Sonderbetriebsvermögen auch die Anteile der Gesellschafter an der Betriebs-GmbH, die durch die Beendigung der Betriebsaufspaltung in ihr Privatvermögen übergingen. Der insoweit ermittelte Aufgabegewinn betrug DM 171.214,00, vgl. Tz. 23 des Bp-Berichts). Ferner war auch das - zuvor an die GmbH vermietete und mit einer Karosseriewerkstatt bebaute - Flurstück 27, das von dem Personengesellschafter H an die GmbH verkauft wurde, bei der Ermittlung des Aufgabegewinns einzubeziehen, da es sich insoweit ebenfalls um Sonderbetriebsvermögen handelte (Aufgabegewinn insoweit DM 182.621,00, vgl. Tz. 25 des Bp-Berichts). Schließlich ist es nicht zu beanstanden, dass das FA auch das von dem Gesellschafter H weiterhin an die GmbH vermieteten Flurstück 30 dem Sonderbetriebsvermögen des Personengesellschafters H zurechnete und insoweit einen Aufgabegewinn in Höhe von DM 275.332,00 ermittelte (vgl. Tz. 24 des Bp-Berichts).

Für die nach alledem erfolglose Klage hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 135 Abs. 1 FGO). Gründe, die eine Zulassung der Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO rechtfertigen könnten, sieht der Senat nicht. Hinsichtlich der Streitwertfestsetzung gem. § 52 Abs. 1 GKG folgt der Senat den Berechnungen des Finanzamts im Schriftsatz vom 26.01.2006 (Bl. 107 f. der Gerichtsakten).

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Ende der Entscheidung

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